Beiträge von Iunia Axilla

    Als Archias die Parther erwähnte, schaute Axilla einen Moment fast vorwurfsvoll. Aber nur fast, denn von den Sätzen davor war sie noch viel zu sehr damit beschäftigt, verlegen zu lächeln. Zwar sagte er das bestimmt nur so, dass er sie heiraten würde, wenn er nicht schon fast vergeben wäre, aber natürlich schmeichelte das Axilla doch sehr. Doch dann klang er mit einem Mal ernst, als er meinte, dass sie auf sich aufpassen sollte, und Axilla wurde auch ein wenig ernster – was bei ihr hieß, sie strahlte nur noch wie die Sonne und nicht mehr wie ein Honigkuchenpferd und legte dabei den Kopf leicht schief.
    “Ich werd Leander mitnehmen, und die Iunii haben in Rom ja auch eine eigene Casa, wo ich wohnen werde. Ich verspreche dir, dass ich auf mich aufpasse.“ Das Versprechen ging Axilla so leicht wie alles andere von den Lippen, auch wenn sie das durchaus ernst meinte. Sie hatte ja wirklich vor, nie wieder so einen Blödsinn zu machen, wie sie ihn in ihrem jungen Leben schon angestellt hatte. Auch wenn sie immer wieder unter Beweis stellte, dass das nicht viel mehr als ein guter Vorsatz war.


    Als er dann aber das Bild vom Senator auf dem Boden in ihren Gedanken zeichnete, musste Axilla doch leicht prusten, als sie ein lautes Lachen unterdrückte. Oh, das war gemein. Sie kannte den Senator ja gar nicht, und hatte nun das Bild eines fetten, alten Mannes vor sich, der vor lauter Toga gar nicht mehr aufstehen konnte und wild wedelnd auf dem Boden lag, damit die Sklaven ihm aufhalfen.


    Ihr Kichern hielt auch noch an, als Archias sich über den Einwand mit dem Bären gespielt muckierte und sich groß machte. Ob sie schon einmal einen Bären gesehen hatte? Axilla schüttelte wie ein Kind den Kopf und grinste dabei übers ganze Gesicht, sah mit großen Augen zu dem Aelier. Und als dann seine Kitzelattacke kam, quietschte und lachte sie so laut auf, dass zwei Sklaven erschreckt um die Ecke sahen, ob der Herrin auch nichts passiert sei.
    Aber Axilla lachte nur, wand sich instinktiv leicht weg, weil sie kitzelig war, und ging zum Gegenangriff über. Ihre Händen fanden die Lücken zwischen den seinen und kitzelten frech und ohne darüber nachzudenken einfach zurück. Immerhin war Angriff die beste Verteidigung. Und weil Axilla kleiner als Archias war, stand sie auch halb auf und beugte sich zu ihm, damit sie ihn überhaupt erwischte. Alles natürlich begleitet vom hellen Lachen, das die armen Sklaven sehr ratlos im Hintergrund stehen ließ.

    An die Möglichkeit, irgendwer könnte sie in Rom heiraten wollen, hatte Axilla noch überhaupt gar nicht gedacht. Und der Gedanke, ein Senator könnte sie heiraten wollen, war noch viel absonderlicher für Axilla, die erstmal dastand wie ein Lämmchen bei Gewitter und Archias so anschaute, dass man ihr beim Denken zuschauen konnte. Sie überlegte nochmal, was der Senator genau geschrieben hatte, aber das hatte nicht auch nur leicht danach geklungen, als würde er sie sich wegen sowas anschauen wollen. Und überhaupt, wer würde sie schon heiraten wollen? Aus politischem Kalkül vielleicht, aber die Iunii waren nun nicht in solchen Positionen, dass da eine solche Planung groß in Aussicht stand. Selbst Urgulania war ja noch unverheiratet!
    “Ähm, meinst du wirklich?“ stammelte sie also etwas überfordert und war froh, dass Archias gleich weiterredete. Auch wenn es ein Tadel wegen des Briefes war.


    “Ja, ich weiß mit dem Brief. Ich hab nicht darüber nachgedacht, und als ich dran gedacht habe, da war er schon auf halbem Weg nach Rom unterwegs. Und, ich meine... das Glück begünstigt ja die Mutigen“ – oder diejenigen, die vor lauter jugendlichem Übereifer einfach nicht über Konsequenzen ihrer Handlungen nachdachten – “und .. naja, eigentlich ist das doch was Gutes, oder?“
    Archias hatte sie mit seinem Hinweis aufs Heiraten wirklich aus dem Konzept gebracht.


    Dass er weniger versetzt wurde, sondern vielmehr aufstieg, begriff Axilla erst, als Archias es ihr auch so erklärte. Dass der Bruder des Imperators Quarto hieß, hatte sie sicher schon irgendwannmal gehört oder gelesen, aber wieder vergessen, so dass sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Überhaupt war es ein wenig seltsam, wenn sie überlegte, dass sie mit einem Verwandten des Kaisers sprach. Für sie war das irgendwie trotzdem einfach nur Archias.
    Daher freute es sie besonders, als er sie dann richtig einlud, und sie sich nicht nur selbst eingeladen hatte.


