Beiträge von Gorgus

    Draußen ging immernoch der Trubel vor sich, den zwei beladene Schiffe mit sich brachten. Die Männer standen im Wasser und reichten über Ketten die Ballen, Amphoren und Bündel weiter die sie die lange Reise von Ostia hergeschafft hatten.
    Die Ausbeute war legendär, die Ware war durchaus in der Lage der Meute das Leben auf monate hinaus angenehmer zu gestalten. Und darum ging es schließlich hier.
    Es war nun nicht unbedingt eine Piratenmeute die unglaublichen Wohlstand anhäufen wollte, es war eine Meute die aus dem Prinzip bestand das Leben wahrzunehmen solange es einem wohl gesonnen war. Niemand hier machte sich Illusionen darüber auf ewig so weitermachen zu können, man beschritt einen Weg der so zielstrebig ins Verderben führte dass man sich "totgeweiht" auf die Stirn ritzen konnte ohne zu übertreiben. Nur der Weg dorthin sollte so angenehm wie möglich sein.


    Die Sklavin der Frau konnte sich bisher schönster Ignoranz erfreuen, denn niemandem stand jetzt der Sinn nach gewalttätiger Befriedigung der eigenen Triebe.


    In der Menge, etwa vierzig Menschen, konnte man einige Frauen erkennen, die mithalfen wo sie nur konnten. Kinder waren bis auf Iulia vollkommen abwesend. Obwohl es durchaus verheiratete Paare gab, wie Scipio und Verina bewiesen, die damit einen kleinen Rest ihres bürgerlichen Lebens in dieses neue mitgenommen hatten. Doch an Kinder wollte hier keiner denken, ein letztes bißchen Respekt vor dem neuen Leben war geblieben, und niemand wollte geliebte Wesen in die Welt setzen um sie gleich der Hölle auszusetzen. Umso grauenvoller waren die Mienen als Gorgus Iulia mit von einer Kaperfahrt gebracht hatte. Verständnislos hatte die Truppe reagiert, doch wagte niemand das Urteil anzuzweifeln.


    Inmitten des Trubels stand Gorgus und besah sich die Arbeit die verrichtet wurde, sein Blick war vollkommen frei von Stolz, wusste er doch von Anfang an dass funktionieren würde was er erdacht hatte.
    Im Moment war die Leere in ihm, die er jedes Mal empfand wenn ein Plan vollbracht war, und gerade diese Momente waren es die besonders gefährlich waren, denn Gorgus' Geist kannte keinen Müßiggang. Sobald die Arbeit getan war, würde die Heimkehr der Truppe gefeiert, und es zeichnete sich ein langer Abend ab, und eine noch längere Nacht.


    Es war die Nacht, die der Frau am meisten Sorgen machen sollte. Nicht dass Gorgus Probleme damit hatte sich am helligsten Tag zu nehmen was er wollte, nein. Aber bis dahin stand noch einiges an...


    Gorgus' Blick schweifte zu Iulias Hütte, die Kleine hatte die Frau mitgenommen, wahrscheinlich um zu spielen. Er lächelte, war Iulia doch ein kleiner Anker in seinem Leben der ihn daran erinnerte was er war: ein Mensch.
    Die Frauen, die er sich in den Jahren zuvor gehalten hatte erinnerten ihn ebenso an den Menschen Gorgus. An den Menschen mit Trieben. An den Menschen mit der dunklen Seite.
    Iulia stand für das Licht in Gorgus Leben, das in etwa die Position einer kleinen Kerze in einer mit schwarzem Rauch erfüllten Welt einnahm, und er war immer wieder dafür dankbar dass er sie gefunden hatte, obwohl das Wort "Dankbarkeit" bei Gorgus in etwa den gleichen Wert wie "illyrischer Hartpflaumenwachs" einnahm.


