Beiträge von Silko

    Als Silko an diesem Abend nach seinem Rundgang ins Bett ging, beschäftigte ihn immer noch sein Treffen mit Amneris. Er hatte einiges über sie erfahren und auch sehr viel von sich preisgegeben. Nun spielte er noch einmal ihre Gespräche durch und ärgerte sich über manche Sachen, die er gesagt hatte und es besser gelassen hätte. Nach einigem Grübeln versank er dann aber endlich in einen unruhigen Schlaf:


    Meroe die größte und prächtigste Stadt Nubiens. Er schritt an der Seite seines Königs und das Volk verbeugte sich. Nicht aber vor dem König, sondern vor ihm. Der starke Krieger beeindruckte die Massen, die ihm zu Füßen lagen. Sie gingen nicht in den Palast sondern ans Tor der Stadt. Dort sah er seine Heimat und er begann zu rennen. Hinaus aus der Stadt, weg von den Menschen, die ihn verehrten. Er gelangte in die Steppe. Diese flog an ihm vorbei und sein Blickwinkel und seine Wahrnehmung veränderten sich. Er war nun schneller und landete auch nach langen Sprüngen sicher auf seinen Tatzen. Tatzen? Ja sicher er war ein Löwe. Schon immer gewesen. Hier war sein Revier und wenn er brüllte wusste jeder, dass er hier der Herr war.


    Er traf eine Löwin. Er wusste wer die Löwin war, war sie doch nicht nur eine Löwin. Sie war seine Gefährtin und sie jagten zusammen. Eigentlich war sie die Jägerin, anmutig und schnell, denn er als Löwe, groß und stark, war normal für ihren Schutz zuständig. Eigentlich für das ganze Rudel, aber sie waren alleine. Also jagte auch er. Der Wind strich durch seine Mähne, als sie dahin jagten und rannten nur um des Laufen willens. Es war die totale Freiheit und sie waren glücklich. Sie erlegten eine Antilope und fraßen zusammen. Sie lagen beieinander. Sie waren ein Rudel.


    Sie waren wieder auf der Jagd, denn sie hatten Hunger. Aber das Gefühl der Jagd sättigte sie mehr als das Fleisch ihrer Beute. Sie nahmen Witterung auf und pirschten sich an ihr Opfer heran. Nah, sie waren ganz nah und hatten ihr Opfer fast erreicht. Er spannte seine Muskeln und seine Gefährten ebenfalls. Dann stieß er sich ab und sah das erste Mal sein Opfer richtig: Es war eine junge Frau mit blonden Haaren und einem Buch in der Hand. Der Sprung schien Ewigkeiten zu dauern, denn plötzlich war ein Gedanke in seinem Kopf-er kannte diese Frau und auch sie musste er beschützen!


    Silko wachte schweißgebadet auf. Er konnte sich nur an Bruchstücke seines Traumes erinnern… Aber er war so aufgewühlt, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war, zumal der Morgen schon graute. Also stieg er aus dem Bett, wusch sich den kalten Schweiß ab und ging zu Lysander in die Küche. Jahrelang hatte er gut geschlafen, aber seit einigen Tagen träumte er ständig so ein merkwürdiges Zeug...

    Amneris zog die Hand nicht weg, immerhin.
    "Sie wissen wirklich nicht wer da eigentlich auf sie aufpasst. Sie wissen nur, dass ich bei der nubischen Armee war. Mehr brauchen sie nicht zu wissen. Ich glaube sie ahnen etwas, besonders Eburnus, der bei den Praetotianern ist. Sie sind alle noch jung un d wissen wenig bis gar nichts über Nubien. Aber warum sollte ich dir bei sowas nicht vertrauen? Wie solltest du mir denn schaden, und warum solltest du das wollen? Ich denke außer dir wird mich auch niemand hier in Rom kennen, abgesehen von einigen Sklaven."


    Ihre Sicht über Rom schien ein "wenig" zweigeteilt zu sein. Aber das Thema machte sie offenbar glücklich.


    "Nun, vielleicht könntest du mir ein paar Geheimtipps geben. Wo man gut hingehen kann, oder welche Orte man besser meiden sollte. Aber ich hätte auch kein Problem damit bs zu nächsten Feiertag hier mit Dir zu sitzen."
    Das stimmte, er hätte bis zum Fall des Römischen Reichs hier mit Amneris sitzen können. Allerdings würde er sich bis dahin sicher auch etwas zum Essen bestellen.

