Beiträge von Marcus Decimus Flavus

    Während Marcus noch damit beschäftigt war, seinen neugierigen Blick über diesen beeindruckenden Aufmarsch an Prätorianern und hochrangigen Gästen schweifen zu lassen, tauchte neben der Gruppe des Consuls eine Trupp der Cohortes Urbanae auf. Zuerst nahm er davon keine Kenntnis, doch als der Name Aelius viel, sah der junge Decimer in die Richtung des Mannes, der seinen Patron ansprach.


    Dem Aufmarsch an Milites, die um diesen Mann herumstanden, zu urteilen ein hochrangiger römischer Beamter. Doch gleich darauf erregte eine andere, weitaus bekanntere Stimme seine Aufmerksamkeit. Es war sein Vetter Serapio, der den Trupp der Cohortes Urbanae befehligte, die für diesen Mann Spalier standen. Auch wenn Marcus dem Militär nichts abgewinnen konnte, war es eine Freude seinen Vetter zum ersten Mal in Uniform und im Dienst zu beobachten. Serapio ging ganz in seiner Kommandorolle auf und war daher auch viel zu beschäftigt, um Marcus in den Reihen von Quartos Delegation zu sehen. Also widmete er sich wieder dem Consul und seinem neuen Gesprächspartner, dem er ausgesprochen höflich antwortete. Vielleicht ergab sich mit Serapio noch später die Möglichkeit eines kurzen Gespräches – sofern dies während seines Dienstes überhaupt gestattet war.

    "Wunderbar. Dann haben wir dieses Thema wohl zu unser beider Zufriedenheit abgehandelt. Ich werde gleich morgen damit beginnen bei den ersten Senatoren vorstellig zu werden. Gibt es sonst noch etwas, dass du mir diesbezüglich mit auf den Weg geben möchtest Patron?"


    Marcus nippte kurz an seinem Becher und brachte seine Beine in eine andere Position, da er bereits ein leichtes kribbeln in seinen Füßen verspürte. Obwohl die liegen ausgesprochen angenehm und weich waren, war es nicht empfehlenswert längere Zeit in der gleichen Pose zu verbleiben. Danach stellte er seinen Becher auf das Beistelltischchen zurück und sah den Consul beabsichtigt mit einem bewundernden und zugleich wissbegierigen Blick an.

    Zitat

    Original von Quintus Germanicus Sedulus
    Der Sklave hatte Sedulus in seinem Officium gefunden und über den Gast unterrichtet. Leider konnte Sedulus mir dem Namen nichts anfangen und wußte auch nicht genau was der Decimer von ihm wollte.
    Gut, Avarus hatte mit dieser Gens etwas am Hut, doch er selbst eher weniger. So war er gespannt darauf was er denn von ihm wollte und wartete das der Ianator ihn ins Atrium führte.


    Der Ianitor führte Marcus weiter in das Innere der Casa Germanica, wo er im Atrium bereits von einem Mann erwartet wurde. Vermutlich einer der beiden Senatoren – welcher von beiden es nun war, entzog sich jedoch leider der Kenntnis des jungen Decimers. Er hatte bisher weder den einen noch den anderen jemals getroffen bzw. kennen gelernt. Unvermittelter Dinge ging er jedoch auf den Mann zu und deutete mit dem Kopf eine anmutige Verbeugung an.


    "Ich grüße dich! Mein Name ist Marcus Decimus Flavus, Sohn des Decimus Livianus. Vielen Dank das du mir deine kostbare Zeit schenkst Senator. Ich hoffe nicht ungelegen zu kommen."


    Marcus hoffte, dass sich der Senator nun ebenso vorstellte und er dadurch Klarheit bekam, mit welchem der beiden Germanicer er es nun zu tun hatte. Avarus würde nach dieser Vorstellung sofort um die Familienverhältnisse bescheid wissen und Sedulus würde zumindest der Name seines Vaters etwas sagen.