    Er wartete... die Sonne kroch das Firmament entlang, und wie eine Sanduhr rann die Zeit dahin die die beiden Frauen sich noch an ihre Vergangenheit unter Menschen klammern konnten. Der Abend kam... und Gorgus würde wollen.


    Und sich nehmen.

    "Spielen... wir sollten spielen...", meinte das kleine Mädchen mit belegter Stimme, und sah dabei die Frau mit großen Augen an. Verstand sie denn nicht? Aber sie fragte nach Sera... also verstand sie nicht. Oder Gorgus hatte ihr nicht davon erzählt. Natürlich hatte er das nicht. Es war immernoch Gorgus.


    "Sera war vor dir hier. Sie hat mit mir gespielt... sie war sehr traurig... SEHR traurig.", das Mädchen legte die Puppe bei Seite und sah die Frau fragend an, "Bist du auch traurig? Ich will nicht dass du traurig bist... Sera ist gegangen, weil sie so traurig war. Ich glaube es lag an Gorgus... Gorgus war nicht nett zu ihr. Er hat Dinge getan... ich meine: er TUT Dinge. Du bist hübsch... aber nicht so hübsch wie Sera... vielleicht hilft dir das. Gorgus mag hübsche Dinge. Er hat mir diese Puppe gemacht."


    Iulias Blick war auf einmal voll mit Trauer: "Wirst du auch gehen? Verina meint dass Gorgus dir dasselbe tun wird wie Sera. Ich will das nicht... er hat sie zum weinen gebracht... und auf einmal war sie nichtmehr da. Ich will nicht mehr alleine sein... Gorgus meint Blutoh würde uns alle holen, und dann wäre all das hier vorbei... wann kommt Blutoh? Wann kommt Blutoh? Wann kommt Blutoh?"


    Die letzten Worte wiederholte sie immer wieder... stammelte vor sich hin, in kindlicher Manie gefangen. Wieder ergriff sie ihre Puppe, und strich ihr durch das brüchige Haar... schließlich fasste sie sich wieder, und wieder galt ihr Blick der Frau die sie so verständnislos anblickte: "Wir werden alle sterben."

    "Das ist schön. Wir werden viel Spaß zusammen haben.", quietschte das Kind vergnügt. Die Sklavin beachtete sie garnicht, es war als würde die Frau nicht für sie existieren. Iulia hüpfte auf die Frau, die sich eben als Gorgus neues Privateigentum offenbahrt hatte, zu, nahm sie bei der Hand und zog daran...


    "Komm, komm... ich werde dir zeigen wo wir wohnen.", mit diesen Worten zog sie die Frau hinter sich her und führte sie zu einer Hütte die abseits der anderen Stand, beinahe am Eingang der Lagune, von der man dennoch alles im besten Blick hatte. Der Lärm von den arbeitenden Piraten drang gedämpft hier herüber, die vornehmliche Klangkulisse gestaltete das weite Meer.
    Diese Hütte war ein provisorisches Werk aus Schwemmholz und den Palmen die am Strand standen, und doch sah man ihr sofort dass sie sich von den übrigen Behausungen unterschied. In dieser Bude wurde nicht gehaust, hier wurde gelebt.


    "Das war eine ziemliche Bruchbude, als ich hier ankam. Aber mit etwas Hilfe habe ich es schön eingerichtet. Sera hat mir dabei geholfen.", schon fast stolz deutete das Mädchen auf die Fassade der Hütte. Schnell hatte sie die Tür geöffnet und das innere offenbahrt: es war nur ein Zimmer.


    "Das da ist mein Platz."
    In einer Ecke stand ein bettartiges Gestell das wohl aus den biegsamen Sträuchern der Küstenflora geflochten worden war, drum herum lag primitives Spielzeug wie geflochtene Puppen aus Stroh und Bast, und anderer Kram mit dem man Kinder beschäftigen konnte.


