Beiträge von Iunia Axilla

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    Mittag. Eine erste Verschnaufpause im Training – oder eine Unterbrechung, je nachdem, wo man stand. Zusammen mit seinen Brüdern ging Malachi zur Essensausgabe. Jeder hatte seine Schale und seinen Löffel, und ohne irgendein Wort, ohne Scherz oder gar Streit, standen sie alle an, ließen sich ihre Kelle Essen und einen Kanten Brot geben, um zu ihren Plätzen zu gehen. Es war jeden Tag dasselbe Ritual, derselbe Ablauf. Die alten Gladiatoren vollführten dies genauso routiniert wie davor die Übungen mit dem Schwert: Schweigend, präzise und ohne auch nur darüber nachzudenken.
    Nur die neueren hatten da Probleme. Ein Novicus – ein Freiwilliger, soweit Malachi wusste – stellte eine Frage: Was das da in seiner Schale war. Das Ergebnis war, dass einer der Doctores ihm einen Schlag in den Rücken mit dem Stock verpasste, so dass dieser die Hälfte seines Essens verschüttete. Die harschen, gebrüllten Worte, die folgten, ließen aber keinen Zweifel daran dass er sich “AN SEINEN PLATZ SETZEN!“ sollte. Und “WEHE, EIN TROPFEN ESSEN LANDET AUF DEM BODEN!“, dann würde dieser “MISTKÄFER VON EINEM SCHWÄCHLING!“ den Doctor erst von der wirklich unangenehmen Seite kennenlernen. Danach war wieder Totenstille.
    Ein anderer Novicus zitterte so sehr, dass er beinahe seine Schale nicht zum Platz tragen konnte. Die Ketten rasselten bei jeder Bewegung. Sein Gesicht sah blass aus. Ein sehr guter Kandidat für das Spiel.
    “20 Sesterz'n auf den Griech'n“, meinte Ferox vergnügt, als das Essen eröffnet worden war und zumindest den älteren Gladiatoren ein leises Gespräch gestattet war. (Oder besser gesagt, es wurde nicht so drakonisch geahndet.)
    Der Nubier ließ seinen Kennerblick ebenfalls über die neuesten Brüder gleiten. Seinem schwarzen Gesicht war keine Regung anzumerken, bis zu dem Zeitpunkt, als er mit einem Lächeln eine herausstechend weiße Reihe Zähne zu zeigen. “Eine gute Wahl, Thraker, gute Wahl. Doch glaube ich, du bist vorschnell. Ich denke viel eher, dass unser Auctorati dort drüben das rennen machen wird. Was meinst du, Matinius?“
    Seitdem Genucius Matinius die Sache mit den Spottpreisen bei den Gladiatoren vom Ludus Magnus gehört hatte, hatte er beständig schlechte Laune. Er schaufelte momentan lustlos sein Essen in sich hinein und brütete in seinen Gedanken. Seine Frau stand an der Essensausgabe und half den Bediensteten, zusammenzuräumen. Sie war eine echte luda (und nicht zu verwechseln mit einer lupa) und solange ihr Mann hier als Gladiator arbeitete, lebte sie mitsamt ihrer Familie hier und half bei den Aufgaben, die sie erledigen konnte. Die beiden hatten wohl einen lauteren Streit gehabt, was noch mehr zur Verdrießlichkeit des Genuciers beitrug.
    Er schaute nur kurz missmutig auf. “Der Parther“, meinte er so lustlos wie alles andere und widmete sich dann seinem Essen wieder.
    “Der Parther? Bist du sicher, Mann?“
    “Lass ihn, Nubius, lass ihn. Sein Geld is' mir sehr willkomm'n, ich bin mir nicht zu fein, 's ihm abzuknöpf'n'.“ Ferox lachte sein dreckiges, unangenehmes Lachen, bis ein Aufseher hersah. Augenblicklich verstummte er und beugte sich über sein Essen. “Pst. Jude! Malack! Was meinst'n du? Willst mich nich' auch 'n bisschen reicher machen?“
    Malachi sah von seinem Essen auf und blickte über die Neulinge. “Ich denke, der Nubier nimmt dich aus. Wie jedes Mal.“ Er beteiligte ich nicht am Spiel.


    Die Regeln des Spiels waren ganz einfach. Die Neulinge waren die Anstrengung des Trainings nicht gewohnt. Und sie mussten essen, wenn es Essen gab. Sie durften sich nicht erst ausruhen und entspannen, bis sie so weit waren. Was zur Folge hatte, dass immer mindestens einer sich die Seele aus dem Leib kotzte. Oder anfing, unkontrolliert zu heulen und zu schluchzen und danach zu jammern, hier heraus zu dürfen/dass seine Mutter ihm half/dass die Götter ihm das Schicksal ersparten. Und nun schlossen die übrigen Tische kleine Wetten ab, wer das denn sein würde. Manchmal brachen auch mehrere zusammen, dann wurde der Topf gestaffelt ausgeschüttet. Der erste bekam den Löwenanteil, der zweite noch ein wenig und der Dritte vielleicht seinen Einsatz wieder.


