Das kleine Wort „wahnsinnig“ vor der Überraschung gefiel Marcus und brachte ihn auf neue Ideen. Vielleicht fiel der Alte ja nicht, so wie es sich Marcus bisher immer gerne im Geiste ausgemalt hatte, vor entsetzen Tod um, sondern wurde durch diese Überraschung Wahnsinnig. Auch diese Vorstellung hatte etwas für sich und er musste Serapio schon fast dankbar sein, ihm derart den Tag versüßt zu haben. Seinen Mund umspielte bei diesen Gedanken auch ein zufriedenes Lächeln und seine Stimmung hatte sich deutlich gehoben. Im Gegensatz zu seinem Vetter, hoffte Marcus jedoch, dass die Mission von Meridius und Mattiacus scheiterte und es ihm erspart blieb, den alten Sack jemals zu Gesicht zu bekommen. Ging es nach ihm, so sollte man Livianus für Tod erklären, unter seiner Schwester und ihm das Erbe aufteilen und den Alten in Parthia verrecken lassen – wenn er das nicht ohnehin schon war.
Zum Glück wechselte Serapio das Thema, was auch Marcus wieder auf andere Gedanken brachte und auch das selbstgefällige Lächeln aus seinem Gesicht verdrängte. Sein Vetter hatte die Situation ziemlich genau erraten und es war auch nicht verwunderlich, dass er darüber mehr wissen wollte. Auf Marcus machte er einen ziemlich klugen und rechtschaffenen Eindruck. Es war nicht das erste Mal, dass Marcus diesbezüglich Rechenschaft ablegen mussten, auch Meridius hatte danach gefragt und es würde bestimmt auch nicht das letzte Mal sein. Am liebsten hätte er allen gesagt – Fragt doch die Großeltern - aber die waren ja leider in Britannia und so blieb ihm nichts anderes übrig, als selbst auf diese Frage immer und immer wieder Antwort zu geben.
"Genau so ist es Serapio. Unsere Großeltern gaben Vater die Schuld am Tod unserer Mutter. Du musst wissen, als er nach Germanien in den Krieg gegen die Aufständischen zog, war sie bereits mit mir uns meiner Schwester schwanger und blieb alleine in Hispania zurück. Sie entschied sich schließlich zu ihren Eltern nach Britannia zu reisen, um uns Kinder im Kreis der Familie auf die Welt zu bringen. Auf dieser Reise wurde sie jedoch Krank und verstarb kurz nach unserer Geburt. Die Großeltern haben es Vater nie verziehen, dass er unsere schwangere Mutter allein zurück ließ und in den Krieg zog und gaben ihm dadurch auch die Schuld an ihrem Tod. Wäre er bei ihr geblieben, hätte sie die beschwerliche Reise nicht auf sich genommen und wäre dadurch auch nicht erkrankt.
Erst als meine Schwester und ich Volljährig wurden, drängten wir unsere Großeltern, unseren Vater kennen lernen zu wollen. Vor allem meine Schwester wollte unbedingt nach Rom reisen und hatte sehr gehofft, ihn hier anzutreffen."