    "Und das da deiner."
    Daneben lag eine mit Stroh unterlegte Decke aus rauer Wolle und ein mit demselben Material gefüllter Sack.
    An der Wand hinter diesem Lager konnte man sehen wie etwas in die Wand geritzt worden war. Bei genauerer Betrachtung offenbahrten sich einem die folgenden Worte: "MEDIA IN VITE IN MORTE SVM, NEMOQUE ANTE MORTEM BEAVTVS. AT EGO HOC SVM, MORTE, TE SALVTO. VÆ TIBI, SVCCESSA MEA, VÆ TIBI."


    Es waren nur diese zwei Plätze. Iulia ging zu ihrem und nahm eine Puppe in die Hand. Ein schwarze Ding aus gammeligem Stroh, die Augen hohl und leer... leise tapste sie mit den brüchigen Beinen über den knarzenden Holzboden, fast bedächtig. Auf dem Gesicht des Mädchens machte sich ein energischer Gesichtsausdruck breit, als sie mit ihren zierlichen Fingern die Glieder der primitiven Puppe in Bewegung versetzte. Nach einer Weile hielt sie inne, und sah die Frau mit schrägem Blick an, als würde sie nicht verstehen warum sie immernoch da stand.


    "Komm, spielen."

    Gorgus beobachtete die Sekunden der Nähe zwischen den Frauen, und stellte sich zum ersten Mal seit Jahren selbst eine Frage.


    Wann hast du vergessen wie man leidet, Gorgus?


    Er wusste es nicht. Wie sollte er auch.. sein Geist war wie ein schwarzer Nebel durch den man die Lichter des jenseitigen Ufers nur erahnen konnte... nicht dass Gorgus wahnsinnig war. Sein Verstand arbeitete Messerscharf, er war ein begnadeter Kämpfer und brillanter Seetaktiker, und er hegte eine quasi philosophische Ablehnung aller weltlich-abstrakten Güter. Gold, Juwelen, alles wertloses Geplänkel für Gorgus.
    Das war dann aber auch das Ende der Liste die man an Gorgus positiv betrachten könnte. Die maßgebende Instanz in allen Konfrontationen mit Menschen die nicht seiner Truppe angehörten war die Gewalt.
    Seelenlose Gewalt.
    Gorgus hatte so viele Menschen getötet dass Pluto ihm wahrscheinlich einen Mengenrabatt auf die Qualen der Hölle ausstellen würde wenn es ihn schließlich erwischen würde. Und das war unbestritten, Gorgus würde untergehen, und seine Mannschaft mit ihm.


    Es war die Essenz jeder Gruppe von Ausgestoßenen die verbal und physisch gegen alle Regeln der Welt vorgingen. Der Strudel der Gewalt führte nur in eine Richtung, das wussten sie alle, und im Endeffekt waren sie Tote auf Urlaub.


    Was sie von jedweder Art von Mitgefühl entband. Menschen die weder Gnade noch Großzügigkeit erfahren haben sind selten in der Lage diese Gefühle und Charakterzüge aus sich heraus zu entwickeln, besonders wenn sie in einer Gruppe gefangen waren die so viel Testosteron enthielt wie man aus ganz Italia pressen konnte.


    Gorgus lächelte... die Gewissheit um seinen Untergang war ein beruhigender Faktor im Tun eines Piraten. Das wann war egal... bis dahin würden sie ihr möglichstes tun um sich ihren Status an Plutos Seite zu verdienen. Die zwingende Notwendigkeit des Untergangs ihrer Gruppe war schon fast episch... auch wenn jeder zivilisierte Mensch Gorgus und seinen Mannen jedwede Rolle im klassischen Epos absprechen würden.


    Und nun diese beiden Frauen... diese Innigkeit, und gleichzeitig die Feigheit der Herrin im Angesicht der Bestie Mensch. Würde er seine Männer so ausliefern? Natürlich würde er das. Sie würden nichts anderes von ihm erwarten... es wäre ein Verrat an ihnen und ihrem Leben im letzten Moment auf so vergängliche Werte wie Ehre und Freundschaft zu geben. Und doch... Gorgus beobachtete die Sekunden zwischen den Frauen wie ein Kind das zum ersten Mal sah wie ein Hund einen Esel zu besteigen suchte.