    Nachdem er vom Ianitor in das Innere des Hauses gebeten wurde, ging alles recht schnell – fast zu schnell. Im Atrium traf der überrumpelte junge Mann bereits auf den Senator höchstpersönlich, der ihn zwar freundlich begrüßte und in Empfang nahm, jedoch auch gleich andeutete, dass er sich gerade auf den Weg zum Forum machen wollte. Marcus erwiderte den Gruß mit einem freundlichen Kopfnicken, ärgerte sich jedoch über sich selbst, dass er allem Anschein nach heute ungelegen kam. Zum Glück bot Macer dem jungen Decimer an, ihm ein Stück des Weges begleiten zu können, was jedoch wieder zum nächsten Problem führte – das Geschenk. Ihm hier gleich noch vor jeglichem Gespräch das Geschenk zu überreichen fand Marcus unpassend, es jedoch mitzuschleppen und es dem Senator dann mitten auf den Forum zu überreichen, so dass dieser es wieder Heim schleppen musste, war vermutlich noch unpassender. Marcus versuchte sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen und lächelte freundlich.


    "Vielen Dank Senator! Ich werde deine Zeit hoffentlich nicht über die Gebühr in Anspruch nehmen müssen. Es wäre daher vollkommen in Ordnung unser Gespräch auf den Weg zum Forum fortzuführen."


    Eigentlich brachte diese unvorhergesehene Wendung sogar einen großen Vorteil für den jungen Mann mit sich. Auf dem Weg zum Forum konnte man ihm in Begleitung des Senators sehen, was hier im Haus nicht der Fall gewesen wäre und in Begleitung eines so einflussreichen Mannes gesehen zu werden konnte nie von Nachteil sein. Kurzerhand entschied sich Marcus das Geschenk sofort zu übergeben.


    "Bevor ich es vergesse Senator! Ich habe hier eine kleine Aufmerksamkeit für dich mitgebracht. Eine Amphore allerfeinsten Landweins aus der Regio Hispania Terraconsis – dem Stammsitz unserer Gens. Ich hoffe er mundet."

    Zitat

    Original von Lucius Aelius Quarto
    Früh, vielleicht sogar früher als man hätte erwarten dürfen, oder sogar ZU früh, wenn man seinen hohen Rang bedachte, erschien der Consul Lucius Aelius Quarto auf dem Marsfeld, eingerahmt in die ihn begleitenden Liktoren, mit ihren strengen Mienen und geschulterten Rutenbündeln.


    Im Schlepptau des Consuls und seiner Liktoren erschienen auch einige seiner Klienten. Unter ihnen war auch Marcus, der diese Veranstaltung dazu nutzen wollte, sich gemeinsam mit seinem neuen Patron in der Öffentlichkeit zu zeigen und sich auch diesen Caecilius Crassus anzuschauen. Er hatte vom Verwalter des Alten erfahren, dass dieser scheidende Prätorianerpräfekt ein Klient Livianus und sein alter Waffenbruder während der Aufstände in Hispania und Germanien war. Auch der zukünftige Praefectus Praetorio zählte laut dem Verwalter zu Livianus Klienten. Vielleicht konnten diese Verbindungen seine Vaters auch für Marcus nützlich sein. Einen einflussreichen Eques wie Caecilius Crassus oder Artorius Avitus auf seiner Seite zu wissen, konnte bestimmt in der einen oder anderen Situation äußerst nützlich sein. Doch dazu musste man sie nach einer solch langen Zeit erst wieder etwas auffrischen. Zusätzlich hoffte Marcus darauf, auch im Dunstkreis des Consuls den einen oder anderen neuen Kontakt hier in Rom schließen zu können.

    Marcus hatte gerade mit seiner Erzählung geendet, als er von einer bekannten Stimme aus seinen Gedanken gerissen wurde. Verwundert und überrascht zog er beide Augenbrauen nach oben und schaute zum Eingang der Laube. Es war Flava, die sichtlich einen fröhlichen und ausgelassenen Eindruck vermittelte. Anscheinend verirrten sich heute alle in diese Laube, die Marcus anfangs eigentlich für sich allein zu haben glaubte.


    "Du lauscht doch nicht etwa Flava?"


    sagte er zuerst vorwurfsvoll, begann aber dann zu schmunzeln, da er genau wusste, dass Flava viel zu ehrlich und zu anständig war, um so etwas zu tun. Jedoch machte es immer wieder Spaß, sie mit solchen Vorwürfen aufzuziehen. Sie begann dann meistens sich brüskiert über solche Vorwürfe zu verteidigen. Er deutete ihr näher zu kommen und sah dann wieder zu seinem Gesprächspartner.


