Ob ihr Name jetzt so schön war... Axilla wusste mit dem Kompliment nichts anzufangen, zumal es von einem Kind kam, noch dazu von einem Mädchen.
Ihr Blick folgte dem Mädchen, als sie meinte, sie sei mit einer Sklavin hier. Einer Sklavin, die offensichtlich sehr abwesend war und nicht die beste Idee für eine Begleitung. Als das Mädchen dann aber im selben Atemzug sagte, dass sie eine Decima war, war Axillas Aufmerksamkeit schlagartig wieder bei Messalina.
“Oh, du... was Malachi?“ Vor lauter Verwunderung hatte sie den Vorschlag jetzt nur halb mitbekommen, aber auch beim drüber nachdenken wurde der nicht wirklich sinnvoller. Malachi sollte für sie den Sklaven fangen,d er sie getreten hatte? “Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist“, meinte Axilla halb abgelenkt und überlegte, wie man wohl mit einem Kind am besten sprach. Axilla hatte sich mit so Problemen nie beschäftigen müssen. Nicht einmal als Kind. Sie war auf dem Hof das einzigste Kind weit und breit gewesen, da die meisten Sklaven alle schon älter waren und deren Kinder dementsprechend auch alle älter als Axilla.
“Deine Verwandten machen sich sicher Sorgen um dich. Ich kenn die Decimi zufälligerweise sehr gut.“ Notgedrungen. Ein Senator hatte sie eingeladen, Seiana war ihre Chefin bei der Acta, und Serapio hasste sie, weil Aelius Archias damals sie geheiratet hatte und nicht seine Schwester, mit der er verlobt war. Nicht unbedingt die rühmlichste aller Bekanntschaften. Und vermutlich war es auch eine blöde Idee, jetzt Messalina heimbringen zu wollen. Aber sie jetzt hier allein zu lassen wäre vermutlich eine noch viel blödere Idee. “Wie wäre es, wenn ich dich nach Hause begleite?“
Beiträge von Iunia Axilla
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Mal eine Entschuldigung an alle, die derzeit etwas länger auf meine Antworten warten müssen. Ein paar sehr stressige Arbeitswochen schränken meine Kreativität derzeit etwas ein. Ich hoffe aber, bis übers Wochenende alles liegengebliebene aufgeholt zu haben.
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Nach kurzem Sortieren hatten sich Paare gefunden, Thraker gegen Dimachaeri, teilweise gegen Hoplomachi. Allzu viel Auswahl bestand auch nicht, so dass auch schnell noch durchgetauscht werden musste, um nicht den Zorn des Ausbilders auf die Gruppe auf sie alle herabzubeschwören.
“Diese Seite hier attackiert zuerst, die andere beschränkt sich auf die Verteidigung. Nicht mehr als drei Schritte zurückweichen. Fangt an.“ Einfach Anweisung, und sofort wurde sie auch ausgeführt. Während die eine Seite versuchte, anzugreifen, beschränkte sich die andere Seite aufs Parieren oder Blocken der Schläge. Immer wieder brüllte der Doctor einzelne Männer an, wenn sie nicht exakt trafen, wenn sie zu weit ausfielen beim Schlag oder ihr Schritt nicht weit genug ging, immer wieder knallte die Peitsche in der Luft, ehe das Kommando für die andere Seite erteilt wurde, nun einmal im Angriff zu beweisen, was sie gelernt hatten.“Die Waffen, die ihr tragt, haben einen Bleikern. In der Arena werden euch die Waffen leicht vorkommen. Aber werdet darüber nicht übermütig. Sie sind aus gutem Eisen, und scharf. Euer Gegner wird euren Übermut ausnutzen, wenn ihr nicht vorsichtig seid.“
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Er war ihr nicht böse. Axilla war so erleichtert. Von all ihren Verwandten war es bei Seneca als einzigstes so, dass sie wirklich nicht wollte, dass er böse auf sie war, dem sie gefallen wollte, für den sie alles richtig machen wollte. Woran das lag, wusste sie selbst nicht so genau. Vielleicht, weil er sie am ehesten an ihren Vater erinnerte, aber eigentlich wollte sie die beiden nicht vergleichen.
Als er allerdings gleich den sich androhenden Bürgerkrieg ansprach, verschwand die kurze Freude und die Erleichterung über sein Erscheinen, und kurz flackerte es sorgenvoll in Axillas Augen, ehe sie Seneca langsam richtig los ließ und ihm mit einer kleinen Geste einen Platz anbot. Wie es ihr ging? Sie hatte Angst, sie machte sich Sorgen, um ihn, um ihren Sohn, um Imperiosus, um die Menschen auf den Straßen, um das römische Imperium, um die Geister des Verstorbenen Kaisers, um die Zukunft... Axilla hatte nicht einmal gewusst, dass ein einzelner Mensch sich so viele Sorgen machen konnte.
Sie sah kurz zu Seneca auf und woltle ihm das alles sagen, aber irgendwie traute sie sich auch nicht ganz. Er schien sich keine Sorgen zu machen, und sie wollte nicht, dass er sich so sorgte. Und genausowenig wollte er, dass er sie für verrückt hielt.
