Beiträge von Iunia Axilla

    Auch, wenn sie es nie gedacht hätte, Axilla hatte sich letzten Endes wohl doch vollständig an das ägyptische Klima gewöhnt gehabt. Auch wenn es in Italia nicht so kalt war wie beispielsweise in Germanien, so hätte sie genausogut in 2 passus Schnee stehen können und nicht mehr gefroren als jetzt schon. So war die Einladung für ein heißes Bad mehr als nur willkommen.
    Axilla war noch schnell in ihr neu eingerichtetes Zimmer gegangen und hatte Leander bescheid gegeben. Der arme Kerl, der sein ganzes Leben in Alexandria verbracht hatte, fror noch erbärmlicher als sie, und sie hatte ihn angewiesen, sich was warmes anzuziehen und vielleicht bei den anderen Sklaven hier um Rat zuf ragen, was er machen konnte. Sie konnte ihn ja schlecht mitnehmen zum Baden, damit er sich auch aufwärmte. Serrana hätte dann sicher komisch geschaut.


    So traf Axilla kurz nach ihrer Cousine und nach ein bisschen Suchen in das Balneum und begrüßte ihre Cousine lächelnd.
    “Aah, hier ist es schon viel wärmer“, stellte sie erleichtert fest und begab sich dann auch zu einer Steinbank, um sich aus dem Kleid helfen zu lassen. Ihre Haut darunter war von der Sonne Ägyptens gebräunt, ihre Arme gegen den immer von Kleidung verdeckten und somit noch weißen Bauch fast dunkel. Aber auch die leicht gebräunten Beine verrieten, dass Axilla nicht immer zugeknöpft von oben bis unten herumlief. Sie selbst dachte sich dabei auch nicht das geringste, sie war ja nicht häßlich, und solange sie nicht nackt rumlief, konnte sie selbst an kurzen Tuniken bei einem alexandrinischen Sommer beim besten Willen nichts verwerfliches finden.


    Auch wenn ihre Haare sicher auch vertragen hätten, fein säuberlich gekämmt zu werden, verschob Axilla das lieber auf später. Erstmal wollte sie sich aufwärmen, und vor allem wollte sie nicht nackt oder nur mit einem dünnen Tuch bekleidet im Bad rumstehen.
    “Wollen wir?“ fragte sie also freudig Serrana und begab sich schon, ohne eine Antwort wirklich abzuwarten in das herrlich warme Wasser.

    Axilla war schlecht. Naja, eigentlich war ihr die ganze Zeit über übel gewesen, aber jetzt gerade war es wieder besonders schlimm. Sie stand an der Reling und hielt sich fest, hoffte, dass der Wind die Übelkeit wieder vertreiben würde. Eines stand fest, sie würde nie wieder mit einem Schiff fahren. Den Rückweg nach Alexandria nahmen sie über Land! Und wenn es ein Jahr dauern würde, aber das hier war eine Tortur.
    Imperiosus schien es ein bisschen besser dahingehend zu gehen, aber auch seine Stimme verriet, dass er über festen Boden unter sich alles andera als traurig sein würde. Axilla schenkte ihm ein Lächeln, auch wenn man ihr trotzdem noch ansah, dass es ihr alles andere als gut ging.


    “Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel. Ich bin dir dankbar, dass ich mitreisen durfte auf deinem... Schiff, aber... ich hoffe, ich muss nie wieder mit einem fahren. Ich bin froh, wenn wir an Land sind.“
    Ihr Blick glitt schon sehnsüchtig zu dem Gebilde, das Axilla als Hafenanlage vermutete. Bald würde sie wieder festen Boden unter den Füßen haben, und dann würde hoffentlich diese Übelkeit wieder vergehen.

    So plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit fühlte sich Axilla nicht wirklich wohl. Zum Glück hatte sie dank Urgulania genug gelernt, um es sich nicht anmerken zu lassen, und sie war ohnehin gerade schwer damit beschäftigt, sich selbst einzureden, dass sie eigentlich ganz tolle Laune hatte, um sich davon jetzt nicht einschüchtern zu lassen. Sie durfte nur nicht zu Silanus schauen, dann ging das schon. Irgendwie.


    “Aber das weiß ich doch“, log sie also charmant und lächelnd in der Hoffnung, ihrer Gastgeberin damit auch ein Stückchen Souveränität wiederzugeben und sie fröhlicher zu machen. Reichte ja, wenn sie sich fühlte, als wolle sie sterben, das mussten die anderen ja nicht auch. Auch wenn sie sich nach Außen hin wieder gefangen hatte.
    Dann wandte sie sich an ihren neuen Verwandten.
    “Ja, den Brief habe ich noch bekommen. Ich wollte dann eigentlich von Rom aus zurückschreiben, damit es auch was zu berichten gibt, aber das hat sich wohl erledigt. Eigentlich wollte ich ja schreiben, dass Senator Decimus Livianus mich eingeladen hat, aber das brauch ich ja gar nicht mehr.“


