Beiträge von Marcus Claudius Verus

    Heute hatte ich mir vorgenommen meine Schwester Antonia zu besuchen. Lange hatte ich sie nicht gesehen und war voller Vorfreude. Mit einer Sänfte hatte ich mich auf den Weg durch Rom gemacht und stand jetzt vor der Porta der Villa Flavia.


    Auf einen kurzen Wink von mir klopfte mein Sklave Andronicus an.


    *poch,poch,poch*

    Der Ianitor musterte Andronicus ungläubig. Er schien überrascht zu sein. Doch Andronicus ließ sich nichts anmerken und gab ihm die Auskunft:


    "Salve, mein Name ist Andronicus. Mein Dominus Marcus Claudius Verus und sein Bruder Appius Claudius Sabinus wünschen den Hausherren zu sprechen."


    Während er auf die Antwort wartete, machte er eine bedeutungsvolle Geste in Richtung der Sänfte. Dort waren die Vorhänge etwas zur Seite gezogen, sodass der Ianitor in die Sänfte blicken konnte und auch Verus und Sabinus das Gespräch verfolgen konnten.

    Als Tucca auf Sabinus zu sprechen kam, fiel mir auf, dass ich mein Bruder heute noch gar nicht aufgetaucht war. Und es war schon später Vormittag. Wahrscheinlich lag er noch in seinem Cubiculum und schlief. Die Reise schien ihn doch etwas mitgenommen zu haben.


    "Was Sabinus in Rom vorhat, kann ich dir nicht sagen. Wir haben uns zwar während unserer Reise hierher nach Rom darüber unterhalten, doch mein Bruder hatte noch keine genaue Vorstellung. Er wollte es sich in Ruhe überlegen."


    Ich trank noch einen Schluck Wein. Beim Erwähnen des Triclinums, bemerkte ich, dass ich heute noch gar nicht gefrühstückt hatte.


    "Was hältst du von einem gemeinsamen Frühstück? Ich könnte etwas zu Essen vertragen!"


    Und pompös war es. In einer Stadtvilla waren natürlich fast alle Räume pompös eingerichtet. Ich staunte nicht schlecht, woher wusste Tucca, dass es pompös war? Er sah doch gar nichts? Aber wahrscheinlich hatte es ihm Tuktuk einfach geschildert und Tucca hatte sich sein eigenes Bild gemacht.


    "Die Bibliothek, sehr interessant. Bei Gelegenheit könntest du mir den Weg dorthin zeigen. Wenn ich die Muse habe, werde ich mich dort in die politischen Schrften vertiefen. Ja, der Altar steht hier gleich rechts in eine Nische. Soll ich dich hinführen?"


    Ich wartete, was Tucca vorschlagen würde, wollte er zum Altar oder ins Triclinium?

    "Ja, Sabinus ist zusammen mit mir aus Athen gekommen und Priscilla hält sich auch hier auf. Das meine Schwester hier ist, wusste ich bis gestern auch nicht, Menecrates hat es mir erzählt."


    Meine Schwester hatte ich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, deshalb freute ich mich sehr auf unser Wiedersehen. Unser Verhältnis war immer prächtig gewesen und ich war einfach nur gespannt, was sie hier in Rom wollte. Sie war jetzt eine junge Frau und hatte sich bestimmt sehr verändert.


    "Ah, unser Verwandter. Gracchus ist sein Name. Vielleicht werde ich bald die Gelegenheit haben ihn kennenzulernen, denn ich kenne ihn noch nicht persönlich. Und was Antonia angeht, ich habe sie vor ein paar Jahren das letzte Mal gesehen. Wir haben uns ein paar Mal geschrieben während meines Aufenthaltes in Giechenland, zum letzten Mal habe ich sie zur Heirat beglückwünscht. Bald werde ich sie und ihren Ehemann mal besuchen."


    Von den anderen Namen, die Tucca danach noch aufzählte, hatte ich noch nicht gehört. Doch was Tucca über sie erzählte, waren sie in der Öffentlichkeit wohl wenig beliebt. In den nächsten Tagen würde ich mir noch mein eigenes Bild machen können, bei meinen Ausflügen durch Rom. Man brauchte nur einige Vormittage auf dem Forum zu verbringen, um ein genaues Bild von der momentanen politischen Situation in Rom zu bekommen. Das war schon seit den Tagen der Republik so und das hatte sich bis heute nicht verändert.