    Sie klammerten sich an den letzten Fetzen Menschlichkeit der auf diesem Boot zugegen war, dabei war nicht einmal die Hälfte der Strecke zu ihrem Ziel geschafft.


    Ihr Ziel war die Hölle.


    Ihr Schicksal war der Tod.


    Ihre Liebe des Blutes.


    Ihre Seele dem Pluton.


    Lasst all Hoffnung fahren, ihr Seelen...

    Langsam schoben sich die beiden Boote durch den schmalen Eingang der Lagune, und noch bevor sie seichtes Wasser erreichten sprangen die ersten Männer ins Wasser um den Kater mit dem leichten Schock des kühlen Mare Nostrum von sich zu waschen.


    Man könnte die Lagune als das Paradies bezeichnen, verwachsene Hänge, üppige Vegetation, windstille Ecken in denen die Hütten lagen, zweitausend Jahre später würde hier mit Sicherheit ein Hotel für nichtsahnende Wohlstandsmenschen stehen, mit allem Komfort den sich Normalsterbliche aus der übrigen Welt nicht leisten konnten. Im Moment jedoch war dies die übrige Welt, und damit die Hölle für Wohlstandsmenschen.


    Als die beiden Boote sich knirschend in den Sand schoben und so abrupt halt machten wurde das übliche Entladeprozedere begonnen. Die beiden mitgebrachten Frauen warf man achtlos einfach ins seichtlose Wasser, damit sie nicht im Weg standen wenn die Männer ihren Dienst versahen...


    Die kleine Iulia saß etwas abseits im Strand und hatte die Knie unters Kinn gezogen. Als die beiden Frauen so unsanft von Bord befördert wurden erhob sie sich schließlich und ging zu der Stelle wo sie wahrscheinlich aus dem Wasser klettern würden.


    "Ihr seid also die Neuen...", erklang ihre glockenhelle Stimme, und in ihr lag keine Trauer, sondern verquere Freude. Mit ihrer kleinen Hand winkte sie Gorgus zu, der die Begrüßung mit einem leichten Lächeln erwiderte... dann wandte sie sich wieder den beiden Frauen zu: "Wer von euch gehört Gorgus?"

    Nachdem die Männer in Ostia Chaos und Verwüstung zurückgelassen haben, ihre Schiffe zwei Stunden lang in den Wind vor Italia gebracht hatten und sich schließlich der Erholung des sanften dahinsegelns hingegeben.


    Erholung hieß in diesem Fall: Wein, Weib und Gesang.


    Sechszehn Mann saßen auf einem Sarg,
    Ho! Ho! Ho! - und ein Fass voller Wein.


    Wein hatte man sich gerade geraubt. Fünf große Fässer edelstem Falerner-Wein. Wobei den Piraten scheiss egal war welcher Jahrgang das war. Hauptsache er machte blau. Und das


    Sie soffen drei Tage, der Wein war stark,
    Ho! Ho! Ho! - und ein Fass voller Wein.


    Weib hatte man sich ebenfalls gerade geraubt. Sogar zwei davon. Wobei eine Gorgus Privatbesitz war. Also gab es nurnoch eine. Eine für insgesamt 16 Piraten. Davon gerade fünf verheiratet. Die Zukunftsprognose eines Unbewaffneten in der ersten Runde der Hunderttägigen Spiele Neros konnten nicht düsterer aussehen.


    Sie liebten das Meer und den Wein und das Weib.
    Ho! Ho! Ho! - und ein Fass voller Wein.


