Die Situation war irgendwie noch schwieriger als die in Ägypten. Oder vielleicht kam es Axilla auch nur so vor, da dieses Mal sie diejenige war, die nicht zuhause war und irgendwann wieder gehen musste. Aber sie wusste nicht, wie. Sie wollte nicht wieder allein sein, und in ihrer Casa war die Situation so schwierig. Sie hatte Serrana, der sie sich wohl anvertrauen konnte, aber das war nicht dasselbe. Die Situation zwischen ihr und Silanus war schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Und Brutus kannte sie nicht – und noch dazu würde der es vielleicht auch anders aufnehmen, wenn sie sich an ihn schmiegte auf der Suche nach Zuversicht und Schutz. Am Boden zerschmettert realisierte Axilla, dass sie eigentlich nirgends anderes hätte hingehen können. Archias war der einzige, der ihr die Nähe geben konnte, die sie gerade brauchte. Es war nicht einmal der Sex, auch wenn er schön gewesen war, sondern die Vertrautheit und Zärtlichkeit, die Wärme. Auch wenn sie sich wie ein Eindringling vorkam.
Bei Archias Angebot also schaute sie dankbar auf und schmiegte sich statt einer Antwort einmal ganz eng an ihn, allerdings nicht in einer Art, die auf eine zweite Runde schließen ließ. Ein paar Tränen liefen wieder still und leise, während sie sich so an ihm fest hielt und von seiner Wärme zehrte.
“Ich weiß nicht, was ich ohne dich hätte machen sollen“, gestand sie ganz leise und traurig. Sie wusste ja noch nicht einmal, was sie jetzt machen sollte, obwohl sie bei ihm war. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was gewesen wäre, wäre sie wirklich ganz alleine gewesen. Oder wäre sie in Ägypten noch gewesen...
“Was werden deine Verwandten sagen, wenn ich hierbleibe?“ fragte Axilla noch einmal. Es waren nicht ihre Verwandten, um die sie sich sorgte. Sie würde vielleicht in den Senkel gestellt werden, aber ernste Konsequenzen fürchtete sie eigentlich nicht. Silanus war nicht der Typ Mann, der harte Konsequenzen zog. Und kein anderer hatte das Recht, ihr etwas zu sagen.
Aber seine Verwandten waren etwas anderes. Sie wusste nicht genau, wie er zu ihnen stand, und was sie sagen würden, wenn er eine Fremde einfach im Palast übernachten ließ.
Beiträge von Iunia Axilla
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Auch Axilla war eine Weile einfach nur damit beschäftigt, zu atmen. Sie versuchte, das angenehme Gefühl noch ein wenig zu behalten, aber es entglitt ihr viel zu schnell, während die Welt um sie herum wieder auf sie einstürmte. Was hatte sie sich dabei gedacht? Sie hatte gewusst, dass sie sich danach gräßlich fühlen würde, noch schlechter als davor, aber trotzdem hatte sie es nicht lassen können. Sie hatte gewusst, dass auch Archias sich schlecht fühlen würde. Sie beide liebten sich nicht, er liebte Seiana. Und sie... auch ihr Herz gehörte doch eigentlich einem anderen, selbst wenn der davon nichts wusste. Sie fühlte sich elend und schäbig, dass sie ihren Freund dazu überredet hatte, nur aus Selbstsucht.
Als er sie ansprach, sah Axilla zu ihm herüber. In ihrem Blick lag unendliches Bedauern. Nicht wegen der Sache selbst, denn so groß die Schuldgefühle waren, es war schön gewesen. Archias und sie harmonierten miteinander. Aber wegen dem ganzen drumherum.
“Ich weiß. Ich hätte nicht...“ Auch Axilla brach ab und schenkte ihm statt dessen ein trauriges Lächeln. Nichts desto trotz kuschelte sie sich an ihn, holte sich so die Wärme, die sie so dringend benötigte. “Soll ich gehen?“ fragte sie leise, ohne jeden Vorwurf. Sie wusste einfach nicht, was sie machen sollte. Sie hatte den Weg verloren. -
Er sah sie noch immer etwas überlegend an, dann nahm er ihr die Tasse mit dem heißen Wein weg. Kurz streiften ihre Lippen sich, aber Axilla war sich nicht sicher, ob es Absicht oder Zufall war. Sie fühlte sich schlecht, weil sie etwas hoffte, dass eigentlich nichts gutes war, und trotzdem konnte sie nicht anders.
Seine Worte dann schließlich ließen sie zittern. Glaubte sie wirklich, dass es sie vom denken abhalten würde, wenn sie miteinander schliefen? Wenn sie ehrlich war, glaubte Axilla das nicht. Sie wusste sogar, dass sie zu einer Schuld nur eine neue hinzuaddieren würde, und der Schmerz nur etwas aufgeschoben sein würde. Aber sie fühlte sich so allein, und das war schlimmer als alles andere.
“Ich weiß es nicht“, gestand sie also leise flüsternd, kurz bevor Archias sie dann doch küsste. Zunächst zaghaft, dann intensiver erwiderte sie seine Zärtlichkeit. Es war anders als in Alexandria, weniger stürmisch und sanfter, und doch nicht weniger zielstrebig.