    Zunächst reagierte Tucca auf meinen Vorschlag durch Rom zu streifen etwas verdutzt. Hatte er etwa Bedenken? Er schien sichtlich dankbar für die Denkpause, die ihm Tuktuk bei seinem Eintreten gewährte. Er brachte die beiden Krüge mit Wein und Wasser. Es war immer wieder faszinierend, den beiden bei ihrer Verständigung zuzusehen, alles ging so einfach.


    Dan kam endlich Tuccas Zustimmung, worüber ich herzlich froh war.


    "Ja, da hast du Recht. Das Zimmer wird schon nicht so schwer zu finden sein. Bevor wir uns zu Priscilla aufmachen, was hältst du davon, noch etwas das Haus näher zu erkunden? Selbstverständlich aber erst, wenn wir unsere Becher geleert haben!"


    Es war nicht meine Art ein gemütliches Beisammensitzen einfach überstürzt abzubrechen, aber vielleicht wollte ja Tucca nicht enfach nur so herumsitzen.
    Schon griff ich nach dem Becher, um einen Schluck verdünnten Wein zu trinken.

    Hier war also das Zimmer von Priscilla. Jetzt war ich schon eine ganze Zeitlang durch die verwinkelten Gänge der Villa geirrt und hatte schon fast die Geduld verloren. Irgendwie kam mir das Haus wie ein Labyrinth vor, doch das würde sich schon mit der Zeit ändern.


    Zusammen mit Tucca und Priscilla wollte ich an diesem Nachmittag die Märkte besuchen und heute Morgen hatte ich mit Tucca besprochen uns im Zimmer von Priscilla einzufinden, um sie abzuholen. Ob Tucca schon da war? Neugierig hielt ich mein Ohr an die Tür, um zu lauschen, ob sich schon Priscilla mit jemandem unterhielt. Doch ich konnte nichts hören, die Türen waren einfach zu dick, als dass irgendein Geräusch nach draußen dringen konnte.


    Schon wollte ich anklopfen, als mir noch etwas einfiel. Wo war eigentlich Andronicus, mein griechischer Sklave? Heute hatte ich ihn noch nicht zu Gesicht bekommen. Wahrscheinlich war er in der Sklavenunterkunft, doch bei unserer Ankunft gestern hatte ich Menecrates vergessen zu fragen, wo die Unterkunft lag. Ich nahm mir vor entweder Tucca oder Priscilla danach zu fragen, denn Andronicus sollte mich auf die Märkte begleiten.


    Und dann klopfte ich an.

    Gespannt hörte ich den Ausführungen Tuccas über den Besuch im Marcellustheater zu. Das Theater wurde von Augustus gebaut und seinem im Jahre 23. v. Chr. gestorbenen Neffen und designierten Nachfolger gewidmet. Es lag nördlich des Forum Holitorium. Als kleiner Junge war ich öfter im Theater des Marcellus, aber seit meinem letzten Besuch war eine Ewigkeit vergangen.


    "Hättest du nicht Lust mich bei der nächsten Gelegenheit zu einer Aufführung zu begleiten? Gerne würde ich mal wieder ins Theater, es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich im Marcellustheater war. Wir könnten einen Familienausflug dorthin machen, mit meinem Bruder und Priscilla"


    Ah, ein Aedil war der Ausrichter des Stücks. Das interessierte mich.


    "Ah, ein Aedil. wie heißt er denn? Hast du denn seit du hier in Rom bist gehört, wer dieses Jahr im Cursus Honorum tätig ist?"


    Dann wandte sich Verus wieder mir zu. Langsam wurde ich ungeduldig, da immer noch kein Sklave erschienen war, um uns etwas zu bringen.


    "Natürlich sage ich dir Bescheid, wenn ich zum ersten Mal die Ehre habe eine Rede auf der Rostra zu halten. Na ja, also mal sehen. Ich bin ja noch jung und muss noch einige Erfahrung sammeln, trotzdem würde ich irgendwie schon gerne direkt in den Cursus Honorum, aber darüber muss ich mich noch genauer mit Menecrates unterhalten."


