Witjon hatte sich nach seiner Wahl zum Duumvir in seinem alten Officium einrichten können. Alles war wie damals, als er seine erste Amtszeit hier abgeleistet hatte. Die Regale, der Schreibtisch, die Wandbemalung, alles war wie früher geblieben. Seine Nachfolger hatten offenbar nicht den Drang zu irgendwelchen Neuerungen gehabt, was Witjon sehr freute. Einzig einige Untergebene waren neu für ihn, zum Beispiel der Scriba, der um seinen Schreibtisch herumwuselte und Wachstafeln von einem Stapel in die verschiedenen Regale einsortierte. Er hatte sich Witjon zwar vorgestellt, aber der Name war gleich wieder vergessen gewesen, brauchte Witjon doch den Platz in seinem Kopf für die vielen wichtigeren Dinge, die er sich für seine Amtszeit vorgenommen hatte.
Da klopfte es. "Herein!" rief Witjon also und hob erwartungsvoll den Blick, sich fragend wer da wohl eintreten mochte.
Beiträge von Numerius Duccius Marsus
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Zitat
Original von Medicus Germanicus Avarus
Den besagten Brief hab ich aus Gründen der zeitmäßig unmittelbaren Verabschiedung von Livianus aus dem IR als et Acta gelegt betrachtet. Klar hätte man ihn trotzdem verbringen können, aber da ich nur zwei Browser nutze, fehlte auch etwas an Lust sich sinnlos umzumelden.
Also diese Einstellung halte ich für wenig produktiv und auch nicht gerade fair den Spielern gegenüber. Selbst wenn der Spieler bereits im Exil ist, so wurde doch immerhin eine Dienstleistung bezahlt, die dann auch erfüllt werden sollte.
Ich empfehle Seamonkey, der eine wundevolle Funktion besitzt, mit der man verschiedene Benutzerkonten anlegen kann mit voreingespeicherten Passwörtern für verschiedene IDs. Nur so als Tipp, das beugt Ummeldeunlust vor. -
Sim-Off: Beinahe. In der Antike kannte man nur das 'Du' als Anredeform. Ihr, Euch, Sie, als Höflichkeitsform gab es nicht. Selbst der Kaiser wurde geduzt. Wenn du allerdings jemanden besonders höflich behandeln willst, nennst du ihn nur beim Titel und dem Nomen Gentile. In Marsus' Fall hast du da soweit schon alles richtig gemacht.
Witjon hatte sich schwer gewundert, als Albin ihm erklärte, dass ein Fremder mit merkwürdigem Akzent, der weder römisch noch keltisch oder germanisch aussah ihn sprechen wolle. Der Termin war ihm kein Dorn im Auge, weshalb Witjon den Mann gern empfing und so erhob er sich auch sogleich aus einem der Sessel und ging auf den Besucher zu, um ihm zu begrüßen.
"Salve, Magonidas," sagte er in der Annahme, dass der zweite Name des Mannes dessen Abstammung beschrieb und ähnlich wie ein Nomen Gentile fungierte. "Sei willkommen in der Halle meiner Sippe." Er führte den Gast zu den Sesseln, forderte ihn freundlich auf sich zu setzen und bot ihm etwas zu trinken an. Nachdem die Wünsche des Besuchers befriedigt worden waren, lenkte Witjon den Smalltalk langsam in Richtung des Grundes für den Besuch des Magoniden.
"Ich empfange gern Besuch, sei unbesorgt. Unanehmlichkeiten hat das germanische Gastrecht keine vorgesehen." Witjon schmunzelte im Bewusstsein, dass das Gastrecht einen extrem hohen Stellenwert bei den Stämmen genoss. Wer einen Fremden ohne Grund abwies wurde wie ein Verbrecher bestraft, genauso wie ein Fremder, der die Gastfreundschaft des Hausherrn missbrauchte.
"Nun, Magonidas," kam Witjon endlich zum Kern der Anwesenheit seines Gegenübers. "Was führt einen einfachen Händler wie dich zu mir?"
Dass der Mann ein einfacher Händler war, konnte Witjon dabei schlecht beurteilen. Insgesamt erschien ihm die Aufmachung des Magoniden sehr fremdartig und seltsam, hatte er doch einen Mann in römischer oder nordischer Gewandung erwartet, doch nicht einen, der so fremdartig gekleidet war. Woher sollte er auch wissen, dass dies ein Ausdruck punischer Kultur war? -
Witjon von Mogontiacum
Rodewini nannte ihn Fürst. Klang gar nicht so schlecht wie Witjon fand, auch wenn er verlegen zu werden drohte. "Das ist er, bei Wodans Bart," überspielte Witjon seine Gefühle mit einem Lob des Neffen. Das Gespräch zwischen Elfleda und ihrem Bruder bekam Witjon dann leider nicht mit, während er mit Rodewini noch einige Kleinigkeiten austauschte. Die Ernte, Zwischenfälle an der Grenze, Kleinigkeiten eben. Den Tod seines Sohnes sprach Rodewini nicht an und Witjon hütete sich, nach dem jungen Mann zu fragen. Er würde wohl früh genug von seinem Verbleib erfahren, wenn es sich um etwas ernstes handelte.
