Beiträge von Iunia Axilla

    Gut, sie hatte die Ausrede gefressen, wie es schien. Axilla fühlte, wie ihr eine Last von den Schultern genommen worden war. Ein Fluch war keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen konnte. Es war eine dunkle und böse Angelegenheit, und Axilla wollte da niemanden mit reinziehen. Und vor allem wollte sie nicht, dass sich das Wissen über seine Existenz noch verbreitete! Am Ende wurde er gar noch gebrochen! Oder aber Terentius Cyprianus schickte ihr seinerseits einen Fluch, wenn das an seine Ohren drang... Nein, es war besser, wenn Serrana nichts davon wusste.


    Und zum Glück kam Serrana dann auch gleich auf ein ganz anderes Thema zu sprechen. Die Casa Iunia, was ein weitaus dankbareres Thema als alles, was den Palast anging, war. Beinahe schlagartig erhellte sich Axillas Gemüt, und sie nickte überschwänglich. “Natürlich. Ich schau spätestens alle zwei Tage vorbei. Muss sich ja trotzdem jemand um alles kümmern, und so weit ist es ja nicht. Und zu tun hab ich ja auch nicht viel, da kümmer ich mich dann schon um alles, was sonst liegenbleiben würde. Wobei die Sklaven ja wirklich sehr fleißig sind.“ Den Iuniern treu ergeben eben. “Und die Ahnen sind ja auch noch alle da, und die Laren. Hast du eigentlich Laren von dort mit hierher genommen?“ Freilich meinte Axilla nicht alle Laren, und im Grunde war es ja auch nicht nötig. Aber sie selbst hatte ja ihre Laren aus Hispania noch immer dabei, nun sogar im Palast in ihrem Cubiculum auf einem schicken, kleinen Lararium in der Zimmerecke. “Auf jeden Fall, ich schau dort regelmäßig vorbei. Du nicht?“

    Ein Blick zu den Sklaven genügte, und schon gaben sie Zeichen an die Küche, die vorbereiteten Platten hereinzubringen. In dünne Tranchen geschnittenes Fleisch wurde aufgetischt, neben verschiedenen scharfen Saucen, unter anderem das nicht wegzudenkende Garum. Dazu gab es allerlei Obst, und auch dekorativ zurechtgeschnittenes Gemüse. Das Brot war noch warm und verbreitete noch den Geruch von frisch gebackenem, wenngleich es nicht mehr so heiß war, als dass sich jemand daran verbrannt hätte. Alles fein dekoriert auf großen Platten, die sogleich so platziert wurden, dass jeder Gast von seinem Platz an alles rankam, sei es von der einen oder anderen Platte.


    Axilla unterdes lehnte sich zufrieden zurück und lauschte einfach den Gesprächen. Noch immer rumorte es in ihr leicht, weil Piso und Archias sie vorhin wie Luft behandelt hatten. Und wegen Ahalas Geschenk. Ob Archias es wohl benutzen würde? Nun, im Grunde hatte er ja das Recht dazu. Und es war ja nicht so, als würde Axilla sowas nicht verstehen. Sie hatte ihm ja schon auf den Kopf zu gesagt, dass sie seine künftigen Liebschaften ebensowenig interessierten wie seine vergangenen. Allerdings kam sie nicht umhin, sich zu wünschen, dass er es nicht täte.
    “Lasst es euch schmecken“ war also die leicht hervorgebrachte Einladung, begleitet von einem unbekümmertem Lächeln, das ihre Gedanken perfekt verbarg, während sie sich einfach nur bequem auf der Seite lag und den Gesprächen lauschte.

    Ich schon wieder.


    Ich weiß, die Gewürzhändler werden mich hassen. Aber kann man die Balsamproduktion nach oben schrauben? Am besten verdoppeln, mindestens.
    Seit der König von Tylus weggefallen ist, gibts irgendwie keinen Balsam mehr auf dem Markt. Die Vorräte sind weg und ich muss meinen persönlichen Balsam-Dealer schon jede Woche aufs Neue nötigen, zu produzieren, weil ich sonst nicht produzieren kann. So wie es jetzt aber aussieht, gibts die nächsten 3 Wochen von mir keine neuen Farben und neue Tinte, weil ich sonst Haufenweise Produktionspunkte ins Nirvana verpulvere.


    Also, bitte, mehr Balsam für das Volk! Oder zumindest für arme Farbmischer. Und ich glaub, die Tabernae Medicae freuen sich auch, wenn sie wieder Nachschub kaufen können. Bittebittebitte!

