Beim Thema öffentliche Thermen konnte Axilla nicht so wirklich mitreden. Sie war zwar sicher nicht prüde, aber trotzdem badete sie nie im Gymnasion. Auch wenn sie sich dort sicher gut unterhalten könnte, aber das fiel bestimmt unter die Dinge, die anständige, römische Damen nicht zu tun pflegten.
Sie wollte grade schon ihr Angebot dann machen, als Nikolaos ihr zuvor kam. Eigentlich konnte sie ihm da gar nicht böse sein, dass er auf denselben gedanken wie sie gekommen war. Eigentlich war das ja sehr liebenswert von ihm. Eigentlich sollte sie ja sogar froh sein, denn so konnte Urgulania dann nichts zu hören bekommen und böse auf sie sein. Eigentlich. Aber un-eigentlich passte es ihr nicht. Jetzt konnte sie wieder Rufus nicht ausfragen und war weiter unter Nikolaos’ Aufsicht. Das war ja fast schlimmer, als vor einigen Wochen, als Silanus noch ihr Vormund war. Nikolaos war eindeutig besitzergreifender, und dabei war sie doch eigentlich nun emanzipiert!
Naja, wie dem auch sei, es nützte nichts. Ihre Mittagspause war wohl eben für beendet erklärt worden, wenn sie Nikolaos’ freundliche Aufforderung richtig verstand. Aber man konnte sich das ja auch nicht immer so heraussuchen. Schade eigentlich, sie hätte sich wirklich gerne mit Rufus ein wenig unterhalten. Aber mit ihrem Arbeitgeber direkt daneben traute sie sich nicht so recht.
“Natürlich, Gymnasiarchos“, meinte sie, die Resignation in ihrer Stimme kaum verbergen könnend. Und auch, dass sie ihn mit seinem Amt ansprach und nicht mit Namen sprach wohl Bände.
Vielleicht konnte sie ja Rufus nach seinem „frisch machen“ dann zur Regia begleiten, ohne Nikolaos. Wobei sie kaum Hoffnung hatte, dass er das zulassen würde. Im Moment hatte sie eher das Gefühl, er würde sie am liebsten bei sich halten. Als ob er eifersüchtig wäre oder sowas, wobei sie nicht wüsste, welchen Grund er dazu hätte. Aber die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt.
Außerdem musste sie Rufus begleiten, er war ja ihr Gast. Den konnte sie nicht allein in der Basileia herumspazieren lassen. Egal, ob Nikolaos Gymnasiarchos oder sonst was war.
Beiträge von Iunia Axilla
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Bei Rufus’ Schnaufen drehte sich Axilla zu ihm und sah ihn lächelnd, aber ein wenig verwirrt an. Welchen Grund hatte er, so erleichtert zu sein? Die Soldaten am Tor waren doch sehr nett gewesen? Oder hatte er Angst, dass er wegen dem Hund nicht hätte reinkommen dürfen? Axilla schüttelte nur kurz lächelnd den Kopf und wollte fröhlich losmarschieren. Zwar war Nikolaos immer noch wie ein Schatten neben ihr, aber sie war fast zuhause und das gab ihr Sicherheit. Aber da wandte sich Rufus an sie, so dass sie sich noch mal zu ihm herumdrehte.
“Hilfe? Achso, das meinst du. Ach, weißt du, normalerweise schicken die Fremden immer ein oder zwei Wachen mit, damit sie keinen Blödsinn hier drinnen anstellen. Aber ich vertrau dir da einfach, dass die unnötig sind.“
Beinahe wär ihr ein schelmisches „und wenn du doch was anstellst, verhau ich dich“ herausgerutscht, aber das konnte sie grade noch zurückhalten. Vor Nikolaos wäre das vermutlich auch nicht so gut angekommen. Und sie kannte Rufus nicht gut genug, um zu wissen, ob er solche Scherze denn vertrug. Außerdem wollte sie doch endlich zu einer anständigen, römischen Frau werden und weniger Chaos.
Seine andere Frage aber ließ sie kurz überlegen.
“Hier in Basileia? Uff, also die Thermen sind eigentlich mehr im Brucheion. Die Leute die hier leben, haben ja alle Bäder in ihren Häusern.“
Beim letzten Satz blickte sie auf und schaute Rufus sehr eindringlich an. Sie überlegte, das konnte man ihr regelrecht ansehen. Sie kannte ihn ja eigentlich gar nicht, und sie wollte ja auch nicht, dass Nikolaos sie bei Urgulania dann verpetzte. Aber andererseits, was war schon dabei, wenn er sich kurz bei ihr zuhause wusch und umzog? Das dauerte ja vielleicht zehn oder fünfzehn Minuten, wenn er nicht grade ein Entspannungsbad nehmen wollte. Und sie wollte ja sowieso heim. Jetzt nicht baden, da würde sie ihn dann auch allein lassen, aber wenn sie sowieso heim ging und es ja auch nur kurz war….