Ohnehin wurde Rodewini unterbrochen, als der olle Catasach rumzupöbeln anfing. Rodewini und er knurrten sich ein bisschen an wie zwei alte Wölfe, die sich mit ihren stumpfen Zähnen nicht mehr zu beißen wagten, bis der Gode genervt dazwischenging. Die Götter wurden angerufen und endlich konnte begonnen werden, da sich endlich auch die letzten Ankömmlinge aus den Reihen der Chatten in den Kreis gesellten. Wobei dabei nicht gerade von geselliger Stimmung die Rede sein konnte, denn diese Männer aus den bergigen Regionen östlich von hier sahen finster drein und schienen auch keine großen Bestrebungen zu hegen sich mit den anderen Männern abgeben zu wollen.Ratmar von den Tungerern
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Das Gebet war gesprochen worden und die Männer setzten sich, einen Kreis bildend, zu Boden. Der Gode hatte wie üblich als erster das Wort und eröffnete somit das Treffen. "Adalrich," begann er. "Mein Vorgänger, wurde im vergangenen Winter ins Totenreich gerufen. Er wandelt jetzt in Hels Gestaden, darum war ich es, der euch rufen ließ." Ratmar ließ den Blick über die Anwesenden schweifen, um dann fortzufahren. "Es war ein harter Winter und viele andere wurden wie Adalrich von Hel von uns genommen. Sprecht, Fürsten, wie steht es um eure Stämme?" Damit forderte er den Edelmann zu seiner Linken auf zu sprechen, womit es reihum gehen würde.Catasach von den Treverern
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"Die Treverer hat der Winter nicht zu hart erwischt. Unsere Ernte war üppig und die Götter waren uns wohlgesinnt. Mehr gibt es nicht zu sagen." Er zuckte die Schultern. Zwar hatte es wie immer in den Städten hier und dort Krankheitswellen gegeben, aber das hatte keine schlimmeren Auswirkungen gehabt, erst recht nicht wie in dieser Stadt, die in den Nachrichten der Römer aus dem Süden Erwähnung gefunden hatte.Nandrad von Borbetomagus
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Nandrad sprach als nächster. "Borbetomagus hat noch immer zu leiden!" spie er aus. "Die verwüsteten Höfe verfallen und die Männer grollen den dreckigen Römern für ihre Verbrechen!" Mit geballter Faust fuchtelte der Vangione in der Luft herum, begleitet von Zwischenrufen seiner Gefolgsleute, die mit den Speer- und Axtschäften auf ihre Schilde schlugen.Otger von den Ubiern
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"Habt ihr immer noch nicht genug?" polterte Otger, der dieses Theater genervt verfolgte. Bereits beim letzten Thing hatte Nandrad sich aufgespielt wie ein misshandeltes Kind, das endlich Rache für das Handeln seines bösen Onkels verlangte.
"Beschwer dich doch beim Statthalter," höhnte er.Nandrad von Borbetomagus
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"Um mich einsperren und hinrichten zu lassen? Niemals!" warf Nandrad dem Ubier entgegen.Ratmar von den Tungerern
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"RUHE!" donnerte Ratmars Stimme und sofort verstummte das Gemeckere. "Ich will hören, was die Stämme MIR zu sagen haben. Ihr könnt euch gleich noch die Köpfe einschlagen, ihre Tore!" Ratmar hatte offensichtlich keine Lust, so früh schon eine kopflose Schlammschlacht im Thing zuzulassen und erteilte daher einfach dem nächsten Edelmann das Wort.Brandolf von Confluentes
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"In Confluentes ist es unruhig. Die Römer haben die Verwaltung brachliegen lassen und die Ala hat eingegriffen, worüber ich nicht sehr froh bin. Es wird sich zeigen, was der neue Statthalter der Römer dazu zu sagen hat."Catasach von den Treverern
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"Wen interessieren denn die Römer in Confluentes?" brummte Catasach, woraufhin er einen stechenden Blick des Goden erntete.Witjon von Mogontiacum
Witjon war als nächstes dran und versuchte dabei nicht zu nervös zu klingen. Er musste seinen ganzen Mut zusammen nehmen, um vor dieser Versammlung der mächtigen Germanenfürsten nicht wie ein unerfahrener nervöser Jüngling zu wirken.
"Mogontiacum hat es mit kleineren Nahrungsknappheiten über den Winter geschafft." Alle wussten, dass in den Städten am ehesten Hungersnöte ausbrachen, als auf dem Land. Die Bauern hatten immer irgendwo noch einen Getreidevorrat versteckt, während die Städte irgendwann hungern musste, wenn vom Land kein Korn mehr hergebracht wurde.
"Ansonsten kann ich berichten, dass der Statthalter durch einen neuen aus Rom abgelöst worden ist, was aber noch keine großen Veränderungen mit sich gebracht hatte."
Zum Glück, denn der Annaeus hätte auch ein ausgesprochener Unterdrücker sein können, der die Provinz von vornherein auszuquetschen gedachte, wie es viele Statthalter taten um ihre Privatkasse aufzufüllen.Der nächste, der wortlos vom Goden aufgefordert wurde, war Rodewini. Ratmar wusste, dass dieser nun einige Neuigkeiten vortragen würde.
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Witjon hatte sich erst einmal zurückgelehnt und hörte daraufhin aufmerksam zu. Der Quintilius und Valgiso tauschten sogleich rege ihre Erkenntnisse und Ansichten bezüglich der Kompetenzen und Aufgabenbereiche aus. Witjon mischte sich nicht ein, sondern registrierte mit hochgezogenen Augenbrauen vielmehr die Ankündigung des Quintiliers über Steuern und Funktionsfähigkeit der Stadtverwaltung. Klang so, als würde er als Duumvir freie Hand haben, solange die Kasse stimmte.
Valgiso schaltete sich dann ein, um auf die Agrimensores zu sprechen zu kommen und Witjon staunte nicht schlecht. "Du nimmst mich auf den Arm!" wunderte er sich. "Die Regionalverwaltung hatte zum Schluss nur drei Männer mit der Landvermessung beauftragt? Kein Wunder, dass die Provinzreform so dringend nötig war!" Er konnte das noch immer nicht glauben. Wie war das möglich? Eine Regio, die von Confluentes im Norden bis nach Geneva tief in den Alpen reichte, konnte man doch nicht mit so wenigen Leuten vermessen lassen? Immerhin fielen doch jährlich allein im Frühling ständig neue Arbeiten an, wenn Landmarken nach Unwettern oder aufgrund von Erdrutschen im Zuge der Schneeschmelze neu gesetzt werden mussten oder weil listige Bauern die Grenzsteine heimlich versetzten. Da reichten drei Mann nicht einmal für eine einzige Civitas!