    Im Gegensatz zu Serrana war Axilla sich da nicht so sicher. Bevor sie in den Palast eingezogen war, hatte sie sicher auch das gleiche angenommen. Immerhin war der Kaiser der Kaiser, und darüber hinaus war er Soldat (gewesen). So jemand musste einfach ein vor Kraft strotzender Kerl sein, dem alles gelang, und die Krankheit eben nur ein kleiner Rückschlag. Jetzt jedoch, da Axilla im Palast war, hörte sie doch mehr. Sie hörte das Mauscheln der Diener, die Gerüchte, die durch die Gänge hallten. Und sie hatte ja auch schon Archias gefragt, wann der Kaiser denn zurückkommen würde, woraufhin er auch nur mit den Schultern zucken konnte. Nein, inzwischen wusste Axilla, dass es wohl ernster war, und sie wusste, wie ernste Krankheiten ausgehen konnten.
    So blieb ihr nichts weiter übrig, als etwas verlegen zu lächeln und das Thema einfach sein zu lassen. Sie war nicht hier, um Klatsch aus dem Palast weiter zu tratschen. Sie hatte ein spezielles Anliegen gehabt, und das hatte sie vorgebracht. Das Verhältnis zwischen ihr und Serrana war einfach nicht auch nur annähernd vertraut genug, als dass Axilla ihr sowas im Vertrauen mitgeteilt hätte.


    Und bei weitem war es auch nicht vertraut genug, als dass Axilla ihr von dem Fluch erzählt hätte! Das wusste noch nicht einmal Archias! Das wusste nur noch Levi, der Zeuge und Überbringer des Fluches gewesen war. Ihr zweiter Zeuge war nun bei Orcus selbst und konnte dort selbst Fürsprache für Axillas Rache halten. Wobei Leander wahrscheinlich nicht so düstere Gefühle hegte.
    “Na, der Tempel von Dis Pater war ja auch unheimlich, und die ganzen Kräuter, die sie da verbrannt haben...“ Axilla hatte zwar auch eine eisige Kälte gespürt und war damals sehr sicher gewesen, dass dies die Anwesenheit des Gottes höchstselbst sein musste. Aber jetzt so im Nachhinein kam ihr das sehr kindisch vor. Und darüber hinaus würde sie Serrana sicher kein Futter für ihre Vermutungen geben. Ihre Cousine war sowieso schon so abergläubisch, da musste sie sie nicht auch noch darin bestärken. “Das war sicher nur das.“ Axilla sah einfach nur völlig unschuldig drein und zuckte leicht mit den Schultern.

    Axilla schüttelte den Kopf. “Nein, er ist ja in Misenum. Und ich glaube auch nicht, dass Archias ihn mir vorstellen würde. Ich weiß nichtmal so genau, wie die beiden miteinander verwandt sind.“ Axilla wäre schon neugierig auf den Kaiser gewesen. Ihn mal wirklich zu sehen und mit ihm zu sprechen wäre furchtbar aufregend. Vermutlich würde sie ihn vollquasseln über Alexandria, so dass der arme Mann sie hilflos nur wegschicken konnte oder vergleichbares. Aber: Er war in Misenum, und sie saß in Rom fest. Sie kam ja noch nicht einmal nach außerhalb der Stadtmauern und auf den coelischen Berg, obwohl sie das Sacrellum Querquetulanae sehr gerne gesehen hätte. Wie sollte sie da nach Misenum gelangen?


    Dass Serrana furchtbar überfromm war und eigentlich wegen ihrer Superstitio ausgelacht werden müsste, war Axilla schon aufgefallen. Als sie jetzt diesen glühenden Eifer in ihren Augen sah, wurde sie wieder daran erinnert, dass dieses Thema ein sehr schlechtes Thema war. Axilla war in etwa so fromm wie ein Backstein. Sie verehrte die Manen und Laren zwar, wie es sich gehörte, aber sonst ließ sie die Götter eben Götter sein und tat nur das allernotwendigste. Ihr würde nie einfallen, einfach so einen Gott mit Gebeten zu belästigen, selbst wenn sie ihm dabei opferte. Wenn den Göttern nicht ohnehin gleichgültig war, was mit den Sterblichen geschah, dann hatten sie sicher wichtigeres zu tun als ihr zuzuhören. Und vor allem: Ihr ging es ja gut soweit. Welche Geschäfte sollte sie mit den Mächten schon abschließen wollen?
    “Ähm, nein, da war ich nicht“ antwortete sie ausweichend und wollte schon das Thema wieder aufs Wetter lenken, als Serrana sie plötzlich nach dem Opfer an Pluto fragte. “Wie, gehört? Was soll dabei rausgekommen sein?“ Axilla stellte sich absichtlich dumm. Serrana hatte von dem Fluch und Axillas Bitte ncihts mitbekommen können, folglich konnte sie auch nichts davon wissen. Für sie musste es so ausgesehen haben, als habe Axilla eben einfach nur ein besonders großes Totenopfer für Urgulania veranstaltet. Und was sollte dabei rauskommen? Die Unterwelt ließ nur sehr selten jemanden ins Leben zurückkehren.