    Für eine Quaestur war ich sowieso noch zu jung. Zunächst würde ich noch ein Jahr in den Priesterkollegien oder als Militärtribun dienen. In dieser Zeit konnte ich die Erfahrung sammeln, die mir danach als Quaestor nützlich sein konnte.


    "Du wirst dich noch an Rom gewöhnen. Rom ist etwas chaotisch, aber ich werde es genießen, denn ich habe mich in Athen nach Rom gesehnt. Ich bin froh, wieder in der Hauptstadt zu sein. Was das Heiraten betrifft, es muss nicht heute und auch nicht morgen sein. Das wird sich ergeben."


    In dem Moment hörte ich hinter Tucca ein Geräusch und wir beide wandten die Köpfe. Es war Tuktuk, der schlurfend hinter Tucca auftauchte und sich auch gleich wieder entfernte, um uns endlich was zu trinken zu bringen.


    "Also ich finde es nicht zu früh für verdünnten Wein. Es kommt ja immer auf das Mischverhältnis an, und am frührn Morgen mag ich ihn sehr verdünnt. Deshalb ist eine zusätzliche Kanne Wasser sehr gut"


    Man musste ja nicht gleich am frühen Morgen übertreiben, denn schließlich wusste man nie, was der Tag noch mit einem vorhatte.


    "Hast du Lust mich später zu den Märkten zu begleiten? Gerne würde ich noch Priscilla fragen, ob sie uns nicht begleitet. Was hältst du davon, sie nachher in ihrem Cubiculum aufzusuchen? Weißt du, wo das Zimmer liegt?"


    Alles war noch so neu für mich hier in der Villa. Wo die ganzen Familienmitglieder ihre Unterkünfte hatten, war mir noch völlig unbekannt. Hoffentlich wusste Tucca Bescheid.

    Sim-Off:

    Kein Problem. Werde diesen Thread dann jetzt beenden und an der Porta weitermachen.


    "Ja, da hast du Recht. Als Legionär würdest du bestimmt nicht dienen. Wohl eher mindestens als Zenturio. Denk nur in Ruhe darüber nach."


    Weiter kam ich nicht mehr, denn Sabinus rief einem Sklaven etwas zu und die Sänfte erreichte ein Tempo, dass ich vor Überraschung ganz perplex war.


    Wenn es in diesem Tempo weiterging, dann brauchten wir nicht mehr lange bis zu Villa Claudia.

    Also auch Tucca war neu eben erst in Rom angekommen. Was ich eigentlich schade fand, denn ich hoffte, von ihm auch Neuigkeiten aus der Hauptstadt zu erfahren. Nichts Überraschendes war es für mich, als ich hörte, dass es Tucca in Ravenna langweilig fand, da ich ihn und seine Vorlieben für Gelage kannte. Aber auch mir ging es da nicht anders. Wir, die Mitglieder der römischen Aristokratie, schätzten die abendlichen Gelage, sie gehörten zu unserem Tagesablauf. Und wenn sie dann einmal über längere Zeit ausblieben, dann fehlte uns einfach ein Stück Lebensqualität.


    "Eine gute Idee, hier deine Verwandten zu besuchen. Du weißt ja, Rom ist immer eine Reise wert. Und hier erlebt man was und es wird einem nie langweilig, zumindest sagen das die Leute."


    Noch hatte ich ja nicht die Gelegenheit gehabt, es auszutesten, ob es wirklich stimmt. Aber ich wollte es so schnell wie möglich nachholen.


    Das Fest der Megalesia. Ein Fest zu Ehren der Magna Mater. Ich hatte davon gehört, aber noch nie daran teilgenommen. Deshalb war ich neugierig, was es von dem Fest zu erzählen gab.


    "Erzähl mir mehr von den Megalesia dieses Jahr. Gab es irgendwas Besonderes?"


    Dann wollte Tucca wissen, wie ich meine Zeit in Athen verbracht hatte.


    "Weißt du Tucca, meine Studien in Griechenland waren sehr gut. Nicht nur, dass ich Gelegenheit hatte Athen kennenzulernen und wichtige Kontakte zu knüpfen, sondern auch um meine Kenntnisse in Rhetorik stark zu verbessern."