    Da fiel ihr ein, dass sie auf das mit dem Essen jetzt gar nicht so wirklich eingegangen war.
    “Oh, nein, Essen klingt gut. Ich wollte nur nicht, dass du dir sorgen machst, wenn ich gleich nach 2 Bissen satt bin. Ich hab die letzten 2 Wochen nur von einer Scheibe Schiffszwieback am Tag gelebt, weil mir ständig so übel war. Da ist das, was die Köchin macht, sicher hundertmal besser.“
    Auch wenn Axilla grade absolut gar keinen Hunger hatte. Wie immer, wenn sie aufgeregt und nervös war, hatte sie kein Bedürfnis nach Nahrung.
    “Ähm, mein Sklave Leander... öhm, wo steckt der eigentlich...?“ Axilla schaute sich um, konnte den treuen Griechen aber nicht entdecken. Entweder war er noch beim Gepäck, oder bei diesen kühlen Temperaturen hier irgendwo festgefroren. “Ach, egal. Der könnte beim Einrichten des Zimmers helfen. Der weiß ja, wo ich was haben mag. Wennd as geht. Und... ähm...“ Das war ihr ein wenig peinlich, aber ihr Kleid war wirklich etwas luftig für einen römischen November. “Wäre es arge Mühe, wenn man ein bisschen heizt? Mir ist irgendwie furchtbar kalt.“

    Leider hatte ihre Cousine nicht ihren Namen genannt, so dass Axilla weiter Rätsel raten musste. Aber vielleicht würde ihr ja gleich noch jemand den Gefallen tun, und ihre Cousine ansprechen, damit sie sie wenigstens nicht mit 'Cousine' anreden musste.
    Aber das war ohnehin erst Axillas zweitwichtigstes Problem. Ihr erstwichtigstes hatte sich offenbar von seinem schock schneller erholt als sie sich von ihrem und kam herüber. Er umarmte sie einmal kurz und fast kalt und hauchte ihr einen kleinen Kuss auf die Wange, und dann war er auch schon wieder einen Schritt zurückgetreten. Axilla schaute ihn nur noch immer verwirrt an.
    Er war so gefasst, so souverän. Sie hätte am liebsten heulen mögen. Nichts an ihm verriet auch nur einen Hauch Zuneigung, die nicht angebracht wäre. Oder Wut, die vielleicht noch da war. Da war... rein gar nichts. Und das war für Axilla das schlimmste überhaupt. Sie litt im Moment schlimmer, als sie geglaubt hatte, es noch zu tun, weil allein ihn zu sehen wieder jede Wunde aufreißen ließ, die ihre Gefühle für ihn ihrem Herzen geschlagen hatten. Sie hätte am liebsten ihre dignitas über Board geschmissen, nur um ihn einen Moment richtig in die Arme zu schließen, und verzweifelte an der kleinen Wahrheit, dass das nicht ging. Und er stellte ihr nur ihren neuen Verwandten vor.
    Axilla schluckte und schaute kurz zu Boden, um sich halbwegs zu fassen. Das hatte Brutus nicht verdient, dass sie ihn nicht ordentlich begrüßte. Komm schon, einfach lächeln. Du kannst das, du machst das oft, versuchte sie sich in Gedanken aufzuraffen.
    Sie räusperte sich kurz, und blickte dann lächelnd zu dem eben vorgestellten Hünen hinüber.
    “Salve, Salve, Iunius Brutus. Da wir jetzt verwandte sind, komm her, und lass dir einen Kuss geben, wie es sich unter Verwandten gehört.“ Was leichter gesagt, als getan war, denn Axilla musste sich ganz gehörig auf die Zehenspitzen stellen, um ihn auf die Wange zu küssen. Aber zumindest gab ihr das ein Stückweit ihre Fassung wieder, und jetzt konnte sie auch Serrana endlich vernünftig antworten.
    “Und wenn die Köchin sich soviel Mühe gegeben hat, dürfen wir wohl kaum ablehnen. Aber du musst mir verzeihen, wenn ich nicht wirklich Hunger hab. Die Reise über das Meer war furchtbar. Dieses ganze Auf und Ab, ich glaube, mein Magen wird auf Ewig beleidigt mit mir sein.“
    Und solange sie nicht zu Silanus hinüberschaute, wollte sie fast selber glauben, dass sie so unbekümmert war, wie sie gerade dahinplapperte.

    So richtig konnte Axilla sich nicht von Silanus Anblick losreißen, als ihre Cousine auf sie zukam und freudig ihre Hände ergriff. Sie musste wohl ein wenig dastehen, als sei sie versteinert, ehe sie sich etwas verwirrt an die Cousine wenden konnte. Sie lächelte, aber dem Lächeln fehlte der sonst übliche Überschwang. Sie war ganz offensichtlich ziemlich verwirrt und hatte jetzt nicht die Ruhe, es zu überspielen.
    “Chaire.. ähm, ich meine natürlich salve. Entschuldige, ich bin Ägypten wohl zu sehr gewohnt.Dann bist du die Tochter von...“ Sie musste kurz überlegen. Wer hatte gleich nochmal eine Tochter gehabt? Macro, oder Serenus? Sie riet einfach, um die Pause nicht zu lang werden zu lassen. “...Macro?“


    Ihr Blick aber suchte immer wieder den von Silanus. Er stand nur da, genauso erschreckt, wie sie selber. Vielleicht sollte sie lieber doch den Senator fragen, ob er ein Gästezimmer noch frei hatte? Oder... vielleicht war er ja auf der Durchreise, und es war nur für heute? Oder... vielleicht... nein, daran wollte sie nicht denken, daran durfte sie nicht denken.

