Beiträge von Iunia Axilla

    “Ach, solange du nicht schnarchst“ meinte Axilla leicht lachend und prüfte dann mit einem unsicheren Blick, ob sie bei dem scherz nicht vielleicht zu weit gegangen war. Es war einfach das erste gewesen, was ihr in den Sinn gekommen war, und wie immer hatte sie es einfach ausgesprochen, ohne darüber nachzudenken.


    Axilla nickte in Richtung einer Sklavin, die sich auch gleich daran machte, verdünnen Wein einzuschenken und Imperiosus zu überbingen. Das lenkte auch gleich von ihrem Mundwerk ein wneig ab und gab ihr ein etwas sichereres Gefühl. Ganz unfähig war sie wohl als Gastgeberin noch nicht.


    “Und dein…“ Ja, wer war das, den er da eigentlich mitgebracht hatte? “… Begleiter, möchte er auch etwas trinken?“

    Imperiosus wurde mit einem Lächeln empfangen, das erst breiter und dann völlig schüchtern wurde, je mehr Axilla ihm zuhörte. Ihr Blick senkte sich etwas peinlich berührt zu Boden, als sie merkte, dass ihre Wangen rot geworden waren. Sie hätte vielleicht doch ein wenig Bleiweiß auftragen sollen, dann würde er es jetzt nicht so überdeutlich sehen, wie geschmeichelt sich Axilla durch seine Worte fühlte.


    “Ich… danke. Also, für das Kompliment. Ich denke, aus Rom bist du sicher viel mehr gewohnt“, versuchte sie es noch ein wenig herunterzuspielen. Falls sie damit überhaupt einen Erfolg erzielt haben sollte, wurde der aber wohl ohnehin wieder zunichtegemacht, als sie einen Moment nur verlegen lächelnd dastand und gar nichts weiter sagte, ehe ihr einfiel, dass sie ja Gastgeberin war.


    “Oh, ähm, möchtest du dich setzen? Oder etwas zu trinken? Wein, oder lieber einen Fruchtsaft?“
    Bei der Hitze hier wog Wein manchmal so schwer wie Blei, egal wie verdünnt er auch war. Aber unter Römern gehörte das wohl unabhängig der Außentemparatur immer dazu, und so hatte Axilla auch welchen bereitstellen lassen.
    “Urgulania müsste auch bald kommen. Also, wenn das Essen anfängt.“
    Axilla hätte sich selbst ohrfeigen können. Er machte ihr so galant Komplimente, und sie stapselte mit Mühe und Not eine passende Antwort zusammen. Nunja, aber da musste sie durch.

    Sim-Off:

    Huch, Leucos wird langsam aber sicher taub, wie es scheint. Böser Grieche aber auch :D


    Den ganzen Tag hatte im Haus schon eine teils hektische Betriebsamkeit geherrscht. Hier war geschrubbt und dort Blumen aufgestellt worden, und dazwischen war eine ziemlich aufgeregte Iunia Axilla, die von allem keine Ahnung hatte und daher mehr als einmal die Meinung wechselte, bis schließlich die Haussklaven die Sache in die Hände genommen hatten und die Herrin von ihren eigenen Vorbereitungen weitestmöglich ausschlossen.


    Allerdings hatte diese hektische Betriebsamkeit auch zu Folge, dass der alte Leucos vor lauter „bring mal das hier ins triclinum“ und „kannst du eben das hier halten“ und dem ständigen „wo ist denn bloß?“ ziemlich erschöpft am Abend eingeschlafen war und so das erste Klopfen schlichtweg überhört hatte. Als es dann aber lauter klopfte, war er gleich auf den Beinen und schlurfte schuldbewusst schnell zur Tür.


    “Guten Abend, Dominus. Darf ich dich herein bitten?“


    Er verneigte sich vor dem römischen Beamten, von dem er ungefähr fünzigmal eine Beschreibung von Axilla erhalten hatte, so dass er ihn jetzt leicht erkannte und ihn so gleich hereinbitten konnte.


    “Darf ich dich gleich in den Hortus begleiten? Die Herrin Axilla wird dich dort sicher gleich empfangen.