    Da es Montag vermutlich zu spät sein wird: Ich brauche BALSAM! Jede Menge davon.
    Überhaupt ist der sehr knapp, seitdem die Produktion runtergeschraubt wurde. Kann man die wohl wieder raufschrauben? :D (Ja, liebe Gewürzhändler, grillt mich! :D )

    Lesen.... Axilla las eigentlich überall, sie brauchte dafür keinen stimmungsvollen Platz. Am stimmungsvollsten hatte sie ohnehin immer gefunden, sich in eine Decke dick einzumummeln, während es draußen blitzte und donnerte – wenngleich man dann wegen dem schlechten Licht auch schlecht lesen konnte. Bestimmt war so ein friedlicher Garten bei Sonnenschein da besser geeignet. Axilla nickte nur ein wenig, während sie ihren eigenen Gedanken nachhing, und lauschte dann Serranas Geschichte mit Sedulus. An den Händen berührt... das klang ganz furchtbar romantisch. Axilla geriet darüber zwar absolut nicht ins schwärmen, aber sie bemerkte, wie romantisch es klang. Eine richtige, kleine Liebesgeschichte wie aus den Gedichten. Die Geschichte ihrer Liebschaften klang da bei weitem nicht annähernd so romantisch. Es hatte nicht einmal einen kleinen Funken Romantik an sich, wenn sie so darüber nachdachte. Sie hatte sich in ihren Cousin verliebt, und als sie beide zufällig im Bad waren, weil sie einander nicht bemerkt hatten, bis beide im Wasser waren, war sie in blinder Verliebtheit zu weit gegangen. Und anstatt sie davon abzuhalten hatte Silanus mitgemacht. Timos danach hatte sie betrunken gemacht und ihr Opium zum Rauchen gegeben. Archias danach... selbst das war nicht romantisch. Sie hatten rumgeblödelt, waren sich körperlich näher gekommen und im Bett gelandet, obwohl sie beide das nicht hätten tun sollen. Piso schließlich hatte sie ähnlich wie Timos betrunken gemacht und in sein Bett geschleppt. Dass sie jetzt mit Archias verheiratet war, das war vielleicht etwas romantisch, ja. Es sah zumindest auf den ersten Blick an wie ein Märchen, das in Erfüllung gegangen war. Aber selbst das konnte Axilla nicht auch nur annähernd so sehen wie das, was Serrana scheinbar mit Sedulus hatte. Es gab dabei nie diese leichte Verliebtheit oder diese Aufregung, nie dieses Zögerliche und Zerbrechliche. Axilla war sich nicht sicher, ob sie deshalb neidisch oder eher den Göttern dankbar sein sollte.
    “Im Palast? Ja, also, da gibt es schon viele Gärten. Ich meine, ist ja der Palast, wenn der Kaiser nicht in Misenum wäre, wäre er ja dort, und das muss ja schon was hermachen. Da sind die Gärten natürlich entsprechend hergemacht.“ Ja, hübsch waren die Gärten dort. Nur: Es waren nicht Axillas Gärten. Wie alles im Palast. Axilla hatte einfach das Gefühl, dass sie dort nichts anfassen durfte, weil sie sonst irgendwas ganz sicher kaputt machen würde. Und wie wohl erst die Diener, Beamten oder Prätorianer schauen würden, sollte sie auf einen Baum klettern! Nein, das waren dort nicht ihre Pflanzen und ihre Bäume, ihre Steinbänke und Pfade. Das gehörte alles dem Kaiser, auch wenn Archias zehnmal sagte, sie solle sich wie zuhause fühlen. Hätte sie einen Garten, einen wirklich eigenen nur für sich selber, sie würde wilde Blumen pflanzen und große, dicke Eichen. Sie würde nicht darauf achten, ob Wege da wären, wer brauchte die schon? Wer brauchte Steinbänke, wenn er hohes Sommergras hatte? Ihr Garten wäre wild, und wahrschienlich würde sie sich dann dennoch nach dem Wald sehnen.
    “Und du machst noch diese Priester...sache...?“ Axilla kannte sich nicht aus und hatte keine Ahnung, was Serrana nun genau machte. Sie wusste noch nicht einmal, ob sie sich einem Kult verschrieben hatte oder was sie tat. Im Grunde war es ihr auch nicht wichtig, sie fand das Thema Gärten nun nur erschöpft, aber wenn sie vor 2 Minuten nicht hatte gehen können, dann war jetzt wohl immer noch nicht lang genug.

    Warum sah sie denn jetzt so selbstzufrieden drein? Axilla verstand wirklich nicht, was Serrana hatte. Hatten ihr ihre Moralpauken damals nicht gereicht, war sie denn so gehässig, dass sie sich jetzt auch noch in diesen Vorwürfen suhlen musste? Axilla kratzte sich in einer kleinen Verlegenheitsgeste am Unterarm. Sie verstand wirklich nicht, was es da so selbstzufrieden zu grinsen gab!