    “Das ist nicht nett, mich so aufzuziehen“, meinte sie gespielt schmollend, was aber durch ihr Lächeln nicht auch nur ansatzweise ernst wirken konnte. “Ich glaube, der fällt vor Schock vom Stuhl, wenn ich ihn mit der ägyptischen Leichtigkeit konfrontiere und wird froh sein, wenn ich wieder gehe.“ Auch wenn es als Scherz und lachend gesagt war, mit reichlich Selbstironie, so ganz von der Hand konnte es Axilla nicht weisen. Sie war schon etwas unbedarft und hatte nicht nur einmal deshalb von Urgulania einen mehr oder auch weniger dezenten Hinweis bekommen, sie solle mehr auf ihre dignitas achten.
    “Aber dann hoffe ich, dass du nach Rom kommst. Ich würde es auch nicht so toll finden, wenn du von einem Bär in Germania noch angefallen wirst. Wer lobt mich denn dann für meine nicht vorhandene Dichtkunst?“

    “Ach, so toll war das jetzt auch nicht...“ meinte Axilla errötend bei dem Kompliment mit dem Gedicht und kratzte sich verlegen am Arm. Sie hatte es gar nicht so gut gefunden, und jetzt so im Nachhinein war sie richtig peinlich berührt, dafür auch noch ein Kompliment zu bekommen. Sie war es einfach nicht gewohnt, dass jemand mal etwas, das sie machte, gut fand. Schon gar nicht so, sie mit einer Muse zu vergleichen.


    Aber zum Glück war ja auch gleich für Ablenkung gesorgt und das Thema kam auf Rom. Als Axilla hörte, dass Archias auch verreisen würde, und wohl nicht wiederkommen würde, war sie sich unschlüssig, ob sie sich freuen sollte oder eher doch nicht. Natürlich freute sie sich für ihn, denn das war ja sicher gut, wenn er nach Rom versetzt würde. Germania war wohl nicht so prestigeträchtig. Aber Rom sicher doch, und die Möglichkeit dazu war etwas, worauf sie als Freundin hoffen sollte und konnte. Aber... dann würde sie ihn nicht mehr wiedersehen, und das machte sie schon traurig. Auch wenn sie sich die letzten Wochen wenig gesehen hatten, mochte sie ihn ja trotzdem gern.
    Zum Glück lenkte er ihre Gedanken erstmal auf etwas anderes.
    “Decimus Livianus? Um, das ist ein wenig komisch, wenn ich so drüber nachdenke. Also, mein Vetter Silanus, du erinnerst dich? Also, er war bei dem Senator vor zig Jahren mal Scriba und später Klient. Und dann wurde der Senator ja von den Parthern entführt, aber wurde wieder befreit, und dabei kam der wohl auch heimlich durch Alexandria. Ich hab ihn nicht gesehen, aber das stand in der Acta.
    Und auf jeden Fall hat Silanus nun aus Germania geschrieben, wir sollten doch zum Dank den Göttern opfern, weil Livianus gerettet wurde. Aber ich dachte, das bringt ihm doch gar nicht, wenn ich hier den Göttern opfere, das bekommt er doch gar nicht mit in Rom. Und da hab ich ihm einfach einen Brief geschrieben und ihm gratuliert.
    Und... ähm...“
    Das war ihr jetzt ein wenig peinlich, weil eigentlich hätte sie sie dem Senator nicht nur nicht mit einem Brief auf den Nerv fallen sollen, sondern sich wenn schon, dann ganz gesittet benehmen sollen. Aber Archias hatte schließlich gefragt, wie es zu der Einladung gekommen war. “ähm, also.. ich hab halt gemeint, dass er ruhig hätte hier vorbeikommen können, wo er doch schonmal in Alexandria war. Ich weiß ja, dass Senatoren nicht hierher dürfen, aber er war ja schon da, da hätte er doch auch vorbeikommen können, oder nicht?
    Hmmm, auf jeden Fall hat er mir tatsächlich zurückgeschrieben und gemeint, da er mich ja in Alexandria nicht kennen gelernt hat, würde er mich nach Rom einladen, damit wir uns kennenlernen.“


    Verschmitzt schaute Axilla auf und lächelte dabei. Wenn man sie nicht näher kannte, konnte man fast meinen, dieses zufällige Chaos, was sie verströmte, wäre Absicht und Teil eines Planes, der ihr scheinbar nun auch schon die Einladung nach Rom gebracht hatte. Auch wenn die traurige Wahrheit war, dass sie schlicht und ergreifend nicht nachdachte, bevor sie etwas machte, und dabei beinahe unverschämtes Glück hatte.


    “Und ja, Merula ist nett. Wusstest du, dass er in Mantua Priester war, hat er das erzählt? Oder von seinen Schriften? Er versucht sich grade im Schreiben.“
    Axilla wollte ihren Vetter nicht verpetzen, sie fand diese Züge von ihm eher liebenswert und wollte sie daher mit ihrem Freund teilen.


    “Also, falls du nach Rom versetzt wirst, dann kann ich dich ja auch mal besuchen kommen. Also, wenn du nichts dagegen hast“, meinte sie auch dieses Mal, ohne groß darüber nachzudenken. Erst eine Sekunde später wurde ihr wieder bewusst, wo die Aelier denn in Rom wohnten.
    “Oh, und, also, wenn ich das überhaupt darf, weil, ich kann ja nicht einfach so dahinspazieren, oder? Ich will da ja aber keine Umstände machen und...“
    Axilla fing wieder an, ihre Hände zum sprechen dazuzunehmen, was ihren Versuch, ihre leichtfertige Frage irgendwie zu relativieren, zu einer fast akrobatischen Einlage machte.
    “Aber vielleicht ist es ja auch Germania, und das wäre dann doch weit weg...“

