Beiträge von Marcus Decimus Flavus

    Auch wenn sich der junge Decimer über dieses Zusage mehr als freute, versuchte er dies nicht all zu sehr offen zu zeigen und blieb verhältnismäßig Ruhig. Lediglich das Lächelnd seines Gegenübers erwiderte er verbunden mit einem dankenden Kopfnicken. Dabei musterte er den Senator einen kurzen Moment. Auch wenn er sich nicht sicher sein konnte, so hatte er das Gefühl, das dieser Mann ganz anders war, als sein Patron Aelius Quarto – berechnender, strategischer und intriganter. Alles in Allem also genau nach Marcus Geschmack. Grund genug sich dazu zu entschließen, den Kontakt zu diesem Mann aufrecht zu erhalten und vielleicht mit der Zeit auch weiter auszubauen. Mit stoischer Gesichtsmine antwortete Marcus


    "Das hatte ich gehofft Senator. Ich wäre dir dafür ausgesprochen Dankbar, wenn du die Stimmen deiner Klienten und senatorischen Anhänger für mich sichern könntest."


    Zusätzlich hoffte Marcus, dass die Fürsprache des Tiberiers auch aufgrund seiner Stellung als Pontifex Einfluss auf weitere unentschlossene Senatoren haben könnte. Schließlich war es nicht ganz unabwegig daraus zu resümieren, dass auch die Götter dem jungen Kandidaten hold waren. Für die meisten Senatoren die Marcus dieser Tage besuchte war das Vigintivirat vermutlich gar nicht wichtig genug, um sich lange mit einem Kandidaten der um Unterstützung bat aufzuhalten. Marcus sah dies anders – auf das Vigintivirat folgte das obligatorische Tribunat bei den Legionen. Also Zeit genug um sich bereits einen Namen für die Quaestur zu schaffen und sein Netzwerk besser auszubauen. Vermutlich würde er dann wesentlich weniger Unterstützung benötigen, als bei diesem ersten Wahlantritt, bei dem er ein unbekannter Name unter vielen war.

    "Da stimme ich dir zu Senator. Aus diesem Grund habe ich mich auch dazu entschlossen mir die Unterstützung anderer einflussreicher Fürsprecher zu sichern. Einen großen Förderer meines Vorhabens habe ich in meinem Patron, Consul Aelius Quarto gefunden. Er unterstützt zum einen meine Wahl und war es auch, der mir den freundschaftlichen Rat gegeben hat, das Gespräch mit dir und einigen anderen einflussreichen Senatoren zu suchen. Ich bin zuversichtlich, dass die Kandidatur trotz fehlendem politischen Rückhalt aus meiner Familie Aussicht auf Erfolg hat."


    Was Marcer nicht wissen konnte war, dass dieser Schachzug des jungen Decimers durchaus durchdacht war. Zum einen wollte er, bis zur eventuellen Rückkehr seines ungeliebten Vaters, bereits selbst in Rom fußgefasst und sich einen Namen in manchen gesellschaftlichen Kreisen gemacht haben und zum anderen würde eine Rückkehr des Alten (so nannte er seinen Vater) vermutlich alles andere und jeden Wahlerfolg überschatten. Und damit konnte sich Marcus keinesfalls abfinden. Das die Unterstützung der Familie fehlte, war bestimmt ein Problem mit dem der Senator Recht hatte, allerdings identifizierte sich Marcus nicht mit seiner Gens und war daher auch nicht so unfroh darüber, bereits andere Gönner und Förderer gefunden zu haben – alle voran Aelius Quarto. Purgitius Macer hatte bisher allerdings keine eindeutige Antwort auf seine Unterstützung durchblicken lassen. Marcus schenkte ihm daher ein gewinnbringendes Lächeln, um ihn auch durch seine Ausstrahlung zu vermitteln, dass es sich bei dem jungen Mann um einen viel versprechenden Kandidaten handelte, dessen Unterstützung sich bestimmt lohnte.