    Der Vorschlag von Serrana klang da schon fast wie Spott in Axillas Ohren. Warum sollten sie sich öfter sehen? Damit Serrana sie kontrollieren konnte, ob sie sich jetzt auch ja an die gesellschaftlichen Normen hielt und sie nicht übertrat? Ein wenig Wut keimte in Axilla auf. Ja, sie wusste um ihre Fehler, aber sie brauchte keine Wachhunde um sich herum. Nicht von Archias, und erst recht nicht von ihrer Cousine! Überhaupt hätte sie sich gewünscht, dass diese sie wenigstens ein klein bisschen nun verstehen könnte, wo sie ja nun selber wusste, wie das so war mit den Männern. Wobei sie natürlich keine Ahnung hatte, wie das mit Sedulus so war. Manche Frauen fanden es mit ihren Männern ja ganz und gar scheußlich und furchtbar und waren froh, wenn es nicht allzu oft vorkam.
    Auch, wenn es in Axilla brodelte, sie beherrschte sich und brauste dieses eine Mal nicht auf. Auch wenn sie nicht die beste Lügnerin war, ein wenig lügen konnte sie ja doch. “Es wird sich sicher die eine oder andere Gelegenheit ergeben“, antwortete sie ein wenig ausweichend. Sie überlegte schon, ob jetzt der passende Zeitpunkt wäre, sich unter einem Vorwand zu entschuldigen, aber eben hatte sie noch gesagt, sie wäre gerne hier. Da würde es wohl nicht so ganz passen. Also ließ Axilla es und sah sich kurz hier im Garten um. “Hübscher Garten übrigens.“ Nicht so hübsch wie der Garten der Casa Iunia in Alexandria, aber schon wirklich sehr hübsch, doch, musste Axilla zugeben. Und vor allem, es lenkte kurz ab.

    So nervös und angespannt, wie Serrana wirkte, wurde es Axilla zunehmend mulmiger. Sie mochte diese Stimmung nicht. Sie mochte diese ganzen scheinbaren Probleme nicht. Überhaupt hatte sie bislang in Rom sehr wenig gefunden, was sie mochte, und in Momenten wie diesem hatte sie furchtbares Heimweh nach Ägypten. Kurz überlegte sie, was passiert wäre, wenn sie die Einladung von Decimus Livianus ausgeschlagen hätte. Vermutlich wäre sie dann jetzt Eutheniarche. Anthimos und Nikolaos hatten sie ja schon danach gefragt, wenn auch eher indirekt. Zwar glaubte sie nach wie vor, dass man ihr nicht die Getreideversorgung der zwei größten Städte der Welt anvertrauen sollte, aber andererseits hatte diese Verantwortung schon einen Reiz. Hier in Rom im Moment hatte sie noch nicht einmal eine Stelle als Scriba irgendwo, weil sie obenrum ein wenig zu viel und untenrum ein bisschen zu wenig hatte. Kurz schnaufte sie bei dem Gedanken. Wäre sie nur ein Junge geworden, dann wäre wirklich sehr vieles sehr viel einfacher...


    Serrana riss sie aus ihren Gedanken, indem sie eine etwas unangenehme Frage stellte. “Ähm, naja, das kommt darauf an...“ Was sollte Axilla da sagen? Sie hatte es drei Monate lang effektiv verdrängt, weil sie nichtmal an die Möglichkeit hatte denken wollen. Gut, bei Serrana fiel das ja anders, sie war verheiratet und durfte, ja, sollte! schwanger werden. Aber trotzdem war sie da sicher die Falsche, um Ratschläge zu geben oder so zu tun, als wüsste sie da alles. “Ich meine, ich weiß ja nicht, wie... ähm, regelmäßig du blutest und so. Wenn ich im Stress bin und nicht genug esse und aufgeregt bin, dann passiert es schonmal, dass es weg bleibt.“ Das war nicht unbedingt gut für Axillas Fruchtbarkeit, das wusste sie selber, aber das war nun auch nichts absolut ungewöhnliches. Und Axilla war auch alles andere als böse, wenn sie sich ab und an einen Monat nicht vor Schmerzen wand und meinte, gleich ganz sicher zu verbluten. “Oder bei der Schiffsreise, da war mir ja die ganze Zeit so furchtbar schlecht. Das ganze Geschaukele und so. Da hab ich mir dann auch nichts gedacht. Und später hab ich halt erst gedacht, die Übelkeit und das alles wär noch davon...“ Wieso fühlte Axilla sich jetzt, als wäre sie angeklagt? Immerhin hatte sie versucht, die Konsequenzen zum Wohle der Familie zu tragen. Und auch wenn es nicht geklappt hatte, das Kind war ja später doch abgegangen und lieferte damit keinen Stoff für böse Zungen.


    Die anderen Worte verwirrten Axilla fast noch mehr. Was wollte Serrana damit sagen? Kurz guckte sie verwirrt und fragend, dann traute sie sich aber doch nicht, nochmal nachzuhaken. Stattdessen nahm sie die Beine hoch auf die Bank und umschlang die Knie mit den Armen. Das machte sie gern, wenn sie sich unsicher fühlte, und auch wenn es wohl albern aussah, wenn eine fein hergerichtet Dame das machte wie ein kleines Mädchen, das störte Axilla nicht. “Ähm... schon gut. Ich bin gern hier.“ Auch wenn es gelogen war, es klang ehrlich. Zumindest so ehrlich es angesichts der Situation klingen konnte.