Bald schon störte die Kleidung, so dass Fibeln und Gürtel gelöst wurden, Kleid und Tunika irgendwo zwischen Kisten und Paketen verschwanden, ehe Axilla ihren besten Freund sanft auf sich zog. Und die nächste viertel Stunde fühlte sich Axilla nicht mehr allein und dachte auch nicht nach. -
Im ersten Moment verstand Archias nicht. Das konnte Axilla ihm ansehen und auch daran hören, wie er gleich widersprach, als sie meinte, sie sei schlecht. Aber sie war schlecht, sie wusste es. Sie sollte jetzt aufstehen und gehen und nicht einmal das denken, was sie gerade dachte. Oder zu Silanus vielleicht gehen. Oder vielleicht alles auf eine Karte setzen und Vala besuchen. Oder noch besser, endlich einen Mann suchen und mit dem das teilen. Aber sie lag hier, bei ihm, den warmen Wein im Bauch, mit wirren Gedanken, und sah zu Archias auf, der irgendwie verlegen zu ihr herunterschaute.
Axilla fuhr wieder leicht mit ihrer Hand über seine Brust, sah dabei fast bettelnd zu ihm hoch. Sie wollte ihn nicht darum bitten, wollte nicht einmal die treibende Kraft dahinter sein. Aber sie wollte sich jetzt nicht mehr so einsam fühlen und wollte nicht mehr so viel denken.
“Ich will nicht mehr nachdenken. Ich fühl mich so leer...“ meinte sie noch leise und rückte noch einmal ein Stück näher, den Kopf schon so haltend, dass nicht viel zum Kuss fehlte. -
Offenbar hatte es Serrana nicht so eilig, im Gegenteil, sie wollte auch etwas erzählen. Sofort war Axillas Neugierde geweckt, und wie nur Mädchen sein konnten zog sie sie verschwörerisch noch ein wenig näher und schaute sie mit diesem neugierigen Blick an, der schon zeigte, dass man jede Kleinigkeit erfahren wollte.
“In der Bibliothek? Mit dem Senator?“ Axilla nahm nicht an, dass Serrana und der Senator die Bücherregale als Bettersatz gebraucht haben mochten, dafür erschien ihr Serrana schlichtweg zu bodenständig und schüchtern. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass diese von Leidenschaft verzehrt so unvernünftig war... naja, wie Axilla eben schon gewesen war. Außerdem konnte sie das weder fragen, noch würde Serrana das erzählen. Aber vielleicht hatten sie sich ja geküsst! Ja, das wäre im Bereich des Möglichen, und Axilla platzte bald vor Neugier. “Hat er dich geküsst?“ brach es also neugierig und verschwörerisch geflüstert aus Axilla heraus, während sie in den Augen der Cousine schon die Antwort zu lesen glaubte. “Er hat? Oh, das ist ja wundervoll!“ Und noch ehe Serrana auch nur bestätigen oder abstreiten konnte, wurde sie auch schon umarmt und regelrecht gekuschelt, während Axilla auch im Überschwang auch schon weiterplapperte und Serranas Frage beantwortete. “Oh, ich beneide dich. Was würde ich dafür geben, wenn Vala mich küsst.“ Sie ließ Serrana los und schaute sie überglücklich und kein bisschen neidisch an. “So heißt er. Titus Duccius Vala.“ Jeder einzelne Bestandteil des Namens klang wie ein Gebet aus Axillas Mund. Und direkt danach kam wieder dieser bittersüße Schmerz in Axillas Augen und sie gab sich wieder der verlockenden Agonie einen Moment hin. “Und ich weiß nichtmal, ob ich ihn wiedersehe...“
Oh, es war gräßlich. Und es war wundervoll, einfach wundervoll.Aber Axilla wollte nicht so selbstsüchtig sein und nur schwärmen, jetzt wollte sie auch von Serrana alles erfahren. “Aber jetzt erzähl, was ist passiert. Und lass nichts aus!“
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Axilla merkte gar nicht, dass sie ihre Cousine mit diesem Gefühlschaos vielleicht erstaunte. Sie war schon immer mehr Gefühl als Verstand und bemerkte auch jetzt nicht wirklich, wie sehr sie der angebrachten Zurückhaltung entsagte. Es hatten schon einige Leute versucht, ihr den Begriff der dignitas im Zusammenhang mit ihrem Benehmen zu erläutern, aber meistens hielt das bei Axilla nur fünf Minuten an, ehe sie doch wieder lächelte und eher zu viel Gefühl zeigte als zu wenig. Sie konnte einfach nicht anders, und jetzt im Moment erst recht nicht.
Sie hörte nur die Neugier und die Freude in der Stimme der Cousine, und grinste sie so überglücklich an, dass es beinahe schmerzhaft war. Weil es ja eigentlich ein Geheimnis sein sollte, schaute Axilla sich um und zog Serrana ganz leicht mit an die Wand, wo sie schwerer belauscht werden könnten. Als könne nicht jeder sowieso sehen, um was es wohl ging, wenn die beiden tuschelten! Ein Blick auf Axilla sprach Bände.