“Hmmm, du brauchst doch nicht lange dafür, oder? Also, nur waschen und umziehen, richtig?“ -
Urgulania antwortete dem Prudentier in einer selbstsicheren Art, die Axilla nur bewundern konnte. Sie hätte ihren Familiennamen sicher nicht so edel klingen lassen können, obwohl er das ja durchaus war. Aber Urgulania war einfach ganz und gar eine römische Matrone, und in Momenten wie diesen konnte man das richtig spüren. Axilla lächelte Prudentius Scipio bei den Worten ihrer Cousine kurz verlegen zu und wollte gerade auf dessen Frage antworten, als der Gymnasiarchos plötzlich zu ihnen kam und sie begrüßte und ein Gespräch mit Urgulania begann. Axilla suchte noch eine kurze Pause, um vielleicht doch auf die Frage des Prudentiers zu antworten, aber ihr Chef und ihre Cousine gaben ihr dazu nicht wirklich die Möglichkeit. Und dazwischenreden kam heute nicht in Frage, sie wollte sich ja schließlich benehmen.
Als Nikolaos sie so unvermittelt nach ihrem Vormund fragte, blinzelte Axilla kurz perplex. Hatte sie ihm nicht schon gesagt, dass der nach Rom gehen würde, gleich bei ihrem Einstellungsgespräch? Naja, sie konnte es ja noch mal wiederholen.
“Ich nehme an, es geht ihm bestens. Er ist vor einigen Tagen nach Rom nun abgereist, ich nehme an, er ist schon da und in den nächsten Wochen erhalten wir dann einen Brief. Er ist übrigens nicht mehr mein Vormund, ich bin sui iuris.“
Axilla war sich zwar ganz sicher, dass sie ihm das schon erzählt hatte, aber einmal mehr oder weniger war ja egal. So musste sie es dann auch Prudentius Scipio nicht noch mal erzählen, sollte er fragen. Aber erstmal wollte sie dessen Frage überhaupt beantworten. Urgulania und Nikolaos würden sich sicher ohne sie auch blendend unterhalten, also trat sie einen Schritt mehr zu dem Prudentier, um sich mit ihm zu unterhalten. Jetzt war sie ja vorgestellt, und so unterbrach sie auch nicht das Gespräch ihrer Cousine mit dem Gymnasiarchos.
“Was deine Frage angeht zu dem Brautpaar. Also, ich kenne den Bräutigam, Ánthimos ein bisschen. Und sein Bruder Timótheos war scriba personalis meiner Cousine.
Kennst du das Brautpaar denn gut?“
Nun, das war vielleicht nicht die allerintelligenteste Frage, aber Axilla war neugierig. Und wenn er schon so fragte, konnte sie ja auch zurückfragen. -
Ein klein wenig war Axilla neben Nikolaos hergetrottet wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird. Sie konnte sich eigentlich etwas schöneres vorstellen, als ihre Pause mit dem Gymnasiarchos zu verbringen. Oh, sie mochte ihn ja eigentlich, so wie Axilla grundsätzlich einmal jeden mochte. Aber er hatte so eine Art an sich, dass sie sich vorkam, als würde sie irgendetwas schrecklich falsch gerade machen. Das war doch sehr unangenehm, und am liebsten wollte Axilla flüchten.
Aber stattdessen machte sie die kleine Stadtführung mit und schließlich waren sie dann auch am Tor zur Basileia angekommen. Gut, dass Cleonymus sich entschlossen hatte, sie allein zu lassen, denn sonst wäre das hier nun vielleicht kompliziert geworden. Aber so war es eigentlich gar nicht mehr so kompliziert. Als sie so auf die Wachen zugingen, schaute Axilla einmal prüfend zu Rufus. Sie musterte ihn richtig eingehend und rieb sich dabei einmal sogar überlegend das Kinn. Dann hatte sie den Entschluss gefasst, das Ganze noch ein wenig zu vereinfachen.
Sie und Nikolaos konnten ja ohne langes Brimborium normalerweise in die Basileia. Sie wohnten da ja. Und da sie schon mal hier war und ihr Rufus nicht wie ein gefährlicher Mensch aussah und sie ja auch seine Cousine kennengelernt hatte und sie ohnehin ein sehr großes Grundvertrauen in alles und jeden hatte, würde sie ihn einfach als ihren gast mitnehmen. Auf zwei Wachposten, die ihnen auf dem Weg zur Regia hinterherdackeln würden, konnte sie nämlich gut und gerne verzichten. Sie würde ja am liebsten auch Nikolaos wegkomplimentieren, um Rufus etwas besser ausquetschen zu können. Aber das ging nicht.
Also schritt sie einfach zu den Wachen und winkte ihnen fröhlich zu, wie sie es eigentlich jeden Tag machte, wenn sie mal eben schnell heimhuschte. Manche winkten ihr sogar ab und an zurück.
“Salve. Ich habe einen Gast dabei. Duccius Rufus.“
Axilla brachte es fertig, das ganze so rauszubekommen, als wären sie und er seit Kindesbeinen an Freunde und es wäre das Selbstverständlichste auf der Welt, dass sie ihn mitnahm. Aber sie musste sich dabei gar nicht mal verstellen, sie meinte ja durchaus ernst, dass er ihr Gast war. Er würde sich schon benehmen. Und wenn sie bei der Regia waren und seine Cousine ihn in Empfang nahm, dann war das sowieso nebensächlich.