    Silko bestellte nochmal das gleiche zum Trinken.


    "Da irrst du dich, ich habe nicht mehr viele Geheimnisse, zumindest nicht vor dir. Daher werde ich dieses für mich behalten."


    Das mit den Hautfarben hatte er noch gar nicht bedacht.
    "Stimmt. Vielleicht hängt das damit zusammen wie nah die Sonne dem Volk ist. Man sagt ja, niemand habe so dunkle Haut wie die Nubier. Also dürfte das wohl ein Segen der Sonne sein, der auf uns liegt. Vielleicht sind die Völker des Nordens ja vom Winter gesegnet, weil sie so weiß sind."


    "Schau mal," er nahm ihre Hand, die in seinen Pranken wie eine Kinderhand wirkte... "in der Handinnenseite ist auch unsere Haut viel heller"...und fuhr an ihrere Lebenslinie entlang. "Dort fällt die Sonne viel seltener hin. Ebenso ist es an Deinen Fußsohlen."
    Er merkte erst nach wenigen Sekunden, dass er ihre Hand immer noch festhielt. Ihre Haut war so weich... Erst das Auftauchen ihrer Getränke machte ihm das bewusst, und er ließ sie mit einem etwas verlegenen Lächeln los.


    "Aber um nochmal auf Germanien zu kömmen: Die Römer haben einen großen Teil des Landes besetzt. Viele Germanen sind entweder geflohen, wurden getötet oder sind selbst Römer geworden. Meine Herren waren früher auch Germanen, was wohl meine gute Meinung über dieses Volk erklärt. Aber wie wäre es, wenn du mir ein wenig mehr über Rom erzählst? Ich war zwar schon einige Male hier, aber nie für längere Zeit."

    Das war zu erwarten gewesen, dass sie wissen wollte, was er gesagt hatte. Jede Frau und fast jeder Mann hätte das getan.
    "Nun, magst du einem Mann nicht seine Geheimnisse lassen?" neckte er sie mit der Gegenfrage, die ihr bekannt vorkommen musste. "Ich schwöre dir, dass es etwas nettes war." sprach er und zwinkerte.


    "Magst du noch etwas trinken?" fragte er, als er ihren leeren Becher erblickte. "Das Reden macht ganz schön durstig, ich bin das gar nicht gewohnt. Die meisten kennen mich nur als dunkelhäutiger Schrank, der auf andere Leute aufpasst."


    Er spürte plötzlich eine Distanz zwischen ihnen beiden, die er mit einer lustigen Bemerkung zu überbrücken suchte.

    Jetzt schien sie zu zu machen, er war also einen Schritt zu weit gegangen! Andererseits hatte er sich noch nie mit jemandem beim ersten Gespräch so tiefgründig unterhalten und so viel von sich preis gegeben. AberTroja war ja auch nicht an einem Tag gefallen, wobei der Vergleich hinkte, denn er hatte nicht vor sich der Verschlagenheit eines Odysseus zu bedienen um ihre Mauern zum Fallen zu bringen. So ging er bereitwillig auf den Versuch ein das Thema zu wechseln.


    "Germanien ist ein rauhes Land. Die Sonne scheint dort viel kälter und scheint viel weiter weg zu sein als in unserer Heimat. Auch ist es dort im Winter nachts und tagsüber bitterkalt. Schnee liegt dort aber nur ein paar Monate im Jahr. Dafür gibt es unglaublich große Wälder und allerlei merkwürdige Tiere. Die Germanen sind kein Volk wie die Römer sondern eher verschiedene Stämme. Ich kenne die Bataver, die Amisvarier, die Chaucken und die Langobarden. Wobei ich letztere am Besten kenne, da mein ehemaliger Herr Handelsbeziehungen dorthin hatte. Dieser Stamm wird so genannt, weil die meisten Männer ihre Bärte lang tragen. Langobarden heißt nämlich soviel wie "Langbärte". Aber viele von ihnen tragen wirklich Tierfelle als Kleidung. Außerdem haben sie eine harte, fast brutale Sprache die ungefähr so klingt: Habani wundrasaemunza augaz*." Jetzt konnte er nur hoffen, dass sie kein Germanisch sprach. Aber bei dem Gedanken musste er grinsen.