Mit beinahe verschwörerischer Stimmlage, die aber immer wieder von unbändiger Freude erhellt wurde, begann Axilla zu reden. “Ich war vorhin ja spazieren. Eigentlich wollte ich nur ein wenig Heimweh mir von der Seele laufen, und irgendwie bin ich dann am Hafen am Aventin gelandet. Und...“ Axilla musste leicht Lachen bei der Erinnerung und drehte sich noch einmal voller Überschwang im Kreis. “... er ist ins Wasser gestoßen worden, und ich wollte ihm heraushelfen, aber sein... ich glaube, das war sein Hauslehrer, ein Grieche auf jeden Fall, wollte das nicht. Und naja, wir kamen dann ins Gespräch, als er heraus war und dann hat er mich noch heimgebracht...“
Axilla übersprang schon einige Teile, während ihre Stimme immer sehnsüchtiger und deutlich verliebter wurde, bis sich alles schließlich wieder in einem aufgeregten Seufzer und einem Griff über das aufgeregt schlagende Herz auflöste und nur dieses selige Lächeln blieb.
“Und er sieht so gut aus! Groß, und stark... und seine Augen... ich möchte ertrinken in seinen grauen Augen...“
Axilla ließ sich wieder zurück gegen die Wand sinken u7nd schlug einmal ganz leicht den Kopf gegen den Putz. Die Tausend Liebesgedichte, die sie in ihrem Leben gelesen hatte, schossen ihr wieder durch den Kopf, und im Moment erschienen sie alle Sinn zu ergeben.
“Odi et amo. Quare id faciam, fortasse requiris.
Nescio, sed fieri sentio et excrucior...*“ rezitierte sie eines von Catulls Liedern, denn genau so fühlte sie sich gerade. Nun, abgesehen vom hassen vielleicht, denn Axilla hasste eigentlich niemanden.“Oh, ich bin schrecklich, deine Freundin wartet sicher schon auf ihr Kleid, und ich halte dich auf“, entschuldigte sich Axilla, aber sie musste es einfach jemandem erzählen, und ihre Cousine war dafür am Besten geeignet. Sie würde doch sicher verstehen, wie sie sich fühlte, ging es ihr mit ihrem Senator doch bestimmt ähnlich. Auch wenn man davon nach außen hin nichts sah, aber Axilla kannte Serrana bislang nur ruhig und eher zurückhaltend.
Sim-Off: * Ich hasse und liebe. Warum ich das tue, fragst du vielleicht.
Ich weiss es nicht, aber ich fühle, dass es mir widerfährt und leide Qualen. -
Serrana kam ins Atrium, und Axilla öffnete etwas entrückt blickend die Augen. Dieses Gefühl in der Brust war einfach so gewaltig, es wollte nach außen und der Welt ganz laut entgegenbrüllen, wie Axilla sich fühlte. So konnte Axilla nicht anders, als ihre Cousine anzustrahlen und zu lächeln, als hätte Fortuna selbst sie unter allen Sterblichen auserwählt.
“Ja. Nein. Ich weiß nicht. Beides!“
Sie fühlte sich wundervoll, als würde sie schweben. Als wäre sie in einem Traum, nur sie wusste, sie träumte nicht. Es war einfach herrlich. Und gleichzeitig war es furchtbar, schrecklich und abgrundtief zum verzweifeln. Sie sollte sich beherrschen, sie sollte ihre Gefühle nicht so über sich herrschen lassen. Sie wusste ja noch nicht einmal, ob er auch nur irgendetwas für sie empfand. Nachdem er sie angeschrien hatte, wohl eher nicht. Und er war so weit weg, vielleicht würde sie ihn nie wieder sehen. Allein bei dem Gedanken wollte Axilla sterben. Und trotzdem war es wundervoll.
Axilla kam zu Serrana herüber und nahm sie einfach am Arm. Sie musste jetzt jemanden berühren, musste dieses Glück und diesen Schmerz teilen. Sie brauchte ein Stückchen Wirklichkeit, sie von ihrer Wolke herunterzuholen, weil sie sonst das Gefühl hatte, noch davonzufliegen. Das Päckchen unter Serranas Arm nahm Axilla nichtmal so richtig wahr.
“Es ist etwas wundervolles passiert. Ich könnte die ganze Welt umarmen! Und es ist schrecklich, weil ich es nicht zügeln kann. Ich …“ Axilla ließ Serrana kurz los, nur um wie von Sinnen sich einmal auf den Fußballen im Überschwang um die eigene Achse zu drehen. “Ich habe das Gefühl, zu fliegen, und zu brennen, und ich verbrenne noch, ich weiß es. Und das einzige, was mich davor bewahren kann, sind seine grauen Augen.“
Mit einem erschöpften Seufzer ließ sich Axilla wieder gegen die nächste Wand sinken. “Ich weiß, ich bin furchtbar. Ich kenn ihn gar nicht, und trotzdem... Amor hat wirklich scharfe Pfeile...“
Axilla atmete einmal durch, als würde das ihr Herz irgendwie beruhigen, und sah dann wieder zu Serrana. Erst jetzt merkte sie, dass sie etwas unter dem Arm trug. “Ein Geschenk?“ fragte sie also, um vielleicht ein wenig abzulenken. -
Nachdem Araros sie hereingelassen hatte, war Axilla noch vollkommen aufgedreht. So ganz langsam verblasste alles negative an der Begegnung von eben, und nur dieses beständige Hochgefühl blieb zurück. Als hätte jemand einen ganzen Schwarm von Schmetterlingen in ihre Brust eingesperrt, die nun fröhlich flatternd einen Hauch von Frühling in die Kälte zauberten.