“Müsst ihr ihn dann noch durchsuchen, oder dürfen wir gleich weiter?“
Immerhin wollte sie noch was von ihrer Mittagspause haben. Aber sie stellte die Frage eher neugierig und strahlte dabei übers ganze Gesicht, wie sie es eigentlich immer gegenüber Soldaten so tat. Natürlich verstand sie, wenn er trotzdem durchsucht würde. Hauptsache, sie hatten nicht gleich noch mehr Babysitter dabei. War ja auch unnötig für die paar passus. -
Sie durfte den Hund anfassen? Und Rufus hatte da nichts dagegen? Die meisten Hundebesitzer wollten das ja nicht, immerhin war ja der Sinn eines Wachhundes, dass er sich eben nicht von anderen Menschen anfassen ließ. Aber wenn sie so aufgefordert wurde, da sagte Axilla ja natürlich nicht nein.
Auch wenn Cleonymus hier immer noch stand und auch Nikolaos immer noch mit strengem Blick daneben, war das Axilla in diesem Moment egal. Sie strahlte Rufus an und lächelte dabei offen und ehrlich, ehe sie sich zu Amala hinabbeugte. Da lächelte sie dann nicht mehr so, zumindest so dass der Hund ihre Zähne nicht sah. Das mochten viele Hunde nicht, das wusste Axilla. Aber ihre Mundwinkel waren doch deutlich nach Oben verrückt, als sie den Hund berührte.
“Na, Amala. Gefällt es dir hier in Aegyptus? Ist warm mit dem vielen Pelz, nicht? Aber da gewöhnst du dich schon dran.“
Eine Hand vor der Schnauze des Hundes, damit sie ausführlich schnüffeln konnte, die andere sanft das Ohr kraulend. Axilla mochte Hunde, die hatten sowas beschützendes. Da fühlte sie sich gleich ein wenig sicherer. Im Gegensatz zu den beiden Pyrtanen hier neben ihr, die ihre Nervosität in nicht unerheblichem Maße anwachsen ließen.
Als Rufus dann ein wenig drängelte, stand sie natürlich sofort wieder richtig auf. Die frage ging an die beiden Männer. Wäre es nach ihr gegangen, wären sie und Rufus ja schon längst losgelaufen und sie hätte ihn alles mögliche gefragt. Es gab ja selten die Möglichkeit, jemanden auszufragen, was am anderen Ende des Imperiums so los war. Und ganz offensichtlich hätte sie ihn sehr viel fragen können. Aber das ging ja nicht mit den beiden Griesgramen da neben ihr. Sie fragte sich wieder, ob sie nicht einfach irgendeinen Vorwand erfinden sollte und doch gleich wieder zur Arbeit los. Mit Nikolaos und Cleonymus zum Tor der Basileia zu kommen stellte sie sich nicht besonders spaßig vor.
Axilla war ja manchmal schon bis zur Unendlichkeit naiv. Aber dumm war sie bei weitem nicht, und auch nicht blind und taub. Sie hatte sehr wohl mitbekommen, dass einige Römer auf die Griechen alles andere als gut zu sprechen waren. Daher hätte Rufus es wahrscheinlich leichter, würde er allein ohne diesen ganzen Anhang dann zum Tor gehen. Aber das konnte sie so nicht sagen und erst recht nicht vorschlagen. Aber je länger sie darüber nachdachte, umso sicherer war sie, dass sie nicht unbedingt dann dabei sein musste, wenn eine römische Wache dann schlechte Laune hatte. Sie verstand sich ja mit den Wachen am Tor ausgesprochen gut. Das wollte sie nicht ändern. -
“Ja, natürlich, ich werd das dann gleich machen.“
Eigentlich war sie ja kein Bote, aber nungut, Arbeit war Arbeit. Wenn der Gymnasiarchos meinte, dass sein Scriba höchstselbst Briefe austragen sollte, würde sie Briefe austragen. Sie lief ja eigentlich ausgesprochen gern.
Sie wollte gerade sich weiter mit Rufus unterhalten, als der Kosmetes kam. Im Schlepp zwei große Männer, allesamt bewaffnet. Und dabei war er gar kein Strategos mehr! Axilla hatte gedacht, nur die Stadtwache dürfe bewaffnet herumlaufen. Aber offenbar durfte ein Kosmetes das auch. Sah zumindest so aus, und sie würde nicht danach fragen. Auch wenn ihr die Frage geradezu auf der Zunge brannte.
Der Hund stellte sich sofort beschützend vor sein Herrchen und knurrte die drei bedrohlich an. Braver Hund, wirklich, fand Axilla. So musste ein guter Wachhund sein. Sie mochte Amala, beschloss sie ganz spontan. Das Knurren schreckte sie nicht weiter, auch wenn es eindeutig bedrohlich klang. Aber sie hatte immer schon einen Hang zum Leichtsinn.
Nikolaos stellte alle vor und Rufus gab dem Hund ein Zeichen, so dass dieser auch wieder still war. Armer Rufus. Axilla würde sich ja jetzt schon am liebsten unter einem Vorwand entschuldigen, wie musste es ihm da erst gehen? Das halbe Pyrtaneion lief hier bei ihm auf, und dabei war er erst ganz neu hier. Vielleicht sollte sie gehen, dann waren die Männer unter sich? Aber eigentlich war das schade, denn Axilla hatte wirklich nur sehr selten jemanden in ihrem Alter zum sprechen. Schade, dass sie nicht allein waren, dann hätte sie ihn viel mehr ausfragen können, nach Mogontiacum und dem Hund und dem Pferd und überhaupt. Aber so musste sie sich wenigstens einigermaßen benehmen.