    Plötzlich war ich etwas verdutzt, als ich Tuccas Bewegung wahrnahm und folgte seinem Kopf. Hatte er irgendwas gehört, ich jedenfalls konte weder was hören noch was sehen. Wir waren ganz allein im Atrium. Wenn man mal von den Sklaven absah, die herumstanden, aber die zählten ja nicht.
    Während ich noch über den Grund für Tuccas ruckartige Bewegung nachdachte, hörte ich auch schon seine nächste Frage und musste herzlich lachen.


    "Erst einmal möchte ich in die Politik hier einsteigen, darauf habe ich in Athen hingearbeitet. Aber da ich vorhabe lange Zeit hier in Rom zu bleiben, werde ich sicherlich auch Gelegenheit finden zu heiraten. Wir werden sehen... Und nach Athen zurückkehren werde ich deshalb in den nächsten Jahren wohl nicht. Wie steht es mit dir, wie lange wird dein Besuch hier in Rom dauern? "


    Wo blieben eigentlich die Slaven, um uns verdünnten Wein und Knabbereien zu bringen? Ich schaute nach allen Seiten, doch keiner der Sklaven machte Anstalten, uns etwas zu bringen.

    "Ja, Tucca!"


    Langsam näherte ich mich der Stelle, an der Tucca stand. Er schien erstaunt zu sein, dass er mich hier traf. Zumindest spiegelte das seine Mimik. Er stand neben einer Säule und hatte seinen Blindenstock dabei, mit dem er gerade eine Säule vor ihm ertastet hatte.


    "Du scheinst erstaunt zu sein, mich hier zu sehen. Aber ich bin auch erst seit gestern hier in Rom und wollte mich gerade auf einen Rundgang durch die Villa machen, um hier alles kennenzulernen. Und später möchte ich auch noch auf die Märkte."


    Also zu den Klinen wollter er. Ich hatte mich auch schon gewundert, wieso er hier so nahe an der Säule stand. Er musste die Orientierung verloren haben. Während er mir eine Beschreibung der Klinen gab, drehte er seinen Stock zwischen den Fingern. Es wäre mir nicht weiter aufgefallen, wenn er darin nicht eine Art Kunst entwickelt hätte. Seine Beschreibung wäre allerdings auch nicht unbedingt nötig gewesen, denn die Klinen standen ganz in der Nähe. Ich hatte sie schon beim Hereinkommen ins Atrium gesehen. Sie standen linkerhand von der Säule, ungefähr fünf Schritte entfernt.


    "Natürlich helfe ich dir! Die Klinen sind gar nicht weit entfernt. Linkerhand von der Säule stehen sie."


    Tucca streckte schon seinen Ellbogen aus, damit ich ihn führen konnte. Deshalb hakte ich mich ein und ging mit ihm zu den Klinen. Es war mir unangenehm, ihn ohne zu fragen einfach zu einer Kline zu führen, deshalb hakte ich nochmal nach:


    "Bevorzugst du einen bestimmten Sitzplatz? Oder ist es dir gleich, wo du sitzt?"


    Neugierig war ich total, auf das was Tucca mir gleich berichten würde, wir hatten uns immerhin zehn Jahre nicht gesehen. Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor und es gab bestimmt viel zu erzählen. Auch er hatte bestimmt eine Menge Fragen.


    "Tucca, ich bin schon ganz gespannt, was du mir alles zu erzählen hast. Es ist ja so lange her. Und du möchtest bestimmt auch wissen, wie es mir ergangen ist"

    Endlich waren wir bei unseren Verwandten in Rom angekommen. Der gestrige Tag unserer Ankunft war ziemlich stressig gewesen. Nicht nur wegen der Verzögerung am Stadttor, sondern auch wegen den anderen Pflichten, die uns nach unserer Ankunft erwartet hatten. Zunächst empfing uns Menecrates und danach erhielt jeder sein Cubiculum, was auch seine Zeit brauchte. Es war deshalb ziemlich spät, als ich mich endlich in mein Zimmer zurückziehen konnte. Die lange Reise erforderte ihren Tribut. Ich legte mich auf mein Bett und schlief direkt ein.