Verträumt schloss Axilla die Augen und tanzte durchs Atrium. Ob sie jemand dabei sah oder nicht war ihr vollkommen gleich. Es war etwas wundervolles passiert. Etwas unbeschreiblich wundervolles, und sie musste einfach ein wenig tanzen. Sie summte sogar eine kleine Melodie dazu und lächelte wegen ihrem kindlichen Überschwang, aber... es war einfach wundervoll. Alles war einfach in einem Wort zusammengefasst wundervoll. Schließlich stieß Axilla leicht an eine Wand, und sie ließ sich einfach dagegen sinken, lehnte an der Wand und versuchte, noch ein wenig mehr dieses Gefühl zu halten.
Es war wirklich passiert. Sie hatte nicht geglaubt, dass es noch einmal passieren würde. Sie war sogar der festen Überzeugung gewesen, dass sie nie, nie, NIE wieder für irgendwen so etwas empfinden konnte. Jedesmal, wenn sie es versucht hatte, hatte sie sich wie eine Verräterin an Silanus gefühlt, schuldig und schlecht, was dieses Gefühl vollkommen erstickt hatte. Aber jetzt, im Moment, fühlte sie sich nicht einmal schuldig, wenn sie direkt an Silanus dachte. Sie schloss die Augen, sah seine grauen Augen, diesen letzten Blick, den er ihr zugeworfen hatte, dieser kurze Abschied, bevor er ihr seinen Namen gesagt hatte. Axilla lachte leise und schüttelte über sich selbst den Kopf, aber nur einen Moment, ehe sie dieses warme Gefühl zurück hatte.
Bei Venus, sie war verliebt. Und es war wundervoll, verliebt zu sein. -
Gut, das Gewicht vom Hammer und dem Beil und die Kraft, die man wohl brauchen würde, hatte Axilla vergessen. Daher kaute sie – mal wieder – auf der Unterlippe herum, als sie verlegen überlegte. Der Priester hatte sicher Recht, trotzdem fühlte sich Axilla, als würde sie zu wenig machen. Sie wollte ja so unbedingt, dass der Gott es annehmen würde, und mehr noch, dass er tun würde, worum sie ihn gebeten hatte.
“Ich denke, du hast Recht. Gibt es etwas, das Dis als Voropfer besonders schätzt? Öl? Honig?“ Axilla lag schon 'Blumen' auf der Zunge, aber das ließ sie doch bleiben, die Frage erschien ihr zu albern. Zwar war Plutos Gemahlin eine Frühjahrsgöttin, trotzdem konnte sie sich den Herrn der Unterwelt nicht mit Blumenkränzen vorstellen, beim besten Willen nicht. Aber der Priester hatte sicher noch irgendwelche Tipps für sie auf Lager, sie musste nur wissen, was sie fragen sollte.
“Und... hmm, also... ich müsste dann noch wissen, was es kostet...“ Der letzte Teil war Axilla etwas unangenehm. Sie hatte zwar durch ihre Betriebe schon ein klein wenig beiseite legen können, allerdings war sie kein Krösus. Und sie würde ungern jemand anderen fragen, damit der ihr Geld auslegen könnte. Nicht dafür. -
Besonders viel Ahnung hatte Axilla von den Collegien nicht. Aber natürlich wusste sie, dass es auch solche Beamte dort gab, die sich nur um die Verwaltung des Ganzen kümmerten. In etwa so, wie es Urgulania in Alexandria als Exegete tat. Genaue Abläufe interessierten sie dabei eher weniger, und ihre Gedanken waren ohnehin zu diesem Zeitpunkt schon viel zu sehr bei dem Spektakel und dem Tanz, als dass sie mit Piso da vernünftig hätte diskutieren können.
Ihr Herz schlug noch immer wie ein gefangener Schmetterling in der Brust, als Piso zu ihr herüberkam und sie fragte, ob er ihr zeigen sollte, wie sie es besser machen könnte. Verwirrt, aber nicht böse, schaute Axilla zu ihm hoch und legte leicht den Kopf dabei schief. Besser tanzen? Konnte man denn besser und schlechter tanzen?
Für Axilla war Tanz kein Ausdruck von Kunst, für sie war das reines Gefühl, ungebändigt, ungebremst. Die Musik spielte nicht neben ihr, sondern floss dabei durch ihren Körper hindurch, zog ihn mit sich, so lange sie sich nur treiben ließ. Es gab keine Regel, kein kosmisches Gesetz. Es war nicht der Ordnung unterworfen. Für Axilla war Tanzen etwas urtümliches, instinktives, das Chaos selbst, die Domäne von Faunus. Nicht Apoll mit seinen schönen Klängen, den mathematischen, geordneten Regeln und Bahnen.
Von daher verstand sie nicht, was es daran geben könnte, was man besser machen könnte. Gab es ein besser und ein schlechter beim Fühlen? Man fühlte, oder man fühlte nicht, man gab sich der Musik hin, oder man tat es nicht. Daher verwirrte sie die Frage ein wenig. Aber gleich darauf lächelte sie offen und ehrlich. Vielleicht war es ja nur seine Art, sie darum zu bitten, mit ihm zu tanzen? Immerhin war er Patrizier, da war er mehr Regeln unterworfen als ein Plebejer, auch wenn es da auch schon genügend gab.
