Jetzt mischte sich da auf einmal Avianus ein! “Wieso, hat dein Liebchen auch geschworen, die Iunii zu vernichten?“ schnappte sie ungehalten. Erst einen Moment später merkte sie, dass Avianus gar nichts für ihre Wut konnte, und es tat ihr auch gleich wieder leid. Senecas Einwürfe ließ sie an sich vorbei ziehen, während sie durchatmete, um sich wenigstens für ihren Vetter einigermaßen zu beruhigen. “Tut mir leid, Avianus. Du kannst hier nichts dafür, ich will dich gar nicht anfahren. Über deine... Liebschaft oder was auch immer, reden wir gleich. Aber das hier... das muss zuerst geklärt werden.“
Sie atmete noch einmal deutlich hörbar durch und versuchte zumindest, ihren Zorn in grenzen zu halten, was aber eher schlecht als recht gelang.
“Wag es ja nicht, Seneca, mir jetzt mit Familie zu kommen. WAG ES JA NICHT! Ich habe stets ALLES für diese Familie getan, habe meine Wünsche hinten an gestellt und jedes Opfer gebracht, das von mir erwartet wurde. Ich habe einen Mann geheiratet, den ich nicht liebe, ich habe Rom verlassen, um meine Familie zu schützen, ich habe meine Kinder allein zurück gelassen, um den Cornelius unserer Familie gewogen zu machen. Also wage es ja nicht, mir jetzt irgendetwas davon zu erzählen, dass man für seine Familie Opfer bringen müsste. Welches Opfer hast du denn schon jemals für die Familie erbracht, hm? Also erzähl mir jetzt ja nichts von der Familie.
Seiana hatte ihre Chance. Es geht und ging mir nie um Rache. Sie hatte ihre Chance, sich zu erklären. Sie hatte ihre Chance, irgend etwas zu sagen. Sie hatte ebenso jede Chance, sich von ihrem Mann zu trennen, für dich. Sie hätte sich scheiden lassen können, sie hätte sich erklären können, sie hätte an mein Mitgefühl appellieren können, sie hätte einfach sagen können, dass sie dich liebt und ohne dich nicht leben will oder sonstigen Unsinn. Das hätte sie alles tun können, das hätte ich alles verstanden.
Aber sie hat NICHTS davon getan. Das einzige, was sie getan hat, war dieser Familie zu drohen. Eine Ehe bedeutet, Teil einer anderen Familie zu werden. Und genau das wollte sie nicht. Man droht nicht mit der Zerstörung einer Familie, deren Teil man sein möchte.
Ich hab dich die ganze Zeit geschützt, Seneca, weil ich dich als Verwandten liebe. Aber wenn du mich zwingst, mich zu entscheiden, dann weißt du, wie meine Entscheidung ausfällt. Nicht ich habe den Rubicon überschritten. Nicht ich habe eine Fehde“ Axilla betonte das Wort auf eine Art und Weise, die klar machte, wie lächerlich sie allein diesen Vorwurf fand. “vom Zaun gebrochen. Das war ganz allein deine tolle Geliebte. Sie hat es zu einer persönlichen Angelegenheit gemacht, dass ihr erster Geliebter sie nicht heiraten wollte, nicht ich. Sie hat gedroht, nicht ich. Sie hat die Ehe gebrochen, nicht ich. Sie hat sich geweigert, sich von ihrem Mann zu trennen für dich. Sie hat sich damals gegen dich entschieden und dich als nur gut genug fürs Bett befunden, und du blinder Tölpel siehst das noch nicht einmal.
Und jetzt stehst du hier, erzählst mir etwas davon, dass ich an die Familie denken soll. Und du hast noch nicht einmal genug Anstand, wenigstens den Versuch zu unternehmen, dich oder sie zu entschuldigen für das, was ihr beide getan habt. Nein, Seneca, nicht ich reiße die Familie auseinander. Nicht ich habe Fehler begangen oder diese Familie in Gefahr gebracht. Also erzähl mir jetzt nicht, was ich zum Wohle der Familie doch tun oder lassen soll.“