    Gesang. Naja. Wir reden hier von Piraten. Piraten werden nicht aus Zufall seit hunderten von Jahren gejagt. Und das nicht etwas weil sie Mord und Totschlag verbreiteten. Das konnten tollwütige Löwen genauso gut, aber die verfolgte niemand. Was daran liegen mochte dass tollwütige Löwen normalerweise nicht zu singen pflegten.


    Bis einst alle dreizehn der PLUTO sie holt,
    Ho! Ho! Ho! - und ein Fass vollerWein.


    Wo waren wir? Achja, Wein, Weib und Gesang.


    Eine Stunde von der Küste entfernt hatte man die beiden Frauen aus den Kisten befreit, und der immer stärker fließende Wein sorgte dafür dass die Kreativität der Männer immer wieder entfacht wurde.
    Die Flavierin jedoch wurde kaum beachtet, zu groß war der Respekt vor der Beute die ihr Anführer für sich beanspruchte. Was nicht bedeutete dass man freundlich mit ihr umging. Sie wurde weitgehend ignoriert.


    Die Sklavin jedoch kam weit weniger gut weg.


    Den Fetzen den man ihr verpasst hatte blieb grob geschätzte zweidreiviertel Minuten an ihrem Körper. Im weiteren Verlauf der Fahrt wurde sie mit Wein übergoßen, ihr Körper mit vulgären Sprüchen verziert und sie zu Tänzen gezwungen die der Frau jede Würde nahmen die sie bis dahin besessen hatte.
    Das Johlen der Piraten brandete besonders dann auf wenn sich einer der ihren aufmachte sich in volltrunkenem Zustand inmitten seiner Kameraden an der Frau zu vergehen, und sie stachelten sich gegenseitig zu immer verwegeneren Aktionen am Körper der Frau an.


    Gorgus blieb während der Fahrt weitgehend still, nur dann und wann rief er den Piraten Kommandos zu, die seltsamerweise schnell und präzise ausgeführt wurden, als ob die Seeleute ihren Rausch auf die Momente beschränkten in denen ihre Fähigkeiten nicht gebraucht wurden. Scipio steuerte die Monsterflamingo versiert durch die See, als Mann einer Frau die Gorgus in Autorität nichts nachstand war ihm nicht nach den Ergötzungen am Körper der armseligen Gestalt auf der Mitte des Decks. Der Tag ging seinem Ende zu, und die Tortur der Frau nahm schließlich ihr Ende als der letzte Betrunkene zu Boden fiel. Die Fahrt würde noch lange genug dauern um sie ihren Rausch ausschlafen zu lassen...


    Zu lang für die Frau um einer weiteren, verkaterten, Runde Spaß zu entgehen.

    Gorgus Blick, der Celerinas Körper bei ihrem unfreiwilligen Strip mit den Augen eines Wolfes taxierte, machte sehr deutlich was er von ihr wollte. Jetzt wurde ihm klar, dass die Wahl die richtige gewesen war. Jede Faser ihres nackten Körpers sog er mit seinen Augen auf, und auf einmal machte sich gute Laune in ihm breit...


    Ein kurzer Wink, und zwei große Kisten wurden bereitgestellt in die Pacus ohne größere Mühe die Frauen verlud. Kurze Zeit später wurde es duster in der Welt der Patrizierin und ihrer Sklavin.


    Die Piratentruppe teilte sich in drei Gruppen. Die erste fing eine Schlägerei zwei Ecken weiter an, und zog die sowieso schon beschränkte Aufmerksamkeit der Viertelbewohner auf sich, die zweite verlud die Kisten auf einen Karren und brachte sie zum Schiff, und die dritte sorgte dafür dass der Laden in Flammen aufging.
    Nachdem das alles geschafft war verzog sich der Rest der Piratenbagage aus dem Viertel, besah sich an der nächsten Ecke wie immer mehr Flammen aus dem Lagerhaus stoben und machte sich dann in Feierstimmung auf ins Hafenviertel.
    Dort warteten bereits Pacus und Co., die sich auf den beiden Schiffen der Bande, die "Karpfen des Todes" und die "Monsterflamingo", breit gemacht hatten.