    Der Abend war bereits vorbei und die dunkle Nacht hatte sich über Rom gelegt. In der Casa Decima war es seit einiger Zeit still geworden und die Hausbewohner hatten sich bereits vor Stunden in ihre privaten Gemächer zurückgezogen und zur Nachtruhe begeben. Lediglich aus Flavus Zimmer war durch einen schmalen Spalt am unteren Ende der Türe noch das leichte Schimmern eines Kerzenscheines zu erkennen, der nur schemenhaft hinaus auf den Flur schimmerte. Diese angenehme Stille wurde jedoch hin und wieder von merkwürdigen Geräuschen unterbrochen. Hörte man etwas genauer hin, hatte man den Eindruck, als klang ein leises klagendes Wimmern aus dem Inneren des von Innen versperrten Raumes, das aber nur dumpf und fast unhörbar hinaus auf den Flur drang. Nicht laut genug, dass es jemand anderer im Haus mitbekam, der nicht direkt vor der Zimmertüre stand und sich darauf konzentrierte.


    Sim-Off:

    *Story reserviert*

    Am heutigen Tag stand ein weiterer Senator auf Marcus oder besser gesagt auf der Liste von Marcus Patron, den er einen Besuch abstatten wollte, um seine Aufwartung zu machen. Es handelte sich um Annaeus Modestus, der erst vor kurzem vom Kaiser in den Senat berufen wurde, aber dennoch eine wichtige Rolle für die Zukunft des jungen Decimers spielen konnte. Quarto hatte ihn neben den anderen einflussreichen Senatoren Roms aufgezählt und das alleine war Grund genug, ihn um seine Unterstützung zu bitten.


    Eine Sänfte brachte Marcus zur Casa Annaea, die wie die meisten Senatorenhäuser in einem der besseren Wohnviertel von Rom stand. Er wusste nicht viel über diese Gens, hatte aber Gerüchte über irgendeine Verbindung zu einem ausländischen Königsgeschlecht aufgeschnappt und auch gehört, dass der bisher bekannteste Annaeaer ein Eques namens Florus war, der die Mittelmeerflotte kommandierte. Nicht wirklich viele Informationen, doch das tat nichts zur Sache. Der Senator würde vermutlich ebenso wenig von Marcus wissen. Es war also ein gegenseitiges Kennenlernen.


    Er stieg aus seiner Sänfte und ließ sie am Straßenrand abstellen, während er selbst in Richtung Eingang schritt und sich beim Ianitor anmeldete. Wie immer ohne ein Wort der Grußes oder einer freundlichen Geste dem Sklaven gegenüber.


    "Melde deinem Herrn das Decimus Flavus, der Sohn des Decimus Livianus um eine Unterredung bittet."

    Zitat

    Original von Lucius Aelius Quarto
    “Er hat keine Manieren. Das ist nicht verwunderlich, denn er ist von unbedeutender Geburt. Darum verbindet ihn auch nichts mit unseren ehrwürdigen Traditionen und unserem Gefühl für Verantwortung. Der Mann ist gefährlich! Gedenke beizeiten meiner Warnung: Hüte dich vor ihm!“, raunte Aelius Quarto unheilvoll.


    Den jungen Decimer verwunderte diese offene Warnung seines Patrons. Klang aus Quartos Stimme selbst etwas Angst mit, oder war es nur die Sorge um die Zukunft? Marcus nickte dem Consul jedenfalls bestätigend zu und wurde von so gleich noch bevor er zu einer weitere Frage stellen konnte unterbrochen. Es war Senator Sedulus, der Schwager des Consuls, den Marcus vor einigen Tagen kennen gelernt hatte. Er begrüßte den Senator mit einer leicht angedeuteten Verbeugung und lauschte geduldig dem Gespräch der beiden Schwager, ehe er selbst angesprochen wurde.


    Zitat

    Original von Quintus Germanicus Sedulus
    .......
    Ja, schön wenn man solche hat. Gerade in gewissen Zeiten.
    Ja doch, er kam neulich in die Casa Germanica. Er meinte auf dein Anraten hin. Es ging um den Cursus Honorum, nicht wahr Deciums Flavus?