    "Das ist meine Schwester Flava über die du gerade gehört hast."


    Dann wandte er sich an seine Schwester und deutete mit einer eleganten Handbewegung auf Serapio.


    "Darf ich dir vorstellen Schwesterherz. Decimus Serapio, unser Vetter."

    Nach einiger Zeit hatte er sie endlich gefunden – die Casa Germanica. Marcus ärgerte sich maßlos über sich selbst. Er hätte bei den Erläuterungen des Haussklaven, wo in Rom das Anwesen der Gens Germanica lag, einfach besser aufpassen sollen. Stattdessen hatte er den Haussklaven nur äußerst halbherzig zugehört – so wie er es bei Sklaven immer tat - und war nun ziemlich lange in diesem Viertel der Stadt umhergeirrt, ehe er das richtige Haus gefunden hatte. Doch nun war er hier. Etwas außer Atem zog er sich seine Toga zurecht und ging auf den Eingang der Casa zu. In seiner Hand hielt er die Geschenke, die er zur Aufwartung mitgebracht hatte. Wie immer verlor er kein Wort des Grußes oder der Bitte an den Ianitor sondern kam sofort ziemlich forsch zur Sache.


    "Ich möchte zu Senator Avarus oder Senator Sedulus. Richte deinen Herren aus, das Marcus Decimus Flavus, Sohn des Decimus Livianus, um eine Unterredung bittet."


    Über Sedulus wusste Marcus nicht sonderlich viel, aber Avarus war mit einer Decima verheiratet. Noch dazu nicht mit irgendeiner Decima, sondern mit der Schwester des Meridius. Er sollte der Gens also grundsätzlich freundlich Gesinnt sein und der junge Mann erhoffte daher auch, seine Unterstützung für die kommenden Wahlen zu erhalten. Vielleicht hatte diese Familienkonstellation auch positiven Einfluss auf Sedulus. Es wären zwei weitere Senatoren, die eine Führsprache für den jungen Kandidaten übernehmen konnten.

    Am heutigen Tag stand ein Besuch bei Senator Tiberius Durus auf Marcus Wahlkampfkalender. Er war ebenfalls einer der ersten unter Quartos Empfehlungen gewesen und hatte durch seinen gesellschaftlichen Status und seiner Herkunft bestimmt bedeutenden Einfluss auf Oberschicht Roms. Wichtig und am heutigen Tage vorrangig war allerdings, dass Marcus durch die Fürsprache dieses Senators, auch die Zustimmung anderer patrizischer Senatoren erreichen konnte. Ob sie dies dann taten, weil Senator Durus einer von ihnen, oder weil er Pontifex im Collegium Pontificium war, konnte Marcus schlichtweg gleichgültig sein. Ihm war bewusst, dass dieses Zusammentreffen einen wahlentscheidenden Faktor mit sich bringen konnte und daher versprach er sich dementsprechend viel davon.


    Er richtete seine Toga zurecht – schließlich wollte er einen guten Eindruck auf den Senator machen - und schritt, mit seinem Aufwartungsgeschenk in der Hand, auf das prunkvolle Anwesen der Tiberia zu, um sich vom Ianitor anmelden zu lassen. Er merkte, dass die Nervosität stieg, versuchte sich jedoch nichts anmerken zu lassen und setzte einen herablassende Mine auf, als er den Haussklaven ansprach.


    "Melde Senator Durus, dass Marcus Decimus Flavus, der Sohn des Decimus Livianus, um eine Unterredung bittet."

    Marcus sah zum zugewiesenen Schreibtisch und dann wieder zurück zu seinem Onkel, der ihm bereits den Test entgegenhielt. Etwas zaghaft nahm er die Unterlagen entgegen, nickte Mattiacus dankend zu und grinste verschmitzt, als dieser meinte, dass er die Prüfung alleine schaffen musste. Der Nachsatz seines Onkel, der wohl eher als aufmunternde Floskel gedacht war, klang jedoch seltsam. Wie ich dich kenne?…… die beiden kannten sich eigentlich überhaupt nicht oder besser gesagt nur oberflächlich vom kurzen Kennenlernen bei einem gemeinsamen Essen. Marcus ließ diese Gedanken jedoch rasch fallen und schritt auf den Schreibtisch zu.