“Ich... ich hab einen Sohn bekommen“ fing sie also themenfremd an, und der Satz zauberte ihr ein ehrliches Lächeln aufs Gesicht. “Er ist so wunderbar, Aulus, so... so... perfekt. Wirklich! Ich meine, das sagt sicher jede Mutter über ihr Kind, aber er ist wirklich perfekt. Er heißt Titus Atticus. Nach meinem Vater. Also, das Atticus.“ Das Titus hatte er mehr von seinem wahren Vater. Eine Verrücktheit, dass Axilla ihren Mann danach gefragt hatte, ob ihm der Name gefallen könnte. Aber so fühlte es sich richtig an. -
Der Gesichtsausdruck des Ianitors wurde fast augenblicklich weit freundlicher. “So trete ein, Iunius. Die Domina wird dich gleich im Atrium empfangen.“
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Seneca musste nicht lange warten. Man führte ihn ins Atrium und bot ihm auch gleich freundlich etwas zu trinken und einen Sitzplatz an. Allerdings konnte er diesen nicht wirklich einnehmen, denn seine Cousine kam geradezu um die Ecke gestürmt, barfuß, und fiel ihm ohne weitere Begrüßungsfloskeln erst einmal in die Arme, drückte ihn an sich, hielt sich an ihm fest.
Axilla wusste nicht, wie lange sie so dastand. Sie war nur so froh, dass Seneca da war, dass er wirklich gekommen war, und auch noch so schnell. Jetzt würde sicher alles gut werden, ganz bestimmt. Seneca würde wissen, was sie tun sollte. “Ich bin so froh, dass du da bist“, flüsterte sie wohl wenig hilfreich, ohne Seneca dabei auch nur ein kleines bisschen aus ihrer kindlichen Umarmung zu entlassen.Erst, als nach einer gefühlten Ewigkeit ihr Verstand wieder die Oberhand über ihre Gefühle übernommen hatte und sie sich vorstellte, wie sie auf ihren Vetter wirken musste, ließ sie ihn los, fast schon ein wenig hektisch und eindeutig peinlich berührt. “Tut mir leid. Ich bin nur.. ich bin wirklich froh dass du da bist. Geht es dir gut?“
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Die Leber lag dunkel glänzend in Axillas Händen. Sie versuchte, mit den Händen das Blut davon notdürftig wegzuwischen, ohne die Leber dabei aus Versehen fallen zu lassen. Dunkle Schlieren zogen sich über die Oberfläche, dicke Tropfen liefen unerträglich langsam Axillas Unterarme hinab, sammelten sich an den Ellbogen, um von dort auf den Boden oder in ihr Kleid zu tropfen. Der eisern-rostige Geruch von frischem Blut füllte nach einiger Zeit den kleinen Raum fast komplett aus, nur noch leidlich überdeckt von dem kräftig-harzigen Geruch des Weihrauchs.
Axilla starrte auf die Leber, wendete sie in ihren Händen, fuhr mit den Fingern über die glatte Oberfläche. Da, war das ein Schimmer? War das nur das Licht, das sich auf der Oberfläche spiegelte? Welche Form hatte der Fleck? Was bedeutete es?
Und diese Schlieren, sahen die aus wie ein Schwert? Wenn sie darüber fuhr, veränderte es sich wieder, war nur noch ein Fleck. War das ein Zeichen, war es keines? Was bedeutete es?Das Blut trocknete langsam an ihren Fingern, bildete bröselige Blättchen an den Rändern, die leicht juckten, während es an ihren Handflächen noch klebrig und schleimig haftete. Und noch immer starrte Axilla auf die Leber, wendete sie, besah sie sich, auf der Suche nach etwas, das sie verstand.
Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte. Sofern sie überhaupt Antwort erhielt, würde die wohl nicht in fein gemeißelter Reinschrift auf dem Organ als genaue Anweisung zu sehen sein. Die Götter, die Geister, das Schicksal selbst hatten wohl besseres zu tun, als den Sterblichen so genaue Anweisungen zu geben. Sofern sie sich überhaupt die Zeit nahmen, etwas zu tun. Je länger Axilla auf das langsam trockener werdende Organ schaute, umso sicherer wurde sie, dass da absolut keine Antworten für sie waren und sie hier ihre Zeit verschwendet hatte. Und umso drängender wurde das Gefühl der Verzweiflung, einer Situation gegenüberzustehen, der sie nicht gewachsen war.Der Sklave stand immer noch da, wartete gehorsam mit der Schale der übrigen Innereien, tippte von einem Fuß auf den anderen. Axilla wusste, dass er auf Anweisungen seiner Herrin wartete. Dass sie diese treffen musste. Dass es ihre Aufgabe war, hier im Haus zu wissen, was zu tun war, weil sie die Matrona war. Aber wie sollte sie das wissen? Wie sollte sie irgendwas wissen? Sie fühlte sich im Moment nur so verloren und hilflos wie schon lange nicht mehr. Sie vermisste Vala, seine Sicherheit. Sie vermisste Seneca, seine Bestimmtheit. Und sie vermisste ihren Vater. Wäre er hier, er wüsste, was zu tun wäre. Aber doch nicht sie, Axilla!
Es brauchte einiges an Überwindung, dass sie sich schließlich zu ihm umdrehte und die Leber auch auf die goldene Schale legte. “Bring... bring das in die Küche und verbrenne es für die Götter. Und das Ferkel gibst du der Köchin.“ Axilla wusste, wie gebrochen sich ihre Stimme anhörte, aber der Sklave verneigte sich nur und tat, wie ihm geheißen.Und dann war sie allein. Nicht nur allein. Einsam. Axilla hatte sich lange nicht mehr so einsam und verlassen gefühlt. Ihre Arme fühlten sich schwer an, als würde das Blut an ihnen sie nach unten zerren, zu der dunklen, spiegelnden Pfütze auf dem Boden. Ihre Knie fühlten sich weich an. Ihr Kopf war leer und dröhnte, und von dem Weihrauch war ihr schwindelig. Der Geruch des Blutes bereitete ihr so langsam aber sicher Übelkeit. Und doch schaffte sie es nicht, sich aufzuraffen und zu gehen, weiterzumachen. Es ging einfach im Moment nicht.
