Was ist diese Seuche,
in unserer Mitte,
wandelnd in Unrat.
Nichts erscheint mehr richtig
Ich fordere Erlösung!
Die Abenddämmerung lag schwer in der Luft, die Sonne schien in ihrer Röte in der Luft zu verharren, einen unnatürlichen Kampf gegen die Dunkelheit streitend. Fast als hätte sie Mitleid und Sorge um das Schicksal der beiden Frauen, die von Gorgus und den seinen aus ihrem Leben gerissen wurden.
Der Lauf der Welt machte klar: sie würde versagen. Die Dunkelheit, die in dieser Umgebung immer spürbar, aber des Tages nicht greifbar war, hatte ihren Siegeszug angetreten als die Piraten diesen Flecken Erde in den Vorposten der Hölle verwandelt haben, wenige Meter dem Acheron entrissen und in die irdische Welt geholt, um von hier Tod und Verderben über das Meer zu verbreiten, das sich die Menschen zu eigen gemacht hatten.
Ich kenne diese Dunkelheit um meiner selbst,
ich spürte sie schon vor Zeiten,
die Macht ist dem Dunklen,
mich nieder zu strecken.
Mit zunehmender Dunkelheit fanden sich die Wesen dieser Gestade am Strand ein, der vor wenigen Stunden noch voll der Arbeit war. Nun war er ruhig, das Wasser führte seinen ewigen Kampf mit dem sandigen Boden der Lagune, es schien fast friedlich.
Fast.
Die ersten Fässer Wein, die herangerollt wurden, besiegelten das Schicksal dieser flüchtigen Ruhe. Lange dauerte es nicht, und die ersten Geschichten wurden erzählt, man saß beieinander, trank, aß, ließ das Unheil der letzten Tage seine Wirkung entfalten.
Die Männer hatten vorerst genug der Ergötzung am verwundeten Körper der blonden Frau, man hielt Sitzung über das was kommen möge... vor dem Untergang. Die nächste Raubfahrt, es war keine Frage, es war so sicher wie der Aufgang der Sonne, die in neuem Bestreben die Dunkelheit dieser Welt von dannen zu treiben. Gorgus saß bei den seinen, still, wie immer, man wartete nicht darauf dass er etwas sagen würde. Sein Part war es das Vorhaben in realistische Bahnen zu lenken, dafür zu sorgen dass ihre Höllenfahrt nicht zu schnell voranschritt, der Fährmann, der seinen knorrigen Lenkstecken in die vor Blut und Tod schlammigen Gründe des Flusses steckte.
Was er wollte waren keine Münzen, es war das Leid dass ihm Lohn genug für sein Tun war.
Still stehe ich, die Tore weit offen,
den Schmerz fühlend, bar jeder Bewegung,
Angst empfindent, stehe ich still,
Beginne es!
Besser als nichts.
Die Dunkelheit hatte den Ort in festem Griff, und Gorgus erhob sich.
Kein Blick folgte der Figur des Führers, man wusste was kam.
Die Schritte zur Hütte, sie waren viele, und doch nicht genug um aufzuschieben was kommen würde. Die Tür, ein Menschenwerk aus Holz, und doch würde sie nicht halten was sie versprach. Still stand sein Schatten im Licht der Feuer vom Strand, die wenigen Öllampen konnten nicht erhellen was von unirdischer Dunkelheit umgeben war.
Iulia verstand sofort... das Mädchen packte seine kleine Puppe, wortlos, keinen weiteren Blick der Frau schenkend deren Schicksal so düster war wie die Nacht dort draußen. Sie drängte sich an Gorgus vorbei, und suchte Zuflucht in den Hütten der Menschen die sich ein wenig Menschlichkeit erhalten hatten.
Die Frau war allein.
Sehen, ich kann es nicht mehr,
auf all diese Schrecken,
doch offen sind meine Augen, kein Lid wagt sich zu schließen,
vor diesem Schrecken der Schande,
Spüre den Schmerz, das Leben schwindet,
wenn wir unseren Schrecken begegnen.
Eine kleine Bewegung, es reichte. Er war bei ihr, an ihr, überall.
Gorgus wollte. Und er nahm.
Seine Augen, im Schein der Öllampen hohl wie schwarze Löcher in einer Welt die an Dunkelheit.
Die nächste Bewegung, in Fetzen lag die Tunika der Frau im Raum, in Fetzen lagen die Stücke Stoff die vormals Gorgus ein menschliches Antlitz gegeben hatten. Sein Atem auf ihrer Haut, kein Gestank der Hölle strich über den Körper der Frau, es war mehr Eiseskälte die sich dort breitmachte wo Lippen und Zähne der Frau an Intimität nahmen was sie sich bis dahin erhalten hatte können.
Gorgus Hände suchten und fanden, jeder Flecken des weiblichen Körpers war Opfer und Beute, mit jedem Griff wurde Zerbrechlichkeit zerstört, Anmut entrissen, Würde geraubt.
Gorgus wollte. Und er nahm.
Es war ein Fest. Jeder verzweifelter Versuch das von Göttern geschenkten Heiligtum zu schützen, es war ein Akt der Hilflosigkeit. Und machte Gorgus nurnoch wilder...
Bewegung folgte auf Regung, und doch schlug er nicht zu. Das hatte man nur nötig wenn man sich seiner Beute nicht sicher war, und Gorgus war ein Tier, ein wilder Wolf der zielstrebig und mit animalischer Gnadenlosigkeit eroberte was zuvor anderen gehörte.
Jede Bewegung der Frau, erstickt im Ansatz, dies war keine Vorstellung von Zweisamkeit, dies war kein Kampf ebenbürtiger Gegner, dies war eine Hinrichtung. Eine Hinrichtung der Unschuld.
Der Körper der Frau, durch schiere Gewalt auf den Boden gedrückt, durch grenzenlose Wildheit genommen, durch unbändige Lust seiner letzten Geheimnisse beraubt, er war nichtmehr.
Gorgus schrie. Der Mann, der sein Mundwerk so selten gebrauchte wie sonst nur ein Eremit auf den Felsen des Helikon, er schrie. Die Ekstase seiner Taten gipfelten in einem markerschütterndem Schrei, die Zuflucht des Menschengeschlechts, von dannen gefegt durch die Abgründe männlicher Macht.
Gorgus wollte. Und er hatte sich genommen.
Der Ekstase folgte Stille. Das angestrengte Atmen von Gorgus verhallte im Raum, der sich langsam an Wirklichkeit zurück gewann. Es blieb kein Moment zweier Menschen, die sich in Gewalt und Wildheit vereint hatten. Gorgus zog sich zurück, verließ die Hütte, kein Blick zurück, nicht einmal ein Gedanke an das was geschehen war verließ die vier Wände.
Er stürzte sich ins Wasser, ließ die kalten Fluten den Schweiss von seinem Körper waschen, die Kühle seine Sinne beruhigen, ihn wieder Mensch werden nach seiner Tat. Er reinigte sich selbst von den Spuren der vergangenen Gräuel, um Platz zu schaffen für den Schmutz der da kommen möge... und würde.
Beginnt es!
Besser als nichts.
Ich kann nicht mehr schauen,
all diese Schrecken.