“Ja, zeig es mir, Piso“, meinte sie also freudig und stellte sich direkt vor ihn hin, streckte ihm schon leicht die Hände entgegen, damit er sie ergreifen konnte, wenn er wollte. Axilla hatte keine Angst vor Berührungen, im Gegenteil. Eigentlich waren sie ihr sogar sehr wichtig, zumindest bei denen, die sie mochte, als müsse sie sich damit überzeugen, dass sie wirklich da waren. Und sie hatte beschlossen, Piso gern zu mögen. -
Ein ganz klein wenig verwirrt war Axilla schon, als der Ianitor sie nicht gleich hineinbat. Sie hatten sich doch wohl nicht etwa im Tag geirrt? Das wäre natürlich furchtbar peinlich, wenn nicht eine mittelschwere Katastrophe. Vor allem, nachdem sie sich erst so Mühe gegeben hatte, damit Leander einen Termin ausmachte.
Ihr griechischer Sklave aber war da sehr viel souveräner als seine etwas perplexe Herrin und verneigte sich leicht vor dem Mann, der ihn eigentlich wiedererkennen müsste – außer er hatte dieselbe Angewohnheit wie Leucos in Alexandria, so dass er Gesichter und Namen nach etwa 2 Sekunden wieder vergaß, als hätte er sie nie im Leben gesehen.
“Salve. Meine Herrin Iunia Axilla hat einen Termin bei Senator Decimus Livianus. Er hatte sie eingeladen, ihn aus Alexandria zu besuchen.“
Während Axilla durch die Zuversicht ihres Sklavens sichtlich entspannte und wieder zwischen freudig aufgeregt und nervös lächelnd schwankte, blieb Leander ganz ruhig und wartete einfach, dass der Ianitor sie hineinbitten würde, denn im Gegensatz zu Axilla war er sich sicher, dass es der richtige Tag war. -
Jetzt war es an Axilla, doch einmal ganz erstaunt zu schauen. Sie war ja wirklich weit ab von allem, was man als 'Gesellschaft' bezeichnen konnte, aufgewachsen, aber sogar sie hatte den Triumphzug damals als Kind mitbekommen. Es geschah ja nicht alle Tage, dass es in Tarraco einen Helden zu feiern gab – auch wenn einige ihm den Triumph neideten und seine Leistung dabei schmälerten. Trotzdem war das für Axilla so selbstverständlich gewesen, dass sie nicht einmal darüber nachgedacht hatte und deshalb jetzt einen Moment ganz verdattert dasaß.
“Der Stier von Tarraco? Das.. äh, das ist Maximus Decimus Meridius. Er hat Sertorius, den Schrecken Iberias, bei Septimanca und bei Utturae geschlagen und dafür vom Senat die Ehre eines Triumphzuges erhalten. As war... uff... vor zehn Jahren? Auf jeden Fall noch gar nicht so lange her, ich erinnere mich noch, dass Vater mich mit nach Tarraco genommen hat, und...“ Und kurze Zeit später doch noch gefallen war bei einer kleinen Revolte im Norden Hispanias, die noch als Nachbeben zu dieser ausgebrochen war. Axilla aber behielt eisern die Maske der Fröhlichkeit bei und wandte sich nur rasch dem Spiegel zu, um damit ihren Blick zu verstecken, und fuhr sich durch die frisch gekämmten Haare.
“Auf jeden Fall wohl der größte momentan lebende Decimer. Eine große Ehre für die Familie. Aber ich weiß gar nicht, was der jetzt macht, ob er noch Feldherr ist oder irgendwas anderes.“
Den Schlachtplan von Septimanca hätte Axilla wahrschienlich aus dem Stegreif runterrattern können, allerdings irgendwelche politischen Karrieren... das war etwas, das sie nicht verstand und sie sich daher auch nicht merken konnte.
“Ich kann ja vielleicht nachfragen, wenn ich Senator Decimus Livianus besuche? Jetzt bin ich irgendwie schon neugierig.“ -
Während der Priester erzählte, nickte Axilla immer wieder und kaute sich überlegend auf der Unterlippe herum. Sie hatte keine Ahnung von Rindern. Wenn eines nicht offensichtlich krank und dürr aussah, war es für ihre Begriffe gut. Aber das hieß ja noch lange nicht, dass es das auch war. Von daher war sie für jegliche Form von Rat da auch sehr dankbar, ebenso wie dafür, dass der Priester nicht viel nachfragte. Sie hatte sich schon auf ellenlange Erklärversuche eingestellt, weil sie konnte ja schlecht sagen, dass das Opfer zur Untermauerung eines Fluchs gedacht war.
“Ich wollte das Opfer recht bald machen. Also, so bald es der Tempel einrichten kann.“ So ein Ochse war ja kein Pappenstiel, und bei den vielen Festlichkeiten und Feiertagen im Dezember hatten bestimmt alle Collegien und Priesterschaften gut zu tun. Sie wollte ja auch nichts erzwingen, aber je eher Zeit gefunden würde, umso besser.