    Wie meinte Serrana das jetzt schon wieder? Das hatte Zeit? Sie wusste ja nicht, ob Sedulus und sie fleißiger im Bett waren als sie selbst und Archias, und wie es um Serranas Fähigkeit bestellt war, ein Kind auszutragen. Aber unter Umständen war die Zeit bis es akut wurde gar nicht mehr so lang.
    “Naja, das sollte man schon besprochen haben, bevor Kinder da sind, nicht? Und ich weiß ja nicht, wie das bei euch aussieht... kann ja auch sein, dass das gar nicht so lang dauert.“ Axilla sah ihre Cousine leicht verwirrt an. Irgendwie sah sie ein bisschen blass um die Nasenspitze aus. Und dazu diese ausweichende und fahrige Art. Wenn Axilla es nicht besser wüsste – und eigentlich wusste sie es nicht besser – sie würde sagen, Serrana hatte Angst. Aber das war irgendwie verrückt, immerhin heiratete man, um irgendwann mal Kinder zu haben. Axilla hatte da eher Angst, dass sie nie einen lebenden Erben auf die Welt bringen würde, weil sie doch nach ihrer Mutter schlug und nicht nach dem Vater. Wobei sie auch irgendwie ganz froh war, im Moment gerade kein Kind zu erwarten, wenn sie ganz ehrlich war.


    Die Stimmung war doch recht merkwürdig. Axilla hatte zwar nicht angenommen, dass alles toll und fantastisch sein würde, aber sie fühlte sich doch etwas unbehaglich gerade. Sie war froh, wenn das hier vorüber war. “Naja, das war es eigentlich, was ich dir sagen wollte. Ich fand, das war wichtig.“ Und sie hatte ja schon geahnt gehabt, dass Serrana da nicht dran denken würde.

    Bei seinen Worten schaute Axilla kurz auf. Es lag ihr etwas auf der Zunge, etwas unglaublich naives wohl in seinen Augen, aber sie sagte es nicht. Er war ein Krieger, er hatte gekämpft. Gut, er war auch ein Räuber gewesen. Vielleicht daher auch seine etwas niederschmetternde Ansicht zum Thema Ehre. Warum sollte er also, wenn er schon fand, dass Ehre an sich kalt und hart und dreckig war, Krieg gerechter und edler finden? Immerhin ging es im Krieg um die Ehre. Axilla biss sich kurz auf der Unterlippe herum, wie sie es meistens tat, wenn sie überlegte, ging dann aber einfach schweigend neben Vala weiter.


    “Ich glaube ja, die Götter scheren sich nicht besonders um das Schicksal der Menschen. Erst recht nicht von einzelnen...“ Axilla klang mit einem Mal recht schwermütig, und auch ihr Blick war leicht abwesend. Sie dachte an zuhause. An ihr wirkliches Zuhause in Tarraco. Daran, wie viel sie geopfert hatte, als ihre Mutter immer kränker geworden war. An Urgulania, deren Mörder immer noch unbestraft war und auch nie bestraft werden würde, außer Dis erschlug ihn mit einem Blitz.
    Kurz schüttelte sie leicht den Kopf, als müsse sie ihre eigenen Gedanken vor sich selbst verneinen, und sah dann kurz entschuldigend zu Vala hoch. Eigentlich wollte sie nicht so schwermütig sein. Bis eben war sie noch so fröhlich gewesen.
    “Wo gehen wir eigentlich hin?“ wechselte sie also spontan das Thema und lächelte gleich darauf wieder, als wäre nichts weiter gewesen.

    “Ah“, machte Axilla nur, als Serrana sie aufklärte, dass die Männer der beiden Frauen versetzt worden waren. Aber so war das eben beim Militär. Man ging dahin, wo man gebraucht wurde. Axillas Vater war selten daheim gewesen – dafür waren die Momente, wo er es doch war, umso schöner gewesen.
    “Naja, dann siehst du zumindest die Germanica ja bald wieder.“ Kurz fragte sich Axilla, ob das vielleicht eher ein Grund für Serrana war, nach Germania zu reisen, als dieses ominöse Pony. Beinahe hätte Axilla noch angefügt, dass sie in Mogontiacum ja auch wen kannte, aber das wollte sie Rufus dann nicht antun, dass der am Ende noch mit der Germanica zu schaffen bekam. Immerhin war er ihr Freund, auch wenn er schon ewig nicht mehr zurückschrieb. Also ließ sie es.


    Bei dem eigentlich viel wichtigeren Thema aber verstand Serrana sie vollkommen falsch. Wobei es für ihren Sohn wohl auch Vorteile hätte, sich auf die Iunier eher zu berufen als auf die Germanicer, das wollte Axilla doch gar nicht sagen. “Was? Nein! Wobei...?“ Axilla überlegte. Wenn sie vielleicht mal zwei Söhne hatte.... aber im Moment hatte sie ja noch nichtmal einen, und es sah auch nicht so aus, als würde sich das bald ändern.
    “Aber dein Sohn könnte dennoch deinen Vater in seine Ahnenreihe mit aufnehmen und zu ihm opfern. Und ja, darüber habe ich mit Archias schon gesprochen, und bei mir ist er einverstanden.“ Andernfalls hätte Axilla ihn nie und nimmer geheiratet, egal, was sie für ihn empfunden hätte. Aber das war Axilla so wichtig wie sonst nichts in ihrem Leben.