Es war einfach alles grade so viel.Sie merkte nicht wirklich, wie sie sich gegen die Wand lehnte und langsam daran herunterrutschte. Sie merkte nicht den kalten Boden, den rauen Putz in ihrem Rücken. Sie merkte auch nichts von dem Blut an ihren Händen, als sie ihr Gesicht darin barg und die Knie an ihren Körper anzog, ehe ihr Körper von leisem Schluchzen geschüttelt wurde. Und bald schon flossen blutige Tränen über ihr Gesicht, vermischten sich mit dem Blut auf ihrem Kleid, auf ihren Händen, auf dem Boden.
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Zitat
Original von Iullus Quintilius Sermo
Nachdem er an diesem Morgen bereits an einer anderen Türe angeklopft hatte, war der einfach und unauffällig gekleidete Mann zu seinem nächsten Zielort aufgebrochen, die Casa Quintilia. Dort klopfte er ebenfalls geräuschvoll an und unterdrückte ein weiteres herzhaftes Gähnen. Wenn das hier erledigt war, würde er erst einmal einen ganzen Tag lang schlafen. -
Zitat
Original von Iullus Quintilius Sermo
Ein einfach und unauffällig gekleideter Mann erreichte früh am Morgen die Porta der Casa Purgitia und klopfte geräuschvoll an. Er war unrasiert und hatte zerzaustes mittellanges Haar. Während er auf den Ianitor wartete - die Tür stand noch nicht offen, denn die Salutatio hatte offensichtlich noch nicht begonnen - unterdrückte der Mann ein herzhaftes Gähnen, strich sich die Haare halbwegs ordentlich zurück und streckte sich einmal ausgiebig. Er war müde vom ständigen Reisen, das auf dauer unglaublich anstrengend war. Ein Glück, dass er die Seekrankheit nciht bekam, weshalb er für diese Aufgabe vermutlich auch ausgewählt worden war. -
Der Ianitor öffnete die Tür. Kurz wurde sein Gesichtsausdruck fragend, als er erkannte, dass hier ein Prätorianer vor der Tür stand. Immerhin standen die nach den ganzen Hausdurchsuchungen nicht unbedingt auf der Liste der beliebtesten Besucher. Da er allerdings allein war und nicht eine ganze Cohorte im Gepäck hatte, gab es wohl keinen allzu großen Grund zur Besorgnis.
"Ja bitte?" fragte er also freundlich, was es denn geben würde. -
Dein Charakter weiß das sowieso nicht, genausowenig wie die Charaktere, die Palma folgen, davon irgendwas wissen. Deshalb folgen sie ihm: Weil sie nichts wissen. SimOn- und SimOff-Wissen sind halt zweierlei Paar Schuhe
Das Wieso und Warum können wohl nur die einzelnen Charaktere beantworten, da hat jeder wohl andere Gründe, weswegen er da mitgemacht hat. Nachzulesen in der Villa Tiberia, die entscheidenden Stellen fangen dann hier an: http://imperiumromanum.net/for…?postid=766745#post766745
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Ad
Aulus Iunius Seneca
Castra Praetoria
RomaIunia Axilla suo Aulo s.d.
Ich bin so froh, von dir zu hören! Und ich muss dringend mit dir sprechen. Wann immer du es einrichten kannst, komm doch bitte zur Casa Pompeia. Es ist wirklich wichtig! Und ich würde dich auch gerne einmal wieder sehen.
Deine Cousine Axilla
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“Oh“, machte Axilla noch immer etwas perplex von der ganzen Situation und dem Händler, der so überhaupt gar nichts mehr dazu sagte, dass sein Sklave jemanden getreten hatte. Geschweige denn, dass er sich dafür entschuldigte, wie er es eigentlich müsste. “Öhm, ich glaub der da“ winkte Axilla auch unbestimmt in Richtung des Standes und dem Händler. So viele Sklaven hatte der ja nun auch nicht, und so oder so war es Sache des Besitzers, sich für durch sie ausgelösten Schaden zu entschuldigen.
Das Mädchen stellte sich als Messalina vor. Axilla überlegte, ob es wohl eine Gens gab, die sich so nannte, oder ob das Mädchen vor ihr doch eher eine Sklavin oder eine Peregrine mit römischem Namen war. Im Grunde war es ja egal, sie fragte sich nur, warum das Mädchen allein auf den Markt durfte, während bei ihr immer alle sich so schreckliche Sorgen gemacht hatten, wenn sie dasselbe in deutlich höherem Alter gemacht hatte. Die Welt war nicht wirklich fair.
“Ich bin Iunia Axilla“, stellte Axilla sich vor und wies dann auf den schweigsamen Gladiator neben sich. “Und das ist mein Sklave Malachi.“
Dass die Sklavin in der Nähe zu Messalina gehörte, hatte Axilla nicht registriert. Immerhin stand sie schweigsam in der Gegend und schaute sich um, ohne Anstalten zu machen, bei ihrer Herrin zu sein. Also fragte Axilla auch gleich weiter: “Und du bist ganz allein hier auf dem Markt? Machen sich deine Verwandten da keine Sorgen?“ Für ein Straßenkind war Messalina zu gut angezogen, so dass Axilla ausschloss, dass sie eine herumstreunende Waise war, von denen es in Rom sehr viele gab. Wenn sie so ausgesehen hätte, hätte der Händler nicht den tollpatschigen Sklaven geschlagen, sondern eher die Kleine, weil sie an seinem Tisch herumkrabbelte. -
Mit offenen Haaren trat Axilla vor den Hausalter der Casa Pompeia. Bei ihrer Hochzeit und am Tag danach hatte sie sich ja bereits unter den Schutz der Laren des Hauses begeben und ihnen mit der Münze ein rituelles Opfer dargebracht. Ansonsten hatte sie sich, was Opfer und Religiöses anging, eigentlich sehr zurückgehalten. Doch schien das ihren Ehemann nicht sonderlich zu stören. Überhaupt hatte Axilla ihn noch nie etwas opfern sehen außerhalb der wirklich notwendigen Reihe von öffentlichen Festtagen.
