Axilla konnte bei dem Thema wirklich absolut nicht mitreden. Sie hatte nie eine Großmutter gehabt, und sie war vollkommen anders aufgewachsen. Irgendwie... freier, wie sie mit einem seltsamen Anflug von Selbsterkenntnis bemerkte. Zwar hatten ihr Lehrer und ihre Mutter immer versucht, ihr Vorschriften zu machen, aber sobald ihr Vater dann daheim war, war das sowieso alles unwichtig gewesen. Dann war sie ohnehin nur an sienen Lippen gehangen und ihm hinterhergelaufen wie ein Hündchen. Und in der Zeit, in der er nicht da war, hatte sie sich ebenso wie der Wildfang benommen, den er an ihr so gerne mochte. Und nach seinem Tod, als Mutter krank war, war es auch wieder anders gewesen. Aber wirklich eine Person, auf die sie hatte hören müssen, weil sie so übermächtig über ihr war, das hatte Axilla nie gehabt. Bei Urgulania war das in gewisser Weise so, aber selbst da hatte sie ihre Freiheiten, die sie sich einfach herausnahm, ohne auch nur darüber nachzudenken. Genausogut hätte man dem Wind einen Befehl erteilen können wie ihr.
“Hmmhmm“ machte Axilla also nur unbestimmt, weil sie wirklich nicht wusste, was sie dazu hätte sagen sollen oder können.
Doch dann kam das Thema ziemlich schnell auf etwas weitaus interessanteres. Unbeabsichtigt hatte Axilla wohl den Anstoß gegeben, aber nun waren sie beim Thema: Männer. Auch wenn Axilla herrlich verpeilt meistens war, die Röte im Gesicht der Cousine hatte sie gesehen, und sie lächelte wie eine Füchsin, die einen Hasenbau entdeckt hatte.
“Naja, ich hab nicht vor, noch erhöhte Steuern zu zahlen, wenn ich mit zwanzig noch immer unverheiratet bin.“ Axilla wusste zwar nicht, wer sowas nachprüfte, aber es galt doch zumindest als sehr unschicklich, so alt und noch kinderlos und unverheiratet zu sein. Eigentlich hätte sie ja schon vier Jahre verheiratet sein sollen. Aber naja, das Leben kam halt anders, wie man dachte.
Doch dann wurde Axilla nochmal überrascht. “Mein Traummann?“ echote sie ein bisschen perplex, ehe sie mal so wirklich darüber nachdachte. “Öhm, ich weiß nicht. Er muss standesgemäß sein. Und häßlich oder grob darf er nicht sein. Oder arm. Und er muss erlauben, dass Vater in den Totenkult meiner Söhne aufgenommen wird.“ Letzter Punkt war eigentlich der einzig wichtige für Axilla. Ihr Vater hatte keine Söhne, die seinem Genius gedachten, die ihn an den Totenfesten ehrten und anriefen. Seine Seele sollte im Elysium gut verpflegt werden und nicht verschwinden im Nichts des Vergessens. Das war für sie das einzige, das wirklich von großer Bedeutung war und wo Axilla einmal religiös und abergläubisch war.
“Ich weiß nicht, ob ich von mehr träumen soll. Es heißt ja immer, man sollte besser nicht in seinen Mann verliebt sein...“ Axilla planschte wieder etwas verlegen im Wasser herum. Auch wenn das ganz bodenständig klang, es wühlte sie doch recht auf. Sie wusste, dass das die Antwort war, die sie geben sollte, und auch das, wonach sie sich letztendlich würde richten müssen. Und trotzdem war da dieses kleine Stimmchen, das das Gefühl des Verliebtseins kannte und genoss und nicht darauf verzichten mochte.
“Warst du schonmal verliebt?“ fragte Axilla also plötzlich und sah die Cousine erst fragend, und dann lächelnd an. Sie wäre vorhin doch nicht rot geworden, wenn es da niemanden gäbe, oder doch?