    Am anderen Morgen wachte ich ziemlich spät auf, aber fühlte mich sehr erfrischt und voller Tatendrang. Zunächst wollte ich einmal das Haus erkunden. Außer dem Atrium und meinem Cubiculum hatte ich ja noch nichts gesehen und meine Neugierde war deshalb geweckt. Nach kurzer Überlegung wollte ich im Impluvium beginnen, denn es lag nahe am Atrium. Für die ersten Erkundungsgänge wollte ich mich nicht so weit von bekanntem Terrain entfernen, wer wusste schon ob man sich nicht in den Weiten der Gänge verirren konnte.


    So trat ich also vor die Tür. Das Atrium lag im Erdgeschoss, mein Cubiculum im ersten Stock. Also musste ich zuerst einmal die Treppe wiederfinden. Nur wo war die noch gleich? Gestern war ich einfach zu müde und ich konnte mich einfach nicht an den Weg erinnern. Nach einigem Herumirren hatte ich schließlich den Treppenabgang gefunden. Gegenüber der Treppe stand eine Büste von einem berühmten Vorfahren, dem Kaiser Claudius.


    Langsam ging ich die Treppe hinunter und wollte mir die Büste aus der Nähe betrachten, als ich plötzlich ein Räuspern vernahm. Irgendjemand musste hier sein, aber ich sah niemanden. Nur ein paar Sklaven standen im Atrium herum, doch die hatten sich bestimmt nicht so geräuspert. Neugierig drehte ich mich um und wollte ein paar Schritte weiter ins Atrium hineingehen, doch schon vernahm ich eine mir bekannte Stimme. Der gute alte Tucca war auch hier in Rom. Wir hatten uns in Ravenna oft getroffen, aber er hatte mir gar nichts von seinem Vorhaben erzählt, seine Verwandten in Rom zu besuchen. Über seine Pläne hier musste ich mehr erfahren.


    "Salve Tucca, das ist ja eine Überraschung, dich hier zu treffen. Wie geht es dir denn und was machst du denn hier?"

    Anscheinend hatte Sabinus sich noch keine ernsthaften Gedanken gemacht, was er mit seiner Zeit in Rom eigentlich anfangen sollte. Oder wie sollte ich sonst das kurze Kopfnicken deuten.


    Endlich waren wir in der Stadt angekommen. Es ging zwar immer noch recht langsam vorwärts, aber das war um diese Zeit in Rom normal. Sich darüber aufzuregen brachte überhaupt nichts. Und so vertiefte ich mich wieder in das Gespräch mit Sabinus.


    "Ja, ich habe über eine Karriere in der Legion nachgedacht. Aber ich für meinen Teil kann mir das nicht vorstellen. Den ganzen Tag ion Feldlagern herumzuhängen und dann ständig diese Entbehrungen. Nein, das wäre nichts für mich. Und die armen Rekruten, die haben es wahrlich schwer. Natürlich hast du Recht, Rom wäre ohne seine Legionen nichts, Rom hätte nie im Leben ein so mächtiges Reich aufbauen können. Und du ziehst eine militärische Karriere in Betracht? Bist du dir sicher, dass das für Patrizier wirklich angemessen ist? Also, ich weiß nicht Sabinus. Aber du hast meine vollste Unterstützung bei deinen Vorhaben."


    Während ich redete musste ich immer wieder den Straßenlärm übertönen, der uns von allen Seiten umgab. Ich fühlte mich, als würde ich mich nicht mit meinem Bruder unterhalten, sondern als würde ich ihn anschreien.
    Gibt es nicht einen schnelleren Weg zur Villa? Ich dachte nach, aber mir wollte beim besten Willen im Moment keiner einfallen. Also wandte ich mich wieder an Sabinus:


    "Sabinus, weißt du nicht einen sehr schnellen Weg zur Villa Claudia, den du unseren Sklaven sagen könntest? Vielleicht müssen wir gar nicht durch dieses ganze Getümmel und den Lärm. Das ist ja nicht auszuhalten."

    Wir kamen immer weiter vorwärts. Endlich! Bald würden wir in der Stadt sein und unser Ziel erreicht haben. Ja, da konnte Sabinus noch soviel reden, falls Menecrates nichts dagegen hatte, konnte mich niemand von meinem Vorhaben den Cursus Honorum zu durchlaufen abhalten.