    "Von irgendwelchen Bemalungen habe ich nichts mitbekommen. Aber ich habe gehört die Pikten würden so etwas machen. Vielleicht gehe ich eines Tages wenn ich frei bin auch nach Germanien. Es ist ein raues, aber dafür ein ehrliches Land."






    [SIZE=7]*Du hast wunderschöne Augen.[/SIZE]

    "Nun in diesem Alter ist jeder egoistisch." meinte er lapidar. Auch sie blickte in ihren Becher, genauso wie er es eben gerade getan hatte. Wie ähnlich wir uns doch sind, dachte der Hüne.


    "Das du dich so schlecht siehst ehrt dich. Aber auch wenn du reich wärst, würdest du jagen, nur eben nicht die Geldbeutel irgendwelcher reichen Bürger, sondern nach etwas anderem. Ich werde immer ein Krieger bleiben, auch wenn ich eines Tages, die Götter mögen mich davor schützen, ein Bauer wäre. Aber es stellt sich die Frage, ob du dein ganzes Leben lang eine Diebin bleiben möchtest..."


    Natürlich wuste er, dass das eine Entscheidung wäre, die sie nicht heute und nicht hier treffen würde und ebeso hoffte er, dass er nicht zu weit gegangen war.. Vielleicht konnte er ihr dann helfen. Wie gerne wäre er mit ihr einmal auf die Jagd nach Antilopen oder gar nach einem Löwen gegangen.

    Er muste lächeln, sie hatte Humor. Zudem war sie äußerst direkt.
    "Ich sehe in deinen Augen keine Diebin. Höchstens die Augen von jemandem der zu einer Diebin geworden ist. Deine Augen sind stolz, unbeugsam und klug aber ich sehe keine Verschlagenheit oder Falschheit, wie sie bei jemandem deines Gewerbes. Dir geht es nicht ums Geld, sondern um den Reiz der Jagd!" Als er dies erkannte, musste er an eine Spinne und ihr Netz denken, und er schien sich hoffnungslos darin zu verfangen. Er hoffte sie möge keine Katze sein, die nur mit ihrem Opfer spielte um es dann einfach liegen und verenden zu lassen.


    "Ich denke du wärst eine hervorragende Jägerin geworden, wobei du ja auch hier eine Jägerin geworden bist." Und er war der Hund, der die Katze gestellt hatte, dachte er bitter.


    "Wie alt warst du denn, als du von zu Hause ausgerissen bist?"

    Irgendwie schien ihr der Gedanke zu gefallen, das sie die Plätze in der Hierachie so getauscht hatten.


    "Das Schicksal hat schon seltsame Pfade. Ich habe übrigens genau das Gleiche gedacht was du eben gesagt hast. Früher hätte ich mich nicht mit dir abgegeben. Das wäre aber beileibe nicht an Dir gelegen, sondern daran dass ich ein reicher, egoistischer und verblendeter Narr war. Nun muss ich sagen, verbringe ich sehr gerne Zeit mit dir und bin froh, dass du dich mit einem Sklaven abgibst." Er sagte das völig ohne irgendwelchen Hohn oder Verbiiertkeit in der Stimme. "Es ist eines der Dinge die ich gelernt habe: Man kann die Menschen nicht nach ihrem Stand beurteilen. Man muss ihnen in die Augen schauen." Und genau das tat er auch. Sie hatte nicht die Augen einer Diebin. Ihre Augen waren klar und strahlten eher einen unbändigen Stolz und Würde aus. "Aber du weist ja, nach deinem Tod wird das Ma'at abgerechnet und ich gehe davon aus dass ich bis dahin kein Sklave mehr sein werde, auch wenn ich sicher noch einiges werde tun müssen um die Waage ins Gleichgewicht zu bringen."
    Dann fügte er noch hinzu: "In Nubien wäre ich noch immer ein Adeliger, aber was sollte ich da? Meinen Platz hat längst ein anderer eingenommen. Besser wird es sein hier zu bleiben, als dort in Schande zu leben."


    Dann ging er auf ihren Lebensweg ein:
    "Nein, das war nicht der einfach Weg, den du gewählt hast. Sicher hätten dir daheim nicht so viele Gefahren gedroht. Alles hinter sich zu lassen und ins Unbekannte zu ziehen, kann niemals der einfach Weg sein. Zudem hast du dein Leben deine eigenen Hände genommen, und es nicht einem anderen überlassen für dich zu entscheiden."