    "So ist es Senator. Es ging um meine Kandidatur für das Vigintivirat."


    Dann sah er erwartungsvoll zu seinem Patron, der nun Sedulus Bemerkung über seinen Ratschlag bestätigen sollte. Es war nur zu offensichtlich, dass Sedulus damit noch einmal indirekt einen Bestätigung seines Schwagers hören wollte, ob dieser wirklich den jungen Decimer in seinem Vorhaben unterstützte.

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus
    "Im Moment ist es eher ruhig. Der neue Princeps hat die Verbrecher wohl ein wenig verschreckt. Aber was mich gewaltig ärgert ist, dass der neue PU so ein Sturrkopf ist. Ich hatte ihn besucht, um mit ihm über eine gute Zusammenarbeit zu reden. Und was macht er: er beleidigt mich, in dem er isst, mich auch noch blöd anmacht, dass ich meine Arbeit tun sollte. Von ihm haben wir keine große Hilfe zu erwarten."


    Mattiacus wurde es immer noch schlecht, als er an das Treffen mit dem PU zurückdachte.


    "Naja, wichtiger ist auch im Moment, dass wir deinen Vater, meinen Bruder finden. Aber während ich weg bin, kannst du dich ja mal ein wenig umhören, was so juristisch los."


    Es überraschte Marcus, dass sein Onkel so offen über seine Ansichten zum neuen Praefectus Urbi sprach. Er war bereits der Zweite, der sich negativ über diesen Mann äußerte, der gemeinsam mit dem Kaiser nach Rom gekommen war und bereits in dieser kurzen Zeit für einigen Gesprächsstoff sorgte. Bereits der Consul hatte Marcus vor diesem Mann gewarnt und auch Mattiacus schien alles andere als ein Freund des Stadtpräfekten zu sein. Doch der junge Mann wollte diese Informationen vorerst für sich behalten und sich weiter umhören, ob es auch andere gab, die sich in irgendeiner Art und Weise über den neuen Statthalter von Rom äußerten. Er nickte daher nur.


    "Du hast Recht Onkel. In der Zwischenzeit werde ich mich hier in Rom umhören und Informationen sammeln. Ich möchte auch die eine oder andere Gerichtsverhandlung besuchen, um mich mit der Prozessführung vertrauter zu machen. Es kann bestimmt nicht schaden."

    "Nein Senator. Leider gibt es keine Neuigkeiten über den Verbleib meines Vaters. Meine Familie ist jedoch guter Hoffnung, dass Onkel Mattiacus und sein Vetter Senator Meridius etwas herausfinden und vielleicht sogar eine Freilassung aushandeln können, sofern sich mein Vater in der Gewalt der Parther befindet."


    Der junge Decimer machte eine kurze Pause und wirkte etwas Traurig. Der Senator konnte nicht wissen, dass es sich dabei um eine gelungene Vorstellung eines jungen Mannes handelte, dem es in Wirklichkeit vollkommen Egal war, was mit seinem Vater passierte. Ging es nach Marcus, so konnte der Alte längst bei den Ahnen verweilen. Nach diesem kurzen Innehalten nahm er den Gesprächsfaden wieder langsam auf.


    "Ich bin zu dir gekommen, um dich um deine Unterstützung zu bitten. Auch wenn das Schicksal meines Vaters ungewiss ist, so bin ich mir sicher, dass es seinem Wunsch entspräche, dass wir wieder zurück in ein geregeltes Leben finden. Ich habe mir daher vorgenommen in seine Fußstapfen zu treten und bei den nächsten Wahlen im Cursus Honorum für das Vigintivirat zu kandidieren. Wie auch immer das Schicksal meines Vaters aussehen mag, ich bin mir sicher, dass es ihm stolz machen wird."

    "Ja das ist wundervoll Flava."