Aber heute hatte sie es irgendwie nötig gefunden. Es war so viel passiert, so viel, was auf ihr lastete... im Grunde genommen glaubte Axilla ja nicht einmal daran, dass die Götter den Menschen halfen. Sie glaubte noch nicht einmal daran, dass sie ihnen großartig zuhörten. Sie hatte auch Pluto geopfert, damit er ihren Fluch bei Terentius Cyprianus vollstreckte, aber der erfreute sich bester Gesundheit. Sie hatte als Kind für ihre Mutter geopfert, und die war gestorben. Welche Beweise also hätte es noch benötigt, um zu wissen, dass die Götter sie verlassen hatten?
Aber im Moment war sie bereit, sich auch an solche Strohhalme zu klammern, wenigstens auf die Chance hin, sich doch zu irren. Vielleicht war es ja dieses Mal anders. Vor allem, da Axilla ja gar nichts so direkt wollte. Nichts so großes und unmittelbares. Vielleicht wollte sie auch einfach nur mit jemandem reden, egal mit wem. Und bei den Laren waren ihre Geheimnisse wohl am besten aufgehoben.Sie betrat also den Raum, in dem sich das Lararium und der Hausaltar befand. Langsam schritt zu zu der Wandnische, die von einer stilisierten Schlange geschützt eingelassen worden war, um den Hausgeistern dort einen Raum zu geben. Hinter ihr war noch ein Sklave, der ein Ferkel hielt, das nun geopfert werden sollte und die nächsten Tage als Nahrungsgrundlage dienen sollte. Ein teures Geschenk, wenn man bedachte, dass die Zukunft ungewiss war, gerade was das Essen anging.
Axilla nahm ein Stückchen Weihrauch und zündete es vorsichtig an einer Kerze an. Sofort begann das goldgelbe Stückchen Harz zu rauchen und seinen kräftigen Geruch im Raum zu verteilen.
“Laren des Hauses. Ich bringe euch Weihrauch und bitte euch, die Pforten zu öffnen zwischen dieser Welt und der nächsten. Laren des Hauses, unter deren Schutz ich hier wohne, die ihr meinen Sohn beschützt mit eurem Tun und Streben, verzeiht mir, wenn ich noch andere an euren Altar rufe, um auch ihnen Geschenke zu machen.“
Axilla machte eine kurze Pause. Sie wusste, dass das hier eigentlich nicht der richtige Altar war, allerdings hatte sie keine Ahnung, wie sie es richtig machen sollte. Und sie hoffte, die Laren und die pompeijischen Ahnen würden ihr das verzeihen.
“Und so rufe ich auch den Geist des Gaius Ulpius Aelianus Valerianus hier her und bitte, dass er mir verzeiht, wenn ich hier einfach zu ihm spreche. Auch dir sei Weihrauch, und Wein.“ Axilla nahm einen Wienschlauch und goss von dem roten Rebensaft großzügig etwas in eine der Opferschalen, so dass sich ihr Spiegelbild auf der dunklen Oberfläche spiegelte.
“Euch guten Geistern und euch Verstorbenen möchte ich opfern, und bitte dafür um eure Hilfe. Ich weiß nämlich nicht, was ich tun soll, oder was ihr gewollt hättet. Es ist so viel... und ich bitte um eure Führung. Ich bitte euch, hört mich an, und helft mir, meine Gedanken zu ordnen und zu erkennen, was ich tun soll.“Axilla atmete ein paar mal durch. Der Sklave hinter ihr war keiner von ihren, sondern von Imperiosus, und sie wollte nicht, dass er alles mithörte und es am Ende noch verriet. Aber er stand weit genug von ihr weg, so dass Axilla sich schließlich traute, das alles gegen die Wand zu flüstern, was ihr so auf dem Herzen lag.
“Mein Kaiser Valerianus... ich weiß, dass die Dinge, die jetzt passieren, nicht so sind, wie du sie haben wolltest. Ich hab dein Testament gesehen und ich weiß, dass mein Mann es gefälscht hat, um Vescularius auf den Thron zu bringen. Und ich weiß, dass das nicht richtig und nicht nach deinem Willen ist.
Und jetzt bewegen wir uns auf einen Bürgerkrieg zu. So viele sind schon getötet worden. Tiberius Durus, der dein Pontifex pro Magistro war. Und andere, von denen man schon so lange nichts mehr gehört hat.Und da ist... ich habe nachgedacht. Über so vieles. Ich glaube, ich habe deinem Verwandten Aelius Archias unrecht getan. Ich bin mir inzwischen nicht mehr sicher, ob er gesprungen ist, und ob seine letzten Zeilen an mich wirklich so gemeint waren, wie ich sie verstanden habe. Ja, es war schwierig mit ihm, aber... er wäre doch nie vom tarpejischen Felsen gesprungen!
Aber das ist mir erst so wirklich bewusst geworden, als ich die Leichenrede von Vescularius gehört habe. Dass deine Verwandten jetzt alle tot sind. Ich habe auch von Aelius Quarto, deinem Bruder, nichts mehr gehört und ihn nicht gesehen. Vescularius wohnt jetzt im Palast auf dem Palatin. Was ist mit der Domus Aeliana? Ist er dort noch? Oder hat Vescularius ihn getötet? Ist er bei dir?