    Ein iunischer Sklave gab einen versiegelten Brief auf. “Einmal Wertkarte Iunia, bitte“, meinte er nur und reichte dann den Brief weiter.



    Ad
    Gymnasiarchos Cleonymus
    Kapeleion Archaon
    Brucheion
    Alexandria
    Agyptus



    Chaire, Cleonymus!


    Ich habe mich sehr gefreut, endlich einen Brief aus Alexandria zu erhalten! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehnlich ich darauf gewartet habe! Ich habe auch an das Pyrtaneion direkt geschrieben, ebenso wie an Anthimos Bantotakis, aber keinerlei Antworten erhalten. Geht es alles gut? Was ist mit Nikolaos, hat er sich zwischenzeitlich erholt?
    Ich weiß, ich bestürme dich mit Fragen zu unwichtigen Kleinigkeiten, aber ich mache mir einfach Sorgen um meine Freunde. Auch um dich, denn auch du warst mir und meiner Familie immer ein guter Freund.


    In meinem Brief an das Pyrtaneion habe ich darum gebeten, dass Urgulania ein Stier im Serapeion geopfert werden sollte. Hat das stattgefunden? Ich weiß, noch eine Frage, aber ich habe so lange nichts mehr aus Ägypten gehört.
    Dass ihr Urgulania mit einer Statue ehren wollt, ehrt mich und meine ganze Gens. Natürlich unterstütze ich euch. Alexandria wird sich immer darauf verlassen können, dass ich es liebe und mein Möglichstes tun werde, um zu helfen.
    Aber vielleicht klärst du mich noch auf, was ihr von meiner Farbmischerei genau wollt? Ich glaube ja nicht, dass ihr dem Basileus Farbe schenken wollt.


    Und nun will ich dir auch von mir berichten. Ich habe geheiratet! Kennst du noch Aelius Archias, der Postpräfekt in Alexandria war? Der ist nun mein Mann. Und ich wohne mit ihm im Palast.
    Allerdings weiß ich nicht, durch wie viele Hände hier in diesen Hallen ein Schreiben geht, ehe es zu mir gelangt. Es ist alles riesig, du kannst es dir nicht vorstellen. Wenn du also etwas schreiben willst, das nur für meine Augen bestimmt ist, schick es weiterhin an die Casa Iunia. Meinen Sklaven dort kann ich vertrauen, dass die Post zu mir und nur zu mir kommt.


    Was Freunde angeht: Bislang habe ich nur wenige. Den Kaiser selbst kenne ich auch nicht, obwohl ich mit ihm ja nun über hundert Ecken verschwägert bin. Ich weiß nicht, inwiefern ich da jemanden für die Belange Alexandrias begeistern kann, aber ich will es versuchen.


    Abschließend möchte ich dir noch danken für deine Nachrichten über den Mordfall. Ich bezweifle zwar, dass der wahre Mörder – und ich denke, wir beide wissen, wen ich meine – je seiner gerechten Strafe zugeführt wird, aber vielleicht hat Orcus ein Einsehen und erfüllt mir, was die Menschen mir nicht geben können.


    Chaire, Cleonymus, und gib auf mein geliebtes Alexandria gut acht.


    [Blockierte Grafik: http://img509.imageshack.us/img509/3392/axillaunterschrph0.gif]

    “Nur, weil jetzt alle verheiratet sind, oder was meinst du?“ Axilla konnte nicht folgen, was Serrana damit meinte, Calvena und Septima wären weg. Nun, bei Calvena interessierte es Axilla auch nicht im Geringsten, die konnte ruhig ganz weit weg sein und bleiben, wenn es nach der Iunia ging. Ihre Ansichten zur römischen Legion waren ohnehin von hinterm Mond gewesen, ob sich da der Körper diesen Ansichten räumlich genähert hatte, war Axilla bestenfalls gleichgültig. Bei Septima sah es schon anders aus, die war doch recht nett gewesen. Soweit Axilla das bei der flüchtigen Bekanntschaft so sagen konnte. Nur erklärte das alles nicht, was Serrana damit meinte, die seien nun weg. Sie hatte ja keine Ahnung, dass deren jeweilige Männer versetzt worden waren.


    Aber im Grunde war es egal. Als Axilla auf Serranas Vater zu sprechen kam, wich die Cousine wieder auf, und innerlich seufzte Axilla bereits. Sie wusste ja, dass Serrana nicht viel davon hielt, Iunia zu sein, aber solange sie diesen Namen trug, hatte sie Axillas Ansicht nach daran zu denken, ob sie wollte, oder nicht. Außerdem ging es um Axillas Onkel, also hatte sie daran ein nicht geringes Eigeninteresse.
    “Nein, danke. Ich brauch nichts, und ich glaub dir, dass das Haus schön ist.“ Axilla wollte sich jetzt nicht ablenken lassen. Sonst wechselte sie selbst oft genug das Thema. Aber jetzt im Moment wollte sie bei diesem Thema bleiben und duldete da keine Ablenkung.
    “Und zu deinem Vater... du weißt ja, dass Männer deshalb Söhne brauchen, damit die ihren Namen weiterführen und zu ihnen als ihren Ahnen opfern, wenn sie nicht mehr sind...“ Axilla sah zu Serrana und hoffte, dass ihre Cousine so langsam kapierte, worauf sie hinaus wollte. In Axilas Vorstellung waren ihre Worte so logisch, dass Serrana zu gar keinem anderen Schluss kommen könnte als das, worauf Axilla hinaus wollte. Dennoch fügte sie noch einen weiteren Denkanstoß an. “Ich weiß ja nicht, was Sedulus dazu sagt, aber er würde dir das doch sicher nicht verwehren, wenn du einen Sohn irgendwannmal hast...“

