Beiträge von Marcus Didius Falco

    Ein Sklave öffnete, welcher den Besucher als einen Verwandten des Hausherren erkannte.


    "Salve Dominus. Willkommen in der Casa Didia."


    Er hielt die Tür für Gordianus geöffnet, so dass dieser eintreten konnte.

    "Salve Tribun." begrüßte ich Marcellus. Sein Ansinnen kam mir nicht ungelegen, war doch erst kürzlich einer meiner Tribunen aus dem Dienst ausgeschieden.


    Ich bot ihm einen Platz an und ließ uns von meiner Ordonnanz erfrischende Getränke servieren.


    Als diese uns allein gelassen hatte kam ich zur Sache.


    "Ich freue mich über deine Bewerbung und auch der Zeitpunkt ist günstig. Doch erzähle mir zunächst etwas von dir. Wie verlief deine Laufbahn und in welchen Einheiten dientest du?"

    Als mir gemeldet wurde, dass die Truppen der Cohortes Vigiles zum Morgenappell angetreten waren, betrat ich die für derartige Anlässe übliche kleine Tribüne. Zur Feier des Tages hatte ich mich in meine beste Paradeuniform glekleidet und ließ meine Augen jetzt über die versammelten Cohorten schweifen. Die blankgeputzten Uniformen blitzten in der Sonne und die Feldzeichenträger präsentierten ihre Standarten.


    Einer meiner Offiziere brüllte ein Kommando. Ein Ruck ging durch die Mannschaften, alle standen nun in Habt-Acht-Stellung und schauten in meine Richtung.


    "Salve Milites!" begann ich mit lauter Stimme zu reden.


    "Ich grüße und beglückwünsche euch, Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere der Cohortes Vigiles zu einem ganz besonderen Tag - dem Tag des Festes der Vigiles.


    An diesem Tage haben wir die Möglichkeit, uns dem Volke zu präsentieren. Nutzen wir diese Gelegenheit. Zeigen wir den Bürgern Roms den hervorragenden Stand unserer Ausbildung. Führen wir den Bürgern Roms unsere Ausrüstung vor. Sprechen wir mit den Bürgern Roms und beantworten deren Fragen.


    Von jedem von euch erwarte ich heute höchste Disziplin und Einsatzbereitschaft."


    Schmunzelnd fügte ich hinzu.


    "Aber das ist ja nichts Neues für euch, Männer. Denn beides verlange ich immer und an jedem Tage von euch."


    Ich ließ den Milites einen kurzen Moment Zeit, um über diese Bemerkung zu grinsen, und setzte meine Ansprache dann fort.


    "Präsentieren wir uns heute von unserer besten Seite, damit die Bürger hautnah erleben können, dass auf uns - auf die Cohortes Vigiles - immer Verlaß sein wird.


    Gleichzeitig stehen wir heute auch am Beginn eines neuen Jahres. Für dieses Jahr wünsche ich euch allen persönlich alles Gute und uns gemeinsam viel Erfolg. Wie im vergangenen Jahr und in all den Jahren davor, werden wir - die Vigiles - auch in diesem Jahr treu und tapfer unseren Dienst zum Ruhme Roms, zum Wohle des Imperiums und zum Schutz der Bürger versehen.


    Treue und Ehre - so lautet unser Schwur.


    Für den Imperator!
    Für das Imperium!
    Für das Volk von Rom!"


    Ich ließ die Worte ausklingen. Dann erhob ich meine Stimme nochmals.


    "So, und jetzt möge das Fest beginnen.
    Öffnet das Tor für unsere Gäste!"

    Aus dem Tempel der Venus Libitina kommend, wo ich die schreckliche Nachricht vom Tode Didia Sinonas erfahren hatte, ließ ich in der Casa Didia die Familia zusammenrufen.


    Unterdessen schenkte ich für Quintus Caecilius Aventurinus, Sinonas Verlobten, und mich Wein ein. Wein, den wir beide bitter nötig hatten und den wir rasch tranken, während wir schweigend unseren traurigen Gedanken nachhingen.