    "Da hast du allerdings Recht, mein Bruder. Soweit hatte ich gar nicht gedacht, dass mir die Heirat Antonias noch von Nutzen sein kann. Und du, Sabinus, könntest genauso davon profitieren, vergiss das nicht."


    Auf den bissigen Kommentar meines Bruders über meine politischen Pläne konnte ich nicht mehr antworten, da wir in dem Moment am Tor angekommen waren. Die Stadtwache wollte wissen, wer wir waren und was wir in der Hauptstadt der Welt wollten.


    "Salve, wir sind Appius Claudius Sabinus und Marcus Claudius Verus und möchten hier in Rom unsere Verwandten besuchen", antwortete ich kurz und bündig.


    Die Wache schaute darauf misstrauisch zu Sabinus, dann zu mir, wieder zu Sabinus,nickte mir dann fast unmerklich zu und gab uns durch einen Wink zu verstehen, die Stadt zu betreten. Sein Benehmen kam mir so vor, als wäre er auf Patrizier nicht so gut zu sprechen.


    "Unfreundliche Leute gibts...", murmelte ich noch, bevor wir im Getümmel der Stadt verschwanden und uns auf den Weg zur Villa Claudia machten.

    Irgendwie war ich zu weich, was solche Vorkommnisse wie den Unfall betraf. Aber ich war noch jung, hoffentlich konnte ich diese Eigenschaften mit zunehmendem Alter noch ablegen. Es war eine Eigenschaft, die sich einfach für einen Patrizier nicht gehörte. Dessen war ich mir durchaus bewusst, aber ich konnte heute meine Zunge einfach nicht im Zaum halten.


    "Sabinus, ich bin eben manchmal unvorsichtig. Und besonders dann, wenn ich einige Zeit schweigen musste. Ich rede, seit wir wieder an Land sind, zuviel. Aber danke, dass du mich darauf aufmerksam machst. Und dir gegenüber kann ich eine solche Bemerkung machen, ohne dass du sie falsch verstehst. Es ist wahr, dass unsere Vorfahren an der Errichtung des Prinzipats beteiligt waren, es war einfach dumm von mir, so zu reden."


    Damit schaute ich Sabinus verlegen an und fuhr fort:


    "Die steigenden Kompetenzen des Ritterstandes in unserer Zeit möchte ich gar nicht bestreiten, es ist mir durchaus bewusst, aber jeder dient Rom auf seine Weise. Für mich ist es die richtige Entscheidung den Schritt in die Politik zu machen. Vorausgesetzt natürlich, Menecrates ist einverstanden.
    Die ganze Familie der Claudier hier in Rom wird uns sicherlich eine große Hilfe sein, Sabinus. Ich freue mich richtig alle kennenzulernen. Und auf Antonia freue ich mich ganz besonders. Ja, ich habe gehört, dass sie einen Flavier geheiratet hat, aber Näheres weiß ich auch nicht."


    Es war unheimlich lästig hier in der Nachmittagshitze in der Sänfte zu sitzen, das Ziel der Reise direkt vor Augen und es war kein besonders gutes Gefühl, nichts an unserer Situation machen zu können.


    "Auch ich hoffe es geht bald weiter. Aber ich habe doch kein Mitleid mit dem einfachen Pöbel, Sabinus, es könnten ja auch unsere Standesgenossen unter den Verletzten sein. Das ist immerhin möglich. Solche Unfälle sind in Rom an der Tagesordnung, die Stadt ist für meine Begriffe einfach zu voll und der Pöbel ist oft am Unglück der Oberschicht beteiligt, das macht mir Sorgen, Sabinus."


    Während ich diese Worte sagte, ging es wieder vorwärts. Die Vigiles schienen fast fertig zu sein, denn irgendwie stockte es nicht mehr so häufig. Als ich aus der Sänfte blickte, sah ich, dass die Stadtwachen vor dem Tor standen. Sie würden jetzt, die Leute vor uns kontrollieren. Jetzt konnte es sich nur noch um Minuten handeln, bis wir endlich an der Reihe waren.

    Das war wieder typisch für Sabinus. Alles gleich schwarz malen. Mir hatte es die Politik schon immer angetan. Mir gefiel der Gedanke, Rom zu dienen. Auch wenn die Zeiten längst vorbei waren, in denen die politischen Ämter noch wirklich was bedeuteten. Denn das Sagen hatte in diesen Zeiten nur der Kaiser. Die Zeiten, in denen die Senatoren noch das Sagen in Rom hatten, waren längst vorbei. Doch es bedeutete immer noch Prestige, im Senat zu sitzen und der Gedanke gefiel mir.