    Den ganzen Tag war Axilla schon aufgeregt wie ein junges Fohlen. Irgendwann hatten es ihre Sklaven so eingefädelt, dass sie eigentlich alle Entscheidungen trafen und Axilla nur beim Endergebnis noch fragten, ob es so in Ordnung ginge. Die junge Iunia sagte zu allem nur noch ja, denn ihr wuchs das ganze jetzt schon heillos über den Kopf.
    Wieso nur hatte sie ihn eingeladen? Sie konnte doch gar nicht Gastgeben! Das würde eine Katastrophe werden, aber eine ganz gewaltige.


    Je näher der Abend gerückt war, umso nervöser war Axilla geworden, und nur mit Mühe konnte Leander sie davon abhalten, Fingernägel zu kauen. Aber ihr Leibsklave war zum Glück sehr energisch, denn nachdem ihre Nägel sehr fein säuberlich gefeilt worden waren, würde das sie sicher verschandeln.
    Überhaupt war Axilla herausgeputzt worden. Sie trug ein leichtes, sommerliches Kleid aus hellgrüner Seide. Die Haare waren Hochgesteckt mit feinen Nadeln, an deren Enden weiße Perlen saßen. Sie war sogar geschminkt, wenn auch für römische Verhältnisse viel zu wenig. Aber da hatte sie sich wieder durchgesetzt, sie mochte keine Farbe im Gesicht haben. So war nur an den Augen ein wenig grün und ein wenig Lippenrot auf den Lippen.


    Axilla hörte das Klopfen am Eingang und musste sich zusammenreißen, nicht selbst zur Tür zu gehen, sondern Leucos seine Arbeit machen zu lassen. Jetzt hier zu stehen und zu warten, bis Imperiosus kam, war fast das schwerste des gesamten Abends. Hoffentlich gefiel ihm die Idee, im Garten zu speisen. Axilla hatte sie frech von Silanus Gastmahl vor Monaten abgekupfert, denn die heiße Jahreszeit stieg grade auf ihren Höhepunkt. Da war es hier im garten angenehmer als im Haus.

    Bei seiner Antwort kam Axilla erst darauf, wie naiv sie gefragt hatte und wie dumm sie sich da angestellt hatte. Für sie war es eine romantisch verklärte Vorstellung eines Abenteuers gewesen, wie Piraten wohl waren, die aber herzlich wenig mit der Realität zu tun hatte, um die sie sehr wohl auch wusste. Axilla war ja nicht dumm, nur eben mit dem Herzen und mit den Lippen schneller als mit dem Verstand. Ertappt schaute sie weg, den Hügel hinunter auf die Stadt, wo langsam die Lichter angezündet wurden, um der hereinbrechenden Dunkelheit zu begegnen.


    “Oh, ja, natürlich. Das ist… grausam…“


    Verdammt, sie hätte vorher darüber nachdenken sollen. Gerade eben noch hatten sie einen Moment gehabt, in dem sie sich ihm sehr nahe gefühlt hatte, und jetzt wollte sie am liebsten im Boden unter ihr versinken, damit er nicht weiter so grimmig schaute.
    Axilla überlegte, ob ihr ein besseres Thema einfiel, auf das sie einfach wechseln konnte, aber im Moment fiel ihr nichts ein. Also schaute sie einfach nur leicht von Severus weg den Hügel hinunter und versuchte, sich möglichst nichts von ihren Gedanken anmerken zu lassen.

    Axilla konnte sich nichtmal die Hälfte von dem wirklich vorstellen, was Severus erzählte. Die Sterne, die nie untergingen und die je nach Zeit verschieden waren, die Geschwindigkeit, die man ja gar nicht messen konnte so ohne Entfernung, und die Kurse, von denen Axilla keine Ahnung hatte. Trotzdem hörte sie aufmerksam zu und versuchte, es sich vorzustellen.
    “Hast du denn schonmal Piraten gesehen?“ fragte sie in jugendlichem Eifer ohne zu bedenken, welch Schrecknis diese wohl wirklich waren und dass es wenig erstrebenswert war, ihnen zu begegnen.

    Diesmal war es der junge Jude Levi, der losgeschickt wurde, um die Post abzugeben. Geschwind war der Junge durch die Straßen gewetzt und kam nun etwas abgehetzt beim CP an, um die Briefe zu übermitteln.