    Bald darauf hatte sich die Familia versammelt und ich begann zu sprechen.


    "Ein sehr trauriger Anlaß ist es, der mich euch heute zusammenrufen ließ. Mein Herz schmerzt mir, euch sagen zu müssen...", jedes Wort fiel mir schwer, "...das meine liebe Schwester Didia Sinona nie mehr in unser Haus zurückkehren wird und es für uns alle kein Wiedersehen mit ihr geben wird. Sinona befand sich an Bord eines Schiffes, welches sie nach Cyprus bringen sollte, im Dienste des von ihr geführten Venuskultes. Dort jedoch kam sie niemals an, denn vorher holte sie Neptun zu sich in sein Reich..."


    Große Bestürzung breitete sich in den Gesichtern der Anwesenden aus und Klagerufe wurden laut. So manche und so mancher brach in Tränen aus, während ich ihnen all das berichtete, was mir Fausta erzählt hatte.


    "Wir müssen jetzt alle sehr tapfer sein. Ihr Tod ist für uns alle ein schmerzlicher Verlust."


    Selbst des Trostes bedürftig, war es meine Aufgabe als Pater Familias den anderen Familienmitgliedern Trost zu spenden.


    "An uns ist es nun, Sinona die letzte Ehre zu erweisen und ihr einen würdigen Abschied zu bereiten."


    Ich ließ der Familia noch etwas Zeit, um ihre Trauer zum Ausdruck zu bringen, bevor ich begann Anweisungen zu erteilen.


    "Das Haus laßt uns jetzt schmücken mit den Zeichen unserer Trauer. Stellt Töpfe mit Zedern vor die Tür und hängt Tannenzweige in alle Räume. Die Totenmasken der Ahnen müssen blankgeputzt werden. Hier im Atrium richtet eine Totenbahre her. Auf diese legen wir Sinonas Bild, welches in meinem Arbeitszimmer hängt, denn ihren Körper gab uns Neptun nicht wieder. Die Totenbahre wird Didia Fausta schmücken, welche wie Sinona es tat, im Dienst der Göttin Venus steht."

    Zitat

    Original von Aquilia Flavia Agrippina
    Für guten Rutsch ist es wohl etwas spät.


    Richtig!



    Zitat

    Original von Aquilia Flavia Agrippina
    Daher:


    Happy New Year!!!!!


    Dem schließe ich mich im vollem Umfange an. :)

    Ich nickte zu den Worten Faustas, froh darüber etwas tun zu können.


    "Wir werden das Haus nach deinen Anweisungen schmücken, Fausta. Sinonas Bild lasse ich sofort für dich bereitstellen, so dass du damit die Totenbahre vorbereiten kannst.", sagte ich zu ihr und wendete mich dann an Aventurinus.


    "Komm, Avi. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns. Es ist das letzte was wir für Sinona tun können und wir werden die Trauerfeier für sie so prächtig gestalten, dass sie stolz auf uns sein würde."

    Zitat

    Original von Lucius Aelius Quarto
    “Wie mir scheint, könnte man ihre Rolle auch ganz anders und weniger heroisch bewerten, Senator Didius Falco.“


    Da ich mich gerade im Gespräch mit dem Imperator befand, ignorierte ich das unziemliche Verhalten des Zwischenrufers einfach.

    “Das Wort Mord für ihre Tat scheint mir dennoch unzutreffend zu sein, mein Augustus. Ich denke vielmehr, Messalina handelte in Notwehr. Ich war nicht zugegen, und erlaube mir daher kein Urteil über die Wachsamkeit der anwesenden Prätorianer. Das es für eine Zivilistin jedoch nicht erkennbar sein konnte, ob die Prätorianer in der Lage sein würden, dein für uns alle so kostbares Leben zu schützen, dass halte ich für mehr als verständlich. Immerhin soll es in der Vergangenheit schon Kaiser gegeben haben, welche trotz anwesender Prätorianer einem Attentat zum Opfer fielen. “ antwortete ich dem Kaiser. Das Wort Mord für die Verhinderung eines Attentatsversuches missfiel mir zutiefst.