"Meine Herren, dieser Zustand ist als katastrophal zu bezeichnen! Gerade jetzt, wo der Lenz vor der Tür steht, müssen ausgebildete Agrimensores zahlreich vorhanden sein, um einen reibungslosen Start unter den Voraussetzungen der neuen Provinzstruktur gewährleisten zu können." Geradezu entsetzt schüttelte Witjon den Kopf, bereits darüber nachgrübelnd wie man diesen Missstand ausgleichen sollte. "Diese drei," richtete er sein Wort direkt an Valgiso. "Müssen augenblicklich viele weitere Männer ausbilden. Und das reicht dann gerade für Mogontiacum und das Umland. Ich kann mir darüber hinaus jedoch nicht vorstellen, dass nur diese drei 'Hanseln' in der Regio noch übrig geblieben sind. Procurator," sprach er daraufhin den Quintilius an. "Ich würde dich dahingehend bitten, dringend nachforschen zu lassen, wie es im restlichen Teil der Provinz steht. Domitius hat schon sehr recht, wenn er sagt, dass die Steuern nicht gesichert sind, wenn der Grundbesitz nicht umfassend bestimmt werden kann." Noch einmal schüttelte er den Kopf, sprachlos über diese Pflichtvergessenheit der Regionalverwaltung. Er wollte nicht zu sehr anklagend vom Comes sprechen, denn der war immerhin sein Freund. Verdammt Maeceas, was hast du dir da nur für Schnitzer geleistet? "Ich hätte jedenfalls nichts dagegen, wenn die Provinzverwaltung in dieser Angelegenheit zunächst noch mit den Civitates zusammenarbeitet, da es ja letztlich auch in meinem Interesse ist, dass zumindest Mogontiacum in fließendem Übergang in der Lage ist, die Abgaben zu leisten."Sim-Off: Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass da nur drei Männekes rumspringen. Die Regio muss etliche ausgebildtete Landvermesser beschäftigt haben, um den Arbeitsaufwand bewältigen zu können. Gehen wir einfach davon aus, dass diese Männer übereilt entlassen worden sind oder sowas in der Art und jetzt einfach von den Civitates eingestellt werden können. Alles andere halte ich für unrealistisch. Nichts für Ungut, Valgiso.
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Achja, da war ja was....puh. Na gut, dafür hab ich später irgendwann Zeit. Muss der Luxusbalken eben erstmal warten. Hauptsache Marsus hat was im Magen und Klamotten am Leib.
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Mal sone Frage am Rande: Stellen die Tempel eigentlich noch Räucherwerk her? Und die Fernhändler Weihrauch? Ich habe den Eindruck, dass es für den "kleinen Mann", der nicht gerade mal 5000 Sesterzen locker sitzen hat, keinerlei Luxusartikel mehr auf dem Markt gibt...
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Brandolf von Confluentes
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/a-germanen-maenner-jung/02.jpg]"Den da vorn zum Beispiel!" beantwortete Brandolf die Frage des Treverers mit einem gut gelaunten Ausruf, woraufhin sich etliche neugierige Augenpaare den Neuankömmlingen zuwandten.
Am Rande der Versammlung war nämlich nun auch die duccische Abordnung eingetroffen. Auf dem mitgeführten Karren - der Proviant, Geschenke, Met und Bier und den alten Albin, der vor seinem Lebensende noch einmal ein Thing erleben wollte, beinhaltete - präsentierte sich Elfleda, ihrem Stand gemäß prächtig gekleidet, der gerade von einem Gefolgsmann vom Wagen geholfen wurde. Zu Pferd waren ihre Schwager mitgekommen, Phelan, Rodrik und auch Hadamar hatte man mitgenommen. Eskortiert wurde Elfledas Karren außerdem von acht Gefolgsleuten, Speermänner und Beilmänner, die Witjon Treue geschwren hatten. Witjon selbst war vorangeritten, Ortwini an seiner Seite, der ihm schon seit langem ein guter Freund und Berater war. Alles in allem waren sie eine Truppe von etwa zwanzig Reisenden.
Witjon stieg soeben ab und begrüßte die bekannten Gesichter, die an ihn herantraten. Er trug eine schlichte braune Hose, deren Gürtel jedoch mit einer prächtigen Silberschnalle geziert war. Über seinem grünen Hemd wehte ein dunkelroter Umhang, den eine Silberbrosche in Form eines Wolfskopfes hielt. Ein Eisenring umschloss Witjon linken Unterarm, dessen Hand kurzzeitig den Talisman berührte, der um seinen Hals baumelte. Witjon präsentierte sich gezielt als der Sippenführer, der mächtigste Mann Mogontiacums, der den seinen ein Leben in Wohlstand ermöglichte und der ein starker Führer, ein starker Häuptling war. Das Sax an seiner Seite und der Schild mit dem aufgemalten Wolfskopf - der als Zeichen seiner Friedensabsichten jedoch verkehrt herum an Skagas Sattel festgemacht und mit einem immergrünen Zweig geschmückt war - sollten diese Darstellung noch verstärken.
"Ich grüße euch, edle Männer aus den Stämmen am Rhein," richtete er seine Worte an die versammelten Fürsten, die er der Reihe nach begrüßte, nachdem er dem Goden durch eine Verneigung ebenfalls seine Achtung entgegengebracht hatte. Brandolf wurde freundschaftlich umarmt, alle anderen mit dem Handschlag der Krieger, bei dem die Hand den Unterarm des anderen fasste. Bei Rodewini verweilte er einen Augenblick. "Heilsa Rodewini, Fürst der Mattiaker," sprach er denjenigen an, dessen grellweiße Erscheinung ihn wieder am stärksten beeindruckte. "Ich bedauere vom Verlust deines Stammes zu hören. Sarwolfs Andenken wird in Ehren gehalten werden von seinem Enkel, der prächtig gedeiht."