    Archias hob beim Eintreten gleich beschwichtigend die Hände, und Axilla blieb etwas verwirrt sthen. Eigentlich wollte sie ihn wie immer lächelnd begrüßen, aber seine Geste ließ sie innehalten. Dass er sich dann entschuldigte, brachte sie schließlich aus dem Konzept, und nach der Umarmung shcließlich war die Verwirrung komplett. Ein bisschen perplex stand die junge Iunia erstmal da und versuchte zu rekapitulieren, was los war.
    Sie war weit entfernt davon, irgendwie gekränkt zu sein. Überhaupt war das ein Wesenszug, der ihr vollkommen abgängig zu sein schien, denn sie grollte zwar manchmal schnell und heftig, aber wirklich nachtragend war sie noch nie gewesen. Außer bei Terentius Cyprianus, aber wohl selbst dem würde sie seine Bemerkung vergeben, wenn er sich bei ihr entschuldigen würde. Was er nicht würde, aber das war ja was anderes.
    Axilla merkte, wie sie sich selbst in ihren Gedanken noch mehr verstrickte, und so stand sie einen Augenblick nur etwas perplex da, ehe sie, als wäre absolut nichts gewesen, fröhlich sich zu Archias setzte, locker ein Bein angezogen und die Fußsohle auf das Sitzpolster gestellt, vom einen Ohr bis zum anderen lächelnd. Sie freute sich wirklich, dass er sie besuchen kam.
    “Ich bin doch keine Muse. Eine kleine, verspielte Nymphe vielleicht“, scherzte sie leicht, ehe ihr wirklich etwas einfiel, das sie ihm erzählen konnte. Die Erkenntnis durchzuckte sie regelrecht, als sie ihm ganz aufgeregt zu erzählen begann.
    “Ich freu mich ja so, dich zu sehen! Ich bin grade ganz aufgeregt. Senator Decimus Livianus hat mich nach Rom eingeladen. Und der Gesandte aus Rom, also Pompeius Imperiosus, hat gemeint, ich darf mit ihm mitfahren, damit ich die Einladung annehmen kann. Also nach Rom. Ist das nicht aufregend?“
    Erst einen Moment später kam ihr zu Bewusstsein, dass sie sich von Archias ja dann noch gar nicht verabschiedet hatte. Auch wenn sie ja wiederkommen wollte und noch gar nicht weg war, aber dass sie das vollkommen vergessen hätte. Ertappt schaute sie kurz schuldbewusst zu ihm. “Äh, ich wollte dich da sowieso dann noch besuchen kommen. Also, bevor ich fahre... also, cih komme ja wieder, nur ein paar Wochen, aber.. ich wollte schon noch bescheid sagen. Nicht das du denkst, ich hätte dich vergessen!“ Was sie hatte, weshalb sie jetzt auch dreinschaute wie eine Vierjährige, die mit der Hand in der Keksdose von der Köchin erwischt wurde.
    “Und, und... ähm, was gibt es bei dir?“ versuchte sie schnell abzulenken.

    “Gut Herr, warte einen Moment.“ Und schon ging Leucos los, um zu fragen, ob die Herrin denn den Aelier empfangen mochte.


    Es dauerte nicht lang, und die Tür wurde wieder geöffnet. Diesmal aber war es nicht Leucos – der schlurfte noch gemächlich durchs Haus – alter Mann und so – sondern ein junger Sklavenbursche, vielleicht 14 Jahre alt, wenn überhaupt, und mit wohl deutlich jüdischem Einschlag. In einer Hand hatte er schon eine Bürste mit groben Borsten. Zwar hatte Leucos was von 'Später' geschimpft, aber Levi wollte das lieber gleich machen. Der alte Grieche wurde sonst sowieso noch grantig, außerdem brauchte der ewig bis zur Tür, und Axilla hatte im Gegensatz zu Leucos was von 'jetzt' gesagt. Zwar bezüglich des Gastes, aber wer wollte so kleinlich sein?


    “Chaire, Herr. Die Herrin erwartet dich im Atrium, meinte er nur, während er auch schon an Archias vorbeiwuselte und sich ansah, wo hier denn irgendwas zum Putzen wäre. Nach seinem Verständnis war alles pikobello sauber.

    Archias wollte sie besuchen? Mit dem hatte Axilla ja überhaupt nicht gerechnet. Überhaupt, sie hatte den Aelier schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. So ziemlich seit der Einladung zu der irgendwannmal stattfindenden Hochzeit zwischen ihm und Seiana nicht mehr. Es war doch nicht passiert? Oder hatte sie etwas gemacht, weshalb er sie ausladen wollte? Nein, so gemein war Archias sicher nicht, Axilla schüttelte diesen Gedanken ganz schnell ab.


    Sie schickte also Leucos los, er solle den Gast doch gleich reinbitten. Dieser wiederum scheuchte Levi durch die Gegend, er solle die Eingangstreppe putzen und schlurfte los in Richtung Eingang. Sie selbst blieb im Atrium und schickte schonmal einen anderen Sklaven, vielleicht etwas zu trinken zu holen. Und dann wartete sie neugierig auf ihren Gast.

    Leucos' Blick folgte der Spinne, wie sie ihr zermatschtes Ende an der Treppenstufe fand. Wenn der Arachnidenbezwinger aber glaubte, er würde das sauber machen, dann irrte er. Das würde dieser Nichtsnutzige Bengel, Levi, wohl machen dürfen, bis die Stufen glänzten. Bei dem Gedanken musste Leucos doch tatsächlich leicht gehässig lächeln.
    “Wenn du mir noch deinen Namen sagen könntest, Herr, dann will ich fragen, ob sie Zeit für dich hat.“

    Schon wieder! Man konnte ja wirklich die Uhr danach stellen!