Ihr fiel wieder ein, was Rufus vorhin gesagt hatte. Sie schaute noch mal auf den Hund.
“Das ist eine Hündin? Hui.“
Dann musste Rufus wohl reich sein. Sie wusste ja nicht, ob es in Mogontiacum viele solcher Bärenhunde gab. Aber wenn das so ähnlich war wie bei den Molossern – und davon ging sie aufgrund der Größe des Tieres einfach mal aus – dann verkaufte man normalerweise nur Rüden und behielt die Hündinnen selber für die Zucht. So ein Molosser war verdammt teuer, und eine Hündin musste dann noch teurer sein. Vielleicht war sie hier wirklich etwas fehl am Platze unter so gewichtigen Persönlichkeiten. Sie fühlte sich gleich noch ein wenig mehr eingeschüchtert. Und das, obwohl sie eigentlich von Natur aus recht forsch war. Doch sie wollte doch alles richtig machen, das hatte sie sich doch so fest vorgenommen. -
Das war ja ein Themenwechsel, der selbst für Axilla überraschend war. Und dabei war sie eine wahre Meisterin auf dem Gebiet des spontanen Themenwechsels.
“Die Schülerlisten? Ja, die hab ich mit den anderen Schreibern fertig gestellt, während du dich mit dem Kosmetes unterhalten hast. Also, sie war ja schon da fertig, wir haben sie nur noch abgeschrieben, für das Archiv und das ehemalige… dingens… Bouleuterion." War ihr doch glatt der Name entfallen. War aber auch ein Wort, das im normalen Sprachgebrauch wohl eher selten vorkam.
Irgendwie konnte sich Axilla der Annahme nicht erwehren, grade wieder irgendwas fürchterlich falsch gemacht zu haben. Aber was denn? Sie unterhielt sich doch nur? Und was könnte Nikolaos dagegen haben, wenn sie sich in ihrer Mittagspause mit einem Landsmann unterhielt? Wobei er ja kein Landsmann war, sie war ja Römerin aus Tarraco und er Germane mit römischem Bürgerrecht. Aber Axilla sah sowas ja ohnehin gerne großzügig. Sie unterhielt sich ja auch mit jedem Griechen nicht anders als sie es mit einem Stadtrömer getan hätte. -
Nikolaos wollte auch nach Hause? Oder nur während der Mittagszeit? Axilla hatte sich schon fast Sorgen gemacht, ob er ihr ihren Abstecher zuhause nicht übel nehmen würde, aber wenn er selber heim wollte, dann war es wohl nicht so tragisch. Allerdings fragte sie sich, was sie dann am Nachmittag machen sollte, wenn er daheim blieb, denn soweit war alles ziemlich fertig. Wobei… sie könnte sich mit den anderen Schreibern noch ein wenig unterhalten und die etwas besser kennen lernen. Sie brachte immer noch zwei oder drei Namen durcheinander.
“Freut mich auch, dich kennen zu lernen. So viele Römer gibt’s hier nicht in meinem Alter. Öhm, oh.“
Das war ihr so rausgerutscht, das wollte sie eigentlich weder vor Duccius Rufus noch vor Nikolaos so eigentlich sagen. Aber es freute sie nun mal wirklich, jemanden in ihrem Alter kennenzulernen. Die meisten Römer hier waren beim Militär oder alt oder beides. Jemand, der wie sie einfach nur hier war, das hatte sie noch nicht getroffen. Außer Aelius Archias vielleicht, wobei der ja auch älter als sie war.
Und lustig, dass Rufus gerade auf Venusia zu sprechen kam, wenn sie an Aelius Archias dachte. Und auch gut, dass er auf sie zu sprechen kam, lenkte das von ihrer vorschnellen Bemerkung von vorhin ab.
“Oh, ja, ich hab sie einmal getroffen. Also, kennen ist jetzt zuviel gesagt, ich war mit ihr einmal essen. Also… huh, das ist eine längere Geschichte. Als ich hier neu angekommen war, war ich beim cursus publicus, Post abgeben, und da hat mich Aelius Archias – also der arbeitet im cursus publicus hier an der Agora – also, er hat mich zum essen eingeladen. Und auf dem Weg ist er Duccia Venusia auf den Fuß getreten. Die war da mit der Frau des praefectus unterwegs. Und um sich zu entschuldigen, hat er dann die beiden auch noch eingeladen. Und dann waren wir zu viert essen.“
Das klang jetzt vielleicht etwas wirr, aber das war so! Also konnte sie mit einem eindeutigen jein auf die Frage antworten. -
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Mehr eine Frage denn ein Eintrag:
Da der Vater meiner ID ja tot ist und Lucius Iunius Silanus nicht mehr mein Tutor ist, müsste ich nicht eigentlich dann ein sui-iuris-Zeichen haben?
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“Ah, dann müssen sie auch groß sein. Ich hab nur einmal einen Bär gesehen, und der war RIESIG.“
Axilla wäre beinahe ins fröhliche, unbeschwerte Plappern verfallen, aber dann knurrte der Hund plötzlich, und sie wurde von schräg hinter sich begrüßt. Sie schaute nicht schlecht, als Nikolaos so unvermittelt da stand und vor dem Hund halb zurückwich. Hatte er Angst vor Hunden? Axilla, die außer vor dem Alleinsein vor so ziemlich gar nichts Angst hatte, sah ihn etwas perplex an, als Rufus den Hund auch schon mit einem kurzen, heftigen Wort, das sie nicht verstand, zur Ruhe brachte.