    Und es dauerte auch nicht lange, bis das Spiel anfing. Der zitternde Grieche, auf den Ferox gesetzt hatte, zitterte immernoch und aß nicht einen Happen. Solang, bis zwei Ausbilder herbei kamen und erst auf ihn einredeten mit eindeutigen Worten, und schließlich dann einer ihn festhielt und der andere ihm erst einmal einen Löffel Getreidebrei in dem Mund stopfte. Wenn der Befehl lautete, zu essen, wurde gegessen. Die Männer brauchten die Nahrung, um durchhalten zu können.
    Der Schwätzer, auf den der Nubier gesetzt hatte, hatte unterdessen zu essen angefangen. Langsam, sich immer wieder die Rippen haltend. Der Doctor vorhin war nicht zimperlich mit ihm umgesprungen. Während also der Grieche zu heulen anfing, als die beiden Aufseher ihn zum Essen zwangen, wurde er immer blasser und verschwitzter. Und schließlich schaffte er es noch gerade so eben, aufzustehen und sich vom Tisch abzuwenden, ehe sich hauptsächlich Galle und ein wenig Puls einen Weg von seinem Magen zum Steinboden suchten. Ein Aufschrei des Ekels folgte von den Umstehenden.
    Der Grieche wurde losgelassen, weil die beiden Aufseher erst einmal Ordnung in die Gladiatoren bringen mussten – was sie auch mit einigen gebellten Befehlen recht schnell schafften. “WEITERESSEN!“ war dabei noch das freundlichste, und wurde umgesetzt. Als alle wieder saßen, wurde der Auctoratus von den beiden erst einmal abgeführt und zum Medicus verfrachtet. Schlagen als Strafe half da – noch – nicht viel, aber das würde folgen, wenn er nicht mehr ganz so geschwächt war.


    Malachi wandte sich an Ferox. “Hab ich doch gesagt. Er gewinnt immer.“
    Ferox maulte etwas unverständliches in seiner Muttersprache und reckte dem Nubier die Faust entgegen, die dieser mit selber Geste berührte, womit klar war, dass Ferox seine 20 Sesterzen bezahlen würde. Sobald er sie hatte. Dem Genucius erließ der Nubier seinen Einsatz.


    Eine Feststellungsklage, um herauszufinden, was überhaupt passiert war. Das klang sinnig und gut. Und definitiv vielversprechender, als ihn darauf zu verklagen, ihr Erbe herauszurücken. Allerdings wusste Axilla nicht sicher, ob sie das wirklich wissen wollte. Und sie wusste auch nicht, ob sie das 'wir' des Tiberiers so interpretieren durfte, dass dieser gewillt war, ihr zu helfen. Immerhin legte er sich dadurch auch mit dem mächtigsten Mann in Rom an.
    “Das klingt gut, nur... ähm...“ Axilla schaute kurz zu den Schreibern. Sie wusste nicht, ob sie den Tiberier wirklich bitten konnte, diese hinauszuschicken. Und selbst wenn, wusste sie auch nicht, wer sonst noch zuhören würde. Allerdings wollte sie nicht, dass ein paar Dinge ihren Mann betreffend von allzuviel Leuten erfahren würden.
    “Mir wäre auch daran gelegen, wenn es nicht gar so öffentlich wäre. Ich meine, ich will ja auch gar nicht... Schwierigkeiten machen. Es ist nur... ich meine... du verstehst sicher, dass ich meine Dos auch wieder brauche.“ Das wiederum sollte jeder, der nicht auf den Kopf gefallen war, verstehen. Sie war noch keine zwanzig und schon Witwe, natürlich musste sie wieder heiraten und brauchte ihre Dos, um auch einen angemessenen Mann zu finden. Sie hatte zwar sicher eigenes Vermögen genug, aber dennoch war ihr Erbe auch nicht gerade klein und würde ihr Vermögen entsprechend vermehren.
    “Und es gibt... Dinge... also, über meinen Mann, die nicht unbedingt... in aller Öffentlichkeit ausdiskutiert werden müssten.“ immerhin war Archias nach wie vor Aelier und würde daher sicher auch Gespräch sein. Aber wie sollte Axilla sagen, dass Archias den PU sicher nicht beleidigen hatte wollen, es aber vielleicht nur getan hatte, weil er ein paar Wahnvorsellungen hatte?
    Ob der Tiberier den Fall übernahm, wusste sie nach wie vor nicht, aber sie traute sich noch nicht ganz, ihn das so direkt zu fragen.