    Heute hatte Leucos sich schlau anstellen wollen und eben nicht sich hinlegen, weil es dann nur sowieso wieder klopfen würde. Aber natürlich hatte er diesen durchaus guten Plan nicht durchgehalten. Also war er 30 Minuten auf- und abgelaufen, hatte nach der Straße gesehen, ob nicht doch jemand kommen wollte, hatte den Stand der Sonne betrachtet. Schließlich war er zu dem Entschluss gekommen, dass er es vielleicht doch wagen konnte, sich aufs Bett zu setzen.
    Also hingesetzt, die stohgefütterte Matratze befühlt, das weiche Laken. Gelauscht, ob nicht doch wer klopfte, sich über den leichten Vogelgesang erfreut... Da war niemand. Vielleicht konnte er sich also hinlegen.
    Erst das eine Bein. Nichts passierte. Dann das andere Bein ins Bett geholt, aber noch sitzend. Immernoch nichts passierte. Ganz langsam ließ er sich zurücksinken in die weichen Kissen. Herrlich, diese Ruhe. Draußen zwitscherte ein Vogel ein vergnügliches Liedchen. Er ließ die Anspannung aus seinen Gliedern und schloss erleichtert die Augen – und es klopfte!
    “Gnaaaaar!“ machte er, wütend auf Tyche und sich selbst, rappelte sich wieder hoch, strich die Tunika glatt und schlurfte zum Eingang.


    Die Tür wurde etwas unsanft einen Spalt aufgerissen, und Leucos schaute, wer es denn diesmal war. Seine Augen waren nicht mehr die besten, aber der da kam ihm bekannt vor. Er kniff also seine Augen leicht zusammen, um besser zu sehen, und erkannte den Boten wieder.
    “Salve“, denn er meinte, sich zu erinnern, dass der in Begleitung des Gesandten aus Rom gekommen wäre. “Du wünscht?“

    Eigentlich hätte Leucos es sich denken können, dass es klopfen würde. Es klopfte nämlich immer dann, wenn er es gerade geschafft hatte, sich hinzulegen. So langsam wurde er nunmal älter, da bekam mein ein Zipperlein hier, ein Zipperlein dort, sah schlechter, bekam zittrige Hände und ein wenig Rheuma in den Gelenken. Und jetzt hatte er sich gerade eben hingelegt, um eben jene geschundenen Gelenke bei einem ordentlichen Mittagsschlaf – wenigstens eine Sitte, die diese Ägypter hier richtigerweise damals eingeführt hatten – auszuruhen, als es klopfte.
    “Jaja...“ meinte er mürrisch zu sich selbst, denn draußen würde man ihn wohl kaum hören. Also wieder raus aus dem Bett – schön langsam, ein alter Mann war ja kein Cursus-Publicus-Pferd – und dann in Richtung Porta.
    Schon wieder geklopft, und wie gleich! “Ja, ich komm ja, ich komm ja [size=6]Immer diese jungen Leute mit ihrer Hektik...[/size]“


    Er schlurfte also die letzten passus bis zur Tür und öffnete diese dann. Ihm gegenüber stand ein Römer, also verkniff der Alte sich einen garstigen Kommentar über Ruhe und die Uhrzeit und holte kurz Luft, um seinen Pflichten als Ianitor nachzukommen.
    “Was wünscht du, Herr?“

    Instinktiv nahm Axilla die Schriftrollen erstmal an, als Merula sie ihr überreichte. Allerdings schaute sie dann doch ein wenig ratlos darüber. Auch wenn Axilla viel las und auch einiges wusste, war sie doch nicht in allen Dingen so firm, als dass sie wirklich über alles in der Geschichte Bescheid wusste. Im Großen und Ganzen wies ihr Namens- und Zahlengedächtnis herrlich große Lücken auf, sobald es um Politik ging, schlichtweg, weil sie das eher langweilig fand. Und so schaute sie jetzt ein wenig verloren auf die Schriftrollen und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.
    “Ähm... meinst,, ich bin dafür geeignet? Sollte sich das nicht lieber ein Gelehrter oder so anschauen? Ich meine... wovon schreibst du da eigentlich?“
    Neugierig öffnete sie die erste Rolle und überflog ein paar Zeilen. Dass sie nicht wirklich Ahnung hatte, wovon sie da las, konnte man ihr wohl relativ unschwer am fragenden Gesichtsausdruck ablesen.
    “Ähm, ich könnte höchstens was zum Stil sagen, aber... also, ob das alles richtig ist, was du da schreibst, das weiß ich nicht.“ Und so groß war ihre Freizeit nun auch wieder nicht, als dass sie das nachrecherchieren wollte. Sie mochte zwar die Bibliothek, aber eher die Ecke, wo die Schriftrollen der Dichter und Philosophen aufbewahrt wurden.



    Sim-Off:

    Entschuldige die lange Wartezeit. Motivationslöcher sind manchmal einfach überwältigend.

    Huhu,


    ich möcht mich einmal bei meinen Mitspielern entschuldigen, aber irgendwie stecke ich grade in einem ganz gewaltigen, kreativem Nichts. Normalerweise schau ich ins Forum, und es tippt sich wie von selbst, und im Moment starr ich auf den Bildschirm, und mein Hirn meldet nur "piep, piep, piep, kein Anschluss unter dieser Nummer".
    Also seit mir nicht böse, wenn ich grad mal nicht antworte und alles etwas länger braucht als üblicherweise. Ich les zwar mit (also wenns was wichtiges gibt, PN's sollten trotzdem zügig beantwortet sein), aber zum Schreiben fehlt grad die Kreativität.
    Ich denk, in ein paar Tagen ist das auch wieder vorbei. Wollt nur mal Lebenszeichen hinterlassen.