    Das Haus hier war anders als das in Alexandria. Irgendwie... kleiner, wie Axilla bemerkte. Was hauptsächlich daran lag, dass in den südlichen Gefilden die Räume möglichst luftig gehalten worden waren, damit die Mittagshitze erträglich war, während das hier nicht gar so nötig zu sein schien. Dafür hatte das hier definitiv mehr Einrichtung. Axilla musste sich zusammenreißen, dem Ianitor wirklich ins Atrium zu folgen und nicht irgendwo stehenzubleiben, um sich die verschiedenen Wandmalereien oder Vasen anzuschauen.
    Und kälter war es hier, wie sie bemerkte. Sie rieb sich immer wieder über die nackten Unterarme, um sie etwas mehr aufzuwärmen. Ihre Kleidung war samt und sonders nach der alexandrinischen Version römischer Mode geschnitten, so dass sie ebenfalls etwas luftiger war, als diese Breitengrade es um diese Jahreszeit wohl erlaubten.


    Aber all das war vergessen, als sie ins Atrium trat. Axilla war ja schon nervös gewesen, wie ihre Verwandten sie aufnehmen würden und hatte sich von einem herzlichen Willkommen bis zu einem Hinauswurf auf dem Weg hierher alles ausgemalt. Aber mit der Situation hier hatte nie nicht gerechnet.
    Da war eine junge Frau, etwa in ihrem Alter vielleicht, die sie nicht kannte. Bei ihr war noch ein soldatisch aussehender Hüne, der ihr ebenfalls gänzlich unbekannt war.


    Und Silanus.


    Wie vom Blitz getroffen blieb Axilla im Eingangsbereich des Atriums stehen und schaute nur zu ihrem Vetter hinüber, unfähig, irgendwas zu sagen oder sich zu bewegen. Der Ianitor würde sie wohl ohnehin gleich ankündigen, aber soweit dachte Axilla gar nicht. Warum ist er hier? schoss ihr durch den Kopf, und sie war sich nicht sicher, ob sie sich freuen sollte oder lieber nicht.

    Axilla hatte sich schon auf eine ähnlich harsche Begrüßung wie seinerzeit in Alexandria eingerichtet gehabt. Noch immer klingelte das 'was du wollen?' von Psammytichus in ihren Ohren nach. Aber der Ianitor hier war ein wirklich gastfreundlicher und netter Mann, der sie sofort hereinbat, einfach so. Sie hätte ja auch lügen können – naja, wenn sie nicht sie gewesen wäre und lügen könnte – aber der Mann wollte sie gleich vorstellen.
    Axilla schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und trat über die Türschwelle in das Haus.
    “Wärst du so nett und lässt mein Gepäck noch reinbringen?“ meinte sie noch höflich mit einem Blick auf die Truhen. Danach folgte sie dem Mann ins Atrium, nicht ahnend, welche Überraschung dort auf sie wartete.

    Es dauerte nicht lang, bis die Tür sich einen Spalt öffnete. Axilla holte schon Luft, um doch selber zu antworten, als Leander, gewissenhaft und standesbewusst, einfach schnell dazwischenplapperte, ehe seine Herrin es wieder übereilte.
    “Dies ist Iunia Axilla aus Alexandria. Sie wünscht, ihre Verwandten zu besuchen.“


    Axilla stand im Hintergrund und lächelte zwischen schüchtern und neugierig dem Ianitor entgegen. Just in diesem Moment nämlich fiel ihr ein, dass sie sich ja gar nicht angekündigt hatte und hier in Rom auch gar niemanden kannte. Merula hätte sie gekannt, aber der war ja jetzt in Alexandria. Wer wohnte hier in Rom überhaupt? Sie hatte wirklich keine Ahnung und nahm sich vor, sich irgendwannmal etwas mehr mit den verschiedenen Familienmitgliedern außeinanderzusetzen. Aber erstmal musste man sie reinlassen.