    Weg. Es war einfach weg. Axilla hatte noch geübt, was sie sagen wollte, und wie sie ihre Argumente aufbauen wollte, welch sprachliche Finesse sie in ihre kleine Rede legen wollte, und nun – puff, alles weg. Als wär da nie etwas da gewesen. Verdammte Nervosität auch.
    Einen Augenblick sprachlos stand sie also da und sammelte ihren verbliebenen Mut. Sie stand jetzt immerhin hier, das war sozusagen ihre Front, und ein Römer wich nicht zurück! Genau! “Ja, das ist richtig. Es ist so...“
    Kurz huschten ihre Augen durch den Raum, aber auch dort war nirgends ihre perfekt vorbereitete Rede zu finden. Also trat sie einfach einen Schritt nach vorn – hauptsächlich, um für sich selbst dadurch ein Zeichen zu setzen, dass es nun vorwärts ging und Rückzug ausgeschlossen war.
    “Wie dir vielleicht bekannt ist, war mein Mann Aelius Archias.“ Axilla hatte keine Ahnung, ob der Tiberier das wusste. Auf jeden Fall wusste er es nun. “Und nun ist es so, dass dieser vor seinem Tod wohl den Praefectus Urbi beleidigt haben soll. Über genaueres hierzu habe ich keine Informationen, und mir wär auch nicht bewusst, dass er jemals öffentlich gegen Potitus Salinator das Wort geführt oder ähnliches getan hätte, aber...
    Naja, nun ist es so, dass an dem Tag, an dem mein Mann... verstarb“
    Die genauen Umstände hatte der Tiberier sicher wie alle anderen auch in der Acta gelesen. Es kam ja nicht alle Tage vor, dass sich ein Aelier vom tarpejischen Felsen stürzte. ... da kam eine Cohorte in das Domus Aelia, mitten zur Aufbahrung, und hat seinen gesamten Besitz beschlagnahmt. Also das gesamte Erbe, meine Dos, die Sklaven...alles.“
    Axilla wollte weder Mitleid heischen, noch wollte sie jammern. Und sie konnte nur hoffen, dass sie nicht diesen Eindruck vermittelte. Sie bemühte sich redlich um eine aufrechte und stolze Haltung, aber so ganz mochte es ihr wohl nicht gelingen.
    “Ich habe versucht, einen Termin mit ihm zu bekommen, um das ganze aufzuklären. Aber ich werde nicht zu ihm vorgelassen. Ich habe auch dem Kaiser geschrieben. Immerhin war mein Mann mit ihm verwandt. Aber ich habe keine Antwort erhalten.“
    Soviel zu dem, was bislang geschehen war. Auch wenn Axilla einige Teile ausgelassen hatte. Die Dinge, die sie erzählt hatte, waren schon peinlich genug. Da musste sie nicht davon reden, dass sie glaubte, dass Archias geistig nicht so ganz auf der Höhe gewesen sei.
    “Und ich weiß nun nicht, was ich noch tun kann, und erhoffe mir deinen Rat, weil ich mich damit nicht auskenne. Ich dachte, mit dem Tod einer Person erlischt seine Schuld? Ich dachte, das Vermögen eines Ritters – und ein solcher war mein Mann – kann nur eingefordert werden, wenn er statt einer Todesstrafe, die bei Beleidigung sicher nicht verhängt wird, das Exil vorzieht?“ Axilla hatte davon wirklich nur eine sehr, SEHR rudimentäre Ahnung. Sie hatte bislang ja auch nie Ahnung haben müssen.
    “Du bist Senator und Pontifex. Darüber hinaus Patrizier, was meine Gens auch einst war.“ Auf dieses Erbe beriefen sich die Iunii schon seit je her. “Daher fiel meine Wahl auf dich, weil du sicher über genug Wissen und Weisheit verfügst, mir Rat zu erteilen. Ich weiß, dass man den Praefectus Urbi nicht so einfach verklagen kann.“ Zumindest nicht, wenn man gerne weiterleben mochte. Und Axilla hatte keine so mächtigen Verbündeten oder gar Familienmitglieder, als dass sie es darauf anlegen konnte. “Und ich weiß nicht, was ich sonst tun könnte.“ Der Tiberier hingegen könnte sicher entweder mit dem Kaiser oder dem PU reden. Zumindest stellte Axilla sich das so vor. Sofern er denn überhaupt gewillt war, das für sie zu tun.

    Geradezu gespenstisch aufrecht und mit ungerührter Miene betrat Axilla den Raum. Sie wollte ganz sicher nicht hier sein, und sie machte sich auch nicht die Mühe, darüber hinwegzutäuschen und so zu tun, als würde sie sich wirklich freuen, Piso zu sehen. Sie freute sich ganz und gar nicht, und wenn sie einen anderen Weg sehen würde, sie würde ihn gehen. Aber soviel war sie Archias doch noch irgendwie schuldig, dass sie wenigstens dieses eine Mal versuchte, Piso zu informieren.
    Dass dieser einen freundlichen Tonfall hatte, bemerkte Axilla durchaus. Aber dieser konnte auch nicht darüber hinwegtäuschen, was sich in Axilla als festes Wissen etabliert hatte: Piso hasste sie. Davon war sie felsenfest überzeugt. Noch bevor sie und Archias geheiratet hatten, hatte er sie gehasst. Gut, sie konnte sogar verstehen, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn Archias Seiana geheiratet hätte, aber dennoch. Es war ja nicht das einzige. Als sie geheiratet hatten, bei Axillas erster Cena, die sie gegeben hatte für die Freunde, als Archias und sie davor mit Piso geredet hatten, hatte er sehr deutlich gemacht, dass er sie nicht für würdig hielt. Er hatte sie wie Luft behandelt und über sie geredet, als wäre sie gar nicht im Raum! So lange, bis Axilla schließlich stocksauer hinausgegangen war, denn auch Archias hatte sich natürlich nicht dazu herabgelassen, sie zu verteidigen und zu ihr zu stehen. Bei weiteren Treffen zwischen Archias und Piso war sie dann wohlweislich nicht mehr. Und nach Archias Tod war es noch viel schlimmer geworden, mit einem letzten Gipfel bei der Sponsalienfeier zwischen dem Aurelier und Nigrina. Axilla hatte also allen Grund, davon auszugehen, dass Piso sie hasste, und sie hatte keinen Grund, freundlich zu ihm zu sein.
    Da er ihr keinen Platz anbot, blieb sie auch stehen, so steif, als hätte sie einen Stock verschluckt. Sie drehte sich leicht von ihm weg, so dass er nur ihre Profilansicht zu sehen bekam, und heftete ihren Blick ziemlich emotionslos an die Wand.
    “Salve, Flavius. Da mein Mann dich als Testamentsvollstrecker eingesetzt hat, sehe ich es als meine Pflicht an, dich zu informieren.“ Sie hatte die Rede geübt. Mehrfach. Und so hörte sie sich auch an. “Wie dir bekannt ist, hat der Praefectus Urbi das Vermögen von Archias beschlagnahmt – inklusive unserer Erbteile und meiner Dos. Ich habe bereits an den Kaiser diesbezüglich geschrieben und habe versucht, zum Praefectus Urbi vorgelassen zu werden. Allerdings verweist mich sein Scriba nur an die kaiserliche Kanzlei und das Officium für Rechtsfragen und gestattet mir nicht, ihn selbst nach den Gründen zu fragen. Geschweige denn, meine bitte vorzubringen, er möge das Erbe freigeben.“
    Irgendwas hatte sie vergessen. Kurz musste sie überlegen und ihr Blick senkte sich dabei zu Boden. Verdammt, sie wusste es nicht mehr. “Das... ähm, das wollte ich dir nur mitteilen.“ Gut, der Abschluss war nun nicht ganz so perfekt geworden.