    Marcus Stimme klang leise und sanftmütig. Er freute sich für seine Schwester und genoss das glückliche Strahlen in ihren Augen zu beobachten, als sie ihm diese Neuigkeit mitteilte. Sie hatte also nun ihre Ziele bereits erreicht, Marcus stand erst am Anfang. Natürlich waren seine Karrierevorstellungen etwas höher gesteckt als die seiner Zwillingsschwester und der Weg dorthin daher vermutlich auch mühsamer und steiniger, doch für Flava war es die Welt, wie Mutter als Priesterin der Diana zu dienen. Er sah kurz zu seinem Vetter Serapio um zu sehen, wie dieser auf seine Schwester reagierte. Marcus wusste, das Flava unbewusst eine unbändige Anziehung auf Männer ausübte und hatte daher gelernt besonders Achtsam zu sein und aus den Gesichtern anderer Männer zu lesen, wenn seine Schwester in der Nähe war. Schon mancher hatte eine anzügliche Bemerkung oder auch nur einen verstohlenen Blick bitter bereut. Auch bei Verwandten würde er da keine Ausnahe machen. Dann sah er wieder zu seiner Schwester.


    "Ich freue mich für dich. Bis wann kannst du diesen Brief erwarten?"

    Mit einem freundlichen Lächeln und einem vornehmen Kopfnicken nahm der junge Decimer die Einladung auf ein Getränk dankend an und sah erwartungsvoll in Richtung des Sklaven. Im nächsten Moment wurde er jedoch sofort wieder Hellhörig und sah zu seinem Gastgeber. Er war der Schwager des Consuls? Daher war es auch nicht wirklich verwunderlich, dass er mehr oder weniger sofort seine Unterstützung für dessen Klienten zusagte. Aber Marcus lernte daraus, wie verflochten und bestimmt oft auch undurchsichtig die Vernetzungen der hochrangigen Familien hier in Rom waren - Senator Sedulus war Schwager des Consuls, der Marcus Patron war und sein Onkel Avarus Schwager des Triumphators Decimus Meridius, der wiederum der Vetter von Marcus Vater war. Er wollte zwar keine voreiligen Schlüsse daraus ziehen, sah die Unterstützung der beiden Germanicasenatoren aber bereits jetzt als ziemlich sicher an.


    "Natürlich Senator. Wie bereits erwähnt bin ich der Sohn des in Parthia vermissten Senator und Feldherren Marcus Decimus Livianus - einem Vetter deiner Tante, wenn ich mich nicht täusche und unsere Familienverhältnisse richtig überdacht habe - und seiner verstorbenen Frau Decima Aemilia.


    Mein bisheriges Leben habe ich mit meiner Zwilligsschwester Flava bei unseren Großeltern mütterlicherseits in Britannia verbracht. Meine Schwester und ich sind erst vor kurzem nach Rom gekommen, um hier auf die Rückkehr unseres Vaters zu warten. Wir sind guter Hoffnung das er noch am Leben ist und das unser Onkel Mattiacus und sein Vetter, Senator Meridius eine Freilassung bei den Parthern erwirken können. Wie du bestimmt weißt, werden sie nach Parthia aufbrechen, um dort diplomatische Verhandlungen aufzunehmen.


    Jedenfalls habe ich mich dafür entschieden in die Fußstapfen meines Vaters zu treten und für den Cursus Honorum zu kandidieren. Da er leider selbst nicht hier ist um mich bei diesem Vorhaben zu unterstützen, habe ich zum Glück in deinem Schwager Aelius Quarto einen Fürsprecher gefunden, der mir seine Hilfe angeboten hat. Dafür bin ich ihm ausgesprochen Dankbar und stehe tief in seiner Schuld."

    "Ich kann dir versichern, dass dir sowohl mein Patron, als auch mein Vater deine Unterstützung nicht vergessen werden. Selbstverständlich würde auch ich in deiner Schuld stehen Senator."


    Das war es, um was in Rom ging. Wer stand in welcher Schuld, wer hatte bei wem noch den einen oder anderen Gefallen offen und wer hatte dadurch Einfluss auf jemand anderen. Es war wie ein Geschäft. Die Senatoren unterstützen einen Klienten von Quarto und Quarto unterstützte wiederum bei nächster Gelegenheit die Senatoren oder deren Anhänger. Was seinen Alten betraf, so konnte Marcus die Unterstützung selbstverständlich nicht mit Sicherheit zusagen, doch es war ihm gleich und dieser Senator konnte nicht wissen, dass Marcus seinen Vater am liebsten bei den Parthern verschmoren lassen wollte.