“Und, wenn es keine zu großen Umstände macht, würde ich den Ochsen dann über den Tempel beziehen. Mit versilberten Hörnern und Hufen, und infulae und vittae und dorsula.“ Axilla hätte dem Ochsen auch noch Schmuck umgehängt, wenn der Priester das für eine gute Idee gehalten hätte. Alles, solange Pluto das Opfer nur annehmen würde. Das war ihr das allerwichtigste. “Ich denke, ihr habt mehr Erfahrung damit, ein Tier auszusuchen, das dem Gott gefallen wird. Es soll nur pechschwarz und schön sein.“
Als der Priester dann meinte, sie könne dem Opfer in sicherem Abstand beiwohnen, sah Axilla schon etwas verwirrt drein. “Aber was mach ich dann überhaupt dabei? Ich denke, ich sollte schon irgendwas auch tun, immerhin will ich das ja opfern?“ Das war doch dann gar nicht mehr ein richtiges Opfer, wenn sie irgendwo im Hintergrund stand und eigentlich das ganze nur bezahlte? Ein bisschen mehr wollte sie schon tun, immerhin war es doch ein ziemlich persönlicher Gefallen, um den sie Dis Pater bitten wollte. “Wenn du fürchtest, ich könnte das nicht… also, ich hab keine Angst davor. Ist doch nur Blut.“ Axilla war vieles, aber ängstlich sicher nicht. -
Sim-Off: Und wie schon gesagt: Mach dir nicht so viele Sorgen
Schon okay
Auch Axilla fiel nicht weiter auf, dass Piso sie so vertraulich beim Cognomen genannt hatte. Überhaupt war sie jemand, der schnell vertraulich mit der Umgebung umging und darüber vergaß, dass es so etwas wie Stand und Rang gab, auf das man achten musste. Sobald erst einmal das erste Eis gebrochen war, fühlte sie sich frei und handelte dann auch dementsprechend, ohne groß darüber nachzudenken. Förmliche Titel und Anreden hinderten da nur. Vielmehr nahm sie seine Vertraulichkeit als Geste auf, dass sie selbiges auch tun konnte, und damit war alles in bester Ordnung.
“Priester? Weißt du schon, für welche Gottheit?“ Axilla war einfach neugierig. Auch ihre Cousine Serrana wollte Priesterin werden, sie hatte sich ja erst von ein paar Tagen im Bad mit ihr darüber unterhalten. Axilla konnte sich gar nicht vorstellen, wieso man so etwas machen wollen sollte. Es war nicht, dass sie sich vor dem Opfern ekelte oder ihr der Dienst etwas ausmachen würde. Sie sah nur den großen Nutzen dahinter einfach nicht. “Hast du denn dann noch genug Zeit, um das Gedicht zu schreiben?“Als Piso dann allerdings sagte, dass es wirklich Faunalia waren, war sowieso alles andere vergessen. Anstatt einer richtigen Antwort, ob sie hingehen und schauen sollten, bekam Piso nur einen Blick, der wohl nur von der Begeisterung eines kleinen Kindes noch getoppt werden könnte, und einen freudigen Hüpfer schon in die Richtung, der nur durch eine drehung gebremst wurde, ob er denn auch wirklich mitkam. Axilla lliebte die Faunalia. Sie liebte Faunus. Das war Freiheit, das war Leben, das war einfach tun und lassen, was man fühlte. Nichts mit strenger Zurückhaltung, Würde und Regeln, sondern Natur in ihrer wildesten und ursprünglichsten Form. Axilla liebte es einfach, weil sie darüber nicht nachdenken musste.
Kurzerhand griff sie nach Pisos Hand, ließ sie aber gleich erschrocken doch noch einmal los und schaute betreten zu ihm hoch. Sie erinnerte sich an einen anderen, grauäugigen Herren, der auf eine so plötzliche Annäherung sehr ungehalten reagiert hatte, und sie wollte denselben Fehler nicht zweimal begehen. “Tut mir leid. Wollen wir?“ gab sie ihm nun einen Wink und konnte die Vorfreude kaum verhehlen, dorthin zu gelangen. Die Pferde waren vollkommen vergessen.Insgesamt waren es drei Faune, die dort musizierten. Oder besser gesagt, die Männer hatten sich wie Faune geschmückt. Von oben bis unten war der Körper der Männer mit roter Farbe bemalt. Mit Kalkwasser war das Haar versteift und so wie Hörner auf dem Kopf eingedreht. Sie alle trugen nur grob gegerbte Schaf- und Ziegenfelle, die auch einiges der roten Farbe abbekommen hatten. Einer spielte eine Trommel, ein anderer Flöten. Der dritte tanzte und hüpfte und versuchte, die Leute ringsum in seinen Reigen zu bekommen und sie zum mittanzen zu animieren. Die umstehenden klatschten zwar im Takt mit und einige wippten sogar zur Musik, aber immer, wenn der Faun wild auf einen zusprang, um ihn zu packen und in die Mitte des Kreises zum Tanzen mitzuziehen, fuhren die meisten erschreckt und dann lachend zurück.
Axilla sah von einem Ohr zum anderen grinsend zu Piso hoch und lachte und klatschte auch mit. Verträumt schloss sie dabei die Augen und ließ sich einen Moment ganz von der Musik tragen, wiegte sich zu den erdigen Klängen der Flöte leicht hin und her, und merkte erst, dass der Faun nun bei ihr sein Glück versuchte, als sie seine Hände auf ihren Armen fühlte und den sanften Zug, mit der er sie zur Mitte bewegen wollte.