    Langsam nahm der junge Mann Platz und ließ seinen Blick zuerst über den gesamten Test schweifen. Punkt Eins - Römisches Recht. Zögerlich nahm er einen der bereitgestellten Griffel zur Hand und begann zu schreiben.


    ………..


    Einige Zeit danach war er fertig. Er überflog noch einmal rasch seine Antworten, bis er sich sicher war alles nach besten Wissen ausgefüllt zu haben und erhob sich.


    "Ich bin fertig."

    Als erstes stand Senator Spurius Purgitius Macer auf Marcus Liste. Er war einer der einflussreichsten Senatoren die sich zurzeit in Rom aufhielten und auch Quartos erste Empfehlung gewesen. So weit es möglich war, hatte sich der junge Decimer auf diesen Besuch vorbereitet und einige Informationen eingeholt, vor allem was die Verbindung zu seinem Vater betraf. So wusste er, dass sowohl Senator Macer, als auch der Alte Klienten und enge Berater des früheren Kaisers Iulianus waren, das Livianus der Nachfolger von Macer als Kommandant der Legio I wurde und das sich die Wege der beiden das eine oder andere Mal gekreuzt hatten. Jedoch gab es keine großen Gemeinsamkeiten – zumindest keine von denen Marcus erfahren hatte. Die generelle Gesinnung von Macer zu Gens Decima sollte jedoch allen Informationen nach positiv sein, da Macer lange Zeit ein Wegbegleiter von Meridius war. Nun lag es jedoch an Marcus dies heraus zu finden.


    Gekleidet in einer eleganten, jedoch nicht zu auffälligen Toga, traf Flavus an diesem Tag bei der Casa Purgitia ein. Er war zu Fuß gekommen, da das Anwesen der Gens Decima nicht weit vom Haus des Senators entfernt war und es sich daher kaum auszahlte, für diese kurze Strecke eine Sänfte zu nehmen. Marcus trat auf den Ianitor zu und sprach ihm ausdruckslos an.


    "Melde deinem Herren, dass Marcus Decimus Flavus, Sohn des Decimus Livianus, um eine kurze Unterredung mit ihm bittet."

    "Ich danke dir ehrenwerter Patron."


    Mit einer durch tiefes Kopfnicken angedeuteten Verbeugung nahm Marcus den Lederbeutel demutsvoll entgegen und wog ihn kurz in seiner Hand. Eine derartig hohe Summe hatte er noch nie in seinen jungen Händen gehalten und er dachte bereits jetzt mit einiger Nervosität an den Heimweg zur Casa Decima. Hätte er damit gerechnet, seinen Heimweg mit einer solch wertvollen Fracht antreten zu müssen, hätte er ein oder zwei Haussklaven als Leibwächter mitgebracht. Doch der Weg war nicht weit und führte nur über viel frequentierte Straßen und Plätze. Er sollte es daher auch so sicher zurück schaffen. Zufrieden verstaute er das kleine Vermögen in seiner Toga und widmete sich dann wieder lächelnd seinem Patronus, der ihm erneut auf die kommenden Wahlen ansprach und die Kandidatur des jungen Mannes nun endgültig fixieren wollte. Zustimmend nickte Marcus.


    "Ja, ich bitte dich darum. Meiner Kandidatur steht dank deiner Hilfe und Fürsprache nichts mehr im Wege. Ist bereits ein Termin für die kommende Wahl fixiert?"

    Einerseits hasste Marcus solche Menschenansammlungen – vor allem dann, wenn er sich mitten im dichten Menschengewühl befand – andererseits war es für ihn ein erhebendes Erlebnis zum ersten mal hier in Rom, im Zentrum der Welt, einem Wagenrennen beiwohnen zu können. Nicht nur das Marsfeld mit seiner beeindruckenden Kulisse, auch die Atmosphäre und Stimmung hier in der Hauptstadt, war bei einer solchen Veranstaltung nicht mit den Wagenrennen in Britannia zu vergleichen, die Marcus bisher, meist mit seinem Großvater, besucht hatte. Anders als sonst war heute sogar seine Schwester Flava mitgekommen, wobei dies eher an der geplanten Opferzeremonie lag, als an ihrem Interesse an dem Rennen. Als sie ihm nach dem Stand des Rennens fragte, sah er zur Anzeigetafel.