Witjon hatte Gelegenheit gehabt, die Anwesenden zu überblicken, fand jedoch nirgendwo Rodewinis Sohn. Statt dessen war Bertwini, Elfledas Bruder mit ihm gekommen. War etwas vorgefallen? Witjon wagte nicht gleich zu fragen, sondern wartete auf seine Schwägerin, die womöglich mehr wusste.Nandrad von Borbetomagus
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/a-germanen-maenner-jung/06.jpg]Während dessen erschien eine weitere Truppe am südlichen Ende der Thingstätte. Sie wurde angeführt von Nandrad, der seinen Blick grimmig über die Versammelten schweifen ließ, bevor er von seinem Pferd stieg. Er war der einzige Berittene der neun Vangionen, die dem Ruf des Goden gefolgt waren. Seine Männer waren allesamt sehr jung, trugen Eisenringe in ihren geflochtenen Bärten und einige von ihnen hatten neben dem Ger, dem leichten Wurfspeer der Stämme, schwere Kriegsbeile geschultert. Die Vangionen hatten sich im Laufe des Sommers von dem vergangenen Aufstand etwas erholt, doch ihr Hass auf die Römer war offenbar nicht verraucht. Kampfeslustig mischten sie sich unter die Männer der anderen Stämme und verschafften sich grob Platz.
"Heilsa Gode," wandte Nandrad sich an den Goden, den anderen Fürsten lediglich stumm zunickend. "Die Vangionen sind deinem Ruf nachgekommen," erklärte er das offensichtliche und reihte sich dann in den Kreis der Häuptlinge und Stammesführer ein. Ein fürchterlicher Gestank ging von Nandrad aus, der von dem Wolffell, das auf seinen Schultern lag und von seinem grässlichen Atem herrühren musste. Witjon unterdrückte eine Grimasse, Brandolf versteckte ein Grinsen indem er sich die Nase schnäuzte.Otger von den Ubiern
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/08.jpg]Otger grunzte mürrisch. Der Vangione aus Borbetomagus hatte seit damals noch immer keine Rache üben können. Im Zuge der letzten Ereignisse würde er heute gewiss die Stimme erheben und die vermeintlich ausstehende Sühne einfordern, die seinem Stamm zustünde.
"Nun, Gode. Sind das alle?" fragte er dann, denn er wurde es leid herumzustehen und zu warten. Sollten sie endlich anfangen. Nachzügler hatten eben das Nachsehen. -
Bulldozer, so ein Quatsch. Das ist doch viel zu teuer!
Habe ein paar Tagelöhner Schaufeln in die Hand gedrückt...
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Otger von den Ubiern
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/08.jpg]Der erste, der dem Ruf des Goden folgend eintraf, war Otger von den Ubiern. Auch diesmal wies ihn seine Aufmachung deutlich als germanischen Edelmann aus und auch diesmal begleitete ihn sein Sohn. Heute allerdings war der Sohn bereits eine kräftige Führungspersönlichkeit geworden, die bereit war die Aufgaben des Vaters zu übernehmen, falls nötig.
"Heilsam, Gode," grüßte er den Nachfolger des Adalrich, der noch das letzte Thing geleitet hatte. Man wechselte ein paar Höflichkeitsfloskeln, tauschte Neuigkeiten aus, wartete auf die anderen erwarteten Gruppen.Brandolf von Confluentes
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/a-germanen-maenner-jung/02.jpg]Bald traf die Fraktion aus Confluentes ein, die von Brandolf angeführt wurde. "Seid gegrüßt," richtete auch er das Wort an die Versammelten, während seine Gefolgsleute für sich ein Fleckchen am Rand des Steinkreises in Beschlag nahmen. "Du hast es also auch noch einmal her geschafft, wie ich sehe," wandte er sich an Otger, den der vergehende Winter sichtbar mitgenommen hatte. Der Ubier wurde alt.
Otger von den Obiern
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/08.jpg]"Noch sitze ich nicht an Wodans Tafel, wahrhaftig," entgegnete der Fürst trocken, die Stirn in tiefe Furchen gelegt. Sein Sohn verzog den Mundwinkel nur zur Andeutung eines schiefen Grinsen, sagte jedoch nichts weiter.
Wichard von den Nemetern
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/a-germanen-maenner-jung/35.jpg]Da traf Wichard von den Nemetern ein. Der junge Mann war erst vor kurzem Anführer seiner Sippe geworden, da sein alter Vater den Winter nicht überstanden hatte. Wichard war jung, recht unerfahren in Politik, dafür aber umso kühner und aufbrausender im Kampf. An seiner Seite ritt ein alter, erfahrener Krieger, der ihm wohl als Ratgeber zur Seite stand. Mit ihm kamen acht weitere Männer, allesamt ebenso blutjung wie ihr Herr.
"Äh, Heilsam," grüßte der Nemeterrich die Edelmänner, die im Gespräch beisammen standen. -
Dies war wieder einer der Momente, in denen Witjon zu der Überzeugung gelangte, dass er der größte Volldepp aller Zeit sein musste. Wie konnte er auch sein Hirn ausschalten und so taktlos sein, ausgerechnet an dem Tag, an dem Elfleda vom Tod ihres Vaters erfuhr, sie über die höfliche Einverständniserklärung zur Vermählung angraben zu wollen?