    Doch eines konnte er mit Sicherheit Zusagen – das er selbst in der Schuld des Tiberiers stehen würde. Und auch in diesem Fall galt wieder die selbe Sichtweise wie bereits beim Consul. War Ursus ein politischer Weggefährte seines Vaters, so würde er dessen Sohn allein aus diesem Grund unterstützen wollen um Livianus einen Gefallen zu erweisen. War er ein Gegner des Alten, so konnte er eine solche Gelegenheit nutzen, um damit ein einmaliges Zeichen unter seinen politischen Verbündeten zu setzen, denn was könnte demütigender sein, als den Sohn seines politischen Gegenspielers als Trumph in seinen eigenen Reihen zu wissen und dies gekonnt zur Schau zu stellen. Marcus hoffte, das dies auch dem Senator klar war.

    Der Praefecuts Urbi also. Der Rang und die damit verbundenen Aufgaben waren dem jungen Mann durchaus ein Begriff, der Name des derzeitigen Inhabers, sagte ihm wiederum rein gar nichts. Zumindest hatte er jetzt einen Namen und ein Gesicht zu diesem senatorischen Stadtpräfektenamt. Des Weiteren erfuhr er aus den wenigen Worten seines Patrons, dass dieser Mann ein früherer Legionskommandant und Statthalter war – also ein Mann des Militärs – und ein Gefolgsmann des neuen Kaisers, dem er nach Rom und vermutlich direkt in das Amt des Praefectus Urbi gefolgt war. Er erinnerte sich gehört zu haben, dass auch der Alte dieses Amt vor langer Zeit innehatte, als er seine Mutter zur Frau nahm. Doch das war nun nicht das Thema. Irgendwie hatte er das Gefühl, das Quarto nicht besonders erfreut über dieses Aufeinandertreffen war und auch seine geheimnistuende Geste erhärtete diesen Verdacht. Auch hier beschloss der junge Mann einfach nachzuhacken und dämpfte ebenso seine Stimme.


    "Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich habe das Gefühl du bist diesem Praefectus Urbi gegenüber nicht unbedingt wohlgesonnen eingestellt. Gibt es Unstimmigkeiten zwischen euch, von denen ich wissen sollte?"


    Mögliche Feinde seines Patrons betrachtete der junge Mann selbstverständlich auch als seine Feinde. Obwohl es vermutlich unklug war, sich in Marcus Position einen Mann wie den Praefectus Urbi zum Feind zu machen. Als Consul und vor allem Bruder des Kaisers, konnte sich Quarto in dieser Hinsicht wesentlich mehr erlauben, als die meisten anderen einflussreichen Männer im Reich. Nichtsdestotrotz würde Marcus zu seinem Patron loyal stehen, sollte es irgendwann erforderlich sein. Es schadete daher bestimmt nicht, sich besser über Freunde und Feinde seines Patrons zu informieren.

    Da der Senator keine Anstalten machte dem jungen Decimer einen Platz an zu bieten, blieb Marcus unvermittelter Dinge stehen und sah weiterhin freundlich auf den gemütlich vor ihm liegenden Tiberier herab. Mit dieser Frage hatte er bereits gerechnet. Es war die Frage, die ihm vermutlich bei fast all seinen Besuchen erwarten würde. Es lehrte ihn noch vor Beginn seiner Karriere, dass er in der Politik nichts geschenkt bekam - und schon gar keine Unterstützung. Um das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken, wollte Marcus vorerst ein wenig ausholen und nicht sofort mit der Türe ins Haus fallen.