    Wie schafften die Römer das nur die ganze Zeit über? Von Ostia nach Rom war es nicht weit gewesen, dennoch hatten sie dort eine Nacht in einer Taverne verbracht, ehe es nach Rom ging. Axilla war nicht wirklich böse darum, denn als sie von Bord gegangen war, hatte sie geschwankt, als hätte die Erde schlimmen Seegang. Und ihr war nur noch Dauerübel. So schlimm hatte sie es von der Hinreise nicht in Erinnerung gehabt. Sogar ihre Blutung war ausgeblieben, was Axilla aber nicht weiter beunruhigte. Da hatte sie die Konstitution ihrer Mutter leider geerbt, so dass das unter schlimmem Stress schonmal passierte. Und die Überfahrt zählte für ihren Körper definitiv unter sehr schlimmen Stress.
    So war sie dankbar gewesen, noch einen Tag ausruhen zu können – und vor allem, baden zu können in einer richtigen Therme! Von oben bis unten hatte sie sich abschrubben lassen, so dass sie sich wieder wohl und sauber fühlen konnte. Und dann war es nach Rom gegangen mit einem Wagen. Es war nun nicht eine vornehme Reisekutsche, aber es ging über die Straße vorwärts. Am liebsten wäre Axilla ja geritten, aber sie hatte den entsetzten Blick von Leander gesehen, als sie ihm ihre Idee zugeflüstert hatte, und das dann ihm zuliebe wieder verworfen.


    In Rom angekommen – und nachdem der erste Anfall von aufgeregter Heiterkeit vorüber war und Axilla wieder in den Bereich der Ansprechbarkeit heruntergekommen war – kam dann aber eine Überraschung. Wegen der Regulierung des Straßenverkehrs durften tagsüber keine Wagen in der Stadt fahren. Keine Viehgespanne in der Stadt, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Axilla schaute erst ihren Kutscher, dann die Stadtwache an, als wollten die beiden einen Scherz mit ihr treiben. Aber das war wohl wirklich deren ernst, und die drei Truhen mit Gepäck mussten auf einen sehr viel kleineren Handkarren umgeladen werden, den ein Sklave – nicht Leander, einer von dem Fuhrmann – hinter ihnen her über die holprige Straße zog. Seltsame Sitten in Rom, fand Axilla, aber nungut. Dafür war sie hier! Im Zentrum der Welt! In der größten Stadt des Reiches! Da störte der Fußweg auch nicht weiter.


    Dennoch dauerte es lang, bis das Haus letztendlich gefunden war. Wo in Alexandria alles doch geradlinig und geplant war, ging hier vieles scheinbar kreuz und quer. Axilla war froh, dass sie den Fuhrmann bezahlt hatten, denn allein hätte sie sich sicher hoffnungslos verlaufen. So aber stand sie vor der Porta und drückte dem Mann noch ein paar Münzen in die Hand, der sich murrend davonmachte und Axilla, Leander und die Truhen vor der Tür zurückließ.


    “Leander...?“ Axilla sah ganz aufgeregt zu ihrem Sklaven hinüber, der noch verlorener als seine Herrin wirkte. Und dem ganz offensichtlich kalt war.
    “Herrin? Soll ich klopfen?“
    Axilla wollte ja sagen, und der Anstand gebot das sicherlich auch, aber andererseits wollte sie nicht als Feigling gelten und hämmerte so im Überschwang der Nervosität selber dreimal laut gegen die Porta. “Schon gut, aber anmelden darfst du mich gleich, wenn die Tür aufgeht.“
    Dass Axilla ganz vergessen hatte, ihren Verwandten hier auch nur ein Sterbenswörtchen von ihrer Ankunft vorher zu schreiben, hatte die Iunia auch jetzt nicht in ihren wirren Gedanken.

    Das war so langweilig hier! L-A-N-G-W-E-I-L-I-G! Ihre Bücher hatte sie jetzt auch schon alle durch.
    Missmutig warf sich Axilla auf ihr Bett und starrte die Decke an. Der Matrose eben hatte sie wirklich verärgert. Das passierte wirklich selten, aber dieser Mensch hatte es geschafft. Nicht genug, dass sie bei den ganzen, vielen Würfelspielen nicht mitspielen durfte, nein, jetzt fingen die Matrosen auch noch an, mit ihr Spielchen zu spielen.
    Axilla lag einfach nur auf dem Rücken und starrte zur Decke hoch. Ihr war schon wieder so flau im Magen, aber im Moment ging es noch. Sie hatte ja auch nichts mehr, was hätte herauskommen können, davon mal abgesehen.
    Warum musste Rom nur so weit weg sein? Am Anfang klang das noch nach Abenteuer, aber mittlerweile wollte Axilla nur noch, dass die Reise vorbei wäre. Da nützte auch die Aussicht, dass es in drei Tagen wirklich so weit sein würde, herzlich wenig. Sie wollte jetzt da sein, jetzt. Ihr war so langweilig hier. Leander schlief schon, und sie konnte ja schlecht um diese Uhrzeit hinüber zu Imperiosus, und ihn wecken, nur, um sich mit ihr zu unterhalten. Dass der oben saß und spielte, konnte sie ja nicht ahnen.