Sofort nahm er ein paar Schritte abstand. "Verzeih," entgegnete er, fügte jedoch aus Erklärungsnot hinzu: "Das bist du und darüber will ich keinen Zweifel hegen." Damit bezog er sich auf ihre Aussage/Zurechtweisung/Feststellung, sie seine eine ehrbare Frau und Witwe und noch unverheiratet und tue so etwas deshalb nicht. Witjon nickte nur spärlich. Er ärgerte sich wie so häufig in letzter Zeit wieder über sich selbst.Wie sollte er auch anders? Er musste Sippenführer sein, stark, unermüdlich, geistige Stütze für die Familie. Und dann waren da all die Probleme: Der unfassbar nervige Heiratszwang, die Leitung des Handelskonsortium - was sich noch als das Einfachste gestaltete -, die Umwälzungen in der Civitas durch die Reformen, das ständige Hochhalten der duccischen Standarte an allen Fronten...das ermüdete Witjon sehr. Und er war es manchmal einfach nur leid. Die Parzen hassten ihn, zu dieser Überzeugung war er schon lange gekommen und so war er nicht erstaunt, dass er diesen entscheidenden Moment, in dem er sich mit Elfleda vernünftig hätte aussöhnen können - was er ja objektiv getan, in seiner Einschätzung aber natürlich völlig vermasselt hatte - nicht richtig genutzt hatte, sondern lieber noch ungehörige Forderungen stellen musste.
"Ich..." machte er dann, den Weg zur Tür suchend, als ein drängender Fluchtimpuls sich seiner bemächtigte. "...gehe dann jetzt besser..." Womit er sich zur Tür wandte.
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Witjon hatte die Notiz des Quintiliers mit einer Grimasse entgegengenommen. Der Ton, mit dem er herbestellt worden war, ließ auf einen arroganten Römer schließen, der mit einem Selbstverständnis seine Autorität ausübte, das für alle Betroffenen letztlich nur ungesund sein konnte. Ob das nun der neue Statthalter war, den Witjon nur flüchtig bei dessen Amtsantritt kennen gelernt hatte, oder dieser Procurator Civitatium Quintilius, das konnte er nicht sagen. Witjon war sich jedoch sicher, dass er es noch früh genug erfahren würde.
In dem Wirrwar der Regia einen Sklaven oder Schreiberling zu erwischen, der ihm den Weg zu besagtem Besprechungsraum weisen konnte, gestaltete sich im Vorfeld zwar als nicht gerade einfach. Witjon fand schließlich aber doch her und betrat nach kurzem Klopfen den Raum, wo ihn bereits zwei Personen erwarteten. Valgiso kannte er ja schon, den er mit einem freundlichen Nicken begrüßte. "Valgiso, grüß' dich," sagte er knapp, als er sich neben den Kelten stellte. Dann bot sich ein Augenblick von der Länge eines Lidschlags, um den Procurator zu mustern.
Der Quintilius war etwas kleiner als Witjon, wie er es von einem Römer erwartet hatte. Seine Haltung strahlte Selbstbewusstsein aus. Der Mann war ein Eques Imperii, so wie Witjon. Standesmäßig befanden sie sich also auf einer Stufe. Diese Quasi-Gleichheit wurde jedoch von zwei Faktoren stark beeinträchtigt. Zum einen war der Quintilier Römer. Und, soweit Witjon wusste, ein waschechter Römer. Zumindest kam der Mann aus Italia und konnte vermutlich bereits auf eine Lange Familiengeschichte mit Tradition mit einer großen Portion Stolz zurückblicken.
Witjon dagegen war Civis in zweiter Generation, seine Sippe erst vor wenigen Jahrzehnten ins Imperium eingezogen und seine linksrheinischen Wurzeln waren noch nicht tief im römischen Fundament verzweigt. Doch das tat seinem Stolz nichts an, den er als Germane zeigte. Als Germane, der Rom und seine Vorzüge von Kindesbeinen an kennen und leben gelernt hatte, was sich in einer Vermischung von germanischem und römischem Brauchtum äußerte. Heute hatte Witjon sich für ein stark römisches Auftreten entschieden, weshalb er die Toga mit Latus Clavus trug. Gegen die Kälte trug er Tibialia, wärmende Filzsocken, in seinen Calcei. Ein Schal aus dunkelgrünem Leinen bewahrte ihn außerdem vor einer Erkältung."Salve Procurator Quintilius," grüßte Witjon dann auch den Mann, den er für eben jenen hielt. In den Augenwinkeln registrierte Witjon die Aktenstapel und die Provinzkarte und fühlte sich unweigerlich schlecht vorbereitet, weil er nicht einmal Tabula und Griffel mit sich führte. Also, selbstverständlich führte ER die Wachstafel sowieso nicht mit sich, denn wie lächerlich sah denn ein Mann in Toga aus, der eine Ledertasche mit Schreibkram herumschleppte? Witjon musste sich dringend einen Privatsekretär zulegen, der ihm auf Schritt und Tritt folgte und bei solchen Gelegenheiten auf Anweisung Notizen machen konnte. Witjon merkte sich diesen Umstand und machte einen weiteren Punkt auf seiner gedanklichen to-do-Liste. Nach Beendigung dieses sekundenlangen gedanklichen Ausflugs war er wieder geistesanwesend im Besprechungszimmer und erwartete gespannt, was der Quintilius wohl zu sagen hatte. Es war noch früh am Morgen und Witjon erwartete, dass er hier nicht vor dem späten Mittag wieder herauskam. Seine einzige Hoffnung war, dass der Römer darauf bestand, seinen täglichen Thermenbesuch wahrnehmen zu können, was Witjon sehr begrüßen würde, da er sich mittlerweile ebenfalls an den römischen Tagesablauf gewöhnt hatte, in dem der Thermenbesuch obligatorisch war.
