Am Hochzeitstag schließlich mußte eine Anzahl von Bräuchen beachtet werden, und vergaß man nur einen, war die Ehe so gut wie gescheitert (das pflegten zumindest Schwiegermütter und ähnliche unbequeme Zeitgenossen zu unken - Es ist in der Tat erwiesen, daß in alten Rom die Person, mit der an meisten in Haus gestritten wurde, die Schwiegermutter war. Sie wollte, lebte sie noch in Haus, die neue Hausherrin nie allein entscheiden lassen.)
Nachdem die Braut ihr Kinderspielzeug den Göttern geweiht hatte, wurde sie zurechtgemacht. Sie erhielt eine Frisur, die der der Vestalinnen glich (tutulus, s. o.), wobei das Haar unbedingt mit einer gebogenen, eisernen Speerspitze gescheitelt werden mußte. War mit dieser Spitze einst ein Gladiator getötet worden, galt sie als besonders wirksam gegen böse Geister.
Das Hochzeitskleid war eine tunica aus feinem weißen Flanell und wurde, wie auch bei uns, nach der Hochzeit üblicherweise nie mehr getragen.
Am Abend des Hochzeitstages, wenn die Zeremonie vorüber, der Vertrag unterzeichnet und das Hochzeitsfrühstück verspeist war, entriß der Bräutigam seine Braut formell den Armen ihrer Mutter, und sie wurde von Freunden und Familienangehörigen im Brautzug zum neuen Heim geleitet. Dabei riefen die Beteiligten, ähnlich wie wir heute bei einem Faschingsumzug "Helau", von Zeit zu Zeit "talassio" aus, vermutlich ohne überhaupt zu wissen, daß dieser Ruf aus der Geschichte vom Raub der Sabinerinnen entstanden war.
Ein Mann, der für seinen Patron Talassius damals eine besonders schöne Braut geraubt hatte, rief, mit ihr durch die Menge laufend, immer wieder "talassio", "für Talassius", damit niemand sie ihm entrisse.
Diese Prozession, die domum deductio, war von außerordentlicher Wichtigkeit. Selbst wenn der Bräutigam nicht anwesend war (das war in Ausnahmefällen möglich), wurde sie durchgeführt. Nachdem das Ehepaar einigen weiteren Bräuchen nachgekommen war, wurde die Frau dann in das Schlafgemach geleitet und dort von anderen Frauen, die nur einmal verheiratet gewesen sein durften, entkleidet, während die anderen außerhalb das Hochzeitslied (epithalamium) anstimmten. Dann erst durfte auch der Bräutigam ins Bett, und die Gäste hatten ihre Pflicht getan. (Für einige Menschen war es wirklich Pflicht, an einer Hochzeitsfeier teilzunehmen, so zum Beispiel für die Klienten eines Patrons, wenn dieser heiratete.) Am nächsten Morgen nahm die junge Frau, nunmehr eine matrona (Hausfrau), zum ersten Mal ihre häuslichen Pflichten wahr.