Beiträge von Philotas Crixus

    Philotas hatte beschlossen, seine Strategie zu wechseln. Mit verstohlenem Nachfragen machte man sich nur verdächtig, wie er bei dem Händler gesehen hatte. Was man nun brauchte, war ein gewisses Maß an Dreistigkeit. Das hatte ihm schon in Syrakus oft weitergeholfen.


    So ging er sofort zum Gebäude, in dem sich die Hafenverwaltung befand. Wie jede ordentliche Stadt würde wohl auch hier aufgeschrieben werden, welche Schiffe sich wann im Hafen befanden. Dies war ja schon allein für die Hafengebüren wichtig. Kaum war er eingetreten, ging er wie selbstverständlich zu dem Scriba, der sich momentan dort befand.


    Diesen grüßte er militärisch und sprach ihn an: "Salve, Philotas Crixus, Classis Misenensis. Ich brauche eine Liste von allen Schiffen, die innerhalb der letzten drei Tage in Misenum eingelaufen sind." Er war gespannt, wie der Scriba reagieren wird.

    Der Händler würde nichts mehr sagen, dass stand für Philotas fest. Vielleicht war er ein Hehler oder Informant der Piraten, im wahrscheinlichsten Fall war er aber nur verängstigt. Dennoch sollte man ihm im Auge behalten. Er beschloss, sich sein Gesicht zu merken.


    "Ich verstehe. Das sind wohl nur übliche Gerüchte.", sagte er deshalb beiläufig. "Dann hätte ich gerne diese Trauben.", fuhr er wieder, als wäre nichts gewesen, mit dem Verkaufsgespräch fort. Nachdem er bezahlt hatte, machte er sich auf zum Hafen. Der Händler hatte erwähnt, dass die Leichen in der Gegend von Sardinien gesehen wurden. Vielleicht war das Schiff ja noch im Hafen.

    "Leichen im Wasser? Die können ja auch beispielsweise von einem Schiffbruch statt von Piraten stammen.", stimmte Philotas dem Händler zu. "Wer hat denn die Leichen entdeckt?", fragte er nach. Vielleicht kann er ja so einen Bericht aus erster Hand bekommen. "Und werden Schiffe vermisst?" Obwohl der Obsthändler dies warscheinlich nicht wusste, konnte man ja nachfragen.



    Philotas fragte sich, was statt Piratenüberfall und Schiffbruch noch Leichen im Wasser verursachen könnte. Warf man nicht Verbrecher ins Meer? Obwohl...soweit er wusste, nur Vatermörder und die in einem Sack eingenäht. Diese Möglichkeit war also unwahrscheinlich, vor allem, da anscheinend mehrere Leichen gefunden wurden. Er musste noch etwas nachdenken.

    "Hast du schon gehört, vor Italien gibt es wieder Piraten.", sagte Paullus Nummius Cafo, ein misenischer Weinhändler, zu einem Kunden. Nummius Cafos Stand auf dem Markt in Misenum war als größte Gerüchteküche der Stadt bekannt. Der Händler scheute sich auch nicht, die ihm bekannten Gerüchte auszuschmücken, damit sie "interessanter" wurden. "Mir wurde auch zugetragen", fuhr er fort und senkte seine Stimme, "dass die Flotte gemeinsame Sache mit den Piraten macht. Diese sieht nicht nur weg, sondern verkauft sogar ihre Schiffe an die Piraten." Dass die Gerüchte nicht sehr realistisch waren, störte ihn dabei nicht im Geringsten. "Es heißt sogar, dass die Piraten Lilybaeum auf Sizilien geplündert und den dortigen Quaestor ans Kreuz geschlagen haben. Der Kaiser soll nicht erfreut gewesen sein und zwei Legionen nach Sizilien ausgeschickt haben, um das geheime Versteck der Piraten zu finden."


    Diese Gerüchte hörte Philotas, weil er gerade am Nebenstand war, um einige Früchte zu erwerben. Das war vielleicht für die Flotte interessant. Er beschloss, noch etwas hier zu bleiben und sich nach weiteren Gerüchten, die Piraten betreffen, umzuhören.

    Zitat

    Original von Gnaeus Iulius Labeo
    "Ich habe es munkeln gehört, dass es bald soweit sein wird. Nach dem Rennen wird es sicher schnell gehen." Er ließ sich vom Kameraden etwas Wein einschenken. "Du hast Recht, die armen Kameraden, die Wache schieben müssen." Labeo bemerkte, dass Crixus immer wieder einmal zu Hippodrom schaute, daher bemerkte er: Bis es anfängt wird es noch eine Weile dauern. Die Ehrengäste sind noch nicht da. Und auch der Präfekt noch nicht.