    "Nun, wie die Dinge derzeit stehen befinde ich mich derzeit in einer – sagen wir – nicht gerade günstigen Ausgangssituation für die anstehenden Wahlen. Mein nicht gerade unbekannter Vater ist verschollen und vermutlich Gefangener der Parther und mein Onkel Mattiacus sowie sein Vetter der Senator Decimus Meridius sind nach Parthia aufgebrochen, um die Verhandlungen über eine mögliche Freilassung aufzunehmen. Die Machtbasis unserer Gens, vor allem die politische, ist derzeit also alles andere als gefestigt.


    Ich selbst bin erst vor kurzem aus Britannia in Rom eingetroffen und daher noch ein unbeschriebenes Blatt unter den Klienten und Freunden unserer Familie. Du wirst also bestimmt nachvollziehen können, dass ich zurzeit sehr viel Überzeugungsarbeit unter den Anhängern meines Vaters leisten muss, um mich ihrer Loyalität zu versichern. Da es sich dabei jedoch nur zu einem kleinen Teil um Senatoren handelt, werde ich für die Berufung zu Vigintivir auch weitere Fürsprecher brauchen."


    Das hatte nun zwar einiges erklärt und auch die Situation beleuchtet, in der sich der junge Mann befand, aber Marcus hatte dem Senator noch nicht verraten was er nun letztendlich davon hatte. Doch zuerst wollte er auf eine mögliche Reaktion des Senators warten und räusperte sich daher kurz, um damit seinen Redefluss zu unterbrechen.

    Das Gespräch mit seinem neuen Patron, Consul Aelius Quarto, hatte Marcus auf eine Idee gebracht. Sofort nach seiner Rückkehr in die Casa Decima ließ er den Verwalter des Alten bei sich antanzen, um ihn etwas in die Mangel zu nehmen. Es handelte sich dabei um einen freigelassenen Sklaven mittleren Alters, der anscheinend zu den engen Vertrauten des Senators gehörte – warum sollte er ihm sonst die Verwaltung seines Vermögens übertragen. Marcus hatte sich bereits auf dem kurzen Fußmarsch vom Palatin auf dieses Gespräch vorbereitet und Empfing den Libertinus mit einer ausgesprochen herablassenden und unfreundlichen Art.


    Er hielt ihm einen langen Vortrag darüber, das seine Schwester und er die Kinder des Senators und seiner verstorbenen Frau Aemilia waren, dass er schon auf Grund der Ähnlichkeit nicht daran zweifeln konnte und das auch die Familie keinerlei Zweifel an der Identität der beiden Geschwister hegten. Er legte ihm den Brief der Großeltern vor und ließ ihm bei jeder Gelegenheit spüren, dass es dem ehemaligen Sklaven gar nicht zustand die Rechmäßigkeit seines Handelns in Frage zu stellen. Der Verwalter, der nicht umsonst das Vertrauen seines Herren genoss, war natürlich alles andere als begeistert von der Tatsache, dass Marcus, ob rechtmäßiger Sohn oder nicht, Anspruch auf das Vermögen seines Herren stellte und dachte nicht daran, ihm freien Zugang zu den Landgütern oder dem Bargeld zu gewähren. Es war ein langes hin und her bei dem Marcus immer wieder seine aufbrausende Art im Zaum halten musste, um den Libertinus nicht gänzlich zu verärgern.


    Die beiden Männern einigten schließlich, nachdem Marcus das Argument vorbrachte, dass es Livianus bei seiner Rückkehr nicht gerne sehen würde, wenn der Verwalter sowohl die Karriere seines Sohnes blockiert, als auch die beiden Geschwister die ganze Zeit über vollkommen ohne Geldmittel gelassen hätte. Diese beiden Punkte überzeugten den Verwalter schließlich und er traf mit Marcus die Vereinbarung, das Geld vorerst nur zinsenlos an den jungen Mann zu verleihen – gegen unterschriebenen Schuldschein verstand sich – und alles weitere der Senator bei seiner Rückkehr entscheiden musste. Marcus war damit einverstanden und willigte diesem Vorschlag ein. Mit Brief und Siegel wurde die Vereinbarung gefestigt und der Verwalter versprach dem jungen Decimer bei nächster Gelegenheit einen Sklaven mit der vereinbarten Summe vorbei zu schicken.