    Flaccus erzählte von Aglaia und ihrer Bildung, und Axilla hörte zu, während sie ihre Gedanken schweifen ließ. Die meisten Sklaven, die sie je besessen hatte, hatten schon immer zum Hause Iunia gehört, und Axilla hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, ob das nun Glück oder weniger war, dass sie da waren. Sie gehörten zur familia. Sie beteten zu den iunischen Ahnen und opferten am Hausaltar. Sie hatte sich nie darum Gedanken gemacht, ob das nun gut oder eher weniger gut war. Egal, ob es nun die gebildeteren oder die ungebildeteren betraf. Sie waren... einfach da. Schon immer da gewesen. Axilla hatte nur zwei Sklaven in ihrem Leben selber gekauft. Den ersten hatte sie verschenkt, und der zweite war ihr Custos Corporis. Sie wusste nichtmal, auf was sie achten sollte, sollte sie noch Sklaven benötigen. Aber da war es auch mal ganz bequem, dass sie sich darauf hinausreden konnte, eine Frau zu sein, und solche Entscheidungen notfalls auf die Männer abzuwälzen. Oder aber mit dieser Entschuldigung zu kommen, wenn sie sich vergriffen hätte. Wobei eher letzteres als ersteres, und beides bislang nicht vorgekommen war.
    Bei seiner Bemerkung zu ihrer Frisur brauchte es einen kurzen Moment, bis sie den Scherz verstanden hatte. Dann aber bekam Flaccus einen Klaps vor die Brust und ein gespielt eingeschnapptes Gesicht zu sehen. “Ach, ihr Männer habt davon doch absolut keine Ahnung. Das trägt man heutzutage so!“ Das auf die Worte folgende Lächeln aber machte jede gespielte Empörung wieder zunichte.


    Dann aber sagte Flaccus etwas seltsames. “Hast du deine Bücher denn nicht mitgenommen?“ Man reiste ja nicht so oft, und wenn man es tat, nahm man das, was man liebte, doch dann mit sich?

    [size=6]Wieso jault denn da meine Eiskuh nicht auf und warnt mich? Fast vergessen! AAAH[/size]



    Serrana, alles, alles Liebe zum Geburtstag. Ich hoff, du feierst schön und lässt dir was Schönes schenken :D

    Irgendwann war Axilla dann an der Reihe und wurde ins Talinum geleitet. Nicht, dass die Warterei etwas an ihrer Nervosität geändert hatte, im Gegenteil. Es war eigentlich nur eher schlimmer geworden. Dass hier nun neben dem Hausherren noch einige Scribae und ein Nomenclator waren – beides Dinge, die durchaus zu erwarten gewesen waren – machte es auch nicht einfacher. Aber Axilla nahm sich zusammen, so gut es eben ging, und versuchte ein freudiges Lächeln, als sie auf den älteren Senator zuging. Am liebsten wäre sie jetzt weggelaufen, aber sie wusste, dass das kindisch war. Sie musste jetzt erwachsen sein und versuchen, zu tun, was eben in ihrer Macht stand. Viel anderes blieb ihr ja auch nicht mehr übrig, wenn sie nicht einfach kampflos aufgeben wollte.


    “Salve, Tiberius. Danke, dass du einen Moment deiner Zeit für mich findest.“ Die Begrüßung war doch noch ein wenig Sicherheit. Noch hatte sie sich nicht total lächerlich gemacht, noch konnte sie zurückrudern und irgendwas kleines erfinden. Wenn sie aber gesagt hatte, was sie wollte, dann hatte sie es gesagt, und all die Leute hier im Raum hätten es gehört. Axilla widerstand dem drang, sich verlegen am Arm zu kratzen, und biss sich nur ganz leicht auf die Unterlippe. Sie war so furchtbar nervös.

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    Die jungen Leute von heute hatten allesamt ihre Manieren vergessen, wie es schien. Also blieb Araros nur, nachzufragen.
    "Und du bist...?" Denn davon war auch abhängig, ob er überhaupt seine Herrin fragen würde. Er konnte ja nicht jeden Bettler hereinlassen, nur weil der sagte, er wolle mit einem Bewohner des Hauses sprechen! Da wäre er ja ein schlechter Ianitor.