    Bis denne

    Anscheinend hatte Urgulania nichts dagegen. Überhaupt verhielt sie sich während des gesamten Essens auffällig still und redete eigentlich gar nicht mit. Anfangs hatte Axilla noch gedacht, dass sei nur, um sie dazu zu animieren, ihre Gastgeberfunktion auch ernst zu nehmen, aber mittlerweile glaubte Axilla fast, es ging ihrer Cousine nicht gut. Sie war doch sonst nicht so schweigsam?
    Immer wieder schaute Axilla fast ein wenig besorgt zu Urgulania hinüber. Ob sie ihr helfen sollte, eine Ausrede zu finden und sich zurückzuziehen? Aber wenigstens schien sie keine Einwände gegen den Spaziergang im Paneion zu haben, oder war zu abgelenkt, um darauf zu reagieren.
    “Gut, dann machen wir das doch fest. Wie wäre es gleich morgen? Oh, oder ist das zu früh?“
    Anfangs war die leichte Sorge für Urgulania noch aus ihrem Tonfall wohl herauszuhören, die sich aber gleich beim zweiten Satz doch in Schüchternheit verwandelte. Sie wollte ja Imperiosus nicht in Beschlag nehmen, und er hatte ja sicher auch wichtigeres zu tun, als spiazieren zu gehen.

    Axilla dachte kurz darüber nach, ob es denn wirklich so kompliziert war. Für sie war das alles ganz einfach und einleuchtend, aber sie hatte ja auch miterlebt, wie diese ganzen Konstellationen gewachsen waren. Außerdem verursachte sie selbst so viel Chaos, dass sie sich im größten Durcheinander wohl ganz wohl fühlte. Und hier in Ägypten musste man sich an ein bisschen Durcheinander trotz des gemächlichen Lebens wohl gewöhnen. Manchmal gefiel Axilla die Vorstellung, das Leben hier verlief in kreisförmigen Bewegungen, während es im Rest des Imperiums doch sehr geradlinig verlief.
    Naja, aber sie hatte eigentlich nicht wirklich die Muse für so philosophische Gedanken, außerdem lenkte Merula sie auch gleich wieder ab, indem er nach Varilia fragte. Axilla versuchte ihre Unwissenheit über die genauen Verwandschaftsverhältnisse hinter einem großen Schluck aus ihrem Becher zu verstecken und nickte einfach ein wenig achselzuckend. Sie hatte keinen Schimmer, von wem Varilia genau abstammte, sie wusste nur, dass die aus einer anderen Linie stammte und mit ihr selbst nur die Ururgroßeltern gemein hatte.


    “Was brauchst du denn?“ fragte Axilla neugierig, als er sie um einen Gefallen bat. Sie konnte sich allerdings nichts vorstellen, was sie für ihn auf literarischer Ebene tun könnte. Briefe schreiben konnte er ja selber, und seit ihrem Gedicht für Aelius Archias hatte sie sich auch an sowas nicht mehr versucht. Aber vielleicht wollte er sich ja nur ein Buch leihen? Axilla war auf jedenfall neugierig und schaute ihren Cousin offenherzig an.


    Sim-Off:

    Keine Sorge, meine Mitfahrgelegenheit ist auch noch nicht so weit, um nach Rom zu gehen.

    Ob es Axilla hier gefiel oder nicht, darüber hatte sie noch nie so wirklich nachgedacht. Aber jetzt, wo Merula es erwähnte, stockte sie kurz und überlegte, ob er vielleicht wirklich recht hatte. Gefiel es ihr hier?
    “Manchmal, ja“ meinte sie schließlich fast ungewohnt sachlich, ohne es genauer auszuführen. Sie hatte sich an das Leben hier gewöhnt, an das Bunte, Laute, an die Vielfalt und Leichtigkeit des Lebens, die hier nur zu gerne zur Schau gestellt wurde. Es war ein guter Ort, wenn man vergessen wollte und sich in der Vielfalt der Welt verlieren. Aber dieses Gefühl, zuhause zu sein, dass sie aus ihrer Kindheit kannte, das hatte sie nicht.
    Als er dann von der römischen Bevölkerungsschicht anfing, war schließlich der Schalk gänzlich aus Axillas Augen erst einmal verschwunden. Das war nicht unbedingt ein leichtes Thema, und bestimmt auch nicht so, wie er es sich sicher wünschen würde.
    “Also, das mit der römischen Bevölkerung hier ist... schwierig.
    … Setzen wir uns doch“

    Axilla deutete auf die bequeme Sitzgruppe die hier im Tablinum stand und zu der nun auch einer der Sklaven den gewünschten Saft mit zwei kunstvollen Gläsern brachte. Axilla setzte sich in einen der bequem gepolsterten Sessel und kaute etwas nervös auf der Unterlippe herum, während sie die richtigen Worte suchte.
    “Also, es ist so... hier gibt es ja recht wenige Römer. Die meisten sind Soldaten bei der Legion in Nikopolis. So richtig römische Familien gibt es eher wenige.
    Also, ich versteh mich recht gut mit Aelius Archias und hab auch seine Verlobte kennengelernt, Decima... verdammt, mein Namensgedächtnis... Seiana oder Serrana oder so ähnlich.
    Aber mit dem Präfekten der Legion, Terentius Cyprianus haben wir... naja, keinen so guten Stand. Urgulania ist ja in der Stadtverwaltung, und der Terentier meint, die müsse sich der Legion ganz unterwerfen, wegen dem römischen Imperium und der Überlegenheit der römischen Sitten. Aber... naja, die Griechen hier sind... anders. Also, sie sind sehr stolz auf ihre Unabhängigkeit und ihre Kultur, und... also, es gab deswegen Streit und... einige Unruhen wegen ein paar Manövern...
    Auf jeden Fall ging es soweit, dass Terentius Cyprianus sich dazu hat hinreißen lassen, der Stadtverwaltung zu drohen, dass er jeden ans Kreuz nageln würde, wenn es zu einem Aufstand käme, oder so ähnlich. Urgulania hat es mir nicht ganz genau erzählt, ich glaube, sie wollte mich da nicht zu sehr beunruhigen...“