    Eine Geschichte wie tausend andere auch? Das konnte er sich nicht vorstellen! Die meisten Frauen hätten sich damit zufrieden gegeben verheiratet zu werden und anschließend ein normales Leben als Bauern oder Handwerker zu führen. Das war alles andere als normal. Sie hatte einen starken Charakter, dessen war sich Silko sicher.


    Aber sie schätzte ihn immernoch falsch ein. Er wusste beileibe nicht, wie es war in einem kleinen Dorf zu wohnen und kein Geld zu haben... Das Ma'at hat schon seltsame Wege und nun war sie von höherem Stand als er.


    "Wie ich zum Sklaven wurde?" Nun konnte er entweder abblocken oder eine entscheidende Sache von sich preisgeben. Andererseits, warum nicht? Er vertraute ihr, auch wenn er nicht wusste warum. Also begann er zu erzählen, seinen Blick weit in die Vergangenheit gerichtet: "Nun ich befehligte eine Einheit im Süden-Westen Nubiens um die Grenze zu den Barbaren aus Äthiopien zu sichern. Eigentlich hätte ich schon in Meroe sein sollen," zu meiner Hochzeit, fügte er in Gedanken hinzu, "aber ich wollte diesen Einsatz unbedingt zuende führen, denn es wäre mein letzter Einsatz an der Grenze gewesen." Schließlich war er auserkoren worden die Leibgarde des Königs von Meroe anzuführen, aber auch das verschwieg er. "Wir hatten von einer Gruppe Äthiopier gehört, die sich an der Grenze zum Hochland aufhielten und nubische Bauern brutal abschlachteten. Also stöberten wir sie auf und verfolgten sie. Es schien eine einfache Aufgabe zu sein, und wir erwischen schon zu Beginn relativ viele von ihnen. Leider war ich nicht weitsichtig genug um hinter ihre Absichten zu blicken: Sie lockten uns einen Hinterhalt! Es war ein furchbares Gemetzel. Ich nahm so viele wie möglich von ihnen mit, bis ich von einem Speer in den Rücken getroffen wurde. Soweit ich weis, war ich der einzige Überlebende. Ich weis nur noch, dass ich einen Schlag in den Rücken spürte und den Speer sah, wie er aus meinem Körper ragte. Dann würde es schwarz um mich und ich fiel vom Pferd. Ich erwachte wohl einige Tage später. Meine Wunden waren versorgt worden, anscheinend kamen meine Feinde zu dem Schluss, dass ich als Sklave doch von einigem Wert war. Ich hätte es mit ihnen auch nicht anders gemacht, zumindest damals."


    Ihr Saft kam. Silko nahm gleich einen kräftigen Schluck.


    "Sie schafften mich nach Memphis und anschließend nach Alexandria. Dort kaufte mich ein Sklavenhändler und brachte mich nach Rom. Dort weilte eben auch jener besagte Händler aus Lugdunum, der mich dort ersteigerte und mit sich nahm."


    Dann wanderte sein Blick wieder auf sie: "Du musst eine starke Frau sein, wenn du dich alleine behaupten konntest. Man sagt die Straßen von Alexandria sind gefährlich, und hier in Rom ist es sicher nicht anders." Sie faszinierte ihn.

    Silko wandte sich an die Bedienung: "Zwei Granatapfelsäfte bitte."


    Ob er sein altes Leben vermisste? Natürlich vermisste er es. Er war hoch angesehen gewesen, reich und hatte eine große Zukunft vor sich gehabt...
    "Weißt du, ich denke die Götter haben für jeden von uns einen Weg. Meiner war es, dass ich wohl für Fehler in meinem früheren Leben damit gestraft wurde in Sklaverei zu geraten. Nun versuche ich dieses Schicksal so gut zu tragen wie es geht, denn ich weis dass mich das Ma'at* belohnen wird und ich nicht als Sklave sterben werde."