    Axilla war nervös. Sie hatte sich einen etwas privateren Rahmen gewünscht als eine Salutatio. Einen etwas sehr viel privateren Rahmen. Vor allem gefiel ihr nicht, dass Tiberius Durus sie wie eine Bittstellerin zur Salutatio überhaupt einlud. Sie war mit einem Aelier verheiratet gewesen und hatte im Palast gelebt, verdammt nochmal. Und wenn sie das bevorzugt hätte, wer hätte sie als Witwe von dort verwiesen? Der Kaiser lebte schon seit Ewigkeiten auf seinem Landgut, und sein Bruder mit ihm. Sie war sich sehr sicher, dass sie auch weiterhin dort hätte leben können, wenn sie nur gewollt hätte. Nungut, vielleicht nicht sehr sicher, aber ziemlich sicher. Ein bisschen sicher. Mit einem kleinen großen Vielleicht.
    Und so hatte sie sich heute hübsch gemacht, allerdings nicht zu hübsch. Sie wollte keineswegs wie eine Bettlerin erscheinen, aber sie musste mit ihrem Auftreten den Tiberier ja auch nicht gleich anspringen. Der Mann war alt, vielleicht echauffierte er sich über ein wenig nackte Haut zuviel? Sie kannte ihn nicht, und ihr war das zu wichtig, als dass sie das Risiko eingehen wollte. So trug sie ein gutes Kleid, der winterlichen Temperatur angepasst aus dunkel grün gefärbter Wolle, und nur ein wenig Schmuck. Ihre Frisur war auch einfach hochgesteckt ohne Spielereien und Firlefanz wie Spangen oder Blüten – die es im Winter sowieso nur zu horrenden Preisen gab.
    Und dann wartete sie. Nervös. Sich beherrschend. Immer wieder schaute sie zu den anderen Herren im Raum, die etwas von ihrem Patron wollten. Axilla kam sich schrecklich fehl am Platz vor. Durus war ja nicht ihr Patron. Und sie in dem Sinne keine Bittstellerin. Sie hatte nur keine Wahl, als um Hilfe zu bitten, weil sie alleine schlicht nicht mehr weiter kam. Hoffentlich besaß der Mann wenigstens die Gnade, sie zum Schluss dranzunehmen, wenn die übrigen Leute hier schon gingen. Was gab es unangenehmeres, als über einen juristischen Sachverhalt zu reden, wenn zig fremde Leute es hören konnten?

    Vor allem war es wohl dann eine sehr ungesprächige und von toten Geistern beseelte Gesellschaft gewesen. Auch wenn Axilla Bücher wirklich mochte, und auch, wenn sie die Größe der flavischen Bibliothek jetzt schon bewunderte. Hier hatte sich jemand wirklich Mühe gegeben, viele Werke zu sammeln.
    Als er sie aufforderte, sich einmal anschauen zu lassen, sah Axilla ihn ein wenig unsicher an. Einen Moment schien sie schüchtern zu erstarren, dann aber zuckte sie die Schultern und machte auf den Fußballen eine langsame Pirouette. Wenn er sie schon bewundern wollte, dann sollte er sie von allen Seiten begutachten. Die Tunika ging ihr bis knapp über die Knie, ihre Unterschenkel waren blank. Ihr linker zeigte noch das Efeumuster, das sie sich wenige Tage vorher für die Sponsalienfeier hatte machen lassen. Und der Ausschnitt war ein wenig zu groß, so dass immer wieder eine Schulter leicht freirutschte, ehe Axilla das Kleidungsstück wieder zurechtziehen konnte. Aber Axilla machte sich nichts daraus und ergab sich der Perfektion des Unperfekten. Ändern konnte sie sowieso nichts daran, und Flaccus schien es, zumindest im Moment, auch nichts auszumachen. Warum sich also den Kopf unnötig darüber zerbrechen?


    “Ja, sie war mir wirklich eine große Hilfe. Sehr nett und freundlich.“
    Nach seiner Aufforderung setzte sie sich, und diesmal vergaß sie ganz den gesitteten Eindruck, den sie eigentlich hatte machen wollen. Angetan in einer zu großen Tunika und mit offenen, nicht gänzlich trockenen Haaren fiel es einfach schwer, etwas zu sein, was man nicht war. Und Axilla war nunmal niemand, der allzu streng mit sich selbst war, was die Etikette anging. Sie setzte sich bequem auf ein untergeschlagenes Bein und ließ ihren Blick durch die Bibliothek gleiten. “Du hast nicht übertrieben, ihr habt wirklich viele Schriften hier.“

    Wieder einmal war Levi losgeschickt worden, um einen Brief zu überbringen. Und so war er schließlich zur Poststube der Villa Tiberia gelangt, um eine einfach aussehende Wachstafel dort abzugeben.



    Ad
    Manius Tiberius Durus
    Villa Tiberia


    Iunia Axilla s.d.


    Ich habe gesehen, dass du als Advocatus zur Verfügung stehst. In deiner Eigenschaft als solcher möchte ich dich um einen iuristischen Rat fragen und bitte daher um einen Termin. Auch wenn ich weiß, dass wir einander nicht bekannt sind, und du daher keine Veranlassung hast, mir zu helfen, bitte ich dich, dir wenigstens anzuhören, was ich zu sagen habe. Ich denke, dann wirst du verstehen, warum meine Wahl auf dich fällt.


    Vale!

    Flaccus musste eine ganze Weile warten, denn es dauerte, bis Axilla trocken und umgezogen war. Die arme griechische Sklavin brachte ihr zwar sehr schnell eine Tunika, aber Axilla war bis auf die Knochen durchweicht und konnte nicht nur eben schnell etwas anderes anziehen. Um ihre Haare trocken zu rubbeln, mussten zunächst alle Haarnadeln aus der Frisur entfernt werden, und die filigranen Sternchen wehrten sich ein wenig. Ihr Kleid klebte auch am Körper, und weil Axilla kalt war, musste auch ein Feuer in einer der Kohlebecken entzündet werden. Die Sklavin war so zuvorkommend und fragte sogar, ob Axilla baden wollte, um sich aufzuwärmen, aber das wäre doch zuviel geworden.
    So trocknete sie sich nur sehr, sehr, SEHR gründlich ab und ließ sich dabei auch selbstverständlich helfen. Allerdings mussten danach ihre Haare, die wild in alle Richtungen nun abstanden, zumindest gekämmt werden. Und das war es, was die meiste Zeit in Anspruch nahm, obwohl Axilla sich noch nicht einmal neu frisieren ließ. Die neue Tunika dann anzulegen und der Sklavin ihr Kleid zum Trocknen mitzugeben war dann schnell erledigt.