    Axilla kam beim Reden immer mehr ins Stocken und schaute mehr und mehr in der Gegend herum. Es war ihr etwas unangenehm, das alles so zu berichten, vor allem, da sie selbst es ja nur aus zweiter Hand hatte und weder mit dem Terentier gesprochen hatte, noch den Brief gesehen hatte. Ihre Abneigung gegen den Präfekten beruhte eher auf der Begegnung auf einem Gartenfest, wo er sie mit einem Pferd, das zugeritten werden müsste, verglichen hatte.
    “Auf jeden Fall glaubt Urgulania, dass der Präfekt nicht davor zurückschrecken würde, auch anderen Iuniern etwas anzutun, um sie zu treffen. Und tja, seitdem darf ich nur noch in Begleitung in die Stadt.“
    Ein Umstand, der Axilla doch langsam aber sicher ziemlich nervte. Früher war sie viel allein unterwegs gewesen, war über den Markt gebummelt oder hatte sich die Sehenswürdigkeiten angeschaut. Jetzt durfte sie noch nicht einmal ohne Eskorte zur Arbeit, was sie doch sehr ärgerte.


    “Und mit dem Praefectus Aegypti ist das auch so eine Sache... seine Frau mag uns nicht besonders. Also, ihr Mann schaut wohl gerne mal einer hübschen Frau hinterher, und... kanntest du Varilla? Also, sie ist ja abgereist, bevor ich angekommen bin, aber sie war wohl sehr hübsch und die beiden haben sich wohl einen Augenblick länger angeschaut, als es Germanica Aelia gepasst hat... und deshalb haben wir da nun auch nicht so viel Kontakt... Und sonst gibt es ja fast nur Soldaten hier.“

    Auf seine erste Frage schüttelte Axilla lächelnd den Kopf.
    “Achwas, die Griechen freuen sich sogar, wenn man sich dafür interessiert. Manchmal glaube ich, sie denken, wir würden den ganzen lieben langen Tag nur Krieg führen und hätten keinen Sinn für Kultur. Da sind sie schon ein bisschen komisch, aber wenn man sie erstmal kennengelernt hat, sind sie eigentlich sehr nett.“
    Axilla würde nie ein schlechtes Wort über Nikolaos verlieren. Am Anfang fand sie ihn mit seiner Schminke und seiner Art etwas übertrieben, aber mittlerweile mochte sie ihn wirklich sehr gern.
    “Du solltest dir beim Gymnasiarchos – da arbeite ich übrigens! Hab ich dir das geschrieben, dass ich da Scriba bin? Der Gymnasiarchos ist eines der wichtigsten Ämter der Stadt und... ich schweife ab. Also, du solltest dir dort auch die Proxenie eintragen lassen, wenn du länger bleiben willst.
    Wusstest du, dass Alexandria gar nicht zum Imperium dazugehört? Also, nicht so richtig zumindest. Die ganze Stadt, alles hier, gehört einzig und allein dem Kaiser. Und deshalb darf sich die Stadt auch selbst verwalten, und eigene Gesetze machen. Die römischen Gesetze gelten hier zwar natürlich auch, aber für Nicht-Römer gibt es auch andere. Das ist lustig, oder? Und nach einem von diesen Gesetzen kann man sich quasi als Bürger von Alexandria einschreiben lassen, wenn man römischer Bürger ist, damit man hier die gleichen Rechte hat wie im Imperium. Ziemlich verdrehte Sache, aber... hier ist vieles etwas verdreht.“

    Axilla strahlte ihren Cousin einfach nur glücklich an. Es wäre so schön, wenn er etwas bleiben würde. Auch wenn sie bald nach Rom fahren würde, aber das war ja nur, um die Einladung von Senator Decimus Livianus anzunehmen, und dann würde sie ja wieder zurückkommen. Wäre ja ärgerlich, wenn er kam, und sie dann ging, und er wieder ging, wenn sie zurückkäme.
    “Und soweit ich weiß, hat er ihn nicht adoptiert, sondern einfach nur so in die Gens aufgenommen. Er hatte wohl Bürgerrecht bekommen und bekam das angeboten von Silanus.
    Ich weiß auch nicht... ich hätte mir auch einen anderen Namen genommen, wenn ich mir einen hätte aussuchen können. Auch wenn der erste Iunius Brutus Recht daran getan hat, den etruskerkönig zu erschlagen, als der zweite dasselbe bei Iulius Caesar gemacht hat, war das wohl nicht ganz so... edel... Ich weiß nicht, ob ich dieses Erbe durch den Namen noch unterstreichen müsste...“

    Axilla war da auch nicht wirklich glücklich darüber. Aber nun hieß ihr neuer Verwandter halt so, das ließ sich wohl ohnehin nicht mehr ändern.


    Bei seinen letzten Worten allerdings schmunzelte Axilla, auch wenn es eigentlich eine ernste Angelegenheit wäre.
    “Du bist wohl doch noch Priester, was?“, meinte sie neckend.
    Sie selbst glaubte zwar durchaus an die Existenz der Götter, allerdings glaubte sie nicht, dass diese irgendwas einmal für einen Menschen taten, egal, wie sehr jener darum bitten mochte. Folglich konnten sie sich auch nicht von jemandem wirklich abwenden.
    Und zum anderen wollte sie zu dem Thema Tod auch nicht wirklich etwas sagen. Das war ein Thema, das ihr Gemüt meistens doch mehr bedrückte, als sie zugeben wollte, und daher blieb sie lieber scherzhaft fröhlich.