    Bei seinen letzten Worten schaute er ihr tief in die Augen. In seinen war die Entschlossenheit, Härte und der Stolz eines nubischen Kriegers zu sehen. Dieser Moment verging und seine Augen wurden etwas weicher, aber nicht weniger stolz. Was immer Amneris von einem Sklaven erwartet hatte: Silko war beileibe kein gebrochener Sklave und hatte sich seinen Stolz auch über die Jahre hinweg erhalten. "Aber das ist doch ein furchtbar bedrückendes Thema. Erzähl mir doch was über dich. Wie bist du nach Rom gekommen? Ich weis du hast Deine Geheimnisse, und ich respektiere das, bin aber natürlich trotzdem neugierig, daher erzähl halt so viel wie du mir anvertrauen möchtest." Jetzt lächelte er. "Ich möchte etwas über den Menschen Amneris erfahren, nichts über das Geschäft dem diese Person nachgeht."
    Je weniger er darüber wusste, umso besser für sie beide. Er war versucht gänzlich zu verdrängen, dass sie eine Diebin war. Vor zehn jahren hätte er ihr wohl ohne mit der Wimper zu zucken die Hände abschlagen lassen...was war er nur für ein dummer arroganter Narr gewesen.



    Sim-Off:

    *Siehe Maat als Weltordnung

    Sie übergang seine Frage erst, um sie dann doch mehr oder weniger zu beantworten. Nun, dann wollte er ihr auch etwas von sich preisgeben.
    "Du hast recht, lassen wir das... äh... Geschäftliche sein. Reden wir nicht mehr über dieses Thema. Nun, ich bin jetzt seit über zehn Jahren Sklave. Bei den Ducciern bin ich noch nicht lange. Mein vorheriger Besitzer war ein Händler aus Lugdunum. Ihm diente ich fast zehn Jahre und bereiste als sein Leibwächter fast die ganze Welt. Eigentlich versprach er mir, mir nach zehn Jahren die Freiheit zu schenken. Aber da er offenbar einige schlechte Entscheidungen traf, musste er mich verkaufen. Aber ich kann mich nicht beschweren, denn bei den Ducciern geht es mir gut und wie du siehst, hab ich viele Freiheiten. Zuerst war ich in ihrem Haus in Mogontiacum und jetzt habe ich die Schwester meines Herrn nach Rom begleitet."


    Smalltalk war nicht Silkos Stärke, zudem war er auch einfach etwas verunsichert. Aus dem Augenwinkel sah er die Bedienung ihren Tisch ansteuern.
    "Oh, ich vergaß: Was möchtest du trinken?"

    Er setzte sich und schaute sie an. "Niemand hat von deinem Besuch Wind bekommen. Aber selbst wenn, es wäre unklug einen Custos Corporis zu schlagen. Schließlich bin ich derjenige, der sich zwischen meine Herren und etwaige Angreifer stellt. Aber was hast du deinen Komplizen gesagt?"
    Sie konnten ganz offen reden. Erstens reden sie nicht übermäßig laut, und zweitens sprachen sie in ihrer Heimatsprache. Die Chancen das sie jemand hörte und dann auch noch nubisch sprach war wohl verschwindend gering. "Ich hoffe sie haben dir keinen Ärger gemacht."

    Silko war nervös wie eine Jungfrau vor der ersten Nacht. Er stand so neben sich, dass er sogar einmal eine falsche Abzweigung genommen hatte und jetzt einige Minuten zu spät kam. Bevor er die Taberna betrat atmete er erst einmal tief durch. Dann öffnete er langsam die Tür. Würde sie da sein?


    Er blickte in die Runde und seine Ängste waren verflogen: Sie war da! Er lächelte ihr zu. Allerdings fiel ihm negativ auf, dass der ein oder andere Amneris schräg anstarrte. Es schien von ihr abzuperlen, aber Silko passte das gar nicht. Nicht weil er Ansprüche erhob, sondern weil er einen ausgeprägten Beschützerinstinkt hatte. Allerdings reichten einige böse Blicke um den Gaffern zu zeigen, dass es sicher noch andere interessante Dinge gab.


    Er kam am Tisch an. "Ich freue mich, dass du gekommen bist." sagte er mit einem Lächeln. Er war ganz und gar nicht sicher ob sie kommen würde, aber das sagte er natürlich nicht, denn es hätte sie beleidigen können.