    Zufrieden ließ sich Marcus in seinen Stuhl sinken, als der Libertinus den Raum verlassen hatte. Er musste Quarto dankbar sein, dass er ihm auf diese Idee gebracht hatte. Es fühlte sich richtig gut an, dem Alten Geld aus der Tasche zu ziehen, ohne das er selbst etwas davon wusste. Er ließ seinen Blick noch einmal über das am Tisch liegende Dokument schweifen, rollte es zusammen und verstaute es in einer Truhe, die vor dem Bett stand.

    Als sich der Consul aus seiner Liege erhob, tat Marcus es ihm gleich, richtete seine Toga zu Recht und stellte sich Quarto gegenüber. Die beiden Männer hatten vorerst alles besprochen, dass es zu besprechen gab und würden in der nächsten Zeit ohnehin öfter zusammentreffen. Als Klient wollte der junge Decimer versuchen, sich so oft wie möglich in der Gegenwart des Consuls blicken zu lassen und ihm in allen Angelegenheiten hilfreich beiseite zu stehen.


    "Ich danke dir Patron und werde dich selbstverständlich auf dem Laufenden halten. Solltest du etwas benötigen oder meine Anwesenheit wünschen, so kannst du mich jederzeit in der Casa Decima Mercator erreichen. Ansonsten sehen wir uns beim regelmäßigin Empfang deiner Klienten. Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag."

    Anscheinend hatte Mattiacus die Anspielung seines Neffen ernster genommen, als diese eigentlich gemeint war. Anders als es seinem ursprünglichen Ordo entsprach, war Mattiacus den Karriereweg eines Ritters gefolgt und hatte es dementsprechend auch zu einer ritterlichen Anstellung am Kaiserhof gebracht. Da Marcus Pläne anders aussahen, würde es ohnehin kaum möglich sein, dem Kaiser jemals auf diesem Posten zu dienen. Das ihm sein Onkel jedoch eine Mitarbeit an seinen Fällen anbot, konnte Marcus nicht voraussehen und hatte auch nicht damit gerechnet. Dementsprechend überrascht sah Marcus seinen Onkel an, als dieser ihm anbot, ihm bei der Arbeit vor Gericht zu helfen. Ein theoretische Wissen über das römische Recht zu haben war das eine, aber die praktische Erfahrung vor Gericht und vor allem die Redegewandtheit vermutlich ein wesentlich wichtiger Punkt, den Marcus sich zuerst erarbeiten musste, bevor an einen öffentlichen Auftritt als Anwalt überhaupt zu denken war. Das Angebot kam dem jungen Mann daher überaus gelegen und ohne lange zu überlegen willigte er erfreut ein.


    "Gerne. Nun noch ein wenig Praxiserfahrung zu sammeln kann bestimmt nicht schaden. Und wer könnte da ein besserer Lehrmeister sein als ein Procurator des Kaiserhofes? Wo kann ich dir behilflich sein?"

    Zitat

    Original von Lucius Aelius Quarto
    .......
    Dem Consul war unbehaglich in seiner Nähe. War es plötzlich kälter geworden? Er nickte ihm zu.
    “Ich wünsche dir noch einen schönen Tag, Vescularius Salinator.“


    Dann gab er seinen Liktoren ein Zeichen, damit es weiter ging.


    Als Quarto Anstallten machte seinen Weg fortzusetzen und auch seinen Liktoren einen dementsprechenden Wink gab, warf Marcus noch kurz einen letzten musternden Blick auf den Gesprächspartner des Consuls und schloss dann zu Quarto auf. Er hatte großes Interesse zu erfahren, wer dieser hohe römische Beamte war und vor allem warum der Consul das Gespräch zwar freundlich aber nun doch sehr bestimmt Abgewürgt hatte. Kurzer Hand beschloss er seinen Patron einfach zu fragen. Als sie einige Schritte von Salinator entfernt waren, beugte Marcus sich im Gehen ein wenig zu Quarto, um nicht all zu laut sprechen zu müssen.