“Chaire, Nikolaos…“, meinte sie also etwas überrascht und hörte danach wieder dem jungen Mann zu, der auf Latein erklärte, was er wollte.
Jetzt wieder zu dieser Sprache umzuschalten verwirrte Axilla fast noch ein wenig mehr, auch wenn es ihre Muttersprache war. Aber ständig hin und her, das war nicht einfach. Dazu noch ihr Arbeitgeber und ein großer Hund und ein Pferd und ein Germane, das war richtig viel Abenteuer auf einmal. Aber eigentlich genoss sie das ja, da fühlte sie sich lebendig.
“Ich kann dich hinbringen, wenn du magst. Ich wollte eh noch daheim vorbei, von da ist es nur ein Katzensprung.
Äh, also, bevor ich wieder zur Arbeit komme, natürlich.“ Den letzten Satz warf sie noch kurz hinterher, an Nikolaos gewandt. Nicht, dass der dachte, sie machte sich heute für den restlichen Tag einen faulen Lenz.
“Oh, achja, Manieren. Ich bin Iunia Axilla.“ -
Sim-Off: Ich helf mal
Mittagspause war eine herrliche Erfindung. Zwar war es lange nicht mehr so heiß wie vor noch einigen Monaten, aber dennoch wurde hier Mittags die arbeit größtenteils niedergelegt. Axilla machte sich wie fast jeden Tag auf zum Hafen. Zum einen gab es dort Garküchen, wo sie etwas kaufen konnte und ihren Hunger stillen konnte, und zum anderen war dort immer was los. Angeblich hatte erst vorgestern ein Senator – oder nach anderen Geschichten der Imperator persönlich, was aber eindeutig erfunden war – hier angelegt. Und auch wenn nicht etwas so aufregendes passierte, gab es hier einfach immer etwas zu sehen.
Axilla mochte es, die Menschen hier bei der Arbeit zu beobachten. Da bekam man soviel mit, was es neues gab. Seemänner konnten einfach tolle Geschichten erzählen, und sie liebte Geschichten und alles Fremde und Neue. Zwar verstand sie bei weitem nicht alles, denn hier im Hafen wurden so viele Sprachen gesprochen, die konnte kein Mensch alle können. Aber die meisten sprachen doch Koine, so dass sie hier und dort immer etwas mitbekam und ihre Neugierde befriedigen konnte.Heute war ein neues Schiff aus Ostia angekommen und wurde ausgeladen. Sie saß in der Nähe auf einer Bank einer Garküche und schaute sich das Ganze an. Da wurden Kisten und Amphoren ausgeladen, dazu ein paar Säcke und was sonst so üblicherweise ausgeladen wurde. Was nicht so üblicherweise ausgeladen wurde war ein Pferd, da schaute sie schon deutlich neugieriger. Wer nahm denn ein Pferd mit übers Meer? Wie ein Rennpferd sah es nicht aus, dafür war es irgendwie zu breit. Aber bestimmt war es ein gutes Reitpferd.
Ach, Axilla würde auch so gerne wieder reiten. Sie dachte an zuhause und an die Pferde, die ihr Vater besessen hatte. Sie war immer gerne geritten, damals in Tarraco. Da ihr Haus auch nicht direkt in der Stadt, sondern außerhalb lag, war das auch kein Problem gewesen. Wen kümmerte es schon mitten auf dem Land, wenn da ein Mädchen ritt? Hier in Alexandria hatte sie aber sich nicht getraut, Silanus oder gar Urgulania danach zu fragen. Das war unschicklich für ein römisches Mädchen, da war sie sich ganz sicher.Von Neugierde getrieben ging sie näher an das Geschehen heran. Jetzt musste sie immerhin wissen, wem das Pferd gehörte. Auch wenn es sie eigentlich nichts anging, aber Neugier war eben Neugier.
Da war ein Junge – naja, eigentlich junger Mann, bestimmt war er so alt wie sie, wenn nicht älter. Und der fiel hier auf wie ein bunter Hund. Er war so… hell. Axilla konnte sich nicht vorstellen, dass sie selbst mal so käsig gewesen war, vor nicht mal einem Jahr. Wobei sie selbst da wahrscheinlich dunkler war, war im Rest der Welt doch grade Winter, und sie war im Sommer angekommen. Blonde Haare hatte er auch, was ihn unter den ganzen schwarzhaarigen Ägyptern und nicht helleren Griechen fast herausstechen ließ. Axilla bemühte sich, ihn nicht allzu auffällig anzuschauen. Der Arme wurde schon vom halben Platz bewundert.
Doch dann fiel Axilla noch etwas auf, was sie dann gewohnt forsch auf ihn zutreten ließ. Er hatte einen Hund dabei. Und nicht nur irgendeinen kleinen Hund, nein ein riesiges Vieh! So einen großen hatte Axilla bestimmt noch nie gesehen. Der alte Custo, den sie gehabt hatten, als sie klein war, war zwar auch ein großer Hund gewesen, aber der hier war eindeutig viel größer.