    Als die beiden Schiffe mit der Ladung, bestehend aus zwei geraubten Frauen und einem Haufen Ware aus einem nun hellauf in Flammen stehenden Lagerhaus voller Leichen, die Hafeneinfahrt passierten war die Truppe in bester Stimmung. Die ganze Sache war so dermaßen reibungslos abgelaufen dass es Gorgus schon fast nicht geheuer war.


    Angefangen hatte das ganze als simpler Raubtrick. Durch den Optio und seine zwei Nautae wurde das Lagerhaus konfisziert, der aufgebrachte Besitzer samt seiner Angestellten fix ins Jenseits befördert worden (Gorgus musste feststellen dass der fette Kerl tot genauso rot war wie lebendig, und das bei einem Puls von 0), die Ware auf die beiden Schiffe verladen (mit gefälschten Ausweisen von jeweils Classis als auch dem sehr fetten und sehr toten Lagerhausbesitzer) und dann die Patrizierin klargemacht. Die Hafenaufsicht gab sich mit dem gepartheten Wisch zufrieden (wenn man von den 93,4 Fehler absah die Zelacus eingebaut hatte, weil er er der einzige in der Bande war der einigermaßen schreiben und lesen konnte), und bald waren die beiden Schiffe auf hoher See,...


    In Ostia allerdings hatten die Piraten pures Chaos hinterlassen, die schwarze Rauchsäule die aus dem brennenden Infero, das mal das Lagerhaus gewesen war in dem so viele Menschen ihren Tod gefunden hatten...


    Für Pluto.

    "Sie haben Chimerion umgebracht!", äffte einer der Männer die Stimme der Patrizierin nach, und ein anderer stieg in den uralten Piratenwitz ein: "IHR SCHWEINE!!!"
    Schallendes Gelächter wurde wieder laut, kaum einer beachtete das Wehklagen der beiden Frauen, aber es näherte ihnen sich auch niemand mehr.


    "Wenn wir jetzt mit unserem Plan weitermachen könnten?", wieder war es Gorgus leise, aber weithin vernehmbare Stimme, die für Ruhe sorgte.


    Sofort stoben zwei Männer nach draußen, die beiden Frauen wurden gepackt und geknebelt, und der Inhalt mehrerer Amphoren mit Pech wurde an den Wänden und den verbliebenen Kisten im Lagerhaus verteilt.


    Schließlich kamen die beiden Kerle wieder, nicht allein, sondern in Begleitung zwei sichtlich verwirrter Frauen.
    "Was ist denn das hier? Mehrere Kerle kosten aber extra!", murrte die eine automatisch, während die andere sehr viel schneller zu schalten schien, und die Augen Angsterfüllt aufriss.
    "Genau die richtige Größe, Gorgus.", murmelte einer der Männer, und tatsächlich, die beiden abgerissenen Frauen glichen vom Körperbau her der Patrizierin und ihrer Sklavin, und der Anführer der Piraten nickte zustimmend. Er ging auf Celerina zu, nahm ihr den Schmuck ab und legte ihn der passenden Lupa an, die ihn immernoch verdattert ansah.


    "Danke Süßer, aber meinst du nicht dass ich mir das erst verdienen sollte?", meinte die Hure mit einem Augenaufschlag der Gorgus absolut kalt ließ.


    "Das wirst du, keine Sorge.", murmelte Gorgus mit einem schrägen Lächeln im Gesicht, was die Hure noch verwirrter dreinschauen ließ. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich wenig später in den eines Menschen der merkte dass irgendwas nicht in Ordnung im Organhaushalt war, und eine Sekunde später klatschte ihr Körper wie ein nasser Sack auf den mit Blut und Pech verklebten Boden. Bevor die andere Hure schreien konnte drückte man auch ihr einen Dolch unter die Rippen.