    Ihre Hand war klein und schmal, aber sie hatte einen durchaus kräftigen Händedruck. Ein Strom lief seinen Arm entlang über seinen Rücken. Am liebsten hätte er sie gleich an sich gezogen, aber das war momentan nicht so einfach möglich, mal ganz davon abgesehen dass er nicht wusste ob sie das überhaupt wolte. Wohl eher nicht, sie war ja auch nicht freiwillig bei ihm. So wäre das wohl eher einer Vergewaltigung gleichgekommen und er würde niemals eine Frau so behandeln egal aus welchem Land sie kam, welchen Stand sie hatte oder welchem Gewerbe sie nachging...


    Beim Löschen des Lichtes war es ihm als hätte sie ihm zugezwinkert, eine in diesem Fall merkwürdig vertraute Geste. Er hoffte er würde sie wiedersehen und das war momentan auch so ziemlich das Einzige an das er denken konnte. So ließ er die Tür noch einen Spalt weit offen und schaute ihr hinterher. Aus den Schatten lösten sich noch zwei weitere Gestalten. Aus seinem antrainierten Reflex war er schon fast dabei loszustürmen, aber er bemerkte noch rechtzeitig, dass das wohl Amneris' Kumpane sein musste. Klar, er hatte ja auch nur gefragt, ob noch jemand IM Haus war... Die drei Gestalten verschwanden dann in der Dunkelheit und Silko schloss die Tür.


    Nun war es aber wirklich Zeit für seinen Rundgang. Er dachte zwar nicht, dass er heute noch einen Einbrecher stellen würde, aber sicher war sicher.
    Wie erwartet verlief der Rundgang ereignislos. Also löschte er die Lichtquellen im Kaminzimmer und begab sich zu Bett. Er lag noch lange wach, denn seine Gedanken rasten: Einerseits war da ein selten gefühltes Hochgefühl und auf der anderen Seite hatte er gegenüber den Ducciern ein schlechtes Gewissen. Als der Morgen schon zu grauen begann sank er endlich in einen viel kurzen und oberflächlichen Schlaf.

    Silko musste sich ein Lachen verkneifen. Amneris hatte Schneid. War sie zu Beginn noch etwas verschreckt gewesen, schien sie nun sogar ein wenig mit ihm zu flirten.


    "Natürlich gönne ich einer Frau ihre Geheimnisse. Aber ich bin mir sicher, dass du da sicher noch einige in der Hinterhand hast." Übers Dach...da hatte er sich doch gleich gedacht. Sie schien also eine geübte Kletterin zu sein, denn um einfach reinzuspringen, war das Dach viel zu hoch. Kein Wunder denn sie bewegte sich äußerst anmutig und grazil.


    "Gut, dann freue ich mich auf Übermorgen. Folge mir, ich bring dich zur Tür."
    Er lief mit der Öllampe voraus. Angst sie könnte etwas entweden hatte er nicht mehr. An der Tür angekommen streckte er hr seine Hand entgegen: "Mögen die Götter deinen Weg führen und dir Glück bescheren. Vor allem bei der Auswahl deiner Kunden."


    Dann löschte er die Lampe und öffnete anschließend die Türe, schließlich sollten sie von niemandem gesehen werden.

    "Amneris, ein schöner Name." Was für ein blöder Satz, aber was sollte er denn sagen? Schließlich war er im Fach "Konversation zwischen Mann und Frau" wohl noch auf der Ebene Probatus.
    Amneris, wenn er sich nicht täuschte, kam er der Name aus Ägypten...


    "Ich würde sagen wir treffen uns in einer Taberna. Auf einem Gladiatorenkampf oder im Theater lässt es sich so schlecht unterhalten." Zumal die beiden im Theater sicher ein äußerst ungewöhnlicher Anblick gewesen wären.


    "In der Nähe des Marktes gibt es eine schöne kleine, die ein sehr gemischtes Publikum bedient." Vor ein paar Tagen war er dort mit Eila gewesen. Er beschrieb ihr den Weg und die Schänke ganz genau. "Dort können wir uns treffen. Ich würde sagen in zwei Tagen um die Mittagszeit. Da habe ich meistens genug Freizeit." Wenn Eila bis dahin immer noch so viel in Rom unterwegs war, dürften seine Beine bis dahin noch maximal halb so lang sein, wie jetzt.


    "Wenn du mir jetzt noch sagst, wie du hier reingekommen bist, bringe ich dich sofort zur Tür und entlasse Dich in die Freiheit."
    Er sagte das freundlich, wobei er sie eigentlich lieber dabehalten hätte.