    Ad
    Marcus Decimus Livianus
    Casa Decima
    Roma



    Salve, ehrenwerter Senator Decimus


    Ich weiß, du kennst mich nicht und wir haben einander auch nie kennengelernt, und trotzdem wollte ich dir diesen Brief hier schreiben. Mein Name ist Iunia Axilla, ich bin eine Cousine von deinem Klienten Lucius Iunius Silanus, der nun Präfekt der Ala in Germania ist.
    Der Grund, warum ich dir schreibe, ist ganz einfach erklärt. Silanus schrieb, dass du aus den Händen der Parther gerettet wurdest und durch Ägypten kamst, ehe du nach Rom zurückgelangt bist. Schade, dass du unser Haus nicht besucht hast. Ich wollte dir versichern, dass du dich unserer Gastfreundschaft als Patron meines Cousins hättest sicher sein können, auch wenn er da schon unterwegs nach Confluentes war.
    Silanus meinte, ich solle zum Dank den Göttern opfern, aber ich finde, dass es eine bessere Idee ist, wenn ich dir schreibe und dich selbst beglückwünsche und dir versichere, dass ich dankbar dafür bin, dass du gerettet wurdest. Auch wenn wir uns nicht kennen, und da du Senator bist und ich in Alexandria wohne auch wohl nie kennenlernen werden.


    Ich hoffe, dass mein Brief auch für dich die bessere Wahl war als ein Opfer, von dem du ja gar nichts mitbekommst.


    Vale


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    Ad
    Publius Iunius Brutus
    Ala II
    Confluentes



    Salve Brutus,


    Silanus hatte mir geschrieben, dass er dich in unsere gens aufgenommen hat, und da wollte ich dich dann auch begrüßen. Auch wenn ich am anderen Ende der Welt sitze, bist du ja jetzt mit mir verwandt, und da sollte man sich vorstellen.


    Ich bin Iunia Axilla und wohne zusammen mit Iunia Urgulania in Alexandria. Ich weiß nicht, wie viel dir Silanus von deiner neuen gens erzählt hat, wer wo ist und wer was macht. Urgulania ist hier in Alexandria Exegetes, das ist ein sehr hohes Amt der griechischen Stadtverwaltung. Ich bin Scriba beim Epistates tou Museion. Ich hoffe, du bist nicht zu geschockt, dass die Iunierinnen hier so gerne arbeiten.


    Wenn ich dich eine Sache fragen darf: Warum hast du den Namen Brutus gewählt? Also, er ist schon schön, aber wenn ich mir einen Namen gewählt hätte, hätte ich mir einen weniger schicksalsbeladenen ausgesucht. Es gab ja schon zwei Iunii Bruti, die auf ewig in den Geschichtsbüchern stehen werden, wovon der letzte nicht so ruhmreich für unsere Familie war. Das soll nun keine Kritik an deiner Namenswahl sein, ich wollte nur wissen, ob du dabei auch an dasselbe gedacht hast, was mir durch den Kopf geschossen ist.


    Ich würde mich freuen, wenn du ein bisschen von dir erzählst, Silanus war doch recht wortkarg. Und ich würde meinen neuen Verwandten schon gerne kennenlernen.


    Vale


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    Sim-Off:

    20 Sesterzen bezahlt

    Ein Brief war gekommen aus Germania. Zunächst hatte Axilla noch geglaubt, dass Rufus ihr wieder zurückgeschrieben hätte, allerdings hatte sie dann das Siegel gesehen mit dem Blitz der Iunier. Er war von Silanus.
    Aufgeregt war sie damit in ihr Schlafzimmer gelaufen und hatte sich aufs Bett gelegt. Es dauerte eine Weile, bis sie sich traute, das Wachssiegel wirklich zu zerbrechen. Sie hatte sich schon damit abgefunden gehabt, nie mehr von ihm zu hören, in der festen Überzeugung, er wäre ihr auf ewig böse und gram. Aber da war nun der Brief, er hatte geschrieben. Vielleicht verstieß er sie auch aus der gens, aber er hatte ihr geschrieben.


    Ganz vorsichtig brach Axilla das Siegelwachs auf und entrollte das Papyrus. Ihre Augen flogen nur so über die Zeilen. Er entschuldigte sich, es war keine Absicht gewesen, schrieb er. Vielleicht war er ja doch gar nicht so wütend mit ihr?
    Doch dann kamen ein paar Merkwürdigkeiten. Verwandte aus Achaia. Ahja. Und wieso sollte Silanus sie mit nach Germania nehmen? Axilla hatte noch nicht einmal gewusst, dass sie da überhaupt Verwandte hatte. Das musste ja dann wirklich sehr weit verwandt sein.
    Und dann schrieb Silanus was von einer Aufnahme in die Gens. Nun, natürlich durfte er sowas machen, und Axilla hatte auch bestimmt nichts gegen Peregrini. Aber bei dem Namen runzelte sie doch etwas die Stirn. Warum bei allen Namen hatte er sich Brutus genannt? Wenn sie es sich selbst aussuchen durfte, würde sie sich sicher nicht „Dummkopf“ rufen lassen wollen. Und es gab ja nun schon zwei sehr berühmte Iunii Bruti, die beide auf ihre Art und Weise unsterblich in der Geschichte wurden, beidesmal durch das Blut eines anderen. Axilla wusste nicht so recht, ob ihr das wirklich gefallen sollte.