    "Es ist an der Zeit unsere Gäste für die Reise zu kleiden. Soviel Stoff könnte hinderlich sein.", man hielt Celerina einen Fummel an Tunika hin, viel zu groß, dreckig und stinkend, und es war klar dass sich hier niemand umdrehen würde um die Show zu verpassen. Auch die Sklavin wurde ein passendes Gewand verpasst...


    Gorgus' Augen blitzten... mal sehen was sich unter der Verpackung verbarg.

    "Mord und Totschlag, Frau.", raunte Scipio nun mit feierlicher Stimme, die weit weniger höflich klang als die Stimme des Optios von vorhin. Mit einem Gefühl der Freiheit schälte er sich aus der Rüstung und warf sie verächtlich beiseite, warf auch den Waffenrock beiseite und stand so wie Pluto ihn schuf mit einem dreckigen Grinsen vor der Flavierin.
    "Meine Fresse, hab ich das nicht vermisst... ich weiß garnich wie ich dieses Blech früher den ganzen Tag tragen konnte... wo sind meine Klamotten?", rief er lachend in die Halle hinein, und bekam schließlich seine einfache Seemannstunika zugeworfen. Lautes Gelächter brach unter den versammelten Piraten in der Halle aus, und ein Witz nach dem anderen machte die Runde, wobei niemand weiter auf die Edelfrau achtete.


    "Das reicht jetzt.", erscholl schließlich Gorgus Stimme mit einer Ruhe die sofort für Stille sorgte. Alle Augen weilten schließlich auf dem Anführer der Bande, welcher sich nun von der Kiste herunterbequemte und langsam aber mit festem Schritt auf die Frau zutrat. Sein Blick war fest und gleichzeitig unstet, das Glitzern in seinen Augen ließ darauf schließen dass er sich am liebsten sofort mit der Frau verzogen hätte. Aber sie hatten noch zu tun...


    "Willkommen.", grollte wieder die Stimme des Gorgus durch die Halle, und es klang alles andere als begrüßend. Es klang eher wie die Feststellung 'Mädchen, gratuliere, du hast dich gerade in die tiefste Scheisse deines Lebens geritten. Setz dich, nimm dir nen Keks.'


    Die düstere Aufmerksamkeit die er der Frau schenkte währte nicht lange, immerhin hatte er später noch genug Zeit sich ihr zu widmen. Stattdessen blickte er Pacus an, der den Leibwächter in festem Griff hielt: "Gibt es einen speziellen Grund warum dieser Mann noch lebt?"


    Pacus blickte Gorgus konsterniert an, wusste sein gedrungener Intellekt doch nichts mit dieser rhetorischen Frage anzufangen.
    Mit dem Blick, den Gorgus ihm daraufhin zuwarf, allerdings schon.


    *SLAK*


    Das stumpfe, leicht knirschende Geräusch dass eine Klinge machte wenn es durch Rippen und Fleisch glitt war in der Stille der Halle deutlich zu hören. Es knackste laut als Pacus dem am Boden liegenden Mann noch einen Tritt auf Kopf und Hals verpasste, nur um sicher zu gehen.
    Gorgus nickte zufrieden, nein, nickte weniger unzufrieden als der Körper des Mannes auf dem Boden aufprallte und regungslos liegen blieb.


    "Erledigt."

    "Es ist nicht weit, und die Sache wird sich sicherlich schnell aufgeklärt haben...", versicherte Scipio der Patrizierin einen schnellen und reibungslosen Ablauf, und hätte sich am liebsten vor Lachen auf den Boden geworfen. Er drehte sich um, gab den beiden Männern die ihm in Nauta-Rüstungen gefolgt waren den Befehl zur Rückkehr und zusammen mit der Flavierin und den beiden Sklaven machten sie such auf zu einem Lagerhaus im Hafenviertel...