    Der Weg in die Bibliothek war dann aber doch irgendwie außerordentlich lang. Zumindest für jemanden, der ungeschminkt, unfrisiert und in einer Männertunika gekleidet durch ein patrizisches Haus schlich und die ganze Zeit zu sämtlichen Weggottheiten der Welt betete, nicht unfrisiert, ungeschminkt und in einer Männertunika gekleidet von einem patrizischen Hausbewohner getroffen zu werden. Vielleicht war die Idee, die eben noch gut geklungen hatte, doch ein klein wenig zu unorthodox, und sie hätte vielleicht doch eher nach Hause gehen sollen. Und sobald der Regen aufgehört hätte, würde Axilla auch genau das tun und ihr Glück nicht weiter herausfordern. Aber jetzt huschte sie erst einmal in die Bibliothek, wo Flaccus bereits auf sie wartete.
    “Ich hoffe, du musstest nicht zu lang warten“, begrüßte sie ihn unsicher. Sie wusste, wie sie aussah. Und auch, wenn es sie absolut nicht störte, nicht fein frisiert zu sein – ihre leicht lockigen Haare gingen ihr halbtrocken einfach bis in den Rücken – und nicht fein gekleidet – auch wenn Flaccus eine sehr schöne Tunika für sie hergegeben hatte. Er war einfach doch mindestens einen Kopf größer als sie, so dass man sah, dass die Tunika zu groß war. Auch wenn er nicht muskulös war, so dass sie nicht in dem Kleidungsstück schwamm. Auch wenn es Axilla also nicht störte, sie wusste beim besten Willen nicht zu sagen, ob es auf Flaccus nicht einen falschen Eindruck machen würde.

    Mantua? Was machte Vala denn in Mantua? Und warum nahm er Sirius nicht dahin mit? Was war überhaupt in Mantua, weswegen man dorthin wollen könnte? Axilla stand einen Moment mit leicht blödem Gesichtsausdruck da, was wohl umso alberner wirken mochte, da Sirius genau jetzt von Feigen aus Syria zu reden anfing. Was interessierten sie die Feigen? Sie wollte wissen, warum dieser vermaledeite Duccier heimlich, still und leise nach Mantua gegangen war! Natürlich nur, damit sie herausfinden konnte, wie egal ihr das war, weil sie seine Beweggründe nicht interessierten und er ihr überhaupt egal war. Nur sollte er ruhig mitbekommen, wie egal er ihr war, was er aber nicht tat, wenn er hunderte Meilen weit weg war.
    Aber... oh, ja, Ablenkungsmanöver. Sie konnte Sirius jetzt schlecht fragen, was Vala in Mantua machte. Das war weder Zeit noch Ort dafür, und wenn sie noch weiter auf die Obstplatte starren würde, als sähe sie dort Gespenster, könnte das einen idiotischen Eindruck hinterlassen. Und das wollte Axilla auf gar keinen Fall! Also schnappte sie sich nur eine der gepriesenen Feigen und kämpfte ihre Neugier nieder. Vespa richtete ohnehin gerade das Wort an Sirius und befahl ihm, das Essen zu servieren. Da konnte sie ihn ohnehin nicht in Beschlag nehmen. Was sollte sie sagen. 'Warte, Vespa, ich muss erst noch wissen, wo jemand ist, den ich ignorieren will'? Das klang albern, sogar für Axilla.


    Mit der Feige bewaffnet machte sich Axilla also auf zur Kline und nahm den Platz neben Prisca, so dass Seiana neben Vespa Platz finden konnte. Das letzte Mal, dass Axilla und Seiana auf einer Kline gelegen hatten, war auf einer Feier von Pompeius Imperiosus gewesen. Und Axilla war damals ziemlich besoffen gewesen. Und sie hatte wohl allem Anschien nach heftig mit Seiana dort geknutscht. Etwas, woran sie sich nicht selbst erinnerte (und es auch nicht wollte), und etwas, dass sie nicht zu wiederholen gedachte. Aber sicher war sicher, so war ein wenig mehr Platz zwischen ihnen beiden.


    Die Frage nach der Familie wiederum kam von Prisca. Axilla lächelte leicht, während sie sich setzte, und überlegte, was sie dazu sagen sollte. Sicher könnte sie das ein oder andere erzählen, aber ob das hier her passte? Sollte sie erzählen, dass Salinator das Erbe ihres Mannes eingefroren hatte und sie noch nicht einmal mit diesem ungehobelten Klotz reden konnte, weil man sie nicht zu ihm vorließ? Sie wusste nicht, ob das wirklich so gut war, das hier sollte ja ein fröhliches Fest werden. Da waren solche Gedanken – und Politik im Allgemeinen – vielleicht kein so gutes Thema. Andererseits saßen hier auch die Damen, die ihr vielleicht etwas besser aushelfen könnten... Sie überlegte, es vielleicht später anzubringen und ließ die anderen Damen erst einmal erzählen, um vielleicht im Anschluss einen guten Anknüpfungspunkt zu bekommen, ohne das Gespräch gleich abzuwürgen.

    Sim-Off:

    Sorry, vor lauter Plätzchenbacken und Geschenke packen hab ich den Thread hier irgendwie total übersehen


    Wurde er da etwa gerade frech? Axilla stand einen Moment mit leicht offenem Mund da und sah ihn halb ungläubig, halb entzückt an, während er seine kleinen Spitzen anbrachte. “Zweiter oder dritter Blick? Soso, das merk ich mir.“ Es war eine nicht näher definierte Drohung, die aber oft genug ihre Wirkung auch entfachte, ohne dabei den Rahmen des Scherzes zu verlassen. Aber das würde sich Axilla ganz sicher merken. Da gab man einem Kerl eine Glanzvorlage, charmant zu sein, und er stichelte! Männer!