Wenn Vescularius ihn getötet hat, vielleicht auch Archias. Vielleicht plante er das schon seit langem und hat alle Aelier getötet, ehe er die Ulpier getötet hat, um alle, die Anspruch erheben hätten können, aus dem Weg zu schaffen. Vielleicht hat er dich auch krank gemacht mit einem Gift, um dich vom Regieren fern zu halten. Deine Ärzte konnten die Krankheit ja nie erklären! Und auch, wie das Gift in dein Essen gelangte...
Und auch Prudentius Balbus, der mit deiner Nichte verheiratet war und Praefectus Praetorio war... er soll in seinem Bad ertrunken sein. Aber... ist er das? Oder wurde er ertränkt, dass er aus seiner Schwägerschaft keinen Nutzen ziehen konnte und Vescularius jemanden auf dem Posten des Praefectus hatte, dem er vertraute? Terentius Cyprianus steht ja bereits in seiner Schuld. Auch, als Urgulania ihn anklagen wollte, hatte der Vescularius diese Klage abgeschmettert, und damit den Weg geebnet für Urgulanias Ermordung!
Ich meine, das ergibt jetzt langsam alles einen Sinn, ein großes Bild, das sich Stein für Stein zusammenfügt. Salinator muss es schon sehr lange geplant haben, und jetzt hat er sein Ziel erreicht und sitzt auf dem Thron. Und ich sehe das alles und weiß nicht, was ich tun soll... Ich fürchte mich, etwas zu tun, und ich weiß nicht einmal, was ich tun könnte. Ich weiß es einfach nicht. Ich sage mir immer, dass ich auf Titus aufpassen muss, dass mein Sohn mich braucht und ich ihn nicht gefährden darf, aber... das ist feige. Ich weiß es. Mein Vater hat immer gesagt, dass ein Soldat nicht davon läuft. Auch nicht bei einer Übermacht. Aber ich will davonlaufen. Ich möchte mich am liebsten verkriechen und einfach nur weggehen, meinen Sohn mitnehmen und verschwinden...“
Axilla atmete ein paar mal tief durch, um ihren Atem wieder gleichmäßiger werden zu lassen, um ihr aufgebrachtes Gemüt wieder zu beruhigen. Sie gestand sich ihre Feigheit nicht gerne ein, aber sie wusste, dass es wahr war. Und sie wusste einfach nicht, was sie dagegen unternehmen sollte. Sie wollte so nicht sein.“Oh Genius des Valerianus. Ich bitte dir, gib mir ein Zeichen, was ich tun soll. Was du willst. Ich weiß nicht, was richtig ist.
Und ich bitte dich, dieses Haus nicht heimzusuchen als Geist, weil ich nicht erkannt habe, was ich tun muss. Ich möchte, dass du die Ruhe im Elysium findest und nicht als Schatten umherstreifst, um die Lebenden zu bedrohen. Ich hoffe, dass du deinen Platz unter deinen Ahnen einnimmst und nicht auf dieser Welt verharrst, bis dein Wille vollfüllt wurde.“Axilla wartete einen Moment noch auf ein göttliches Zeichen, ehe sie den Sklaven mit dem Ferkel herbeiwinkte. Sie ließ sich das zappelnde Tier geben und hielt es gut fest, kniete sich damit auf den Boden und hielt es an ihren Körper gepresst mit einer Hand und unter den Arm geklemmt, während sie mit der Rechten das Messer führte und dem Tier tief in den Hals stach. Das Blut spritzte kräftig und lief ihr sogleich über die Hand, während der Sklave es rasch mit einer Opferschale auffing. Axilla hielt das zuckende Ferkel, bis seine Bewegungen erschlafften und kein Blut mehr floss. Erst danach öffnete sie mit dem Messer vorsichtig den Bauchraum des Tieres, wies den Sklaven an, die auf eine Opferschale herausgezogenen Innereien für die Laren zu verbrennen und betrachtete sich die Leber des Tieres, in der Hoffnung, vielleicht dort ein paar Antworten zu erhalten. Auch wenn sie kein Haruspex war und keine Ahnung hatte, wie sie das Ding lesen sollte.
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Der Händler schien keine Anstalten machen zu wollen, sich bei dem Mädchen zu entschuldigen, auf dessen Hand sein Sklave gestiefelt war. Kurz zögerte Axilla deshalb, weil sie noch nicht ganz sicher war, ob das nicht doch ein Sklavenmädchen war. Allerdings hätte sie dann gut sichtbare Zeichen tragen müssen, die sie als Sklavin auswiesen. Eine Bulla, ein Halsband, irgendwas, damit keine Verwechslungsgefahr bestand. Sah Axilla aber nicht.
Aber vielleicht war es die Tochter von dem Mann, oder seine Frau. Das Mädchen war jung, aber zwölf machte sie vielleicht sein. Und Axilla wollte sich eigentlich nicht in Dinge einmischen, die sie nichts angingen. Kurz blickte sie hilfesuchend zu Malachi, der ihren Blick aber falsch verstand und die anderen Leute an dem stand etwas grob beiseitedrängte, um dem Mädchen beim Aufstehen zu helfen.Sie wusste nicht, was passiert war? “Der Sklave da ist auf deine Hand getreten“, meinte Axilla reichlich stupide, einfach weil die Frage sie so überrascht hatte. Das hatte das Mädchen ja doch mitbekommen müssen?
Ein Moment des Schweigens breitete sich zwischen den beiden Damen aus, der unangenehm zu werden drohte. Axilla wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Sie sollte etwas sagen, das wusste sie. Die Frage war nur, was?