    "Weißt du Sabinus, natürlich ist es heutzutage was Anderes, als zu den großen Zeiten der Republik, aber ich empfinde den Cursus Honorum als eine sehr große Ehre. Senator zu sein bedeutet immer noch was Besonderes. Nicht jeder Bürger ist berechtigt, Senator zu sein und als Senator ist man dem Kaiser und damit auch Rom nah. Es war schon immer mein Traum Rom zu dienen, wie du weißt. Und wozu sind wir denn Claudier, Sabinus, unsere Familie hat Geld und Einfluß, weshalb ich vielleicht meinen Traum verwirklichen kann."


    Und was das Reden mit Menecrates betraf fügte ich hinzu:
    "Menecrates will bestimmt wissen, was wir in Rom vorhaben. In den nächsten Tagen werde ich mit ihm über meine Zukunftspläne reden. Ich danke dir, dass ich mit deiner Hilfe rechnen kann.


    Sabinus wirkte etwas nachdenklich auf die Frage, was er in Rom vorhatte. So entgegnete ich:
    "Du hast ja noch etwas Zeit zu entscheiden, was du machen willst. Und wenn dir gar nichts einfällt, dann kannst du immer noch mit Menecrates reden. Aber ich werde dich auf jeden Fall nach Kräften unterstützen."


    Kaum hatte ich den letzten Satz fertig, da stand auch Andronicus schon wieder neben der Sänfte. Der Junge war ja völlig außer Atem. Er flüsterte mir leise etwas ins Ohr und meine Miene veränderte sich zusehends. Mit einer Schreckensmiene erläuterte ich Sabinus den Vorfall:


    " Sabinus, es ist etwas Schlimmes passiert. Mehrere Personen sind bei einem Unfall verletzt worden. Die Vigiles sind im Einsatz, um alles wegzuräumen. Sobald sie fertig sind, dürfen wir hinein. Vielleicht hören wir in der Stadt noch Genaueres. Und so etwas gerade am Tag unserer Ankunft. Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen."


    Von früher wusste ich noch, dass Unfälle in Rom an der Tagesordnung waren. Die Stadt war einfach vollkommen überbevölkert und viel zu eng.

    Geduld war wirklich nicht gerade eine der Stärken von Sabinus. Aber auch ich war langsam aber sicher ziemlich genervt. So kam es mir gerade recht, dass Sabinus auch der Meinung war, einen Sklaven zum Stadttor zu schicken. Also schob ich den Vorhang wieder ein Stück zur Seite, beugte mich aus der Sänfte und rief nach Andronicus:


    "Lauf schnell zum Stadttor! Frag die Stadtwachen nach der Menschenmenge hier! Ich will wissen, warum so viele Leute hier stehen und warum das so lange dauert!"
    Im Laufschritt entfernte sich Andronicus. Er war mein griechischer Sklave und jetzt schon einige Jahre in meinem Besitz. Ich hielt ihn für den zuverlässigsten der sechs Sklaven, die uns begleiteten. Er war drei Jahre jünger als ich und mir immer sehr ergeben gewesen, weshalb ich mich darauf verlassen konnte, dass er seine Aufgabe schnell erledigte.


    Ich schaute Andronicus noch kurz nach, als auch schon mein Bruder die nächste Frage stellte. Etwas erstaunt dachte ich mir, dass wir darüber vorher eigentlich noch gar nicht gersprochen hatten.
    Entsprechend zögerte ich einen Augenblick bevor ich antwortete:


    "Mhh...Also weißt du, ich möchte eine politische Karriere anstreben. Der Cursus Honorum wäre mein Traum. Und du? An was hattest du gedacht? Vielleicht können wir beide uns gegenseitig bei unseren Plänen unterstützen. Was hältst du davon?"


    Vorausgesetzt Menecrates hatte hier in Rom nicht andere Pläne mit uns, ging es mir noch durch den Kopf. Schließlich waren wir Patrizier und mussten den Willen unseres pater familias respektieren.