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Sontje mochte den Namen. Schön. Witjon nickte schmal lächelnd. Dieses Zusammentreffen kam ihm höchst seltsam vor. Sontjes Reaktion auf seine folgenden Worte, auf seine Ermahnung quasi, entrüsteten ihn jedoch ungemein. Sie lachte ihn ernstlich aus? Witjon blieb abrupt stehen und hörte sich mit wachsender Verärgerung Sontjes Rede an. Nicht nur, dass sie sich unglaublich respektlos verhielt. Nein, sie gab auch noch offen zu, dass sie ihre Mutter jenseits des Limes im Stich gelassen und sich allein 'als Pferdepflegerin' durchgeschlagen habe. Das war ja nicht zu fassen! Als wäre sie in der Lage gewesen, selbstständig ihr täglich Brot zu verdienen. Mit ehrlicher Arbeit? Kaum vorstellbar. Vermutlich war sie in der nächstbesten Taberna im Hinterkämmerchen auch noch als Freudenmädchen abgestiegen. Wer hatte schon ein Pferd in Germania, für das er sich eine PflegerIN anstellte? Davon hatten Männer doch viel mehr Ahnung. Und überhaupt, wenn man eine Frau anstellte, eine römische Bürgerin, dann doch nicht als Stallburschen! Wobei das Wort ansich in dem Fall schon paradox klingen mochte. Witjon jedenfalls rastete letztendlich aus, als Sontje quasi im selben respektlosen Wortschwall auch gleich noch auf Callista zu sprechen kam. Das war zu viel.
"Ich glaub's ja nicht. Sag mal, wofür hälst du dich eigentlich? Du bist deiner Mutter davongelaufen und jetzt glaubst mich so verhöhnen zu können?" Aus seinen Worten sprach gerechtfertigte Entrüstung und Zorn. So etwas konnte er sich nicht gefallen lassen. Nicht als Sippenführer und erst recht nicht von Sontje! "Sontje, ich verbiete dir in einem solchen Ton mit mir zu reden! Was erlaubst du dir eigentlich, dich dem Willen deiner Sippe zu wiedersetzen? Ich habe es satt, deinem ungehörigen Lebenswandel weiter zuzusehen! Du solltest gar nicht hier sein und erst recht nicht als Pferdepflegerin!" Das letzte Wort spie er regelrecht aus, wobei er fast lachen musste, so irre erschien ihm dieser Gedanke. "Du hast sie ja nicht mehr alle, ernsthaft. Geh zurück nach Hause, lern Kochen, Weben und den Haushalt führen und heirate endlich einen Mann, der deinen Acker bestellt! Du bist eine verdammte Schande für die Familie." Er hatte es einfach satt mit diesem Mädchen, das ständig aus der Reihe tanzte. Von Eila war er das ja gewöhnt, sie war eben Landos Schwester. Aber alle anderen duccischen Frauen waren verheiratet oder tot. Und letzteres wollte er Sontje wahrlich nicht wünschen. "Geh' mir aus den Augen," blaffte er zuletzt kopfschüttelnd, als er sich zum gehen wandte. -
Ich darf mich dem anschließen. Respekt!
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"Einverstanden," sagte sie und Witjon nickte erleichtert. Er hatte jedoch keine Gelegenheit, gleich etwas zu antworten, denn Elfleda redete weiter. Eigentlich war Witjon ganz dankbar darum, denn so konnte er sich zunächst einmal sammeln und die Erleichterung, die sich in ihm ausbreitete, verarbeiten. "Ja," erwiderte er auf ihren Vorschlag hin. "Ja, das ist eine gute Idee." Einen Augenblick lang stand er still da, dachte nach. So richtig wusste Witjon nicht, wie er jetzt weitermachen sollte. Er blickte zu Boden, peinlich berührt ob seiner eigenen Ratlosigkeit. Dann lächelte er, sah Efleda an und breitete die Arme aus. "Schön, dass du zustimmst." Hm, ja. Das waren klare Worte, absolut. Und jetzt konnte er Elfleda seine Lebensplanung darlegen. Dass er Kinder von ihr wollte, endlich wieder eine 'richtige' Familie haben wollte, Vater ihrer gemeinsamen Kinder sein wollte. Dass er mit ihr glücklich werden wollte und so unglaublich erleichtert war, dass er sich mit ihr aussprechen wollte. Und er wollte endlich diesen Machtkampf beenden, der so unendlich lange in der Casa Duccia geherrscht hatte.
Oder aber...
Spontane Entschlossenheit bemächtigte sich seiner, in der er sich einfach zur ihr herunterbeugte und ihr einen Kuss auf die Lippen drückte, der es in sich hatte. Zumindest fand Witjon das, als er sich wieder aufrichtete und Elfleda ernst fixierte. "Hatte ich dir eigentlich schonmal gesagt, wie schön du bist?" fragte er, ein zögerliches Lächeln auf den Lippen. -
Huch! So platt hatte Witjon seine Schwägerin ja noch nie gesehen. Die hatte er ja völlig überrumpelt! Wäre Witjon guter Laune gewesen, hätte er jetzt wohl über beide Ohren hinaus gegrinst. War er aber nicht. Deshalb nickte er nur bekräftigend und nahm Elfledas Hand, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, während er seinem Antrag eine Erklärung folgen ließ.
"Du hast schon richtig gehört. Du forderst von mir, endlich längst überfällige Entscheidungen zu treffen und das tue ich jetzt. Es war doch dein wichtigstes Anliegen, dass ich wieder heiraten solle, ist es nicht so? Also, ich habe mich entschieden: Ich will den Bund zwischen Ducciern und Mattiakern erneuern und dich zur Frau nehmen. Sollen unsere Söhne und Töchter doch Verbindungen zu reichen Kaufmannsfamilien oder Politikern eingehen, ich will jedenfalls dich. Punkt."