    Wie wohl jede große Stadt war Rom gefährlich, ebenso wie Alexandria. Aber Axilla war da vielleicht eine Spur zu unbekümmert und naiv, denn sie machte sich da keine Sorgen. Ihr passierte schon nichts, ihr war noch nie etwas passiert. Lediglich das Ereignis am Tor hatte ihre kleine Welt ein ganz klein wenig erschüttert. Aber das lag nun schon wieder so lange zurück, dass es keinen bleibenden „Schaden“ hinterlassen hatte. Und so lauschte Axilla nur fasziniert und konnte sich gar nicht vorstellen, wie man etwas von Rom nicht sehen wollen könnte. So gefährlich würde es ja wohl nicht sein!


    “Das würdest du?“ fragte sie hellauf begeistert, ehe sie mit einem entschuldigenden Blick zu Urgulania sich sehr bemüht zurücknahm. Dignitas, sie konnte es regelrecht hören. Sie sollte wirklich nicht so stürmisch sein, nahm sie sich vor.
    “Also, ich meine... das wäre sehr schön. Natürlich nur, wenn es deine Zeit erlaubt und du das möchtest.“
    Axilla angelte sich noch schnell ein kleines Stückchen hellen Brotes, das sie in die etwas schärfere Tunke tauchte, um es zu verspeißen. Auch wenn sie gegessen hatte wie ein Spatz, war sie eigentlich schon wieder satt. Sie wollte nur noch ein bisschen was, weil es eben doch gut schmeckte und ihr außerdem Zeit gab, etwas zu überlegen.
    Sie konnte ja nicht den armen Imperiosus so ausnutzen. Erst nahm er sie auf seinem Schiff mit, und dann zeigte er ihr Rom, und was machte sie dafür? Stellte ihm irgendwen vor, der zufällig Patron ihres Vetters war, von dem sie sonst aber außer dem Namen mal so gar ncihts wusste. Nein, das musste sie anders ausgleichen...
    “Hast du denn schon Alexandria gesehen? Also, ich meine, nur so zum Vergnügen, nicht für die Kanzlei?“
    Sie drehte das angebissene Brotstückchen etwas verlegen in den Händen, da sie nicht wusste, ob sie vielleicht gleich zu weit ging. Imperiosus sollte ja keinen falschen Eindruck von ihr haben.
    “Also, vom Paneion aus hat man einen sehr guten Blick über die Stadt. Also, wenn du möchtest, könnte ich dir ja im Gegenzug Alexandria zeigen... also, wenn du es nicht schon gesehen hast...“ Und Urgulania mich nicht zurückpfeift...

    Ein kleiner Blick genügte, und schon setzte sich einer der Sklaven, die wie Schatten am Rand des Raumes standen, in Bewegung, um das gewünschte zu bringen.
    Gebannt lauschte Axilla ihrem Vetter. Pferde hatte er also, und eine Bibliothek! Nun, Bücher hatten sie hier auch ein paar, aber sie würde das nicht unbedingt eine Bibliothek nennen. Vor allem nicht, nachdem sie so viele Stunden in der des Museions verbracht hatte, um zu lesen und zu lernen. Wobei mit der größten Büchersammlung der bekannten Welt wohl sowieso nichts mithalten konnte, was Vielfalt und Größe anging.
    “Oh, ja, wir haben hier einiges. Erst zu Neujahr waren hier Spiele. Die Griechen sind ja ganz verrückt bei den athletischen Dingen. Oh, und einen Wettbewerb für Dichter und Musiker gab es da auch.
    Sonst... ich weiß ja nicht, was dich so interessiert? Man kann sich schon vieles anschauen, und vieles machen. Jetzt ist es ja auch wieder ruhig in der Stadt, so dass alles wieder so friedlich ist wie vor dieser unsäglichen Geschichte in Rhakotis.“

    Dass ihr Vetter von dieser Sache womöglich gar nichts gehört haben mochte, bedachte Axilla beim Reden gar nicht. Für sie war das schon wieder ein alter Hut und damit eher weniger interessant, außerdem wusste in Alexandria das jeder. Also dachte sie nicht weiter darüber nach und plapperte fröhlich weiter.
    “Oh, Silanus ist nicht hier. Er ist Präfekt der Ala in Germania. Hatte ich dir das nicht geschrieben?“ Axilla überlegte. Sie rieb mit ihrem Zeigefinger in Denkerpose einmal unter ihrem Kinn entlang und schien wirklich angestrengt darüber nachzudenken, was sie Merula denn vor mehreren Monaten geschrieben hatte. “Hmmm, ich weiß nicht mehr. Ich hab so viele Briefe in letzter Zeit geschrieben. Auch an unseren neuen Verwandten, Brutus. Den, den Silanus aufgenommen hat.“
    Sie schaute ihn kurz an, ein Anzeichen suchend, ob er davon schon wusste oder ob sie ihm jetzt eben etwas neues erzählt hatte. Manchmal drangen Neuigkeiten nicht zu allen vor, wobei Axilla eigentlich das Gefühl hatte, dass sie sowieso IMMER die letzte war, die etwas erfuhr.
    “Aber Urgulania wird sich ganz sicher freuen. Und natürlich bleibst du hier! Es kann ja nicht angehen, dass mein engster, lebender Verwandter im Gasthaus schlafen muss. Nein, ich lass dir gleich ein Zimmer einrichten!“

    “Oh, ich verstehe...“ meinte Axilla, und einen Moment war sämtliche Fröhlichkeit, die sie sonst so versprühte, weg. Ganz, als hätte es sie nie gegeben, war sie mit einem mal ernst und sichtlich berührt von dem Erzählten.
    Sie musste an ihren Vater denken. Er war auch Offizier gewesen. Er war auch Gefallen. Und sie wollte auch nicht darüber reden, erst recht mit bei Tisch mit einem Gast.


