Er fand sie wohl wirklich hübsch! Sie hatte ihren Kommentar einfach nur gedankenlos dahingesagt, ohne Hintergedanken oder gar, um nach Komplimenten zu fischen, und trotzdem bekam sie eines. Schon wieder.
Und er sah sie die ganze Zeit über an. Sie gingen langsam zu dem Weg, der hinauf zum Paneion ging, aber trotzdem sah er die ganze Zeit zu ihr herunter. Axilla bemerkte ja nicht viel im Allgemeinen, aber das bemerkte sie schon. Vor allem wie er sie ansah…
Ein ganz merkwürdiges Gefühl begann sich in ihr breitzumachen. Und je länger sie darüber nachdachte, was es war, umso klarer wurde ihr, dass sie Angst hatte. Ja, richtige, profunde Angst. Nicht vor ihm, das sicher nicht. Sie griff seinen Arm beim Gehen etwas fester und kam ihm daher auch etwas näher, genoss es auch richtig. Sie vermisste dieses beschützte Gefühl in der Nähe eines Mannes und genoss seine Nähe daher jetzt besonders.
Aber sie hatte Angst vor dem Fluch. Was, wenn er sich in sie verliebte? Und sie sich in ihn? Dann würde er weggehen. Alle gingen dann weg. Jeder Mann, für den sie Gefühle hatte, selbst egal, welche. Ihr Vater war gestorben. Silanus war gegangen, erst nach Rom, und dann schließlich ans andere Ende der Welt, nach Confluentes. Dann Timos, den sie seitdem auch nur ein, zwei Mal gesehen hatte und der sie nicht einmal besucht hatte, als sie krank war. Zuletzt selbst Rufus, mit dem sie eigentlich nur befreundet hatte. Severus war Nauarchos, der nur auf sein Schiff wartete. Ganz sicher würde er fortsegeln, sobald sie irgendwelche Gefühle für ihn entwickelte. Ganz bestimmt. Und sie wollte nicht, dass er wegging.
Pluto musste viel Spaß haben, sie mit diesem Fluch so zu belasten! Und dabei wusste Axilla nichtmal, was sie dem Gott getan haben könnte. Oder Venus, oder irgendeiner Gottheit.
So wurde sie etwas schweigsamer und auch etwas bedrückter, während sie so sich auf den Weg machten. Es dauerte eine Weile, bis sie merkte, dass sie gar nichts mehr sagte. Aber was sollte sie dazu eigentlich genau sagen? Severus würde sie für verrückt halten, und abgesehen davon konnte sie es ihm sowieso nicht sagen. Sie konnte ihm ja nicht einfach unterstellen, er würde für sie Zuneigung empfinden. Nein, das ging gar nicht.
“Hast du eigentlich eine große Familie?“ fragte sie also, um überhaupt irgendwas zu sagen. Sie konnte ihn ja nicht jetzt fortan anschweigen, nur weil er sie ansah.