    Der nächste Abschnitt war eher etwas langweilig. Sie sollte opfern für jemanden, den sie nicht kannte. Da hatte Axilla eine bessere Idee, die sie auch umsetzen würde. Opfern war nicht ihre Sache, und wenn der Kerl durch Ägypten gekommen war und nichtmal hallo gesagt hatte, würde sie das auf ihre Art in die Hand nehmen.


    Dann schließlich kam der letzte Absatz, und jetzt wurde Axilla doch ziemlich komisch zumute. Frieden mit den Göttern finden deswegen… oha. Das war etwas, über das Axilla noch nichtmal so wirklich nachdenken wollte. Sie legte den Brief beiseite und drehte sich auf den Rücken, starrte hoch zur Decke.
    Irgendwie ein seltsames Gefühl, dass es nun so geendet hatte. Irgendwie so… leer.


    Nach einer Weile kam Leander in das Zimmer herein, ohne irgendeine besondere Aufgabe zu haben. Axilla war ihm ja irgendwie dankbar, dass er in regelmäßigen Abständen einfach mal nach ihr schaute. Aber er war auch der einzige, der das durfte.
    Und sie brauchte Ablenkung. Also schickte sie ihn gleich wieder los, ihr ihr Schreibzeug zu holen. Sie würde einen Brief schreiben, um sich abzulenken.

    Er würde sie nach sowas fragen? Axilla schaute einen Moment perplex zu Severus und fragte sich, ob er das wirklich ernst meinte, als er näher zu ihr rückte und anfing, zu erklären. Im ersten Moment schaute sie gar nicht hoch zum Himmel, sondern blieb mit ihrem Blick auf seinem Körper haften, der ihren jetzt berührte. Er war warm, aber es war trotz der Hitze nicht unangenehm.
    Als Axilla merkte, dass sie noch immer zu dem Octavier schaute, als der ihr schon Cassiopeia zeigen wollte, wendete sie rasch den Kopf und schaute nach dem Sternbild. Die Cassiopeia kannte sie, und auch Ursa Maior, die große Bärin. Sie kannte sogar die Sagen um sie, wie sie die Griechen erzählten. Von Kassiopeia, und wie Iuppiter sie verführt hatte, und dass Diana sie aus Wut darüber in die Bärin verwandelt hatte. Aber dass dort dazwischen irgendwo der Norden lag, das hatte sie nicht gewusst und sie schaute fasziniert dort hinauf.
    “Und woher weiß man, wohin man muss? Ich meine, auf dem Meer sind ja keine Meilensteine, woher weiß man dann überhaupt, wo man ist und ob man noch in eine Richtung muss oder nicht?“

    Das Wissen weitergeben? Axilla lächelte breit und legte den Kopf so schief wie er.
    “Ich bin ein Mädchen. Wer würde mich schon nach sowas fragen?“
    Alle Welt nahm bei einem Mädchen automatisch an, dass sie nichts von solchen Dingen verstand. Sie hatte auch nichts von solchen Dingen zu verstehen, es war im Leben einer Frau nicht wichtig.
    So hätte Axilla ihm auch die Schlacht bei Gaugamela ausführlich beschrieben können, welche taktischen Fehler Dareios gegenüber Alexander damals gemacht hatte. Oder auch die Schlacht um Alesia, die die Frage aufwarf, warum Ceasar es gegen eine so von ihm beschriebene Übermacht geschafft hatte, die Flanken zu nehmen. Aber sie war ein Mädchen, und es fragte sie niemand nach solchen Dingen. Auch wenn ihr Vater es ihr beigebracht hatte, es interessierte niemanden, ob sie es konnte oder nicht.