Verwirrt öffnete sie die Augen, sah die feuerroten Hände auf ihrer gebräunten Haut… und ging mit. Wie von selber folgte sie dem Faun wie im Traum, und ihre Füße fanden die Schritte des hüpfenden Tanzes. Und wo die meisten anderen Zuschauer sich erschreckt hatten, lachte sie einfach, während sie ausgelassen sich mit dem Faun im Kreis drehte, bis ihr schwindelig war und sie glückselig stehen blieb, während ihr Faun sich schon ein neues Opfer auserkor. Mit ganz verklärtem Blick sah sie zu Piso hinüber und war für einen Moment einfach nur voll der Euphorie des Moments. -
So, ich hab nun (wenns gur läuft) 6 Stunden Autofahrt vor mir, werde heute also wohl nicht mehr schreiben, morgen wohl auch eher nicht, übermorgen, wenn ich die Verwandten überfalle, wohl auch eher nicht, und Tags drauf hab ich auch wieder eine 6 Stunden Fahrt vor mir
Oder anders gesagt: Frohe Weihnachten -
Axilla nickte einmal, während sie dem Priester zuhörte. Gut, kein Tadel, kein Vorwurf, sondern direkt ein Vorschlag, mit dem Axilla auch etwas anfangen konnte.
“Nein, ich habe noch keinen gekauft. Ich dachte, vielleicht... könntest du einen Händler empfehlen, der besonders schöne Tiere hat, die dem Gott auch bestimmt gefallen? Ich würde dann die Hörner noch mit Silber verzieren lassen. Gefällt Pluto wohl sonstiger Schmuck?“
Axilla kannte ihn nur als grimmigen, wenngleich gerechten Herrn der Unterwelt, auch wenn es durchaus auch verspieltere und friedlichere Darstellungen des alten Gottes gab. Sie glaubte nicht, dass Dispiter großen Sinn für Humor oder Spielereien hatte, aber wer wusste das schon so genau? Sie auf jeden Fall nicht, aber vielleicht ja der Priester.
“Und ich wollte fragen, wie das ganze dann genau... also, ob ich dann selber... oder macht das der victimarius?“ Bei einem Kaninchen war das eine einfache und schnelle Angelegenheit. Ein Stich, und das Tier war tot. Vielleicht zappelte es noch kurz, aber da konnte herzlich wenig schief gehen. Aber bei einem Ochsen war schon jede Menge Platz, wo man etwas falsch machen konnte. Und nicht, dass dann ein wütender, da verletzter, Ochse den Tempel ramponierte. Das wäre wohl definitiv ein sehr schlechtes Omen. -
“Ja, sie hat wirklich Glück“, meinte Axilla lächelnd. Archias war wirklich ein toller Kerl, und sie konnte sich ganz ohne Eifersucht für ihn freuen. Und aus rein strategischen Gesichtspunkten wäre er sicher ein toller Fang. Aber sie liebte ihn eben nicht. Nicht ein bisschen. Sie hatte ihn als Freund unheimlich gern und vertraute ihm, aber sie hatte kein brennendes Gefühl der Leidenschaft, wenn sie an ihn dachte, oder sah ihn als Vater ihrer Kinder. Da war... nichts, nur Freundschaft.
Die andere Frage aber brachte Axilla zum nachdenken. Sie überlegte kurz, was sie eigentlich über Seiana so wusste. Doch im Grunde wusste sie so gut wie gar nichts über diese Frau. “Öhm... ich glaube nicht. Nicht, dass ich wüsste. Ich meine, sie war siene Nichte. Oder die vom Stier von Tarraco?“ Sie überlegte kurz. Von irgendwem wichtigen war Seiana die Nichte, aber von wem? Axilla hatte doch keine Ahnung von den decimischen Familienverhältnissen! “Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.“ Sie zuckte leicht hin mit den Schultern. -
Ruhe... wie sollte sie denn Ruhe finden? Axilla fühlte sich leer, einsam, aufgewühlt, zerschmettert, verzweifelt, aufgebracht, wütend, schuldig. Nicht ruhig. Ganz und gar nicht ruhig. Wie sollte sie also zur Ruhe kommen, wenn ihre Gedanken sich nur immer mehr und immer schneller drehten?
Und auch Archias laut geäußerten Gedanken verbesserten dieses Durcheinander nicht. Sie hatte doch auch keine Erklärung dafür, warum er das getan hatte. Für sie stand er nur als Schuldiger fest. Das wusste sie von ihrem Gefühl her, mit Logik konnte sie es nicht erklären. Daher konnte sie seine durchaus logischen Argumente auch nicht entkräften.Nach dem Kuss aber war es sowieso erst einmal bedeutungslos. Sie hatte gefühlt, dass er sie auch geküsste hatte, und sie hatte auch bemerkt, wie er sie wieder an sich gezogen hatte, als sie entschuldigend ein wenig von ihm abgerückt war. Er umarmte sie wieder, und er war warm...
Etwas unsicher schaute Axilla auf. Sie fühlte sich so einsam und leer. Und er war warm und sanft, und er roch gut und...
Sie schämte sich für ihre Gedanken, für die Erinnerung und die Bilder, die sie vor ihrem inneren Auge sah. Sie schämte sich, weil er ihr Freund war und sie das nicht einmal denken sollte. Sie schämte sich, dass sie nicht tugendhafter war. Sie schämte sich, weil sie wusste, dass er und Seiana sich liebten. Aber am meisten schämte sie sich, dass sie das alles beiseite schieben konnte und sich noch ein wenig mehr an ihn kuschelte.