    Der Moment dauerte nur ein paar Augenblicke, dann lächelte Axilla wieder, als wäre nie etwas gewesen. Beinahe so, als hätte weder Imperiosus noch sie überhaupt etwas dazu gesagt. Diese fröhliche Maske trug sie schon seit Jahren, da brachte sie so ein kleiner Einwurf nicht lange außer Fassung und offenbarte ein anderes Bild von ihr. Das ließ sie sich selbst gegenüber nicht zu, denn dann würde sie die Trauer und den Schmerz fühlen.
    So aber lächelte sie und brauchte keine zwei Sekunden, um einfach das Thema zu wechseln und munter drauflos zu schwatzen, als sei nichts weiter gewesen.
    “Ich freue mich schon richtig, Rom zu sehen. Es ist größer als Alexandria, nicht? Ich habe zwar gehört, dass das hier die zweitgrößte Stadt des Imperiums sein soll, aber Rom muss doch noch immer atemberaubender sein, oder? Ich hoffe ja, ich habe genug Zeit, mir alles anzuschauen. So lange kann ich wohl nicht bleiben, sonst sucht sich Nikolaos noch einen neuen Scriba.
    … Naja, vielleicht macht er das auch so, wenn ich ihm sage, dass ich nach Rom will... ach, egal. Die Reise ist es allemal wert. Meinetwegen könnten wir schon in drei Tagen absegeln, aber... ich glaube, das ist doch etwas kurzfristig.“

    Bei seinem Angebot wurde Axilla ganz leicht rot und versuchte es, hinter einem großen Schluck Fruchtsaft zu verbergen. Sie sollte bestimmen, wann er abreiste? Er würde da ganz und gar auf sie Rücksicht nehmen und Rom warten lassen? Das war nicht nur charmant, das war richtig, richtig süß. Er würde doch sicher ärger kriegen, wenn sie das wirklich ausreizen würde...
    “Aber man lässt Rom doch nicht warten...“, meinte sie nur schüchtern und geschmeichelt lächelnd.


    Sie fand das Essen heute nicht besonders scharf, aber vermutlich hatte sie sich nur an die Gewürze schon gewöhnt. So versuchte sie, nicht zu amüsiert zu sein, als Imperiosus plötzlich zum Wein griff und mit hastigen Zügen versuchte, seiner Kehle Linderung zu verschaffen. Ganz konnte sie das Kichern wohl nicht unterdrücken, aber sie tat ihr Bestes.
    Schnell versuchte sie, irgendwas zu sagen, damit ihr Amüsement nicht so offenkundig war. Auch wenn ihr nicht wirklich etwas Geistreiches einfallen wollte, aber das hatte sie noch nie am Reden gehindert.
    “Dann ist dein Vater Politiker in Rom?“

    Er lächelte, als er sie sah. Axilla war ganz aufgeregt, als er auf sie zukam, versuchte aber, nach außen so ruhig zu wirken, wie eine Römerin das wohl tun sollte. Was natürlich aufgrund des allzu erwartungsfrohen Grinsen in ihrem Gesicht gründlich misslang, aber immerhin versuchte sie es.
    “Lucius...“ versuchte sie seinen Namen, wobei sie aber nicht ganz umhin kam, an einen anderen Lucius Iunius zu denken, und vielleicht etwas Sehnsucht so in ihrer Stimme mitschwang.
    Auch wenn Merula sich doch ein wenig blumig ausdrückte, konnte Axilla nicht ganz so damenhaft an sich halten, als er sie schließlich fragte, ob sie sie sei. Sie nickte übereifrig wie ein Kind und überwand die letzten beiden Schritte zwischen ihnen und gab ihm zur Begrüßung gleich einmal ungefragt einen Kuss auf die Wange, ehe sie auch anfing, wild zu plappern.
    “Es ist so schön, dich wiederzusehen. Ich konnte es fast gar nicht glauben, als plötzlich der Bote vor der Tür stand und gesagt hast, du wärst nun hier in Alexandria. Warum hast du nicht geschrieben, dass du kommst? Wir hätten dir doch ein Zimmer eingerichtet!
    Oh, oder magst du lieber im Gasthaus schlafen? Ich meine, das ist ja gleich um die Ecke zum Cursus Publicus dann. Aber... ich meine, wir haben so viel Platz hier. Es sind ja nur noch Urgulania und ich da, und, also, wenn du länger bleibst, willst du dann nicht hier in Basileia wohnen?
    Und seid wann bist du in Ägypten? Warst du nicht in Misenum Priester? Bist du hier dann jetzt auch noch im Cultus, oder bist du jetzt Stationarius? Dein Bote hat mich ein wenig verwirrt. Ich dachte, Aelius Archias ist hier in der Post. Ist er gegangen, ohne auf Wiedersehen zu sagen?“

    Als sie ihn bei ihren letzten Worten fragend ansah, merkte sie erst, wie sie ihn zugequasselt hatte, und ihre Wangen überzog eine leichte Röte.
    “Oh, entschuldige, da rede ich und rede ich, und lass dich gar nicht antworten. Und zu trinken hab ich dir auch nichts angeboten, wo es doch schon wieder so heiß ist heute. Ich bin nur so aufgeregt, dich zu sehen!
    Magst du etwas trinken? Wir haben einen sehr schmackhaften Fruchtsaft heute frisch gepresst, der ist gut gegen die Hitze.“