    Aber Severus schien es durchaus ernst zu meinen, und so wurde auch Axilla ernster und sah ihm tief in die grauen Augen, in denen sich noch das letzte Licht der untergehenden Sonne spiegelte.
    “Ich verspreche es dir.“

    Neugierig lauschte Axilla seinen Ausführungen. Sie hatte schonmal sowas gehört, dass man nach den Sternen Navigieren konnte, aber sie hatte keine Ahnung, wie das ging. Überhaupt, wie das funktionieren konnte.
    “Aber die Sterne bewegen sich doch?“ fragte sie also etwas verwirrt. Der Sternenhimmel drehte sich, und wo in einem Monat der Steinbock des Faunus im Osten aufragte, war es im nächsten Monat die Wasserschlange. Nicht einmal in einer Nacht blieben alle an ihrem Fleck. Axilla hatte schon öfter nachts wach gelegen und die Sterne angeschaut. Sie bewegten sich langsam, aber sie bewegten sich.


    Sie sah Severus neugierig an, und kaute sich einen kurzen Moment auf der Unterlippe herum. Das machte sie immer, wenn sie überlegte und sich nicht so recht traute.
    “Würdest du mir das beibringen?“ fragte sie aber schließlich doch sehr schüchtern.

    Neugierig suchte Axilla das angegebene Haus und meinte es schließlich entdeckt zu haben. Abenteuerlustig strahlte sie Severus an. Er wohnte ja fast wie die Piraten aus den Geschichten! Am liebsten wollte sie es sich von nahem ansehen, aber sie konnte ihr vorlautes Mundwerk nochmal zügeln.
    Dann fragte er sie nach den Sternen, und wie automatisch ging ihr Blick nach oben in den Himmel, der im Moment dieses tiefe und satte blau hatte, wenn die Sonne schon sehr tief stand. Aber noch waren die Sterne nicht zu sehen. Lange würde es aber nicht mehr dauern, denn wie Axilla gesagt hatte, hier ging die Sonne rasch unter.
    “Ja, sehr gerne sogar.“
    Sie sah wieder zu dem Octavier und zögerte einen Moment. Sie redete nicht gern über vergangenes, aber sie wollte es ihm erzählen.
    “Als ich klein war, ist mein Vater mit mir oft nachts hinausgeritten, wenn er heimkam. Einfach so. Dann haben wir uns auf den großen Felsen eine halbe Meile von daheim entfernt gesetzt, und er hat mir die Geschichten erzählt. Vom Jäger Orion, und von der Schildkröte, die zur Lyra wurde. Und von den Plejaden.“
    Axilla sah wieder hinauf in den Himmel, wo ganz schwach die Venus schon zu sehen war als schillernder Abendstern. “Und du?“ fragte sie ganz selbstverständlich zurück, während sie darauf wartete, dass mehr der funkelnden Lichter hervorkamen.

    Erst, als sie sah, wie Severus seine Toga zusammenlegte, kam ihr in den Sinn, wie sie sich gerade einfach hingesetzt hatte. Sie sah peinlich berührt kurz zu Boden und hoffte, dass ihr Kleid nicht zu viele Flecken abbekam. Die Sklavin, die die Wäsche machte, schimpfte jedes Mal wie ein Rohrspatz, und auch wenn es nur eine Sklavin war, Axilla wollte nicht, dass jemand böse mit ihr war.
    Zum Glück schien ihr Severus da nicht böse zu sein, denn er setzte sich zu ihr ins Gras und deutete nach Pharos, wo gerade schon das Licht für die Nacht entzündet wurde. Erst war es nur wie ein kleiner Funke, doch schon bald brannte das große Feuer hell auf.


    Bei den Worten des Octaviers musste Axilla etwas traurig schmunzeln. Niemand verloren auf See, das klang hübsch. Sie fühlte sich häufig verloren, in einer See aus Chaos und Gefühlen. Aber da gab es keinen Leuchtturm, der ihr den Weg wies, wo sie hingehen musste. Ihr Leuchtturm war vor langer Zeit erloschen und würde nicht mehr wieder kommen, seine einzigen Überbleibsel lagen in der Truhe in ihrem Zimmer, seine Asche im Grab in Tarraco.
    “Das klingt sehr schön“, meinte Axilla mit einem ein bisschen traurigen Lächeln, und sah sich dann rasch etwas um, um wieder etwas heitereres zu finden. Sie war heute schon betrübt genug gewesen, sie wollte den Moment nicht kaputtmachen.
    “Und wo ist dien Haus? Sieht man es von hier?“ fragte sie schließlich neugierig, als ihr nicht gleich etwas ins Auge sprang.