    „Warum der Junge solchen Hass gegen dich verspürte, weiß ich genauso wenig wie wir alle hier. Das seine Eltern aber keinerlei Anteil daran tragen, dessen bin ich mir gewiß. Beide waren in Diensten des Imperiums oft unterwegs und hatten dadurch vielleicht zu wenig Zeit für das Kind. Das ist der einzige Vorwurf den man Messalina vielleicht machen kann. Aber kann man ihr dies wirklich vorwerfen, dass sie alle ihre Ämter zum Nutzen des Imperiums mit großem Engagement betrieb? Messalina selbst berichtete mir im Senat hier desöfteren mit trauriger Stimme, dass sie Sextus oft monatelang nicht sah, weil er fernab von ihr in Hispania lebte. Der Sohn lebte dort in einem großen Haushalt. Es kann einer seiner Lehrer gewesen sein, der ihn im Geheimen seine kranken Phantasien eingab. Ich kenne Messalina recht gut, wie du weisst, und nie hörte ich aus ihrem Munde ein schlechtes Wort gegenüber dir, mein Augustus, oder gab mir eine Handlung von ihr Anlass an ihrer Treue zu Kaiser und Imperium zu zweifeln.“ , sprach ich weiter. Dann holte ich nochmals tief Luft und fügte abschließend hinzu.


    „Sehr glücklich bin ich darüber, dass dir kein Haar gekrümmt wurde, mein Imperator. Traurig bin ich aber darüber, dass eine solch verdiente Senatorin wie Messalina wegen dieses Vorfalls, bei welchem ich deiner Schilderung zufolge nichts tadelnswertes in ihrem Verhalten erkennen kann, plötzlich nicht mehr Mitglied der Curie sein soll. Sie war stets eine der fleißigsten und konstruktivsten Senatoren, mag auch ihr Temperament manchmal mit ihr durchgegangen sein. Dieses Temperament spricht aber eher für ihr glühendes Herz, mit welchem sie stets Rom diente. Es steht mir nicht an, deine Entscheidung zu kritisieren, mein Augustus. Jedoch bitte ich dich darum, Messalina nach einer gewissen Zeit der Besinnung in welcher sie über früher vielleicht von ihr begangene Fehler nachdenken mag, wieder in deine Gnade aufzunehmen und ihr die Rückkehr nach Rom und in den Senat zu gestatten.“

    Ich überlegte kurz. Da Neptun Sinonas Körper zu sich geholt hatte und ihn sicherlich nicht wieder herausgeben würde, mußten wir für die Trauerfeierlichkeiten tatsächlich eine andere Lösung finden, um die vorgeschriebenen Riten durchführen zu können.


    "Eine gute Idee, Fausta.", antwortete ich daher.


    "So wird es geschehen."

    Zitat

    Original von Didia Fausta
    Bewegt schaute ich Aventurinus Gebet und Opfer zu und stimmte die conclamatio an. Dreimal rief ich wehklagend Sinonas Namen:
    Sinona!
    Sinooona!
    Sinonaaa"


    Irgendwie machte mir die Conclamatio - auf die es keine Antwort gab - etwas bewußter, dass Sinona nie mehr zurückkehren würde. Das nie mehr ihre fröhliche Stimme und ihr Lachen in der Casa Didia zu vernehmen sein würden...



    Zitat

    Original von Didia Fausta
    "Hast du immer noch ein Bild von Sinona in deinem Arbeitszimmer hängen, Falco?"


    Ja, es war das Geschenk eines Malers, welcher Sinonas Schönheit sehr verehrte. Warum fragst du, Fausta?"