    Und auch, wenn das Wetter draußen immer garstiger wurde, stand für Axilla eigentlich fest, dass sie nicht einfach ein Kleid von einer der Damen des Hauses anziehen konnte. Als Flaccus dann aber ihre Vermutung berichtigte, war sie auch nicht so ganz zufrieden. Eine einfache Tunika? Axilla hatte nun nichts gegen einfache Tuniken, sie lief zuhause die meiste Zeit in einer herum. Die waren praktisch und behinderten nicht beim Arbeiten. Aber das war was anderes, daheim sah sie ja niemand! Schon gar kein Patrizier. Und Axilla hatte irgendwo die Befürchtung, dass Piso gleich um die Ecke kommen würde und sie dann wegen ihrer Aufmachung schon wieder runterputzen würde. Darauf konnte sie wirklich verzichten.
    Das Donnern draußen allerdings sagte ihr, dass es wirklich wohl eine sehr schlechte Idee sein mochte, jetzt zu gehen. Bei diesem Wetter jagte man keinen Hund vor die Tür. Auch wenn Axilla eigentlich nicht daran glauben wollte, ein bisschen fragte sie sich dabei schon, ob das Unwetter ein Ausdruck göttlichen Zorns über das noch ungesühnte Vorkommnis bei Nemi war. Heftig genug war es dafür.


    Wirklich schwierige Frage. Dastehen und Tropfen fiel aus, dann würde Axilla furchtbar krank werden. 'Einfache Tunika' klang so, als wolle Flaccus sie in eine Tunika seiner Sklavinnen stecken, und das fiel auch aus. Was blieb war also... “Hmm, vielleicht sollte ich wirklich bleiben. Aber dann will ich eine deiner Tuniken. Dann brauch ich kein schlechtes Gewissen haben, wessen Kleidung ich trage. Du hast es ja vorgeschlagen!“ Bestechende, weibliche Logik. Damit würde Axilla leben können, und da Flaccus es vorgeschlagen hatte, würde er jetzt wohl auch kaum nein sagen.

    Ja, ein paar Leute kannte sie in Roma. Aber wollte sie die auf einer inneriunischen Cena dabeihaben? “Meinst du nicht, dass sich eine Freundin von mir da ein wenig ausgeschlossen fühlen würde, wenn sonst nur Iunier und ihre Ehepartner da sein werden?“ Axilla schaute da schon ein wenig skeptisch. “Außer natürlich, du willst eine ganz große Cena geben, allerdings ist das dann wieder nichts mit Familie zusammenbringen.“ Was insofern gar nicht schlecht wär, als dass Axilla dann Serrana viel subtiler aus dem Weg gehen könnte. Ja, so ganz unrecht wär ihr das wirklich nicht. Aber sie wusste nicht, wie sie Seneca das schmackhaft machen könnte, ohne dass es eben darauf hinauslief, dass er merkte, was ihre Gründe waren.
    Und er redete auch gleich weiter und fragte nach Essensvorschlägen. Ihr lag schon ein flapsig-freches 'Otternasenpuls mit Garum' auf der Zunge, aber statt es zu sagen, grinste sie nur einmal kurz und schüttelte dann Kopf. “Vielleicht schauen wir erstmal, wer nun alles kommt, bevor wir irgendwas schlachten. Aber ich denke, frisches Fleisch sollte schon auf den Tisch.“

    “Ach da, da war ich nur in Gedanken“, meinte Axilla ausweichend. Sie würde doch nicht zugeben, dass sie etwas gegen ihre Cousine hatte. Sie hatte ja auch nicht wirklich etwas gegen Serrana. Sie hatte nur auch nichts für sie. Und sie war zu der Entscheidung gelangt, dass es einfach besser war, wenn ihre und Serranas Wege sich möglichst wenig kreuzten, dann musste sie sich nicht so über die Superstitio und Selbstgefälligkeit ihrer Base aufregen.


    Als er meinte, dass man die Iunii nicht so leicht klein bekam, erntete er ein schiefes lächeln. Für Iunii stimmte das definitiv. Ob Serrana aber dazu gehörte, da war sich Axilla nach wie vor nicht so ganz schlüssig. Aber das musste sie Seneca nicht auf die Nase binden, nachdem sie gerade so schön geschwindelt hatte.
    “Wen soll ich denn einladen?“ fragte sie etwas verwirrt. Ihr fiel da niemand ein, den sie unbedingt bei einem Treffen ihrer Familie würde dabeihaben wollen. Ihr wär es ja sogar am liebsten, man könnte wenigsten Sedulus ausladen. Aber auch das durfte sie wohl nicht sagen.
    Nein, lieber ablenken, und das Thema wieder schön vor ihr auf Seneca lenken. “Ah, ich seh schon, du hast jemanden, den du gerne mitbringen würdest! Wer ist es denn?“ Axilla bedachte ihren Vetter mit diesem bohrenden, neugierigen Blick, den nur Frauen annehmen konnten, und auch nur, wenn sie etwas herausfinden wollten.