“Ist das da ein Molosser?“ fragte sie ganz plötzlich und ohne Vorstellung und Gruß, wie es üblich gewesen wäre. Sie dachte noch nicht einmal darüber nach, sie war einfach so vom Anblick dieses Hundes gefangen. Ein Wunder, dass sie die Frage auf Latein gestellt hatte und nicht wie bei ihr schon mittlerweile fast üblich in Koine. -
Der unbekannte Römer kam zu ihnen beiden herüber und stellte sich vor. Magister officiorum, das klang ja schon richtig wichtig. Da konnte sie mit ihrem scriba personalis des Gymnasiarchos wohl nicht mithalten. Aber beinahe hätte sie es trotzdem gesagt und sich einfach vorgestellt, ehe ihr die Worte von Urgulania wieder einfielen.
Das Luftholen um zu sprechen verpuffte und sah wohl relativ albern aus, weil sie danach nicht wie erwartet etwas sagte. Verlegen schaute sie zu Boden und zu Urgulania. Sie war die ältere von ihnen beiden, und auch wenn Scipio in ihrem Alter war und sie so anlächelte, glaubte Axilla, dass sie ihrer Cousine die Antwort überlassen sollte. So war das sicher anständiger, und das Risiko, dass sie wieder mit einer vorschnellen Antwort kopfüber ins nächste Fettnäpfchen hechtete, minimierte sich doch ganz gewaltig.
Bestimmt würde Axilla danach sich auch ungezwungener unterhalten können, aber sie wollte nicht heute schon wieder irgendwas machen, wofür sie von Urgulania einen Rüffel kriegen würde. Sie bewunderte ihre Cousine doch so für das, was sie alles geschafft hatte, und ihre Achtung war ihr da sehr wichtig. Daher hoffte sie, dass ihr Schweigen nun richtiger wäre. -
Das Haus war schön! Nun, nicht so groß und luxuriös wie ihre Villa, und auch ein wenig anders gebaut, aber Axilla gefiel es wohl. Am liebsten hätte sie sich aufgemacht und erkundet, was es hier so alles gab. Aber das ging ja nicht, sie war ja nicht eingeladen worden, um ihre naturgegebene Neugierde zu befriedigen, sondern weil Ànthimos und Penelope heirateten.
Ein bisschen mulmig war ihr ja schon. Eigentlich konnte man grob sagen, dass jedes Mal, wenn sie Anthimos getroffen hatte, das ganze in einer mittelschweren Katastrophe endete. Das erste Mal war sie in Timos Zimmer aufgewacht und konnte sich an den vorangegangenen Abend nicht erinnern – was sie übrigens immer noch nicht konnte. Dieser Abend war einfach weg. Das zweite Mal war sie im Gymnasion gewesen und hatte versucht, sich den Frust von der Seele zu laufen, was damit geendet hatte, dass sie ihn ziemlich kindisch angebrüllt hatte. Beim dritten Mal dann war sie schuld, dass er sich einen Faustschlag von seinem Trainingspartner eingefangen hatte und tagelang mit einem blauen Auge herumlief. Und beim letzten glorreichen Mal schließlich bei Urgulanias Essen hatte sie Marcus Achilleos wie von Sinnen einfach nur noch niedergebrüllt und ihre ganze aufgestaute Wut in diesem kurzen Moment rausgelassen.
Also hatte Axilla wirklich lange überlegt, ob sie ein fünftes Zusammentreffen riskieren konnte. Sie wollte ihm ja auf gar keinen Fall die Hochzeit ruinieren. Sie mochte den Griechen ja… irgendwie. Aber sie brachte ganz eindeutig Unglück. Ja, ganz bestimmt war sie verflucht, das konnte ja schon fast kein Zufall mehr sein. Sie musste etwas sehr schlimmes angestellt haben, denn das war schon seit mindestens vier Jahren so. Aber was konnte das nur sein?
Aber sie war doch gekommen. Nicht nur, weil sie furchtbar neugierig war, wie Griechen wohl heirateten und sie wirklich gern kommen wollte und ihr ohnehin keine Ausrede eingefallen wäre. Nein, sie hatte sich wirklich ganz fest vorgenommen, heute vollkommen vorbildlich zu sein. Sie hatte sich sogar richtig herausgeputzt für die Hochzeit. Sie hatte ein langes, grünes Kleid an, passend zu ihren Augen. Sie trug sogar ein wenig Schmuck, wenn auch nicht viel, sie wollte ja nicht angeben. Und sie mochte es nicht, allzu sehr aufzufallen. Und dazu hatte sie im hochgesteckten Haar die Spangen, die wie Schmetterlinge geschnitzt waren.