“Öh, was hast du da unten überhaupt gemacht?“ fragte sie also schnell, als ihr nichts besseres einfallen wollte. -
Als Salinator die Trauertoga anlegte und anschließend zum Volk sprach, krallte sich Axilla so sehr in die Lehre ihres Stuhls, dass das Holz leicht knarzte. Sie war so... so... wütend. Wütend auf den Mann, der die Bühne betrat, wütend auf das, was er getan hatte und gerade getan hatte, wütend auf die Leute, dass sie ihm zuhörten und ihn gewähren ließen, wütend auf die Götter, dass sie nichts unternahmen, wütend auf Imperiosus, der wusste, dass das hier schrecklich falsch war und dennoch mitmachte. Und vor allen Dingen war sie wütend auf sich selbst, dass sie jetzt da saß und nicht laut aufschrie. Sie wollte ja auch was sagen, wirklich. Sie wusste, dass es nicht richtig war.
Salinator stand da und sagte, dass Valerianus keine verwandten mehr hatte. Natürlich wusste Axilla, dass ihr Kaiser nach Recht und Gesetz ein Ulpier war und kein Aelier mehr. Trotzdem fragte sie sich im ersten Augenblick, was mit dessen Bruder, Aelius Quarto denn war. Überhaupt, wo war der? Axilla streckte sich kurz, um ihn in den Reihen der Senatoren zu suchen, aber sie sah ihn nicht. Überhaupt hatte sie ihn lange nicht mehr gesehen. Und eine klamme Angst beschlich Axilla, dass Salinator vielleicht recht hatte mit den nicht mehr lebenden Verwandten. Und zwar aus dem Grund, dass der fette Mann selbst dafür gesorgt hatte.
Und wenn sie den Gedanken weiter sponn... Nein, Axilla wollte das jetzt nicht denken. Überhaupt blieb ihr dafür keine Zeit, denn der Vescularier sprach unentwegt weiter.Ägypten hatte sich abgespalten. Das Korn würde ausbleiben! Nicht nur Axilla blieb für einen Moment der Mund offen stehen. Rom brauchte das Getreide aus Ägypten. Man verließ sich darauf, dass es im Frühjahr kam. Das erste Getreide aus Sicilia oder Hispania würde erst im October kommen. Das Korn aus Ägypten war das erste, was es überhaupt wieder gab, und Rom brauchte das Brot, das daraus gebacken wurde. Sollten sie jetzt ein halbes Jahr lang nur von Steckrüben und Pastinaken leben? Vor allem die ärmsten Schichten Roms, die auf die tägliche Kornzuteilung angewiesen war, die damit ruhig gehalten wurden... was sollten sie essen? Die Kornspeicher der Ewigen Stadt konnten nicht länger als noch ein paar Monate reichen, danach wären sie unwiederbringlich leer.
Und das war noch nicht alles. Vescularius sagte, dass Palma die Legionen Syriens hinter sich gebracht hatte. Ein Bürgerkrieg war unausweichlich, ja, er versuchte sogar noch das Volk dafür zu gewinnen und sagte, alle Geflohenen hätten Valerianus getötet. Auch Palma, der, wie Axilla wusste, sein wahrer Erbe war!
Axilla wurde schlecht. Ein Krieg gegen ein fremdes Land, eingeleitet durch ein feierliches Ritual vor dem Ianusbogen, inklusive Speerwurf auf das „Feindesland“, das war eine gute und gerechte Sache. Aber Römer gegen Römer, Bruder gegen Bruder, das war eine Abscheulichkeit. Und da im selben Atemzug die Pax Romana zu erwähnen war Hohn.
Und auch das Volk merkte das. Vermutlich hatte der Usurpator mit Jubel gerechnet, aber bis auf die paar bezahlten Stellen und einiges höfliches und bemühtes Klatschen blieb der aus. Vielmehr merkte man vor allen Dingen eines: Angst. Berechtigte Angst. Angst, zu verhungern, Angst vor einem Krieg, Angst vor der Zukunft. Und auch Axilla hatte schreckliche Angst.Und war wütend auf sich, dass sie nichts sagte. Wütend, dass sie niemandem erzählte, was sie wusste. Wütend, dass sie sich nicht traute, etwas zu sagen. Wütend, dass sie ihren Sohn vorschob, den sie beschützen wollte, obwohl sie wusste, dass das nur eine feige Ausrede war.
Und so saß sie nur da, so angespannt, dass die Muskeln an ihren Unterarmen schon als beständiges Spiel unter der Haut tanzten, wartete darauf, dass eines der Klageweiber sie mit dem befreienden 'Licet' entlassen würde, damit sie wieder nach Hause konnte, richtig flüchten konnte von diesem Wahnsinn hier. Und vielleicht ihren Mut doch wiederfinden. Denn eines war Axilla klar: Irgendwas musste passieren. Sie wusste nur nicht, was sie tun sollte. -
Es war ja nicht so, als wäre Axilla die Blicke der Männer nicht gewohnt. Sie wusste, dass sie den meisten Kerlen sehr gut gefiel, auch wenn sie selbst das nicht so ganz nachvollziehen konnte. Und nach der Schwangerschaft, die ihren Körper doch etwas kurviger gestaltet hatte als er ehedem war, hatte das eher zu- als abgenommen. Aber der Blick von dem Händler war doch mehr als das übliche interessierte gucken, und Axilla fühlte sich auf einmal so, als müsse sie sich waschen. Eine imaginäre Sabberspur führte ihren Körper runter, während der Mann erst sprach und dann doch einen Rückzieher machte. Was auch immer Kannibas war. Klang irgendwie nach Kannibalismus. Und damit wollte Axilla jetzt nicht unbedingt was zu tun haben.