    "Nein Flava. Es hat gerade erst begonnnen. Wir sind in Runde zwei."


    Dann ließ er ebenfalls seinen Blick, zuerst über die Rennstrecke, auf der er den Wagen von Serapio erkannte und schließlich über die Zuschauermassen schweifen. Anders als seine Zwillingsschwester stieß Marcus dabei jedoch nicht auf ein ihm bekanntes Gesicht. Schließlich entdeckte er die Reihen der Senatoren. Dort erkannte er Senator Purgitius Macer sowie Pontifex Tiberius Durus und seinen Amtskollegen Flavius Gracchus. Der junge Decimer überlegte kurz, ob es eine günstige Gelegenheit wäre, bei dieser ausgelassenen Stimmung des heutigen Tages auf Stimmenfang für die kommenden Wahlen zu gehen, ließ sich jedoch vorerst Atmosphäre des Rennens in seinen Bann ziehen und widmete sich wieder dem Geschehen auf der Strecke.

    Das kleine Wort „wahnsinnig“ vor der Überraschung gefiel Marcus und brachte ihn auf neue Ideen. Vielleicht fiel der Alte ja nicht, so wie es sich Marcus bisher immer gerne im Geiste ausgemalt hatte, vor entsetzen Tod um, sondern wurde durch diese Überraschung Wahnsinnig. Auch diese Vorstellung hatte etwas für sich und er musste Serapio schon fast dankbar sein, ihm derart den Tag versüßt zu haben. Seinen Mund umspielte bei diesen Gedanken auch ein zufriedenes Lächeln und seine Stimmung hatte sich deutlich gehoben. Im Gegensatz zu seinem Vetter, hoffte Marcus jedoch, dass die Mission von Meridius und Mattiacus scheiterte und es ihm erspart blieb, den alten Sack jemals zu Gesicht zu bekommen. Ging es nach ihm, so sollte man Livianus für Tod erklären, unter seiner Schwester und ihm das Erbe aufteilen und den Alten in Parthia verrecken lassen – wenn er das nicht ohnehin schon war.


    Zum Glück wechselte Serapio das Thema, was auch Marcus wieder auf andere Gedanken brachte und auch das selbstgefällige Lächeln aus seinem Gesicht verdrängte. Sein Vetter hatte die Situation ziemlich genau erraten und es war auch nicht verwunderlich, dass er darüber mehr wissen wollte. Auf Marcus machte er einen ziemlich klugen und rechtschaffenen Eindruck. Es war nicht das erste Mal, dass Marcus diesbezüglich Rechenschaft ablegen mussten, auch Meridius hatte danach gefragt und es würde bestimmt auch nicht das letzte Mal sein. Am liebsten hätte er allen gesagt – Fragt doch die Großeltern - aber die waren ja leider in Britannia und so blieb ihm nichts anderes übrig, als selbst auf diese Frage immer und immer wieder Antwort zu geben.


    "Genau so ist es Serapio. Unsere Großeltern gaben Vater die Schuld am Tod unserer Mutter. Du musst wissen, als er nach Germanien in den Krieg gegen die Aufständischen zog, war sie bereits mit mir uns meiner Schwester schwanger und blieb alleine in Hispania zurück. Sie entschied sich schließlich zu ihren Eltern nach Britannia zu reisen, um uns Kinder im Kreis der Familie auf die Welt zu bringen. Auf dieser Reise wurde sie jedoch Krank und verstarb kurz nach unserer Geburt. Die Großeltern haben es Vater nie verziehen, dass er unsere schwangere Mutter allein zurück ließ und in den Krieg zog und gaben ihm dadurch auch die Schuld an ihrem Tod. Wäre er bei ihr geblieben, hätte sie die beschwerliche Reise nicht auf sich genommen und wäre dadurch auch nicht erkrankt.


    Erst als meine Schwester und ich Volljährig wurden, drängten wir unsere Großeltern, unseren Vater kennen lernen zu wollen. Vor allem meine Schwester wollte unbedingt nach Rom reisen und hatte sehr gehofft, ihn hier anzutreffen."