    Es ging nicht unbedingt einfach, aber Axilla wusste, wie sie die Rüstung öffnen konnte. Nicht unbedingt feinfühlig zog sie die Riemen enger, um den Verschluss aufzubekommen, und ignorierte dabei das gelegentliche Luftanhalten oder Keuchen ihres Mannes. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Warum musste es ausgerechnet diese Rüstung sein, in die er sich quetschte? Sie hatte ihm ja vorgeschlagen, dass er eine eigene kaufen sollte. Warum also musste es ausgerechnet die ihres Vaters sein?
    Er hob mit seinen Fingern ihren Kopf, als sie die Schnallen endlich alle offen hatte, und küsste sie kurz. Axilla erwiderte den Kuss eher als Schmatzer und wandte sich wieder der Rüstung zu. Wenn er angenommen hatte, sie würde sich hierüber freuen, dann musste er noch viel über sie lernen. “Es ist nur... ach, egal...“ Axilla wollte nicht schon wieder mit ihm streiten. Und sie war sich alles andere als sicher, ob er auch nur ansatzweise verstehen konnte, warum sie alles andere als erbaut über seinen Versuch, eine Rüstung zu tragen, war.


    Sie machte gerade Anstalten, ihm den Panzer über den Kopf zu ziehen, als er vorschlug, nach Ravenna zu gehen. Kurz stockte sie in ihrer Bewegung, ehe sie mit seinem Zutun doch die Rüstung schließlich auszog. Kurz geriet ihr Stand leicht ins Wanken, als sie das ganze Gewicht auf einmal in Händen hatte, aber sie war es gewohnt und wuchtete so den Brustpanzer wieder auf seinen Platz auf dem Ständer. “Und was ist mit deiner Arbeit?“ fragte sie dabei. Sie hatte sicher nichts dagegen, mal aus der Stadt rauszukommen. Aber das ging eben nicht einfach mal so. Sie hatte nun dank Silanus mitbekommen, wie ungnädig die Leute reagierten, wenn ein Procurator einfach mal so seinen Posten verließ. Das musste sie nicht unbedingt doppelt abbekommen, erst von ihrem Vetter, und dann durch ihren Ehemann. Da fragte sie lieber nochmal nach, ehe es Probleme gab.

    Im ersten Moment dachte Axilla, Serrana wollte sie veralbern. Es musste ja fast schon so sein! Welcher vernünftige Mensch nahm es auf sich, mehrere Wochen in einer stickigen Kutsche (die von barocker Leichtigkeit weit entfernt war) tausende Meilen Richtung Norden zu holpern, wo man überall auf der Straße überfallen werden konnte (denn auch in Italia gab es genug Räuber), die Alpen zu überqueren und nur in Mansiones die ganze Zeit zu übernachten, nur um einem Mädchen ein Pony zu kaufen? Abgesehen davon, dass Reiten etwa war, was noch nicht einmal jeder Mann konnte und das bei Frauen zu dieser Zeit allein schon deshalb unschicklich war, weil römische Damenkleider meist bis zu den Knöcheln gingen und Damensättel unbekannt waren, man konnte hier auch genügend Pferde erwerben, dafür musste man nicht nach Germania. Axilla war also der festen Überzeugung, Serrana wollte sie aufziehen. Aber dann merkte sie, wie aufgeregt Serrana war, und als sie schließlich nach Ägypten fragte, merkte sie doch, dass das ihr ernst war. Axilla war sich nicht sicher, ob sie lachen oder eher heulen sollte. Und da hielten die Leute sie für naiv!