    Von den Betrunkenen – Gäste wie Schiffsbesatzung – bemerkte Axilla ncihts. Sie trank nichts und winkte immer ab, wenn ihr jemand doch einen Becher aufdrücken wollte. Jedes Mal, wenn sie Alkohol getrunken hatte im letzten Jahr, war sie anschließend mit einem Mann im Bett gelandet. Das wollte sie hier auf dem Schiff tunlichst vermeiden. Und wie immer, wenn sie etwas vermeiden wollte, blendete sie alles, was damit zusammenhing, schlicht und ergreifend aus. So bemerkte sie nicht die Lieder, die die Männer sangen, noch die paar Gestalten, die etwas mehr torkelten, als der Seegang eigentlich gebot. Sie war einfach glücklich, eine ruhige Nacht zu erleben und betrachtete die Sterne.
    “Cassiopeia...“ hauchte sie gerade heraus, während sie das große W nachzog. Sie erinnerte sich an ihren Spaziergang mit dem Octavier im Paneion und sah sich um. Dort war Orion mit den drei hellen Sternen in seinem Gürtel und dem leuchtenden Stern an seiner Schulter, Beteigeuze, und dort, etwas weiter mittig, war die große Bärin. Axilla lächelte und fuhr mit ihrer Hand die Linie zwischen Cassiopeia und dem großen Wagen nach. Und dort, in dem schwarzen Nichts... “Genau da ist Norden...“
    Sie ließ sich zurücksinken gegen die Taue und schaute einfach nur hinauf in das schwarze Nichts zwischen den Sternen und war für den Moment einfach nur glücklich. So hätte die Zeit ruhig stehenbleiben können, und sie hätte es nicht traurig gefunden. Doch die Zeit blieb leider nicht stehen, und allzu rasch kam doch jemand in ihre kleine Welt hereingestolpert. Ein Matrose, um genau zu sein, der ihr einen komischen Wink mit dem Kopf gab. Axilla schaute ihn nur fragend an, und der Mann wiederholte die Geste. Aber auch jetzt verstand sie nicht und zuckte nur die Schultern. Dann machte er ein doch recht eindeutiges Zeichen mit seiner flachen Hand auf seiner Faust, und Axillas Augen weiteten sich entsetzt. Wütend schüttelte sie den Kopf und rappelte sich von ihrer Position auf. Der Kerl hatte doch nicht mehr Amphoren auf dem Regal, wenn er glaubte, sie würde mit ihm hier auf dem Schiff ein Schäferstündchen halten.
    Sie gab nur einmal einen kurzen Laut von sich, als sie sich schüttelte, als wäre jemand über ihr Grab gelaufen, und stapfte dann wieder zu ihrer Kabine zurück.

    Das Meer war stürmisch um diese Jahreszeit, wie auch Axilla zu ihrem Leidwesen feststellen musste. Die Wellen waren hoch und das Meer grau, und häufig mussten sie unter Deck bleiben und durften nicht hinaus. Trotz des Tees, den Imperiosus ihr angeboten hatte, war ihr ständig übel. Schließlich hatte sie nichts mehr gegessen, weil ohnehin alles postwendend wieder herauskam und sie sich anschließend noch elendiger fühlte als davor. So ernährte sie sich eigentlich nur von einer oder zwei Scheibchen Schiffszwieback am Tag und Wasser, was ihr aber ansonsten nicht viel auszumachen schien. Lediglich das Eingesperrtsein unter Deck schlug ihr doch sehr aufs Gemüt, so dass sie verhältnismäßig ruhig war.


    Doch heute war es anders. Der Wind hatte sich fast vollständig gelegt und es hatte aufgeklart. Das Meer lag ruhig da, so dass das Schiff nur ganz leise schaukelte und man das Rollen und Ächzen der Balken im Schiffsbauch deutlich hören konnte, während es sich knarrend und langsam durch die Wellen schob. Die Sonne war schon lange untergegangen, aber Axilla konnte nicht schlafen.
    Sie waren schon fast in Italia, hatte der Kapitän gestern gesagt. Noch zwei oder drei Tage, und sie würden die südliche Spitze des Landes erreichen, und dann nochmal zwei Tage, und sie wären in Ostia angekommen. Lange würde es also nicht mehr dauern. Dann war sie tatsächlich in Rom!


    Leise stieg Axilla aus ihrem Bett. Sie hatte nur eine kurze Tunika an, aber das störte sie nicht. Ihre Haare waren zu einem einfachen Pferdeschwanz lässig im Nacken zusammengefasst. Barfuß schlich sie über die knarzenden Bodendielen und öffnete leise die Tür. Die anderen Passagiere schliefen sicherlich schon, und sie wollte niemanden wecken. Wie ein Schatten huschte sie den kurzen Gang entlang und nach oben auf Deck.
    Die Matrosen, die heute nacht ihren Dienst versahen, schauten sie fragend an. Ein Finger auf den Lippen und ein leises “Shh“, begleitet von einem strahlenden Lächeln ließen die Männer aber nur lächelnd den Kopf schütteln und ihrer Arbeit nachgehen. Von ihrem etwas aufgedrehten, jungen Gast hatten sie schon ein wenig mitbekommen, so dass dieser nächtliche Ausflug nicht weiter wunderte. Vor allem, wenn man bei der Gelegenheit auch noch gebräunte, lange Mädchenbeine und nackte Füße bewundern durfte, drückte man(n) gerne mal ein Auge zu.
    Axilla jedoch kümmerten die Blicke nicht. Sie bemerkte sie nichtmal. Ihr Ziel war der Bug, wo einem der ganz leichte Fahrtwind frisch um die Nase pfiff. Sie saß dort vorne gerne auf der Taurolle, die erst wieder in Ostia gebraucht werden würde, um das Schiff am Pier festzumachen. Und auch heute setzte sie sich auf das dicke, gerollte Hanfseil und schaute hinauf in den Himmel.
    Es war Neumond, so dass es sehr dunkel war. Hier vorne blendete das Licht vom Heck des Schiffes, wo der Steuermann stand, nicht mehr, und man sah den nachtschwarzen Himmel wie ein Samttuch über sich. Die Sterne waren so hell, Axilla streckte einmal verspielt den Arm aus, als wolle sie sie berühren. Verträumt zeichnete die Sternbilder leicht nach, die sie kannte und genoss einfach das klein bisschen Freiheit, das sie hier für den Moment gefunden hatte.