Diese Überlegung war durchaus nicht falsch. Naha, Landulf und Audaod würden in wenigen Jahren ein Alter erreichen, in dem man sie bereits der Brut der Reichen und Mächtigen Mogontiacums und der Umgebung vorstellen könnte. Oder besser gesagt: Mit deren Eltern über eine gewinnbringende Verbindung würde verhandeln können. Witjon allerdings wollte das für sich selbst nicht. Er war bereits einmal Landos Willen gefolgt und hatte jene Verbindung mit den Prudentii geschlossen, die so früh wieder erloschen musste. Jetzt wollte er einfach das tun, was sich in seinem Kopf seit längerer Zeit bereits unterbewusst festgesetzt hatte: Er wollte die intelligente bildschöne immer noch junge Frau vom Stamm der Mattiaker für sich, wollte sein Leben mit ihr verbringen. Warum auch nicht? Er begehrte sie und sie hatte schon lange zuvor den Wunsch geäußert, sich mit ihm zu vermählen, auch wenn das möglicherweise auch einfach rein machtpolitische Gründe gehabt haben mochte. Witjon war das egal. Er stand jetzt vor Elfleda, den Blick erwartungsvoll auf sie gelegt und war mit hoffnungsvoller Spannung geladen. Sein Herzschlag ging rasend schnell und vor lauter Aufregung hielt er unbewusst den Atem an. Wer genau hinhörte, mochte das entfernte Gelächter einer Norne hören, die seinen Faden für den Bruchteil eines Augenblicks in Entscheidungsunfreudigkeit zwischen den Finger hin und her drehte. So rum oder anders herum? Was würde die duccische Hausherrin nun sagen? Der Bruchteil des Augenblicks verflog und die Norne begann wieder Witjons Geschicke zu lenken...
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Witjons Herzschlag begann sich zu beschleunigen, als Elfleda zu einer Antwort ansetzte, die ihn in unerwartete Konflikte mit sich selbst brachte. Er hätte am liebsten geschrien, dass es nicht so war. Dass er alles für die Familie tat, dass er unter all dem litt und, dass er sich das alles ganz anders vorgestellt hatte. Dass er Callista schmerzlich vermisst hatte und immer noch nicht ganz über ihren Tod hinweggekommen war und, dass er es satt hatte ständig von Elfleda reingeredet zu bekommen.
Aber das stimmte so ja nicht und das wusste er auch. Er tat nicht alles für die Familie, denn Elfleda war ja da und machte so viel für ihn und mit ihm und vermutlich noch so vieles was er gar nicht mitbekam. Und er hatte eigentlich nur unter dem Tod seiner Frau und vor allem unter Landos Tod gelítten. Unter dem Tod seines Vetters, der zuerst Vorbild und irgendwann Wegbegleiter und vor allem eins geworden war: Ein verdammt guter Freund. Tja. Aber was sollte er tun? Er war ein Mann und er konnte Elfleda jetzt hier nicht das Bild eines heulenden Waschlappens abliefern. Nein. Unmöglich. Völlig unvorstellbar.Und deswegen sagte er auch nichts dergleichen. Aber das brauchte er auch gar nicht, denn seine Schwägerin sagte noch viel mehr, das ihn berührte, so sehr er sich das auch nicht eingestehen wollte. Die Duccii waren seine Familie, gewiss. Aber Elfleda hatte Recht, sie war ebenso Teil dieser Familie geworden. Er musste sich wohl eingestehen, dass er sie sich auch nicht wegdenken konnte. Was wäre dieses Haus auch ohne Elfleda? Und er erst? Nein, was hatte er sich nur gedacht? Ihr Götter, fühlte er sich jetzt schlecht. Sein Magen war schon völlig verkrampft und seine Augen fühlten sich an, als müsste er gleich heulen. Aber das wollte er nicht, das würde er nicht. Statt dessen hallten in seinem Kopf nur noch Elfledas letztgesagte Worte wider, alles andere war bereits verdrängt. Vielleicht fängst du mal damit an, dich nicht länger vor den überfälligen Entscheidungen zu drücken.
Witjon schluckte hart, als er sich zu einer Entscheidung durchrang, die er lange aufgeschoben hatte, dann sagte er: "Eine überfällige Entscheidung, ja..." Zwei zögerliche Schritte auf sie zu, stoppen, dann ein paar weitere Schritte. Endlich raffte er seinen ganzen Mut beisammen, als die folgenden Worte seinen Mund verließen. "Elfleda...ich möchte...dich zur Frau nehmen..." Die letzten Worte gingen in einem piepsigen Krächzen unter, als seine Stimme versagte. "Örrgch!" räusperte er sich hastig, um schnell und undeutlich eine Wiederholung zu nuscheln. "Ich will dich ehelichen."
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Na wunderbar. "Entschuldigen," wiederholte er. Ihre bissige Erwiderung überging er dabei mehr oder minder erfolgreich, wobei er das Gesicht verzog. Das hatte gesessen. Aber er konnte jetzt nicht einfach sagen: "Alles klar, dann geh' ich halt wieder", oder "Na, dann rutsch' mir doch den Buckel runter." Statt dessen gab er nach. "So ist es nicht. Ich bin dir sehr dankbar für deine Unterstützung und die Hilfe, mit der du mir bestehst. Und bitte dich um Verzeihung dafür, dass ich das nicht zu schätzen wusste." Das beschreib seinen momentanen Gedanken- und Gefühlswust zwar nicht im geringsten auch nur in grober Weise, aber es war wohl ein Anfang für einen jungen Mann, der nicht einmal mit seiner Frau über gewisse Dinge gesprochen hatte, die ihm am Herzen gelegen hatten. Nicht zuletzt, weil Callista früh gestorben war, aber das war ein anderes Thema. Jetzt stand er hier vor seiner Schwägerin und gab klein bei. Und fürchtete, dass die Mattiakerin das ausnutzen würde, ihn ungespitzt in den Boden zu rammen...
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Audaod
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/d-germanen-kinder/04.jpg]Der Sohnemann erwiderte grübelnd seines Vaters Blick. Patronat? Ja, das hatte er schon kennen gelernt. "Das ist, wenn ein Mann einem anderen Mann Treue schwört," versuchte Audaod sich an einer Erklärung. "Das heißt dann...äh...Cli...Cle..." "Clientel," half Witjon seinem Sohn bereitwillig aus. "Ja, genau! Das mein ich," strahlte Audaod ob der Auffrischung seines Wissens. Dann runzelte er jedoch in kindlicher Irritation die Stirn, woraufhin er seinen Vater weiter fragte: "Und wieso ärgert dich das?" Witjon lächelte und bedeutete seinen Sohn, sich zu setzen. Er selbst nahm vor ihm auf dem Schreibtisch platz, ein Bein stützend auf dem Boden, eins locker vor sich hin baumelnd.