    Schweigend gingen sie hoch, und Axilla war einen Moment einfach nur erleichtert, dass er ihr wohl nicht böse war. Er hatte ihre Hand wieder genommen, und sie ging einfach nur stumm neben ihm her und schenkte ihm ab und an einen schüchternen Blick. Aber er war noch da, und er blieb auch da. Allein diese Aussicht brachte Axilla schließlich auch wieder zum Lächeln, erst ganz zaghaft, dann aber doch kräftiger, je höher sie kamen.


    Oben angekommen war die Aussicht fantastisch. Der Sommer hielt Einzug und in der warmen Luft schienen die Farben noch viel satter und dunkler. Wenn man in Richtung Land schaute, sah man in der Ferne die Hitze über dem Nil flimmern, wie ein wabernder Film. Die Getreidefelder etwas abseits verschwammen zu einer goldenen Masse wie flüssiger Honig, und die langsam niedergehende Sonne verwandelte sie nach und nach in immer goldenere Töne.
    Und zur Stadt hin strahlten die Häuser im weißen und gelben Kalkputz. In der Basileia blitzte der Marmor und die feinen Dächer mit ihren roten und braunen Lehmschindeln, im Delta waren es mehr Flachdächer, ebenso im Brucheion, wo hauptsächlich Griechen wohnten. Hier und da konnte man in die Atrien von oben sehen, wo die Büsche besonders hoch wuchsen. In Rhakotis schließlich verlor sich jede Struktur und jede Gleichförmigkeit, so dass es wie ein wild zusammengewürfelter Haufen von Gebäuden aussah.
    Und noch weiter nach Norden schließlich lag der Hafen und die Halbinsel, auf der auch der Leuchtturm am äußersten Ausläufer zu finden war. Bei Flut war er ganz vom Festland getrennt. Die Menschen am Markt wirkten aus der Entfernung nicht viel größer als Spielzeuge, wie sie geschäftig herumwuselten. Auch wenn sie geschäftig wirkten, ihre Stimmen drangen nicht bis hier heroben. Hier herrschte nur Vogelgezwitscher und das beständige, überall in der Stadt hörbare Rauschen des Meeres.


    Axilla ließ Severus’ Arm los und machte ein paar Schritte vom Weg hinunter in das dichte Gras, das hier oben wuchs – und damit es nicht austrocknete auch von gewissenhaften Gärtnern täglich gegossen wurde. Am liebsten hätte sie ihre Schuhe ausgezogen. So aber drehte sie sich nur einmal lachend im Kreis.
    “Ist es nicht wunderschön?“ fragte sie, als hätte sie heute noch überhaupt nichts zu betrüben vermocht und ließ sich dann lächelnd einfach auf dem Gras nieder, ohne darüber nachzudenken, dass ihr Kleid dadurch wohl ein paar Flecken bekommen könnte. Oder auch, dass die Toga von Severus auch eine der steinernen Bänke am Weg mehr goutieren würde. Sie pflückte einfach eine der wilden Blumen, die hier überall zwischen dem Grün wuchsen, und wartete, dass ihr Begleiter zu ihr kommen würde, während sie schon wie selbstverständlich mit dem Erklären anfing.
    “Da unten ist der Hafen. Von hier oben sehen die Schiffe richtig klein aus, nicht? Oh, und da drüben ist das Haus, in dem ich wohne. Das da, mit den roten Ziegeln auf dem Vordach.“

    Bei dem Wort Ehemann sah Axilla kurz etwas zerknirscht auf. Urgulania hatte ja keine Ahnung, dass sie schon ZWEI Anträge erhalten hatte. Auch wenn sie sich sicher war, dass Silanus seinen nicht wirklich überdacht hatte und Rufus seinen eigentlich nur aus Mitleid überhaupt vorgebracht hatte, und alle beide nicht angemessen waren. Aber irgendwann würde sicher ein Antrag kommen, den sie dann nicht mehr ablehnen konnte, und da machte sich Axilla eigentlich ein wenig Sorgen. Und dass Urgulania das nun so erwähnte und auch die zeitliche Komponente ins Spiel brachte, machte das ganze nicht gerade besser.
    “Ähm, ja. Dann mach ich mich wohl besser ans Planen, damit auch alles fertig ist.“
    Axilla versuchte, zuversichtlich zu klingen, was aber vollkommen misslang. Sie war Urgulania über ihre Hilfe ja sehr dankbar, trotzdem blieb das ungute Gefühl, dass es wohl alles in einer Katastrophe enden würde. Auch wenn Urgulania sicher nur ihr bestes wollte und den Teil ihrer Erziehung einfach in Angriff nahm, der bislang vernachlässigt worden war.
    “Ähm, ja. Dann ruh dich noch schön aus und erhol dich gut.“
    Axilla stand auf und wollte schon losgehen, um das geplante Essen nun in Angriff zu nehmen, drehte sich dann aber nochmal um und umarmte einmal kurz Urgulania herzlich und kindlich. “Danke“, meinte sie ohne näheren Zusammenhang und schwirrte dann auch schon los. Es gab ja viel zu tun, von dem sie insgesamt nicht die geringste Ahnung hatte!