    Philotas schenkte Labeo etwas Wein ein, während er sagte: "Dann wollen wir hoffen, dass du Recht hast und die Probatio bald vorbei ist." Kurze Zeit später zog der Opfertross ins Stadion ein. "Ich glaube, jetzt geht es los.", sagte er überflüssigerweise zu Labeo, während er genau den Ablauf verfolgte. Wie viele andere hörte er auch während der Zeremonie gebannt zu. Schließlich wurde das Pergament mit dem Opfergebet eingerollt. Nun würde es blutig werden...

    "Ich hoffe, allzulange dauert die Probatio nicht mehr.", sagte Philotas zu Labeo, während er sich hinsetzte. "Möchtest du auch etwas Wein?", fragte er und deutete auf den Krug, den er mitgebracht hatte. "Ich bin der Meinung, solch ein Rennen sollte man sich nicht entgehen lassen, obwohl ich gehört habe, dass die Rennen in Rom noch größer sein sollen. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, Rom zu besuchen, werde dies aber irgendwann noch nachholen. Warst du schon einmal in Rom?", fragte er. Während er so redete, schaute er immer wieder auf das Hippodrom, um nicht den Start zu verpassen. Doch noch tat sich nichts.

    Philotas hatte am heutigen Tag frei. Deshalb wollte er sich das Rennen ansehen und betrat - mit einem Krug Wein und einem Becher in der Hand - die Tribüne. Von dort hatte er einen guten Überblick über das Hippodrom, das von ihm selbst mitgebaut wurde. Doch zuerst sah er sich um, ob er jemand bekanntes erkennen konnte. Und tatsächlich - neben der Ehrentribüne sah er Labeo, den er während des Baus kennengelernt hatte, sitzen. Zu diesem ging er nun: "Salve Labeo", begann er und zeigte auf dessen leeren Nachbarplatz, "darf ich mich hier hinsetzen oder erwartest du noch jemanden?"

    Von seinem mickrigen Probati-Sold konnte sich Philotas keine großen Wetten leisten. Dennoch wollte er etwas wetten, zum einen, weil man dann beim Rennen mehr mitfiebert, zum anderen, weil er hoffte, etwas zu gewinnen und so seinen Sold aufzubessern. "20 Sesterzen auf die Aurata", sagte er deshalb. Die Aurata hatte er gewählt, weil er so bei einem Sieg die meisten Sesterzen bekam. Gewann sie hingegen nicht, waren die Sesterzen halt weg.

    Kaum hatten sie etwas gesagt, schon kam der Optio an und scheuchte sie davon. Wenigstens hatte er nicht daran gedacht, seinen Stock einzusetzen.


    Das nächste Hindernis war nicht so schwer. Die Probati mussten nur zwischen in engem Abstand in den Boden gerammte Stäbe laufen. Für die Probati, die es geschafft hatten, hierhin zu kommen, war es kein großes Problem, die Stäbe zu durchlaufen. Auch Philotas schaffte es ohne Schwierigkeiten. Dennoch warf er immer wieder einen kurzen Seitenblick auf den Optio, um sich abzusichern, dass dieser keinen Fehler bemerkte.

    Philotas war direkt hinter dem Probati, mit dem er schon während des Laufens kurz gesprochen hatte - Classicus hieß der, soweit er sich erinnerte. Auch Philotas ging auf dem Seil so schnell wie möglich, um möglichst bald das andere Ende zu erreichen. Während des Gehens schaute er stur auf einen Punkt auf der anderen Seite, um nicht durch das Wasser, das unter ihm war, verunsichert zu werden.


    Bei den letzten Schritten schaute er zwar nur kurz auf seinen Vordermann, der schon die andere Seite erreicht hatte, doch das genügte, um in unsicher werden zu lassen. Schon fürchtete er, herunterzufallen, als der Probati ihm hilfreich die Hand ausstreckte. Dankbar nahm er diese an und ging so die letzten beiden Schritte zum anderen Ufer.


    "Danke", sagte er kurz zu Classicus, um dann ängstlich zum Optio zu schauen. Hoffentlich war es ihm egal, dass der andere Probati ihm die letzten Schritte geholfen hatte.