    Mit zunehmendem Erstaunen und Entsetzen vernahm ich die Worte des Imperators. Da ich als langgedienter Militär aber gewöhnt war eine stoische Miene aufzusetzen, konnte man diese Regungen meinem Gesichtsausdruck nicht entnehmen.


    Lange und gründlich liess ich mir seine Schilderung der Ereignisse durch den Kopf gehen. Als ich damit fertig war, wußte ich nicht, ob ich über das Paradoxe des vom Augustus Gesagtem lachen sollte oder lieber über das Schicksal Messalinas weinen sollte.


    Was sprach der Kaiser da von einer Anklage gegen Messalina wegen Mordes an ihrem eigenen Sohn, wenn sie seinen eigenen Worten zufolge den eigenen Sohn getötet hatte, um ein Attentat auf den Imperator zu verhindern? Messalina hatte das Leben des Kaisers und das Wohl des Imperiums über ihr eigen Fleisch und Blut gestellt. Diese Tat war aller Ehren wert und verdiente wahrlich keine Bestrafung. Hatte der Imperator noch nie etwas von dem Notwehrparagraphen des Codex Iuridicalis gehört? Das konnte ich mir nicht vorstellen, war er doch bei der Erstellung und Diskussion des Codex damals sehr aktiv beteiligt gewesen.


    Es gab in letzter Zeit immer mehr Entscheidungen des Imperators - gerade auf juristischem Gebiet - welche ich für sehr merkwürdig hielt.


    Welche schlechten Berater mochten ihm eingeflüstert haben, im Falle Messalinas dermaßen falsch zu entscheiden?, fragte ich mich.


    Schließlich räusperte ich mich und sprach dann.


    "Mein Imperator. Wie wir alle hier bin ich sehr froh und danke den Göttern dafür, dass dir nichts geschehen ist. Gestatte mir aber die Bemerkung… So wie du es schildertest, handelte Messalina doch wie jeder Römer handeln sollte, als sie den Attentäter tötete um dein Leben zu schützen…“


    "Salve Aventurinus." begrüßte ich Sinonas Verlobten. Die Tiefe seines Leids war ihm deutlich anzusehen und er dauerte mich sehr, gleichwohl meine eigene Trauer nicht geringer war.


    Schweigend erwiderte ich seine Umarmung, die mir und wohl auch ihm etwas Trost spendete. In diesem Moment der gemeinsamen Trauer um einen geliebten Menschen fühlte ich mich mit diesem Manne sehr eng verbunden. Einem Manne, von dem ich nicht so sehr viel mehr wußte, als das er rechtschaffen war, mir symphatisch und das ihn meine Schwester Sinona über alles geliebt hatte, genauso wie er sie geliebt hatte.


    So gern hätte ich die Hand Sinonas bei der bereits geplanten Hochzeit der beiden in Aventurinus Hand gelegt, doch die Götter wollten es anders. Bei diesen Gedanken spürte ich, wie mir die Tränen erneut in den Augen standen.


    Nachdem wir so eine Weile dastanden, sagte ich leise zu Aventurinus.


    "Ich weiß um die Tiefe deines Leids, Aventurinus, und der Verlust ist unermeßlich. Genauso wie unsere Trauer."


    Bei diesen Worten drückte ich ihn nochmals fest an mich.


    "Wir müssen jetzt stark sein. Unsere Aufgabe, gemeinsam mit Fausta, ist es jetzt dafür zu sorgen, dass Sinonas Familie, ihre Freunde, die Anhänger des Venuskultes und das römische Volk Abschied von Sinona nehmen können."

    "Ja, Fausta. Sag mir bitte, welche Dinge aus religiöser Sicht jetzt vorzunehmen sind. Als Priesterin bist du in diesen Dingen erfahrener als ich..." antwortete ich mit kummervoller Stimme.


    "Und... dann gibt es noch etwas zu tun... Wir müssen dass Volk darüber informieren, dass die Führerin des Venuskultes von den Göttern zu sich geholt wurde..."


    Ich seufzte laut, denn mein Herz war voll von Trauer um meine Schwester Sinona.