Allerdings winkte der Mann dann auch aus einem für Axilla unerfindlichen Grund ab und scheuchte seinen Sklaven, woraufhin ein schmerzhafter Lauf von irgendwo unten kam. “Oh, scha... de“ versuchte es Axilla möglichst charmant und war eigentlich ganz froh, dass der Kerl es offenbar aufgegeben hatte, ihr was aufzuschwatzen, während sie neugierig nach unten guckte, wer da 'Aua' gebrüllt hatte. Ein junges Mädchen krabbelte da auf allen Vieren auf dem dreckigen Boden Roms herum, und war ganz offensichtlich getreten worden. Axilla fragte sich sowieso, was sie auf dem dreckigen Boden gemacht hatte, sie sah jetzt nicht wie eine Sklavin und auch nicht wie eine Bettlerin aus, ihre Kleidung war abgesehen von der Krabbelaktion nicht schmutzig.
Sie schüttelte kurz den Kopf, um sich von dem Anblick loszureißen. “Da kann man wohl nichts machen“ meinte sie galant zu dem Händler und wandte sich dem Mädchen zu. Oder junge Frau? Axilla sah jetzt keine Bulla, was aber auch einfach an dem Größenunterschied zwischen kniender Zwölfjährigen und stehender Zwanzigjähriger liegen mochte. “Alles in Ordnung?“ fragte sie, mehr aus Neugier, was das Mädel am Boden krabbelnd zu suchen gehabt hatte als aus wirklicher Anteilnahme. Axilla konnte nicht so gut mit Frauen, egal welcher Altersstufe, und da einfach nur nett sein war für sie schon etwas, das aktive Konzentration erforderte. Mit Männern ging das einfach leichter. Die waren... anders. Auch wenn manche Exemplare davon offenbar mehr sabberten als andere. -
Axilla wusste schon gar nicht mehr, wann sie das letzte Mal wirklich auf dem Markt war. War definitiv eine geraume Weile her, als ihre Schwangerschaft sichtbar geworden war, hatte sie das Gedränge sehr stark vermieden. Überhaupt war dies auch die Zeit der Ausgangssperre gewesen, und als die aufgehoben worden war, hatte sie sich schon gefühlt wie ein Nilpferd, das sich nur schwerfällig über Land bewegen konnte. Da hatte sie noch weniger Lust als so schon auf Einkaufsbummel gehabt.
Jetzt aber sah sie wieder gut aus, sie hatte auch weitestgehend ihre alte Fitness wieder – auch wenn Härtetests wie wirklich ausdauerndes und schnelles Laufen oder gar Klettern aufgrund der allgemeinen Schicklichkeit leider ausbleiben mussten. Aber vermutlich hätte Imperiosus doch verstört reagiert, seine Frau auf dem Baum im Hortus wiederzufinden, und im Grunde wusste Axilla ja, dass sie jetzt als Mutter eine gute Matrona sein sollte. Das musste nur noch irgendwie bei ihrem Herzen auch ankommen.So oder so aber war heute ein Tag gewesen, wo sie sich wieder auf den Märkten umschauen wollte. Natürlich in Begleitung von Malachi. Der Gladiator ragte neben ihr auf wie ein Fels, um diejenigen von ihr fern zu halten, die noch nicht an ihrer feinen Kleidung ihren Stand erkannten, oder gar sie selbst als Frau des Procurators erkannten. Nur einmal, als Axilla zu ihm aufschaute, musste sie schmerzlich überlegen, ob sie ihn auch dabei hätte, wäre Leander vor so langer Zeit nicht so brutal neben ihr ermordet worden, oder ob sie dann immer noch so sorglos ganz allein durch die engen Straßen Romas gehen würde.
“Ich brauch noch ein paar neue Kleider“, verkündete sie dem großen Juden, der diese Information wie immer mit vollkommener Gleichgültigkeit einfach nur aufnahm. Er hatte noch nie irgendwas zu einem ihrer Ideen und Einfälle gesagt, schon gar nichts kritisches. Axilla seufzte leise und merkte, wie sehr sie manchmal doch trotz allem Leander vermisste. Oder auch Levi, den sie nach Ägypten geschickt hatte.
Und so sah sie sich einfach mal auf dem Markt um und trat schließlich an einen Stand, der mit leuchtenden, bunten Tuniken lockte. “Hast du auch Kleider?“ fragte sie den Verkäufer und schenkte ihm ein freigiebiges Lächeln dabei. Vielleicht hatte er ja etwas, was er nicht für alle Diebe so offen rumliegen ließ. -
Ein gutes hatte es in jedem Fall, Imperiosus Frau zu sein: Axilla hatte einen sehr schönen Sitzplatz am Ende der Prozession auf einer der aufgestellten Tribunen und musste nicht im Gedränge stehen. Als Frau eines der höchsten Ritter des Reiches stand ihr derselbe Respekt zu wie ihrem Mann, und so bekam sie auch ihren Ehrenplatz unter einem dünnen Baldachin, der das Frühlingswetter davon abhielt, die Frisuren der hochgestellten Damen zu verunstalten.
Im Grunde wäre es ihr ja egal gewesen, wo sie ihren Platz gehabt hätte, ob nun bei den Frauen der Ritter oder der verbliebenen Senatoren oder auch beim gemeinen Volk, selbst bei den Namenlosen und Peregrini. Wenn man es ganz genau nahm, wäre sie sogar am liebsten zuhause geblieben. Aber das ging nicht. Sie hatte schon bei der Inthronisation von Salinator gefehlt – hatte da aber mit der erst kürzlich erfolgten Geburt eine sehr gute Ausrede gehabt, zuhause zu bleiben, um diesem sakralen Männerritual durch ihren noch so nahen Kontakt mit Geburt nicht zu entweihen und ihre Kräfte zu schonen. In der Zwischenzeit konnte sie diese Ausrede aber nicht mehr geltend machen. Sie sah ja nicht einmal mehr so aus, als hätte sie vor kurzem ein Kind geboren.