    Axillas Grinsen wurde noch breiter, als Seneca meinte, er würde eine Wachmannschaft abstellen. Mit dem Gedanken könnte sich Axilla sogar anfreunden. Nicht, weil das Haus dann bewacht wurde, aber dann hätte sie wenigstens auch was zum Gucken. Axilla war ehrlich genug zu sich selbst, um zu wissen, dass sie Männer in Uniformen durchaus anziehend fand.
    “Gut, dann ist es abgemacht. Du wirst Prätorianer, und ich schenk dir die Rüstung dazu. Besiegelt und beschworen.“ Sie machte ein magisches Zeichen mit ihren Fingern über der Brust, um es zu unterstreichen. Eigentlich glaubte sie ja nicht an diesen Quatsch, aber es passte gerade so schön in diesen albernen Rahmen. Und sie meinte es ja wirklich ernst. Seneca würde seine Rüstung von ihr bekommen. Wenn sie ihn so ansah, vermutlich würde ihm die Rüstung ihres Vaters sogar passen. Auch wenn er die nicht bekommen würde, die war für Axillas Sohn bestimmt. Wenn sie denn mal einen Sohn haben würde, der eine Rüstung tragen konnte. Und danach sah es ja eher weniger aus.


    Und just da erwischte Seneca sie doch noch einmal kalt, indem er von Serrana redete. “Serrana? Aber... was meinst du? Ich weiß nicht, wovon du redest...“ Natürlich wusste sie, wovon er redete, aber sie wusste nicht, dass er wusste, wovon er redete. Und so stellte sie sich einfach kurz blöd und tat so, sie wisse von gar nichts. Leugnen war die einfachste Technik, etwas, was man nicht zugeben wollte, zu umgehen.
    “Du kannst sie ja einmal einladen, wenn du magst? Und ihren Mann...“ Der für Axilla nicht zur Familie gehörte, aber Serrana würde wohl kaum ohne ihn kommen. Noch dazu, wo sie so fest überzeugt war, sie würde sterben! Wusste Seneca eigentlich davon. “Weißt du eigentlich,d ass sie glaubt, dass sie bei der Geburt ihres Kindes sterben wird? Wobei glauben das falsche Wort ist, sie meint, das sei eine unumstößliche Tatsache.“ Axilla verdrehte einmal gut sichtbar die Augen um zu unterstreichen, was sie davon dachte.

    Warum sollten sie? Das ist im Grunde total egal, ob das nun 20, 60 oder 80 reale Personen sind, die dahinter stehen, das ändert weder was an Qualität noch an Frequenz der Beiträge, macht keinen Unterschied auf die Spielimpulse und die Ideensgebung. Natürlich kommen bei mehr Menschen auch mehr Ideen und Impulse zusammen, aber was ist da so interessant an der genauen Anzahl?


    Und zum Thema neue Provinzen kann ich nur sagen: Man sollte lieber bündeln und nicht noch weiter zerfasern. Je mehr Ausweichmöglichkeiten es gibt, umso weniger Interaktion gibt es miteinander. Gebildetenleben kann man wunderbarst in Ägypten ausspielen. Das Museion ist DIE Bildungsstätte des Altertums, da durften sogar solche Fragen diskutiert werden wie "Existieren die Götter überhaupt" oder "Brauchen wir einen Kaiser". Es gab nur einen Philosophen, dem die Lehrlizenz im Museion entzogen wurde, und der hat propagiert, dass Selbstmord die einzige Lösung wäre, der Absurdität des Lebens zu begegnen, und er hatte sehr gut besuchte Lehrstunden.
    Also, noch viel offener und gelehrter als da geht wohl net, dafür braucht man nicht zwangsläufig ein Achaia, das dann nur wieder in Konkurrenz dazu steht, so dass sich 2 Provinzen gegenseitig die engagierten Spieler wegschnappen.


    Und so viele Soldaten, die Aufstände niederschlagen müssten als Beschäftigungstherapie, haben wir hier auch nicht, dass sich lohnen würde, dafür eine ganze Provinz aufzumachen...


    Ich wär da sogar eher für den gegenteiligen Weg (wenn ich denn um meine Meinung gefragt würde) und würde ein paar der Städte schließen, die eigentlich nur scheintot da sind. Ala nach Mogontiacum verlegen, und Confluentes kann geschlossen werden. Ob man Misenum und Ostia zwangsläufig ausgespielt braucht, weiß ich jetzt auch nicht so unbedingt.
    Aber die SL wird sich schon ihre Gedanken machen, was wie und aus welchen Gründen das richtige für das Forum ist.

    Axilla hatte nicht das geringste Bedürfnis, hier zu sein. Nun, eigentlich hatte sie nichts gegen die meisten Flavier. Im Grunde kannte sie nur Flaccus und Nigrina, und die fand sie beide nett. Nur gegen einen Flavier hatte Axilla etwas, und da hatte sie auch allen Grund dazu. Nur war sie heute nicht hier, um Flaccus oder Nigrina zu sehen, sondern eben diesen Flavier. Weil es einfach nicht anders ging. Sie wusste sich nicht mehr anders zu helfen und wollte sich nicht nachsagen lassen, sie würde nicht alles versuchen.
    Für ihre Verhältnisse ungewöhnlich dicht eingepackt und hochgeschlossen hatte sie sich also in einer Sänfte zum Villa Flavia tragen und dort anklopfen lassen. Ihr Sklave verkündete auch gleich den Grund ihres Besuches, sobald sich die Porta geöffnet hatte.
    “Meine domina, die ehrenwerte Iunia Axilla, wünscht Flavius Piso zu sprechen. Es geht um die Erbschaft des ehrenwerten Aelius Archias, dessen Testamentsvollstrecker Flavius ist.“
    Förmlich, sachlich, ganz so, wie Axilla es aufgetragen hatte. Heute würde sie Piso keine Fläche für einen Angriff bieten, im Gegenteil.