"Ich bin Client eines Römers, weißt du? Eines sehr mächtigen Römers mit viel Land und noch viel mehr Silber. Der Römer ist ein Senator, ein Fürst." Er musterte den Jungen kurz, erkannte Verständnis in dessen Mimik und fuhr fort. "Nun bin ich vom Kaiser zum Eques ernannt worden. Du weißt ja, wer Eques ist, ist so mächtig wie jene Männer, die sich Schwerter leisten können und viele Äcker Land besitzen und in deren Munt viele Männer stehen." Diese Begriffe waren Audaod allesamt bekannt und auch deren Bedeutung. Wer in Germania Magna ein Schwert besaß, war bereits ein reicher Mann, denn Schwerter waren extrem teuer. Wer sein Schwert eintauschte, konnte dafür einen ganzen Hof inklusive Knechte und Dienstmägde erhalten. Wer ein Schwert sein Eigen nannte, hatte außerdem Muntlinge unter sich, die ihm als Unfreie Dienste auf den Feldern und Waffengefolgschaft in Konfliktsituationen schuldeten.
"Eques Imperii, ja das hat Milacorix mal erklärt," bestätigte Audaod auch sogleich. "Richtig. Und als solcher muss man Land besitzen. Viel Land. Nun ist es aber so, dass ich selbst nicht viel Land habe, sondern das meiste aus Landos Erbe an Elfleda gefallen ist." Er sah seinen Sohn wieder abwartend an, gab ihm einen Moment zur Informationsverdauung. "Und da habe ich meinen Patronus um Hilfe gebeten und ihm einen Brief geschrieben mit der Bitte, mir das nötige Grundstück zu verkaufen. Denn, wie ich ja sagte, mein Patronus hat viel Land. Seeehr viel Land. Mehr als du dir vorstellen kannst." Audaod machte bei Witjons Beschreibung große Augen und schaute verwirrt drein.
"Wie viel ist so viel?" fragte er ungläubig. "Von hier bis Bonna," antwortete Witjon, was geraten, aber vermutlich gar nicht schlecht geraten war. Lucianus sprach er einen horrenden Landbesitz zu. Ebenso seinem Bruder. So war das eben bei Senatoren. "BOOOR!" staunte Audaod da nicht schlecht und riss verwundert die Augen auf und formte den Mund zu einem großen O.Witjon fuhr unbeirrt fort. "Tja, und dieser senatorische Patronus, den ich um Hilfe gebeten habe, der hat mir nun eine Antwort zukommen lassen. Und die ist sowas von daneben, dass ich mich eben geärgert habe..."
"Was schreibt er denn? Kann ich's sehen?" Jetzt bestürmte der Kleine seinen Vater mit sämtlichen Fragen, die ihm der Reihe nach in den Kopf schossen. "Sachte, sachte," wehrte Witjon schmunzelnd ab. Wie neugierig Kinder doch sein konnten. "Hier. Er schreibt, dass er leider nichts für mich tun kann. Bei der Fülle an Äckern, die er besitzt, kann er mir leeeeider, leider nichts abgeben." Er zeigte seinem Sohn das Schreiben, das dieser kurz zu studieren versuchte, dann jedoch aufgrund der Buchstabenfülle überfordert wieder zurückgab. Witjon konnte es derweil nicht unterlassen eine gehörige Portion Zynismus in seine Worte zu legen, die auch Audaod nicht verborgen Blieb.
"Wieso nicht?" fragte er daraufhin, was Witjon erneut lächeln machte. "Weil mein Patron, Marcus Vinicius Lucianus ist sein Name, offenbar geizig ist. Und es nicht für nötig hält seine Klienten zu unterstützen. Und was, mein Sohn, bringt mir ein Patron, der mich nicht unterstützt? Lohnt sich so ein Clientelverhältnis?"
Audaod schaute kurz entsetzt drein. Jetzt musste er auch noch eine ernsthafte Frage benantworten! Sein Vater wollte seine Meinung hören! Damit war er erstmal überfordert, bevor er sein Gedankenwirrwar soweit filtern konnte, dass er eine zögerliche Erwiderung hervorbringen konnte. "Neee, der nützt ja gar nichts, wenn er nicht helfen will!""Richtig," bestätigte Witjon zufrieden. "Patronus Vinicius inutilis est..." Damit war Audaod entlassen und Witjon konnte sich Gedanken darüber machen, ob und wie er eine angemessene Antwort formulieren sollte.
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Elfledas Antwort hätte nicht typischer ausfallen können. Natürlich war alles in Ordnung, sah ja jeder Depp. Den Grund, den sie daraufhin vorbrachte, bestürzte Witjon allerdings sehr. Er hatte Sarwolf zwar nie wirklich gut kennen gelernt, aber Elfleda hatte in diesem Moment dennoch sein tiefstes Mitgefühl. "Das tut mir leid," sagte er daher, obwohl ihm in solchen Situationen generell jedes Wort deplaziert vorkam. Da war es ihm gar nicht so unrecht, dass Elfleda knallhart und mit der üblichen Maske der Beherrschtheit nach dem eigentlichen Grund für sein Kommen fragte. Und wenn sie seine Antwort auf diese Frage für Höflichkeit hielt, war es ihm umso lieber, auch wenn er mehr aus Verlegenheit und Sprachlosigkeit den abrupten Themenwechsel gern annahm.
"Äh...ich bin eigentlich gekommen, weil..." ...ich mich scheiße fühle und dir das beichten will, damit du mir endlich verzeihst, damit ich mich besser fühlen kann und wir endlich wieder normal zusammen leben können. "...ich mich entschuldigen möchte." Seine Worte klangen nicht sonderlich kraftvoll, nicht stolz, nicht selbstbewusst. Witjon hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen, das ihm nicht erlaubt hatte seinen kleinen Triumph über Elfledas Einfluss im geringsten auszukosten.