    “Ich soll…? Ich, ähm, meinst du wirklich? Ich meine, du hast ja viel mehr Erfahrung mit sowas, und…?“
    Urgulania sah so aus, als würde sie das wirklich ernst meinen. Axilla wurde ein wenig kleiner und sah etwas zweifelnd drein. Sie war noch nie Gastgeberin gewesen. Nun, außer bei Rufus, aber das zählte ja nicht. Sie hatte keine Ahnung, was sie da alles machen musste.
    Aber Urgulania sah wirklich so aus, als meinte sie das wirklich, wirklich ernst.
    “Also, ich… kann es versuchen. Also, das Essen und so krieg ich hin. Aber…. hilfst du mir beim Tischgespräch?“
    Ein verzweifelter Blick folgte Axillas Bitte. Sie war in sowas wirklich nicht gut. Beim letzten Mal, dass sie Gäste hatten, hatte sie beim Tischgespräch einen Gast in Grund und Boden gebrüllt.

    Ihr Kopf war noch auf ihren Schultern und Urgulania schien nicht böse zu sein. Axilla schaute kurz unsicher auf und tatsächlich: Sie lächelte! Ganze Gebirgslandschaften fielen Axilla in diesem Moment vom Herzen und sie musste hörbar einmal erleichtert ausatmen. Doch dann kamen die Fragen von Urgulania und sie merkte, wie unbedarft sie an die Sache herangegangen war.
    “Ähm, also er heißt Gaius Pompeius Imperiosus und kommt aus Rom. Mehr hab ich ihn ehrlich gesagt nicht gefragt, aber Nikolaos hat ihn mir vorgestellt. Vielleicht weiß er mehr?
    Zu seinen Befugnissen weiß ich auch nichts. Er erzählte nur, dass er morgen Vormittag in Nikopolis ist, daher denk ich, wird er auch Terentius Cyprianus befragen.“

    Axilla zuckte entschuldigend mit den Schultern. Sie war ja schon froh, dass Imperiosus sie nicht als Zeugin befragen wollte, was am Hafen gewesen war. Da hatte sie ihn nicht noch extra drauf stoßen wollen.

    Jeden Stress vermeiden. Wieso nur bekam Axilla bei diesen Worten ein so schlechtes Gewissen, dass man es ihr buchstäblich am Gesicht ablesen konnte? Vielleicht sollte sie losgehen, und Imperiosus noch irgendwie abzusagen versuchen? Irgendwie musste das doch gehen, ohne dass er sich abgewiesen vorkam? Vielleicht fragte sie Nikolaos um Hilfe…
    “Ähm, also… Ich war ja im Odeion, wie du weißt. Oh, es war wirklich sehr schön, die Musik und alles! Also, schade, dass du nicht da warst, aber vielleicht können wir ja einen Künstler mal hier einladen? Noch sind ja alle da, und einige waren wirklich ganz toll und…“
    Axilla sah ihrer Cousine nur einen Augenblick in die Augen und merkte, dass ihr Ablenkungsversuch wohl durchschaut worden war. Sie fing wieder an, auf ihrer Unterlippe herumzukauen, wie sie es immer machte, wenn sie nervös war.
    “Ähm, ja, also, es ist so, aus Rom ist ein Abgesandter hier in Alexandria, der das alles untersuchen soll. Du weißt schon, die Aufstände und so weiter. Ich denke, wegen den Sachen, die in der Acta standen. Und naja, wie der Zufall so will, saß ich genau neben ihm beim Agon. Und wir kamen so ins Gespräch, und er machte mir ein paar Komplimente, und… dann… also…. Ich hab ihn zum Essen eingeladen. Morgen Abend.
    Aaaaber wenn es dir nicht so gut geht und du lieber Ruhe haben möchtest, dann sag ich ihm wieder ab! Also, ich krieg das ganz bestimmt hin, und bestimmt hilft mir Nikolaos auch, wenn ich ihn lieb bitte. Damit der Gesandte nicht denkt, es wäre wegen ihm. Oder wegen dir. Also, damit er nicht denkt, er wäre nicht willkommen! Ich meine, er ist doch willkommen, oder? Und wenn nicht, dann sollte ich ja sowieso absagen…“