    Und weiter ging es - Philotas sah ein Kletterseil an, das über einem Schlammtümpel hing. Anscheinend sollten sie sich über den Tümpel schwingen. So fixierte Philotas das Seil, nahm Anlauf, spang und streckte die Hände nach dem Seil aus - doch er verfehlte es und sprang fluchend in den Tümpel. Sofort stand er wieder auf und kletterte auf der Seite, aus der er gesprungen war, wieder heraus. Er wollte dem Optio keinen Grund geben, auch ihn mit seinem Stab zu schlagen. Nun startete er einen zweiten Versuch. Diesmal gelang es ihm, dass Seil zu erreichen und sich über den Tümpel zu schwingen. Nun war er einer der letzten, die das Hindernis überquerten - nur zwei weitere Probati benötigten einen dritten Versuch.

    Als der Optio das Zeichen zum Start gab, rannten alle Probati auf den Parcours zu. Um die Holzsäulen herumlaufen konnte noch jeder - bis auf einen Probati, der zu Beginn am Anfang des Feldes der Probati lief, sich dann aber umblickte und in diesem Moment gegen die eine Holzsäule prallte. Doch nachdem er sich schnell aufgerafft hatte, lief er weiter. Dann kamen die ersten an der Holzwand an. Dort zog sich Philotas an der Kante - er war relativ groß, sodass er diese berühren konnte - hoch. Mit einigen akrobatischen Übungen gelang es ihm, seinen Körper über die Kante zu bewegen und auf der anderen Seite hinunterzuspringen. Auf die andere Seite gelangten auch die anderen Probati nach einem oder mehreren Versuchen. Die Ausnahme war ein kleiner und dicker Probati, der anscheinend den Versuch, über die Holzwand zu gelangen, aufgegeben hatte, und nun versuchte, die Wand zu durchbrechen, indem er mehrmals mit seinem Körper gegen diese sprang.

    Zusammen mit den anderen Probati sprang Philotas sofort auf und rannte dem Optio hinterher. Als dieser anhielt, hielten auch die Probati an. Sofort danach kam der Befehl, sich in Reihe aufzustellen. Nachdem diese es gemacht hatten, sahen sich Philotas und die meisten anderen Probati den Übungsplatz an. Doch man konnte nur einige Holzsäulen und eine Holzwand erkennen, und nicht, was dahinter war. Die dahinterliegenden Hindernisse waren wohl noch schwieriger, da der Optio auch von einem harten Test sprach. Philotas hoffte, er würde diesen bestehen können.

    Der Optio schien sehr spontan zu sein. Von einem Moment auf den anderen blieb er stehen und verlangte von den Probati, Übungen zu absolvieren. Während alle in die Kniebeuge gingen und sich durchstreckten, antwortete Philotas dem anderen Probati:


    "Im Moment ist ein schlechter Zeitpunkt zum Sprechen. Dies können wir ja heute Abend machen."


    Mit diesen Worten zeigte er kurz auf den Optio. Dieser würde es wohl nicht gerne sehen, wenn die Probati zu reden anfangen.

    "Da hast du Recht", antwortete Philotas dem Probatus, der neben ihm war. und sofort ging es weiter mit Laufen. Glücklicherweise wurden die Beine bei den Liegestützen nicht so sehr belastet, weswegen fast alle Probati weiterlaufen konnten.

    So lustig fand Philotas es nicht, 50 Liegestützen machen zu müssen. Dennoch beklagte er sich nicht und ging auf die Knie. Während er die Liegestützen machte, zählte er leise mit:


    "Eins, zwei, drei, vier, fünf...zehn...fünfzehn...zwanzig...fünfundzwanzig..."


    Langsam wurden die Arme schwerer, aber Philotas hielt sich ganz gut.


    "Dreizig...Fünfunddreißig...Vierzig...Fünfunfvierzig"


    Leise fluchte er. Mit letzter Kraft machte er die restlichen Liegestützen.


    "Sechsundvierzig, siebenundvierzig, achtundvierzig, neunundvierzig, fünfzig."


    Erschöpft stand er wieder auf.

    Philotas folgte dem Nauta zum Hafen. Anscheinend waren die Soldaten begierig auf Geld - nach einigen Sesterzen war es kein Problem, das Schiff zu betreten. Staunend sah er sich um - oft war er ja noch nicht auf einem Schiff gewesen.


    "Ehrlich gesagt, kenne ich mich mit Schiffen fast gar nicht aus. Ich bin heute erst das zweite Mal in meinem Leben auf einem Schiff."

    Endlich waren sie mit der Arbeit fertig. Aber richtig müde war Philotas noch nicht. Deshalb sagte er zu Labeo:


    "Dies ist eine gute Idee. Ich folge dir einfach zum Hafen. So gut kenne ich mich hier nämlich noch nicht aus."

    Auch Philotas stieg auf den Wagen und antwortete Labeo:


    "Nein, ich habe keine bestimmte Factio, die ich unterstütze. In Syrakus fanden selten Wagenrennen statt. Und selber?"