    Axilla winkte der Stadt, die nun seit über einem Jahr ihr zuhause gewesen war. Sie winkte allen, ihren Sklaven, die dem Schiff noch nachschauten, den Hafenarbeitern, die sie sowohl als fröhliche, Abenteuergeschichten erzählende Helden erlebt hatte, als auch als rasenden Mob. Sie winkte den Häusern, von den einfachen Hütten über die tausend bunten Stände am Xenai Agorai, bis hin zu den herrschaftlichen Villen, vornehmen Tempeln und dem Hort des Wissens, dem Museion. Sie winkte dem Paneion mit seinem Tiergarten, den Philosophen und den Taugenichtsen. Sie würde sie alle vermissen, sie vermisste sie ja jetzt schon. Und dennoch lachte sie, vor allem, da nicht wenige der Leute zurückwinkten ohne besonderen Grund. Und ein ganz klein wenig, weil der römische Gesandte, der gekommen war, um die Aufstände in Alexandria zu untersuchen, genauso ausgelassen wie sie neben ihr stand und genauso winkte. Vielleicht hatte er ja auch ein wenig von der alexandrinischen Leichtigkeit des Lebens abbekommen.


    Das Schiff legte ab, und die Stadt wurde hinter ihnen immer kleiner, bis sie nur noch ein Flimmern vor der hellen Wüste im Hintergrund und den grünen Feldern am Nil war. Einzig der Leuchtturm war noch lange zu sehen.


    Sim-Off:

    Bin dann mal nach Italia gemeldet :)

    Das hieß, sie würde zwei Wochen lang kaum etwas essen und ihr würde dauernd schlecht sein. Aber sie würde Rom sehen! Axilla war viel zu aufgedreht, um sich über die negativen Auswirkungen der Reise Gedanken zu machen.
    “Ich glaube, dann hätte ich mir mehr Bücher mitnehmen sollen, das ist ja doch eine ganz schön weite Reise“, lachte sie. Sie konnte kaum erwarten, dass es losging.
    “Wollen wir dann wieder auf Deck gehen und warten, bis der Kapitän da ist? Ich würd gerne winken, wenn wir abfahren.“ Auch wenn es albern war, standen doch ohnehin nur ein paar Sklaven von ihr dann an Land, und immerhin kam sie in einem halben Jahr auch wieder zurück. Trotzdem wollte sie sich richtig verabschieden dann.
    Außerdem gab es hier unten nichts weiter zu tun, und Axilla war zu aufgedreht, um jetzt still dazusitzen und einfach nur zu warten. Sie musste irgendetwas tun, sonst würde sie vor Spannung noch platzen.

    Zwei Tage vor der Abreise kam ein Sklave noch zum Cursus Publicus. Axilla hatte vergessen, Merula am Morgen den Brief mitzugeben, so musste es eben so gehen.
    Der Sklave legte also den Brief und die 10 Sesterzen wie üblich auf den Tisch und machte sich dann auch schon wieder auf, seiner in den letzten Tagen etwas sehr aufgedrehten Herrin wieder beim Packen zu helfen.




    Ad
    Marcus Decimus Livianus
    Casa Decima Mercator
    Roma



    Salve Decimus Livianus,


    mit Freude habe ich deine Antwort auf meinen Brief gelesen. Ich freue mich wirklich sehr über die Einladung und nehme diese wahnsinnig gerne an. Um ehrlich zu sein, ich kann es kaum erwarten, die Ewige Stadt mit eigenen Augen zu sehen.


    Wie der Zufall es so will ist gerade auch ein Gesandter der Kanzlei in Alexandria, Pompeius Imperiosus. Er war so freundlich, mir anzubieten, dass ich auf seinem Schiff mit ihm mitreisen darf, wenn er mit seinem Auftrag hier fertig ist. Heute kam ein Boote, der meinte, er wäre nun so weit, so dass ich kommen kann.
    Ich hoffe, ich überfalle dich jetzt damit nicht. Die Abreise ist jetzt vermutlich doch etwas kurzfristiger, als du das eingeplant hast. Allerdings dachte ich, ergreife ich die Gelegenheit gleich beim Schopfe und reise so kostenlos mit.