Axilla wollte schon gerade freudig sich im Garten umsehen, als Urgulania sich zu ihr herüberbeugte und ihr zuflüsterte. Sofort verschwand das neugierige Glänzen aus ihren Augen und sie sank fast ein bisschen in sich zusammen. Natürlich nur soweit, wie es nach außen hin nicht auffällig war, aber doch für einen aufmerksamen Beobachter sichtbar. “Ja, Urgulania. Natürlich, ich versprech es.“
Deutlich zurückhaltender und sittsamer also begab sich Axilla in den Garten und sah sich um. Sie erkannte den Kosmetes wieder und lächelte ihm kurz zur Begrüßung zu, begleitet von einem Kopfnicken. Er stand bei einem römischen Soldaten, den sie öfter schon mal am Tor der Basileia gesehen hatte. Da sie dort eigentlich nur noch im Vorbeigehen winkte, weil sie mehrmals täglich durch eines der Tore lief, kannte sie ihn eigentlich nicht. Oder zumindest hätte sie sich seinen Namen nicht gemerkt. Sie sah noch einen anderen Römer, den sie aber gar nicht kannte. Eigentlich verwunderlich, so viele Römer gab es hier schließlich auch wieder nicht. Normalerweise wäre Axilla einfach mutig nun irgendwohin gegangen und hätte ein Gespräch angefangen oder bei einem zugehört. Aber nach Urgulanias mahnenden Worten verhielt sie sich lieber still, ehe ihr Mundwerk die nächste Katastrophe heraufbeschwor. -
Jetzt war sie emanzipiert. Nicht, dass sie davor Silanus auch nur ein einziges Mal gefragt hätte, ehe sie eine ihrer spontanen Ideen in die Tat umgesetzt hatte. Wäre ihr Verhältnis zueinander nicht so kompliziert, hätte sie das vielleicht getan, aber so war es nun mal nicht. Und das würde es wohl auch nie werden, zum Besten von ihnen beiden.
Aber auch, wenn Axilla wusste, dass es nur zum Wohle der Familie war, wie es hier nun war, konnte sie sich nicht freuen. Im Gegenteil, sie fühlte sich furchtbar. Bei seinen Abschiedsworten, die er an sie richtete schließlich, rannen ihr dann doch Tränen herunter. Dabei hatte sie sich so fest vorgenommen, stark zu sein, wie eine römische Matrone so edel und standfest. Aber jetzt war sie doch wieder nur ein Kind und keine erwachsene Frau, und fiel Silanus einfach um den Hals.
Sie zog sich an ihn und hielt sich kurz an ihm fest. Es war ihr egal, was Urgulania wohl von ihr denken mochte, oder auch ob Silanus seine Entscheidung, sie aus seiner Vormundschaft zu entlassen, jetzt bereute. Sie hatte es bei ihrem Vater verpasst, sich so zu verabschieden, wie es ihre Gefühle eigentlich hätten zeigen müssen. Wenigstens bei Silanus wollte sie sich richtig verabschieden, und er sollte auch spüren, dass sie in ihn wirklich verliebt gewesen war. Auch wenn sie das nicht sagen konnte und auch nie wieder etwas in diese Richtung tun oder verlautbaren lassen würde. Aber damals im Balneum, das war echt gewesen, und mit Worten konnte sie ihm das nicht sagen, nur mit dieser Umarmung.
Sie schluchzte und weinte ein wenig, ehe ihre Lippen sein Ohr suchten. Sie wollte nicht, dass Urgulania mitbekam, was sie ihm sagte. Das war ihr privater Abschied von Silanus, und sie flüsterte ihm ihre Worte ganz leise zu.
[size=7]“Pass auf dich auf, ja? Ich möchte nicht noch einen geliebten Menschen verlieren. Und vergiss mich bitte nicht, ja?“[/size]
Sie zog ihn noch einmal an sich, ehe sie sich wieder von ihm löste und sich die Tränen vom Gesicht wischte. Er sollte sie nicht völlig verweint in Erinnerung behalten, und außerdem war es ihr vor Urgulania auch in nicht geringem Maße peinlich. Aber nun hatte sie sich richtig verabschiedet, und das war für sie wichtig gewesen. Jetzt konnte er gehen, und sie hierbleiben, ohne dass es ihr dabei das Herz ganz herausriss. Nur ein wenig. -
Axilla schwankte noch irgendwo zwischen sich-ärgern und sich-langweilen, als das Essen kam. Sie nahm ein klein wenig. Großen Hunger hatte sie nicht, aber der Mensch musste ja schließlich essen. Und da sie in letzter Zeit fast nichts gegessen hatte, wusste sie selber, dass sie das ändern sollte, bevor sie irgendwann noch mal umkippte. Also suchte sie sich ein paar Leckereien heraus.
“Oh, das ägyptische Essen ist anders. Viel… gewürzter. Die machen auch viel Zwiebeln, Knoblauch und Koriander an ihr Essen. Vieles ist sehr scharf. Am Anfang hab ich gedacht, jemand hätte meinen Mund angezündet, als ich das erste Mal am Hafen was gegessen habe.
Da muss man auch ein wenig aufpassen, zu welcher Garküche man geht, und lieber vorher fragen, was da alles drin ist.“
Sie erinnerte sich da an ein Erlebnis, das sie lieber vergessen würde. Wobei die gebratene Katze an und für sich nicht schlecht geschmeckt hatte, nur etwas zäh vielleicht.
“Aber der goldene Ibis soll ganz gut sein, auch nicht zu gewürzt.“
Ihr fiel plötzlich wieder der Tag ein, an dem sie mit Aelius Archias, Duccia Venusia und der Frau des Präfekten, die hier ganz still bisher war, dort Essen war. Damals war sie noch so ein hellhäutiger Neuankömmling, der nur gebrochen in Koine von sich geben konnte, was sie eigentlich wollte. Die Zeit erschien ihr fast wie eine Ewigkeit her. Mit jedem Tag in diesem Land war sie auch etwas sicherer geworden, wenngleich auch irgendwie einsamer.