    "Weil ich ein Sklave bin? Keine Angst, ich kann mich weitestgehend frei bewegen. Meine Herren behandeln mich sehr gut, eher wie ein Familienmitglied als einen Sklaven. Daher habe ich viele Freiheiten die normale Sklaven nicht haben. Wenn du mir sagst, wo ich dich finde oder wo wir uns treffen wollen, wird das kein Problem sein."


    Dann fiel ihm auf, dass er sich noch gar nicht vorgestellt hatte. Normalerweise machte man das ja auch nicht bei Einbrechern.
    "Mein Name ist übrigens Silko und ich komme aus Meroe." Jetzt hoffte er nur, dass sie nicht von ihm gehört hatte. Irgendwie wäre ihm das peinlich gewesen: Der große Silko, Spross einer bedeutenden Adelsfamilie sitzt hier mit einer Diebin und fragt sie ob er sie wiedersehen kann.


    "Weist du, ich spreche Latein, Gallisch, Germanisch und die Sprachen der Nordmänner und Britannier, aber hier mit dir in meiner Heimatsprache zu sprechen fühlt sich einfach gut und richtig an. Es ist ein Stück Heimat mitten in der Fremde. Ich verspreche dir, dass meine Lippen über diesen Vorfall versiegelt sein werden, das schwöre ich bei Dedwen. Du brauchst also keine Angst haben, dass du bei einem Treffen mit einem Bein im Carcer stehst. Falls du mich nicht wiedersehen möchtest, kann und will ich dich nicht dazu zwingen." Dabei schaute er ihr tief in die Augen.


    Natürlich hätte er sie weiter bedrohen können, aber das wäre nicht Silkos Art. Erstens hatte er das nicht nötig, das sagte ihm zumindest sein Stolz, und zweitens wäre es wohl auch eine leere Drohung gewesen.

    Silko zündete erstmal ganz ruhig, einige weitere Lichtquellen an. Nicht, weil er nicht gut genug gesehen hätte, sondern um etwas Zeit zum Überlegen zu gewinnen. Seine "Gefangene" behielt er aber immer im Augenwinkel.
    Dann nahm er sich einen Sessel und stellte ihn dem ihrigen gegenüber und begann in seiner Heimatsprache leise zu sprechen:


    "Wir müssen leise sprechen, denn wenn hier im Haus jemand erwacht, habe ich keine andere Wahl als dich der Stadtwache zu übergeben. Ehrlich gesagt weis ich selbst nicht, warum ich das nicht sofort mache. Vielleicht mache ich es nicht, weil du Nubierin bist. Oder weil ich dich sofort sympathisch fand, als ich Dich beim Puppenspiel das erste mal sah. Oder weil es einfach gut tut mit jemandem in seiner Heimatsprache zu sprechen. Aber das kann dir ja eigentlich auch egal sein."


    Er überlegte kurz.


    "Natürlich fühle ich mich meinen Herren gegenüber verpflichtet. Aber da du nichts gestohlen hattest und offenbar nicht bewaffnet bist...", bei diesen Worten zog er die Augenbrauen nach oben und ignorierte den Dolch an ihrem Gürtel, "...können wir glaube ich sagen, dass du dich nur verlaufen hast. Dieses Rom ist aber auch furchtbar verwirrend. So sehe ich es nicht als zwingend an, jemandem von so einem unwichtigen Zwischenfall zu berichten."


    Was machte er da, es war seine verdammte PFLICHT sie zu melden! Aber auf der anderen Seite war niemand zu Schaden gekommen...


    "Gut, jetzt kommen wir zu meinen Bedingungen. Die erste Bedingung ist, dass du und deine Kumpanen, solltest du welche haben, die Casa Duccia in Zukunft in Ruhe lassen." Bis dahin war er noch ganz ruhig gewesen, aber jetzt bekam er wirklich feuchte Hände. "Meine zweite Bedingung äh...nun...ich...ich würde dich gerne wiedersehen." Jetzt war es raus, und er fühlte sich wie ein Bengel der einem Mädchen das erste mal eine Aufwartung macht. Wie sie dort saß, schön uns stolz, ene Haut wie Ebenholz. Sie war eine Diebin, aber sie hatte auch irgendetwas königliches an sich, das ihn an eine Frau aus längst vergessenen Tagen erinnerte.