    In Rom werde ich denke ich aber im Haus meiner Familie wohnen. Es sähe doch komisch aus, wenn ich bei dir wohne, obwohl meine gens ein eigenes Haus in der Stadt hat? Ich hoffe, das ist ebenfalls so in Ordnung für dich.


    So, ich werde auch gleich weiterpacken, und dann in drei Wochen wohl bei dir in Rom eintreffen. Achja, ich habe Pompeius Imperiosus versprochen, dass ich ihn zum Dank dir vorstelle, wenn wir in Rom sind. Ich hoffe, ich habe mir da nun nicht zuviel herausgenommen, ihm das zu versprechen.


    Vale


    [Blockierte Grafik: http://img509.imageshack.us/img509/3392/axillaunterschrph0.gif]


    Sim-Off:

    Gebühr bezahlt

    Ein ganz klein wenig unheimlich war es hier unten im Schiffsbauch schon, aber Axilla war viel zu aufgeregt, um deswegen auch nur ein Fünkchen Angst zu verspüren. Neugierig öffnete sie die schmale Tür, die ihr Domizil der nächsten Tage vom Rest des Schiffes abschirmte.
    Überrascht betrat Axilla den Raum. Da war eine Koje, in der man sich wohl bequem hinlegen konnte, und ein festgenagelter Tisch. Und dann war da ncoh ein bisschen Platz, so dass man sogar zu zweit in dem Raum würde stehen können. Strahlend kam sie wieder zur Tür und schaute Imperiosus ganz verzückt an.
    “Das ist ja riesig! Und für mich ganz allein? Als ich von Tarraco hierher gekommen bin, hatten wir alle gemeinsam einen Raum im Schiffsbauch. Der war natürlich größer, aber da haben wir mit zwanzig Leuten geschlafen.“ Axilla plapperte einfach drauf los und schaute dabei immer wieder in den Raum zurück. Sie war wirklich beeindruckt. “Naja, es war nicht so schlimm, ich war die meiste Zeit sowieso auf Deck. Iason meinte, das sei gut wegen der frischen Luft und so, damit mir nicht dauernd so schlecht ist. Also, Iason war der Libertus, der mich begleitet hat, ich konnte ja nicht ganz allein reisen.“ Noch mehr Geplapper, gefolgt von einem freudigen Strahlen, und einem schüchternen Erröten, als Axilla es merkte.
    “Tut mir leid, ich bin nur so aufgeregt! Wann werden wir denn lossegeln? Und wie lange dauert es denn nach Rom?“
    Axilla wollte am liebsten sofort da sein. Es war so spannend, allein die Vorstellung, sie würde die Ewige Stadt sehen!

    Axilla versuchte, sich eine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Überhaupt war das Reisen sowieso viel zu aufregend, und die Zeit auf dem Schiff noch lang genug, da gab es keinen Grund, enttäuscht zu sein. Am Ende hatte sie alles in einer Stunde gesehen und würde die nächsten zwei Wochen auf See dann nichts spannendes mehr finden.


    Und so war natürlich Imperiosus' Vorschlag auch ganz wunderbar. “Ja, sehr gerne.“
    Ohne sich irgendwas dabei zu denken, hakte sie sich einfach bei dem gesandten unter und wartete, dass er sie schon zu ihrem Eckchen vom Schiff führen würde, während sie noch fasziniert einigen Matrosen hinterherschaute, die damit anfingen, Taue aufzurollen.

    Gut, er fragte nicht nach. Eigentlich sollte sich Axilla schon daran gewöhnt haben, dass ohnehin nie jemand nachfragte, aber dennoch verspürte sie jedesmal diese innere Anspannung und Abwehrhaltung, wenn das Gespräch auf ihren Vater kam. Sie wollte nicht darüber reden, und ihre Körpersprache trug das wohl auch nach außen, so dass nie jemand auf die Idee kam, sie dazu zu zwingen.
    Was er allerdings nicht auf sich beruhen ließ, war die Sache mit dem Versprechen. Axilla lachte leicht, so dass es sich echt anhörte, und versuchte ein wenig, ihre Hände aus seinem Griff zu lösen. Nicht wirklich stark, denn sie merkte, er hielt sie fest, und sie wollte es nicht zu auffällig machen.
    “Natürlich begleite ich dich noch zum Eingang. Wir sind doch Freunde.“
    Sie sah noch einmal verlegen weg. Es war nicht, dass sie wirklich ein Problem damit hatte, es zu versprechen, es klang nur so... so... ernst. Und ernste Themen waren solche, die Axilla gerne vermied, da sie ihren Verstand nur auf andere, ernste Dinge lenkten, die sie lieber vergessen wollte. Doch hier ging das wohl nicht.
    “Das ist dir wichtig, oder?“ fragte sie einmal unsicher zu Archias wieder aufschauend und kaute sich etwas verlegen auf der Unterlippe herum. Sie senkte einmal den Blick, wie als ob sie sich wieder in eine Ausflucht begeben wollte, sagte dann aber recht gefasst für ihre sonstige Art: “Ich geb gut auf mich acht, versprochen. Und wenn es etwas gibt, das größer ist als ich, so dass ich es nicht tragen kann, werde ich um Hilfe fragen.“
    Sie schaute nochmal kurz und ungewöhnlich ernst auf, ehe sie wieder ihr Lächeln fand und sich kurzerhand auf die Zehenspitzen stellte, um Archias noch einen kurzen, sanften Kuss zu geben. “Und ich werd dich vermissen, Caius.“ Und zum ersten Mal sprach sie ihn mit dem Vornamen an, nur um dann wieder lächelnd und als wäre nichts gewesen Richtung Tür zu schauen. “Wir müssen dann wohl.“