    Direkt, nachdem es raus war, was sie Urgulania sagen wollte, überschlug Axilla sich beinahe im Zurückrudern. Sie wollte es ihrer Cousine ja sehr gerne recht machen und auf gar keinen Fall wollte sie heute noch symbolisch geköpft werden.

    Und wieder war Leander mit 10 Sesterzen und einem Schreiben bewaffnet worden, welches er beim CP abgeben sollte. Und so legte er beides wieder auf den Tisch des zuständigen Postbeamten.


    Ad
    Marcus Duccius Rufus
    Casa Duccia
    Mogontiacum
    Germania Superior



    Salve Ragin,


    Ja, natürlich ist es ein Hippopotamus (hab extra nachgeschaut, wie die heißen). Und unterschätz die nicht, die sind riesig, und im Wasser richtig schnell. Du weißt doch noch das Krokodil, das dich beinahe gefressen hätte, als wir angeln waren an meinem Geburtstag? Wenn stimmt, was ich gelesen habe, dann haben die Angst vor den Hippos, und wenn so eine riesige Echse vor etwas Angst hat, muss es ja wirklich gefährlich sein.


    Ich weiß nicht, was ich dir über die Germanen schreiben soll. Ich will ja nichts falsches schreiben, oder dass du beleidigt dann bist mit mir. Ich meine, außer dir kenn ich ja gar keinen Germanen, daher weiß ich ja auch gar nicht, was jetzt stimmt und was nicht, und ich weiß ja auch gar nicht, was du jetzt genau wissen willst.
    Ich weiß, dass die Germanen jenseits des Limes wohnen. Und dass sie keine Städte wie wir haben, und es zwischen ihren Orten keine Straßen gibt wie bei uns. Vom militärischen weiß ich, dass sie keine Legion und keine disziplinierte Schlachtordnung haben. Vater meinte, sie hätten das Herz auf dem rechten Fleck beim Kämpfen, nur hätten sie nicht die nötige Disziplin dabei und würden sich zu sehr reizen lassen, ihre Formationen aufzubrechen.
    Das andere möchte ich lieber alles nicht schreiben.


    Hier in Aegyptus hat sich auch einiges ergeben. Die Kanzlei in Rom hat jemanden wegen den Aufständen hergeschickt. Pompeius Imperiosus heißt er. Wie Fortuna es so wollte, saß er bei den musischen Wettkämpfen neben mir und kommt heute Abend zum Essen vorbei. Er ist wirklich sehr nett.
    Trotzdem hoffe ich, dass er nicht rausfindet, dass ich am Hafen war. Am Ende merkt Urgulania das auch noch, und dann bekomm ich noch richtig Ärger von zwei Seiten. Abgesehen davon kann ich ja keinen kaiserlichen Gesandten anlügen, einen Freund verraten geht aber auch nicht. Also drück mir die Daumen (auch wenn der Brief erst ankommt, wenn der Besuch schon lange vorbei ist).


    Vale


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    Sim-Off:

    10 Sesterzen bezahlt

    Ah, gut, sie war da! Axilla kam zu ihrer liebsten Cousine hin und sah sie sehr entschuldigend an.
    “Entschuldige. Es ist nur so, ich wollte gleich mit dir sprechen und… Oh, was hat eigentlich der Medicus gesagt? Geht es dir wieder besser?“
    Als Axilla ihre Cousine letztendlich sah und sich zu ihr setzte, war für einen halben Herzschlag lang die Einladung ganz vergessen. Meistens war Axilla zwar ein ausgemachter Trampel, aber gerade wenn es um Krankheiten ging, war sie doch sehr besorgt und sehr feinfühlig. Und gerade bei Urgulania machte sie sich da besonders Sorgen. Immerhin war sie ihre einzige Bezugsperson hier, und die einzige ihrer gens, die noch in Ägypten war.