    Marcus versuchte sich die von Quarto aufgezählten Namen zu merken. Die meisten sagten ihm bereits etwas. Es waren führende Senatoren des Reiches, die namentlich auch weit über die Stadtgrenzen Roms hinaus bekannt waren. Er hatte sich da wirklich einiges vorgenommen, wenn er den Großteil dieser mächtigen Männer einen Besuch abstatten wollte. Den amtierenden Consul auf seiner Seite zu wissen, gab ihm jedoch das nötige Vertrauen auf den richtigen Weg zu sein. Mit seiner Fürsprache würde es dem jungen Decimer bestimmt gelingen, auch auf die Zustimmung weiterer Senatoren zu stoßen. Auch das Vorgehen mit Geschenken klang ausgesprochen Weise und Praxisnahe. Eine weitere Bestätigung, in Quarto den Idealen Lehrmeister in der hohen Kunst der Politik gefunden zu haben. Marcus nickte zwar verständnisvoll, war sich aber noch immer nicht ganz im Klaren, welche Summe er Quarto nun nennen sollte.


    "Ich verstehe. Ich werde diese Männer also nacheinander aufsuchen und ihnen dementsprechend Präsente überreichen. Hmmm…..Ich denke das 600 Sesterzen reichen sollten.


    Ich werde nach meiner Rückkehr in die Casa Decima auch mit dem Verwalter meines Vaters sprechen. Vater wird sein Vermögen bestimmt nicht in Kisten nach Parthia mitgenommen haben. Es wird sich also bestimmt eine Möglichkeit finden, auch über die Familie finanziert zu werden."


    Die Idee sich am Geld des Alten zu vergreifen war Marcus gerade erst in den Sinn gekommen und gefiel ihm von Minute zu Minute mehr. Zurück in der Casa wollte er sich sofort nach dem Verwalter seines alten Herrn erkundigen. Glaubte man den Gerüchten, dann war Livianus einer der reichsten Grundbesitzer des ganzen Reiches. An Geld durfte es also in der Familie nicht mangeln und in dieser Beziehung hatte Marcus keinerlei Skrupel plötzlich doch den sorgvollen und liebenden Sohn zu mimen.

    Eigentlich war sein strahlendes und gewinnendes Lächeln schon Antwort genug, als er die Worte seines Onkels hörte. Dennoch nickte Marcus bestätigend und antwortete


    "Ja. Ich bitte darum Onkel."


    Nach diesem etwas mühsamen Anlauf schien sich nun doch alles ausgezahlt zu haben. Nun hieß es nur noch den Cursus zu bestehen. Gespannt wartete der junge Decimer wie es nun weiterging.

    Diese direkte und unbekümmerte Frage des Senators zeigte, dass sich dieser Mann keine Gedanken um Geld machen musste. Wollte er einen seiner Klienten finanziell unterstützen oder bei den kommenden Wahlen in einem der Ämter sehen, so konnte er es sich vermutlich problemlos leisten gleich die ganze Wahl für sich zu kaufen. Doch von einem solch drastischen Schritt, den bestimmt bereits unzählige „ehrenhafte“ Männer vor ihm gegangen waren, wollte Marcus vorerst Abstand nehmen und sich auf legalem Wege am Cursus Honorum versuchen. Es würde sich bei seinem Wahlkampf ohnehin ziemlich bald herausstellen, ob er auf Zustimmung oder eher auf Ablehnung bei den Senatoren stieß. Der junge Decimer versuchte zwar im Geiste krampfhaft eine angemessene Summe zu bilden, gab jedoch bald seine kläglichen Versuche auf und sah fragend zu Quarto.


    "Ich muss gestehen, dass ich keinerlei Vorstellung davon habe, welche Geschenke für einen solchen Besuch angebracht sind und wie viele Senatoren ich aufsuchen muss. Vielleicht sollten wir vornweg besprechen und genauer abklären, um welche Stimmen ich mich besonders bemühen muss. Ich nehme an, dass gewisse Senatoren einflussreicher sind als andere und ich mit der Fürsprache der Einflussreichen, auch die Stimmen ihrer Anhänger und Klienten gewinnen kann."