“Caius? Ich....ich bin kein guter Mensch, glaube ich...“
Sie schaute mehr auf, ging mit dem Kopf ganz leicht vor, so das sie ihn einmal mit der Nase stupste. Ihr Blick verriet, was sie meinte, auch wenn er noch immer traurig war. “Können wir nicht...aufhören, davon zu reden... ein Weilchen?“ -
Es dauerte ein bisschen, bis sich Axillas Augen an das Halbdunkel hier drinnen gewöhnt hatten. Zwar war es um diese Jahreszeit generell etwas gedämpfter, aber hier drinnen schien es besonders duster zu sein. Wenn man Angst vor der Dunkelheit hatte, war dieser Tempel sicher sehr unheimlich. Axilla hatte keine, überhaupt fühlte sie sich seltsam ruhig und entschlossen. Sie hatte geglaubt, sie würde nervöser sein, aber wenn sie so darüber nachdachte, eigentlich fühlte sie sich nur noch immer leer.
Nachdem sie eine Weile da gestanden hatte und sich etwas suchend umgesehen hatte, kam ein Priester auf sie zu und fragte, ob er ihr helfen könne. Axilla lächelte nun doch ein klein wenig verlegen. Im Gegensatz zu Tempeln, Gottheiten und Dunkelheit, vor denen sie keine Angst hatte, erfüllten Priester sie immer mit einem leichten Unbehagen, zeigten die ihr doch meist sehr deutlich ihr eigenes Unvermögen auf. So auch dieser, obwohl er noch gar nichts gesagt oder getan hatte. Etwas unbehaglich strich sich Axilla einmal über ihren Unterarm, ehe sie zu sprechen anfing.
“Ich bin Iunia Axilla, und ich bräuchte etwas Hilfe bei einem Opfer.“
Axilla sah sich kurz um, als müsse sie sichergehen, ob nicht doch noch jemand hier war, den der Priester vielleicht noch vorziehen könnte, aber scheinbar war sie doch recht allein hier.
“Ich habe Dis einen schwarzen Ochsen versprochen, aber... also, ich hab nie etwas geopfert, was... so... groß war, und ich weiß nicht, wie... also...“ Axilla machte ein paar hilflose Handbewegungen beim Sprechen und hoffte, der Aedituus würde schon verstehen, was sie meinte und was sie von ihm jetzt wollte. “Bisher waren es meistens Vögel, oder Kaninchen, und... also, das ging ja allein, aber bei dem Ochsen geht das nicht, und... es soll perfekt sein.“
Es musste perfekt sein, das war das wichtigste überhaupt. Axilla wollte sichergehen, dass der Gott das Opfer annehmen würde. Und dafür brauchte sie definitiv die Hilfe von jemandem, der das schonmal gemacht hatte. -
Als Archias schaute, als wolle sein Unterkiefer am liebsten auf dem Boden aufschlagen, musste Axilla doch wieder lächeln. Manchmal war Rom wirklich nur ein Dorf. Und es war überhaupt verblüffend für Axilla, dass sie eigentlich hier alle kannte. Naja, fast, bis auf Pisos Schwester eben.
“Ja, er hat mir von seinem Gedicht vorgetragen“ petzte Axilla noch, allerdings mit fast schwärmerischem Unterton in der Stimme. Aber sie glaubte, sich revanchieren zu müssen, nachdem Archias sie ja auch bei Piso verpetzt hatte mit der Sache mit dem Gedicht für Seiana. Dass die gerade direkt daneben stand und Axilla nicht wusste, ob sie eigentlich wusste, wer das Gedicht ursprünglich geschrieben hatte, tat dem kleinen Schabernack keinen Abbruch.
Als Archias sie ansah und dabei neben sich auf die Kline klopfte, war Axilla richtig dankbar, denn die anderen Anwesenden schienen noch warten zu wollen. Sie setzte sich also, ehe es sich noch jemand anders überlegte, schnell neben Archias, und hatte auch schon einen Becher in der Hand, den ihr ein pflichtbewusster Sklave einfach aufdrückte. Nun, sie würde eben versuchen müssen, möglichst nur ganz klitzekleine Schlucke zu nehmen.Archi fragte noch nach der Überfahrt, und Piso wollte auf eben jene trinken. Axilla verzog einmal gespielt das Gesicht und sah zu Pompeius hinüber, der ja wusste, wie es ihr auf der Überfahrt ergangen war.
“Ich bin ja so froh, dass wir hier angekommen sind. Ich hab ja schon gedacht, ich sterbe noch, wenn das Schiff auch nur ein einziges Mal noch schaukelt. Mir war die ganze Zeit furchtbar schlecht. Ist immer noch so, ich muss nur von dem Schiff nachts träumen, und schon ist mir den halben Vormittag über von der Erinnerung allein übel. Wenn es nicht so lange dauern würde, ich würde den Rückweg über Land nehmen.“
Naja, das war vielleicht kein so tolles Tischgespräch, aber Archi hatte ja gefragt, und sie log ihn doch nicht an. Von daher sah sie Piso lächelnd an. “Aber darauf, dass wir hier heil angekommen sind, trotz der Widrigkeiten, trinke ich gern.“ Hauptsache in kleinen schlucken, und hoffentlich war das hier normaler Wein und nicht der Palmwein. Auch wenn Archias davon schwärmte, Axilla wollte ungern in Erinnerung bleiben, weil sie angefangen hatte, auf dem Tisch zu tanzen und zu singen.