    “Ähm... dann hat sich das mit dem Sklaven wohl wirklich erstmal erledigt...“ Axilla räusperte sich kurz. Sie wollte nichts gemeines sagen, trotz dieser Vorlage und des noch nachhallenden Ärgers wegen Germanicus Avarus.
    “Ägypten? Irgendwann mal. Mal schauen. Archias ist ja hier Procurator, und ich denke, das wird er auch eine Weile sein. Und ich weiß nicht, wie es gerade in Ägypten so ist. Außerdem find ich hier grade endlich Freunde, da will ich jetzt hier schon bleiben.“
    Bona dea, das hier alles war schwieriger, als Axilla gedacht hatte. Aber wer konnte auch ahnen, dass es SO sein würde? Axilla hatte ja mit Vielem gerechnet, aber nicht mit solchen Botschaften. Ihre Meinung von den Germanicern als solches war so ja vielleicht nicht die wohlwollendste, aber im Moment bekam sie immer noch mehr Gründe, anzunehmen, dass die doch alle 'nen Sprung in der Amphore hatten. Pony... sie glaubte es immer noch nicht so wirklich.
    Aber gut, half ja alles nichts. Also nahm Axilla nochmal ihren Mut zusammen und kam auf das zu sprechen, was ihr eigentlich auf der Seele lag.
    “Es gibt aber noch was, worüber ich mit der reden wollte...“ Etwas unschlüssig drehte Axilla den Weinbecher ein wenig in der Hand hin und her, so dass die dunkle Flüssigkeit darin leicht hin und her schwappte, ohne jedoch über den Rand zu laufen. “Ich weiß nicht, ob du und Sedulus vielleicht schon darüber gesprochen habt. Aber dein Vater hatte ja keinen Sohn....“ Axilla war sich nicht sicher, ob Serrana kapierte, worauf sie hinaus wollte, aber dennoch ließ sie den Rest einmal unausgesprochen.

    Axilla war verträumt, Axilla war naiv, Axilla war voller verklärter Vorstellungen von Ruhm und Ehre. Aber Axilla war nicht dumm. “Natürlich geht es bei einem Krieg auch um andere Dinge. Um die Sicherung der Grenzen, oder die Ausweitung. Die Veteranen wollen nach ihrem Dienst auch irgendwo ein Stück Land haben. Und während sie dienen auch Beute.“ Entschuldigend sah Axilla kurz nach oben. “Ähm... mein Vater war Soldat...“, meinte sie kurz als halblaute Erklärung. Eigentlich wollte sie gar nicht über Kriege philosophieren. Dennoch musste sie noch etwas zur Ehrenrettung der Männer sagen. Aber das darf doch nicht der Grund für einen Krieg sein. Er muss gerecht sein, und gerechtfertigt. Und von Mars gesegnet.“ So ganz wurde Axilla ihre Vorstellungen doch nicht los, auch wenn sie es eigentlich besser wissen sollte.


    Von seinen Gedanken merkte Axilla nichts an seinem Gesicht. Er schien nachzudenken, aber das tat er ja die ganze Zeit. Als sie ihn mit ihrer Frage dann anscheinend aus seinen Gedanken fast hochschreckte, war ihr da dann schon fast eher peinlich. Seine Antwort aber war so selbstsicher wie immer.
    “Aber sie wissen, wie das Schicksal eines jeden endet. Das ist doch auch Macht, oder?“ Axilla hatte sich nie damit beschäftigt, wer nun mächtiger war, die Parzen, die Götter, die Mächte. Im Grunde war es ihr auch gleich, denn letzten Endes waren Menschen nichts weiter als Ameisen für all jene Wesenheiten. Was machte das da schon für einen Unterschied, wer von ihnen den größten Stock hatte, um damit im Ameisenhaufen herumzustochern?
    “Glaubst du, dass man das kann?“ Axilla machte ein paar Schritte, ehe sie merkte, dass ihre Frage gar keinen Bezug hatte außer dem in ihrem Kopf. “Sich mit den Mächten arrangieren, mein ich?“ Irgendwie war ihre einfache Diskussion sehr weit vom eigentlichen Thema abgedriftet. Aber Axilla konnte und wollte keinen Bogen zu den Barbaren schlagen, abgesehen davon, dass sie die ohnehin schon fast vergessen hatte.

    Als Archias mit seiner Erklärung rausrückte, sah Axilla immernoch reichlich erschrocken drein. Er wollte wissen, wie sich das anfühlte? Vor nichtmal vier Wochen hatte er sich noch mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass Axilla die Möglichkeit auch nur angesprochen hatte, ihn in eine Rüstung zu stecken. Und jetzt auf einmal fühlte sich das gut an?
    “Und warum nimmst du dann die Rüstung meines Vaters dazu? Die ist dir viel zu eng.“ Ohne irgendwie zu fragen griff Axilla zielsicher nach der Schnalle des Gürtels und hatte sie mit einem geschickten Griff bereits geöffnet. Vorsichtig nahm sie das Ding ab und legte es geradezu behutsam aufs Bett.
    Sie sah nochmal an Archias hoch und runter. Ein Maultier im Pferdegeschirr, schoss ihr durch den Kopf. Das hatte ihr Lehrer zu ihr immer gesagt, wenn ihre Mutter sie gezwungen hatte, sich doch mal besonders fein zu machen. Denn ein feines Kleid machte auch aus dem Kind Axilla damals keine feine Dame, ebensowenig wie die Rüstung ihres Vaters aus Archias einen Krieger machte. Oder eben ein Pferdegeschirr aus einem Maultier ein Streitross. Warum nur machte er sowas?
    “Arm hoch“, stupste sie ihn an, damit sie die Schnallen würde öffnen können. Es war wirklich ein sehr, sehr seltsames Gefühl, jemand anderen als ihren Vater diese Rüstung tragen zu sehen. Und es war kein sehr gutes Gefühl. “Für dich müsste eine Rüstung viel weiter sein. So leiern die Schnallen aus...“