    Diese Einladung nahm Marcus selbstverständlich an und nahm Platz, auch wenn er nicht davon Ausging, dass es sich auszahlte. Schließlich wusste er ja genau was er wollte und sah keinen Grund es nicht auch ohne große Umschweife vorzubringen.


    "Ich danke dir. Ich möchte den Cursus Iuris ablegen und habe gehört, dass ich mich mit diesem Anliegen an dich wenden muss."


    Vom umständlichen Weg, der hier in dieses Officium führte, erwähnte der junge Decimer nichts. Dabei kam ihn jedoch wieder in den Sinn, dass er danach nicht vergessen durfte bei dieser bezaubernden Scriba vorbeizuschauen. Schließlich war sie ihm noch eine Antwort schuldig auf die er fast schon mehr gespannt war, als auf diesen Cursus. Wie sagte jedoch Großvater immer - zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.

    Stimmt – das Abendessen. Darauf hatte Marcus schon fast vergessen. Er war nicht besonders glücklich darüber, die Verwandtschaft so rasch kennen zu lernen, aber es wäre bestimmt auch sehr unklug gewesen, diese Einladung abzulehnen. Der junge Decimer würde es bestimmt nicht eilig haben sich in dieser illustren Runde einzufinden und plante auch schon mit ein nicht pünktlich zu erscheinen. Seiner Schwester wollte er jedoch noch nichts davon verraten, da es sonst nur unnötige Diskussionen gegeben hätte.


    "Also gut! Dann sehen wir uns spätestens heute Abend bei diesem Familienessen wieder."

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus
    Mattiacus hörte ein Klopfen und so rief er.


    "Herein, Herein"


    Auch wenn er ihn erst einmal gesehen hatte, so kam Marcus die Stimme aus dem Inneren des Raumes bereits bekannt vor. Es gab also keinen Zweifel mehr, dass Mattiacus tatsächlich diesen Cursus an der Schola leitete. Dies konnte Vorteile oder auch Nachteile mit sich bringen – je nachdem wie ernst sein Onkel diese Arbeit nahm. Doch zuerst wollte Marcus abwarten und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Er trat ein, schloss die Türe hinter sich und grüßte Mattiacus.


    "Salve Onkel Mattiacus."

    "Ein durchaus viel versprechender Vorschlag Patron. Genau so werde ich es angehen."


    Gespräche mit einflussreichen Senatoren führen – daran hatte Marcus ebenfalls bereits gedacht. Diese Vorgehensweise würde ihm nicht nur mögliche Vorteile bei der kommenden Wahl bringen, sondern so konnte er auch die ersten Kontakte zu den wichtigsten Männern des Reiches knüpfen, ohne sich irgendwelche ausgefallenen Vorwände suchen zu müssen. Was das Geld und die Geschenke betraf, waren seine Möglichkeiten jedoch äußerst beschränkt. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass er der Sohn eines der reichsten Grundbesitzer des ganzen Imperiums war, aber dennoch gänzlich mittellos dastand. Er bekam zwar innerhalb der Casa Decima alles was er brauchte und man kümmerte sich um Essen, Kleidung und andere alltägliche Dinge, jedoch hatte er kein Zugriff auf das Vermögen des Alten. In diesem Moment tauchte auch kurz wieder der Gedanke auf, Livianus einfach für Tod erklären zu lassen. Es gab keine Beweise für sein Überleben oder seine Gefangennahme und es wurden bisher keinerlei Forderungen gestellt. Doch sprach dagegen, das es noch genug Leute gab, die scheinbar krampfhaft daran festhielten, dass er noch am Leben war, was auch durch die vom Senat und dem Kaiser angeordnete Mission seines Onkels Mattiacus und des großen Feldherrn Meridius deutlich machte. Er schob diesen Gedanken daher wieder schnell beiseite und widmete sich seiner eigenen Zukunftsplanung. Nach einer kurzen Gedankenpause sprach Marcus weiter.


    "Was das Geld betrifft muss ich zu meiner Schande gestehen, dass meine Mittel begrenzt sind. Das Vermögen meines Vaters ist bis zur genauen Aufklärung seines Verbleibes unantastbar für den Rest der Familie und die Reise von Britannia nach Rom hat weitestgehend meine gesamten Ersparnisse verschlungen."