Na gut, ein bisschen noch. Sehr zu Axillas Leidwesen war nicht alles wieder so flach und schlank geworden wie vor der Schwangerschaft. Oh, dank tagelangem Hungern und jeder Menge Übungen, die die Hebamme euphemistisch 'Rückbildungsgymnastik' genannt hatte und einem Lauftraining in den Thermen, bei dem viele der sittlichen, älteren Damen den Kopf geschüttelt hatten, hatte Axilla das wenige, was nach der Geburt an Fettpölsterchen dagewesen war, wieder verloren. Ihr Bauch war wieder flach, zwar nicht so stramm wie zuvor, aber das sah man unter der Kleidung ja nicht. Und das würde schon wieder werden. Aber ihr Becken war eine Winzigkeit breiter. So wenig, dass man es nicht einmal sah, Axilla es aber an den Kleidern merkte, die etwas enger saßen und ihren Hintern doch etwas über Gebühr zu betonen schienen. Und ihre Oberweite war auch nicht auf ein mädchenhaft flaches Niveau zurückgegangen, sondern betrug jetzt gut eine Hand voll, was die Iunia nicht glücklich machte. Ihrem Mann schien es allerdings nichts auszumachen (Axilla unterstellte ihm da sogar ein gewisses Gefallen an der Sache).Nun aber bar jeder Ausrede saß sie da und wartete auf den Einzug der Pompa funebris. Natürlich trug sie wie alle um sie herumsitzenden schwarze Kleidung, sie selbst aus sehr feiner, schwarzer Wolle, ihre Nachbarrinnen teilweise auch aus schwarzgefärbter Seide oder Stoffen, von denen Axilla die Namen nicht wusste. Auffallen tat sie also nicht besonders, fand sie. Und auch sonst hatte sie langsam weniger Angst vor Salinator und einem möglichen Übergriff. Nicht einmal hatte er sie zum Essen eingeladen oder sich bei ihnen zum Essen eingeladen, nicht einmal war ihre Anwesenheit bei irgendwas erforderlich gewesen. Ja, selbst auf seiner Krönungsfeierlichkeit hatte er sie nicht vermisst. Das ließ die vage Hoffnung zu, dass er Axilla tatsächlich ganz und gar vergessen hatte und es bei diesem einmaligen Übergriff für den Rest ihres Lebens bleiben würde und sie den Mann nur noch aus weiter Ferne wiederzusehen brauchte. Mehr noch, dass er selbst Imperiosus soweit in Ruhe ließ, dass er nichtmal sich nach dessen Frau erkundigte, so dass ihr Mann sich genötigt sähe, sie ihm mal vorzustellen oder so.
Also war sie zum ersten Mal seit sehr langer Zeit entspannt, als der Zug mit dem toten Kaiser schließlich in Sichtweite kam.Axilla hatte ja noch nie dem Begräbnis eines Kaisers beigewohnt und hatte keine Ahnung, was da üblich war und was nicht. Dass Schauspieler die Toten als Lebende darstellten, das wusste und kannte sie auch von anderen Begräbnissen. Allerdings blickte sie doch etwas entsetzt aus der Wäsche, als sie den fetten Vescularius auf einer Biga entdeckte, angetan in Purpur und nicht in schwarzer Trauer, und wie er Valerianus selbst darstellte. Oh Pluto, warum erlaubst du so etwas? Schenk im schwarze Blattern dafür im Gesicht! Mein armer Kaiser, Genius Divus Valerianus, ich werde dir nachher am Hausaltar opfern, ich verspreche es.... dachte sie entsetzt.
Da stand der Mörder und Usurpator – und dank des gefundenen Testaments wusste Axilla, dass es so war – da, in Triumphkleidung, und betätigte sich der Schauspielerei! Mehr noch, er verunglimpfte damit den verstorbenen Kaiser in ihren Augen, verhöhnte seinen göttlichen Geist – wenngleich Valerian gar nicht zum Gott erhoben worden war bislang – und demonstrierte in Axillas Augen nur seine Macht über Lebende und Tote.
“Kindchen, weinen oder klatschen, nicht starren!“ forderte Axillas Sitznachbarin sie auf. Axilla glaubte, es war die Frau des Procurator ab epistulis. Oder des Praefectus Annonae, eins von beidem.
“Aber das ist... das ist... infam!“ brach es aus Axilla heraus und entgeistert schaute sie die umliegenden Damen an, die scheinbar alle zu kuschen gedachten. “Ich meine... Schauspielerei! Was kommt als nächstes? Legt er sich eine Dionysosmaske an und bespringt auf der Rostra eine barbusige Sklavin mit einem umgeschnallten, riesigen Phallus?“ zutrauen würde Axilla es ihm. Der Beruf des Schauspielers galt nicht umsonst als das niedrigste der niedrigen Gewerbe, auf einer Stufe mit Dieben – die sie auch oft waren – und Lupae – die sie ganz sicher waren – und Gladiatoren, aber weit weniger angesehen.
“Sei still, man hört dich noch. Er ist der neue Kaiser“, meinte die Frau nur maßregelnd und machte damit jeden Hauch von rechtschaffener Empörung zunichte.
Axilla biss die Zähne zusammen und betrachtete das Schauspiel, versuchte sich nichts von ihrem Ekel und ihrem Mitleid für die Verstorbenen angesichts dieser Handlungen anmerken zu lassen. Wenigstens ist er so dick, dass er sich wohl in keine Gladiatorenrüstung quetschen wird, dachte sie und versuchte sich damit zu beruhigen, was aber nur halb gelang. Der arme Valerianus. Axilla hoffte, dass sein Geist den Palatin durchspuken würde und den Vescularier krank machen würde. Es wäre nur gerecht.