Wie um die Gedanken abzuschütteln zuckte sie mit den Schultern und nahm noch ein bisschen was zu essen. -
Ah, das also war Cleonymus. Axilla würde es sich merken, und da sie ein ziemlich gutes Gedächtnis hatte, würde sie ihn in Zukunft wohl leichter finden können. Sie erwiderte das Lächeln offen und ehrlich und ging so neben dem Kosmetes her.
“Ja, er meinte, er wolle die Lehrpläne mit dir besprechen. Ich bin ja froh, dass ich dich so schnell gefunden habe. Niko… der Gymnasiarchos meinte, du hättest hier gar keine Räumlichkeiten, und ich hatte schon Befürchtungen, ich müsste dich in der ganzen Palästra suchen.“
Jetzt, wo sie wacher war, plapperte sie wieder ein wenig mehr einfach vor sich hin, was ihr so durch den Kopf schoss. Das Laufen hatte sie doch geweckt, und da war ihre anfängliche Morgenmuffelstimmung schnell gewichen. Jetzt war sie wieder voller jugendlichem Übermut und freute sich schon richtig, die Abschriften gleich machen zu können. Wobei sie es auch schön gefunden hätte, hier draußen noch ein wenig herumzulaufen. Sie lief ja gerne.
Schnell führte Axilla also Cleonymus zu den Arbeitsräumen von Nikolaos -
Als Urgulania direkt hinter ihr den Raum betrat, war Axilla einen Moment lang verwirrt. Doch dann dämmerte ihr so langsam, was los sein musste. Dennoch war sie ein ganz klein wenig geschockt, als Silanus es aussprach. Sie wusste zwar, dass er nach Rom gehen würde, aber dass es jetzt so wirklich fix und kurz bevorstehend war, war doch ein eigenartiges Gefühl.
“Oh“, machte sie kurz, und als sie Urgulanias Glückwünsche hörte, dann noch hinterher “Ähm, ja, gratuliere dir.“
Sie sah ein wenig betreten zu Boden. Axilla war nicht gut im Abschied nehmen. Darin war sie nie gut gewesen. Im Moment fühlte sie nur die ganze Last des Fluchs, der auf ihr lastete. Alle, die sie liebte, gingen weg oder starben. Wirklich alle. Ihr Vater, den sie von allen Menschen der Welt am meisten geliebt hatte, war sogar weggegangen und gestorben. Ihre Mutter war gestorben. Alle ihre Freunde hatte sie zurücklassen müssen, als sie nach Alexandria gekommen war. Auch ihr Lehrer Iason war wieder zurückgefahren, nachdem er sie hierher gebracht hatte. Selbst Timos hatte sich von ihr getrennt, auch wenn sie wusste, dass das für sie beide am besten war. Und nun ging Silanus. Sie war wirklich verflucht.
Aber sie wusste auch, dass es so besser war. Wenn er hierbleiben würde, würde sonst noch etwas schrecklicheres passieren. Wie bei ihrem Onkel Marcus, der nun auch verstorben war. Es war bestimmt aus vielerlei Gründen einfach besser so. Trotzdem konnte sie dieses eine Mal nicht so tun, als sei sie glücklich und würde sich freuen, obwohl sie sich innerlich schrecklich fühlte. Dieses Mal lächelte sie nicht, sondern stand einfach nur ein wenig verschüchtert da und wartete, was er wohl noch sagen würde. -
Zitat
Original von Cleonymus
Pryphios saß hinter seinem neuen Schreibtisch...Gut, es war tatsächlich jemand da! Axilla atmete einmal schnell durch und wandte sich dann lächelnd an den jungen Mann, der ihr die Tür geöffnet hatte. Sie war sich nicht sicher, ob das nun der Kosmetes oder sein Scriba war. Immerhin war auch das Amt ein Amt, und wenn sie etwas gelernt hatte, dann, dass alle Amtsträger gerne Assistenten hatten, und sei es nur aus Prestigegründen. Also versuchte sie, diplomatisch zu formulieren – etwas, was bei ihr schon einem kleinen Wunder gleichkam.
“Chaire. Ich bin Iunia Axilla, scriba personalis vom werten Gymnasiarchos Nikolaos Kerykes. Er schickt mich, um den Kosmetes Cleonymus für ein Gespräch abzuholen. Bin ich hier richtig?“
Naja, vielleicht nicht der Gipfel der Diplomatie, aber einigermaßen ordentlich, befand sie. Und sie hatte sich geschickt darum herummanövriert, ihr Gegenüber direkt zu fragen, ob er der Kosmetes war oder nicht. Das war doch ein Grund, ein klein wenig offener noch zu strahlen. -
Den Kosmetes finden… an und für sich klang diese Aufgabe ja leicht lösbar. Aber sie wurde schon um einiges anspruchsvoller, wenn man nicht wusste, wie der Mann aussah! Axilla taperte also durch die gesamte Palästra und fragte sich durch. So früh am Morgen war natürlich noch kaum jemand hier anwesend, so dass sich auch das langwierig gestaltete. Aber schließlich gab ihr doch jemand einen Tipp, wo sie Cleonymus finden könnte, und flugs war sie auch schon auf dem Weg.
Offenbar hatte dieser sich trotz den Worten von Nikolaos doch ein Zimmer eingerichtet, und Axilla stand in den frühen Morgenstunden nun schon davor und klopfte an, in der Hoffnung, der Mann wäre da.