    "Erlaubst du mir die Frage um wem es sich gerade eben gehandelt hat, Patronus?"

    Nun hatte sich also bereits alles geklärt. Marcus hatte Senator Sedulus vor sich und wusste nun auch über die Familienverhältnisse der beiden Germanica-Senatoren bescheid. Die Einladung sich zu setzen nahm der junge Decimer gern an und folgte dem Senator zu den Liegen.


    "Ich bin gekommen um mich einerseits vorzustellen und mit dir und deinem Onkel über die kommenden Wahlen im Cursus Honorum zu sprechen. Ich habe vor mich um das Vigintivirat zu bewerben und mein Patron, Consul Aelius Quarto, hat mir den freundschaftlichen Ratschlag gegeben, bei euch vorstellig zu werden und euch um eure Unterstützung meiner Kandidatur zu bitten."


    Er wartete selbstverständlich, bis sich sein Gastgeber gesetzt hatte, bevor er es sich selbst auf der Liege bequem machte. Das mitgebrachte Geschenk stellte er in der Zwischenzeit auf einem Beistelltischchen ab, dass direkt neben den Liegen stand.

    Der Senator hatte Marcus allen Anschein nach falsch verstanden. Am liebsten hätte der junge Mann einfach nur geantwortet – das du mir bei der nächsten Wahl deine Stimme gibst. Aber das wäre zu einfach gewesen. Stattdessen lächelte Marcus freundlich und gab sich natürlich höflichkeitshalber vor dem Senator selbst die Schuld an diesem Missverständnis.


    "Oh! Nein, nein Senator. Ich fürchte, ich habe mich nicht verständlich ausgedrückt. Verzeih mir.


    Der Consul selbst hat kein Anliegen an dich. Er hat mir lediglich den Rat gegeben bei dir vorstellig zu werden und dich um deine Unterstützung zu bitten, da ich mich bei den kommenden Wahlen um das Vigintivirat bewerben möchte."

    Bereits das Atrium zeigte den gehobenen und außergewöhnlichen Stellenwert dieses patrizischen Geschlechts. Nicht nur die prunkvollen Fresken und Verziehrungen des Atriums, auch die lange Reihe der Ahnenmasken, unter denen sich bekannte Namen bis in die Zeiten der Republik zurückverfolgen ließen, hatten den jungen Mann in seinen Bann gezogen. Ihm blieb jedoch nur wenig Zeit diesen Anblick zu genießen, da wurde er bereits vom Ianitor weiter gebeten. Dieser führte ihn in das noch prunkvollere Tablinium, in dem der Senator auf einer Liege weilte und seinen Gast, ganz Patrizier und ohne sich dafür zu erheben, begrüßte und sofort den Gesprächsfaden aufnahm. Marcus deutete mit einem tiefen Kopfnicken eine Verbeugung an und erwiderte die Begrüßung des Senators.


    "Ich grüße dich Senator! Vielen Dank, dass du mich so kurzfristig empfängst. Mein Patron, Consul Aelius Quarto, hat mir den freundschaftlichen Rat gegeben, das Gespräch mit dir zu suchen. Es geht um die kommenden Wahlen im Cursus Honorum."


    Marcus hasste es eigentlich Gefühle vor anderen Leuten zu zeigen. Richtig offen war er in dieser Hinsicht ausschließlich vor seiner Zwillingsschwester, die ihn kannte wie kein anderer – oft war Marcus sogar der Meinung, dass sie ihn schon zu gut kannte. Doch als er von seinem Onkel erfuhr, dass er den Test geschafft hatte, konnte er sich ein breites und triumphierendes Grinsen nicht verkneifen. Erleichtert atmete er dabei aus und strahlte seinen Onkel bis über beide Ohren an. Verschmitzt zogen sich seine Augen zusammen und er zwinkerte Mattiacus zu.


    "Wunderbar! Dann steht einer Karriere als Anwalt also nichts mehr im Wege. Wann kannst du mir nun einen Posten als Ermittler am Kaiserhof besorgen Onkel?"