http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/34.jpg Heute war es an Audaod, seinen Vater ordentlich über den Tisch zu ziehen. Sie spielten wie so häufig Duodecim Scripta. Draußen zeigte sich langsam der Frühling, indem sich wärmende Sonnenstrahlen mit kühlem Wolkenschatten abwechselten. Gelegentlich pfiff auch noch ein kalter Wind durch die Baumwipfel, aber insgesamt konnte man von gutem Wetter reden. Der Schnee schmolz überall und die Rheinwiesen standen bereits komplett unter Wasser vor lauter Schmelzwasser aus dem Gebirge. Hoffentlich würde es im April keine stärkeren Gewitter geben, denn dann würde der Rheinpegel in bedrohliche Höhen steigen.
Witjon nahm seine Pechsträhne im Spiel mit Leichtigkeit hin. Er fühlte sich zum ersten Mal seit etlichen Monaten wieder leicht und frei. Sein Sohn hatte das sofort gemerkt und so konnten sie sich auch zum ersten Mal seit langem wieder völlig unbeschwert unterhalten. Sie plauderten über dies und das, witzelten, tranken Bier und hatten einfach Spaß zusammen.
"Wir sitzen also in Baldgers Schankhaus und trinken und scherzen. Und das Schankmädchen, Alsuna heißt sie, macht mir schöne Augen, verstehst du? Wackelt mit ihren Hüften, lächelt mich zuckersüß an, Wimpernklimpern und so weiter."
Witjon grinste verstehend. Er war gespannt, was dann passierte. Er wusste nur, dass sein Sohn letztens wieder einmal ein paar ordentliche blaue Flecken mit nach Hause gebracht hatte. Der Junge wurde langsam ein richtiger Mann, wie einer von dem am Lagerfeuer erzählt wurde.
"Jedenfalls...dann kommt da dieser Sack, Gilbert, und meint sich aufspielen zu müssen wie der letzte Vollpfosten. Braust auf, als wäre er ein ganz großer. Von wegen ich solle die Finger von ihr lassen und er könne sowas nicht dulden und sie wär sein Mädchen und solchen Blödsinn."
"Oh", machte Witjon.
"Ja, total idiotisch. Natürlich konnte ich das nicht auf mir sitzen lassen. Hab ihn als Hornochsen bezeichnet und mich vor ihm aufgebaut, da hat er ohne Vorwarnung zugeschlagen. Ich konnte so gerade eben ausweichen. Und dann ging's richtig los. Es stand auf einmal vier gegen vier, denn dieser Gilbert hatte auch ein paar Freunde dabei. Mensch, das war eine zünftige Schlägerei..."
Audaod berichtete, wie seine Freunde und er sich mit Gilberts Bande geprügelt hatten und dabei so einiges Mobiliar verwüstet und die Gäste vertrieben oder teilweise in die Schlägerei mit verwickelt hatten. Letzten Endes hatten der Wirt und ein paar andere kräftige Männer die Gruppe getrennt und Gilbert zuerst rausgeworfen. Wenig später hatten sie auch Audaods Leute auf die Straße geschickt. Im Grunde genommen war also nicht viel passiert, außer dass noch nicht ganz geklärt war, wer das Mobiliar bezahlen würde. Witjon entschied, dass er das tun wollte.
"Du schlägst dich eines Mädchens wegen, hm? Avancierst du etwa zum Frauenhelden?" Witjon grinste provozierend und lehnte sich in seinem Sessel zurück, als er einen von Audaods Spielsteinen schlug. Langsam kehrte sein Glück zurück.
"Ach wo", wehrte der Sohnemann ab und sah hilflos zu, wie der Vater seine Spielsteine zog. "Aber es kommt halt schonmal vor, dass mir da jemand bei einer in die Quere kommt und dann setzt's was, ist doch klar." Er schmunzelte triumphierend, als er seinerseits einen von Witjons Spielsteinen vom Brett schmeißen konnte.
"Hmm", machte dieser nachdenklich, während er die Würfel rollen ließ. "Ich denke es wird Zeit, dass wir dir ein vernünftiges Weib suchen."
Audaod schaute verblüfft auf, fing sich jedoch relativ schnell wieder.
"Äh, ja. Ich...hab selbst schon drüber nachgedacht. Also...manchmal." Der junge Duccius wirkte auf einmal gar nicht mehr so selbstsicher. Sein Vater schmunzelte gewinnend und machte einen wahrscheinlich spielentscheidenden Zug. Audaod würfelte nicht sofort, sondern lehnte sich zurück und war nun wohl vielmehr an dieser Ehegeschichte interessiert. "Hast du...hast du denn schon genauer drüber nachgedacht?" Er hoffte inständig, dass sein Vater ihm nicht irgendeine besonders reiche Ische vor die Nase setzte, die hässlich wie die Nacht war.
"Ich habe noch keine besonders geeignete Kandidatin für dich ausgesucht, falls du das meinst, nein", antwortete Witjon auf die sorgenvolle Frage seines Sohnes in beruhigendem Ton. "Aber es gäbe da so einige Möglichkeiten. Was hälst du davon, wenn ich mal ein paar junge Frauen einlade?"
Audaod überlegte einen Moment, dann zuckte er mit den Achseln.
"Ach, warum nicht. Muss ja irgendwann passieren. Aber..." Da hielt Audaod inne und warf Witjon einen fragenden Blick zu. "Wie steht das denn eigentlich mit dir? Müsstest du nicht auch langsam mal...?" Er ließ die Frage unbeendet im Raum stehen. Sein Vater wusste, worauf er hinaus wollte.