    “Niemals! Dafür siehst du viel zu gut aus“ scherzte Axilla auf seine Frage nach dem Politiker, sah ihn dabei aber mit diesem Blick aus grünen Augen an, der es fast doch wieder ernst gemeint wirken ließ. “Wenn du mal alt und grau bist, dann vielleicht“, fügte sie noch ebenso frech an und richtete die nächste Falte.


    Bei seiner Bemerkung mit der Rüstung aber stockte sie noch einmal kurz und war schon eine Sekunde am Überlegen, ob sie es ihm einfach erzählen sollte, als er ihre Hände einfing und festhielt. Er sah sie so ernst an, als er dieses Versprechen von ihr forderte, dass Axilla im ersten Moment gar nicht wusste, was sie sagen sollte. Machte er sich denn Sorgen um sie? Ihr Blick flackerte etwas, dann schaute sie wieder zu dem Stoff des Überwurfes.
    “Ähm, mein Vater war Soldat. Tribun, in Hispania. Ich hab ihm oft geholfen, die Rüstung daheim abzulegen, als ich noch klein war...“ erzählte sie plötzlich und versuchte damit, etwas abzulenken. Auch wenn ihrer Stimme anzuhören war, dass das Thema für sie auch nicht unbedingt einfach war, und Archias ja seit dem Essen damals mit Duccia Venusia und Aelia Germanica ohnehin wusste, dass ihr Vater gestorben war.
    Ganz vorsichtig schaute Axilla wieder auf und hoffte, dass damit seine Sorge ausgeräumt war

    Axilla sah Archias kurz hinterher, als er lostaperte, um sich anzuziehen, und tat es ihm dann mit einem leichten aufseufzen gleich. Der Schweiß ihrer Haut war zwar getrocknet, allerdings wäre ein Bad dennoch nicht schlecht gewesen. Vor allem, wenn sie daran dachte... Archias hatte sich nicht zurückgezogen... nein, lieber nicht darüber nachdenken, nicht jetzt.
    Axilla stieg also flink aus dem Bett und suchte ihre Sachen wieder zusammen. Die örtliche Mode war zu Frauen da etwas gnädiger, denn sie schlüpfte nur schnell in ihr Kleid und machte die Spangen an den Schultern wieder fest. Oder besser gesagt, eine Spange, denn irgendwie fehlte die zweite. Axilla legte also erstmal den Gürtel an und suchte dann die zweite Silberspange, als Archias sie auch schon gefunden hatte. Mit einer Hand hielt sie also erstmal nur den Stoff auf ihrer Schulter, als der Aelier sich auch schon zerknirscht umdrehte und ihr die zerbrochene Spange präsentierte.


    Axilla versuchte, streng zu schauen, aber sie musste kichern. Er stand da vor ihr, mit zerknitterten Sachen und kaputter Fibel, und schaute drein wie ein Hundewelpe. Lachend nahm sie ihm die Spange ab und umarmte ihn einfach, drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange.
    “Dann nehm ich einfach eine andere. Du willst gar nicht wissen, wie viele von den Dingern ich schon kaputt gemacht habe.“
    Sie ging leicht hüpfend zu ihrem Tischchen, streichelte wie immer im Vorbeigehen unbewusst über den Truhendeckel mit der Rüstung ihres Vaters und fand nach kurzem kramen in ihrer geheiligten Unordnung auch schon eine andere Spange, die dann kurzerhand hergenommen wurde.


    Noch immer lächelnd drehte sie sich zu ihm um und legte den Kopf leicht schief. “Du siehst irgendwie zerknautscht aus“, meinte sie frech und war auch schon wieder bei ihm, um an seinem Überwurf herumzuzupfen, damit es nach was aussah. “Das ist ja komplizierter als bei einem Kleid. Das nächste Mal ziehst du eine Rüstung an, die schnürt man einfach nur hier“ und sie fuhr frech und fast ein wenig kitzelnd über seine Seite “und ist fertig.“
    Als sie bemerkte, was sie gesagt hatte, stockte kurz ihre Bewegung, und ihre Wangen wurden wieder etwas röter. Erschrocken blickte sie kurz zu ihm herüber, und dann, als wäre nichts gewesen, wieder auf die Falten des Überwurfs. Vielleicht hatte er es ja einfach überhört oder wusste, wie sie es gemeint hatte. Auch wenn Axilla grade selber nicht sicher war, wie sie das gemeint hatte.