    Gorgus hockte auf einer Kiste und wartete... Geduld war eine seiner Grundstärken, wenn auch nicht unbedingt Selbstbeherrschung sobald es mit dieser mal am Ende war.


    Sie hatten ihren Teil des Plans erfüllt, mit tödlicher Präzision, jetzt fehlte nurnoch dass Scipio den zweiten vollbrachte damit sie mit dem dritten fortfahren konnten.


    Es tropfte. Leise und stetig fielen Tropfen und verursachten den Takt der Zeit in diesen düsteren Gemäuern. Gorgus dachte mittlerweile in diesem Takt, es beruhigte ihn. Eins, zwei... eins... zwei... eins... zwei....
    Schließlich hörte es auf. Fragend blickte Gorgus zur Seite, und musste bemerken dass die blutige Kluft, die mal die Kehle eines Hafenarbeiters gewesen war, mittlerweile mit geronnenem Blut verklebt war. Der Körper lag auf einer Kiste kaum zwei Handbreit neben ihm, und er glotzte Gorgus aus toten Augen an.
    Gorgus selbst hatte sich mal die Frage gestellt wohin das Licht in den Augen entschwindet, sobald man dem dazugehörenden Menschen den Blutkreislauf auslagert, sozusagen wegrationalisiert.
    Selbst Stundenlanges rumpuhlen im Schädel eines armseligen Matrosen hatte ihn nicht weitergebracht, und er hatte beschlossen die Anatomie der Seele den Philosophen zu überlassen, während er selbst sich auf das grobe Handwerk beschränkte.
    Und dennoch... der Blick des toten Hafenarbeits hatte etwas anklagendes, Gorgus überlegte einen kurzen Moment ob er ihm nicht einfach die Lider und Mundwinkel aufschneiden sollte, um die Fratze etwas fröhlicher zu gestalten, beließ es dann aber doch dabei.


    REGNVM PLVTONIS EXPECTATE
    hatte Zelacus an die große Wand gemalt (es war zugegebenermaßen der einzige Satz den der Junge schreiben konnte ohne fünfzehn Fehler einzubauen), die Farbe der Schrift verriet sofort dass man hier nicht mit Malerfarbe ans Werk gegangen war.
    Es hatte ihn genau drei Hafenarbeiter samt ihres Gesamtvolumens an Blut gebraucht um die Schrift zu vollenden, und er hatte sich danach nicht die Mühe gemacht die Leichen, die auf dem Platz der Halle verteilt lagen, wieder wegzuräumen. Was allerdings auch niemanden störte, irgendwie könnte man sowas als Nestbautrieb der Piraten betrachten. Überall wo sie auftauchten sorgten sie schnell dafür dass sie sich heimisch fühlten, und das Interieur wurde dementsprechend gestaltet.
    So hatte der Spruch auch in etwa die Auswirkungen auf die Piraten, die auf andere Menschen ein Spruch wie "Es gibt keinen Ort auf der Welt wie dein Zuhause." gehabt hätte.
    Insgesamt lagen etwa sechs Leichen quer im Raum herum, und man musste übelst aufpassen dass man nicht in eine der vielen Blutlachen trat.


    "Sie kommen.", hörte Gorgus Stip rufen, der am Seiteneingang Wache stand. Sie hatten es also tatsächlich geschafft. Gorgus war irgendwie stolz auf seine Männer, andererseits hatte er auch nichts anderes erwartet...


    Das grelle Licht brach sich bahn als das große Tor geöffnet wurde, und Scipio trat als erster ein, mit einem Grinsen so breit wie das Scheunentor. Ihm folgten tatsächlich die Frau, die Gorgus sich ausgesucht hatte, mit dem Licht im Rücken konnte er nicht viel erkennen, jedoch gefiel ihre Form ihm immer besser. Er musste lächeln... perfekt.
    Im Schlepptau der Frau folgte eine Frau und ein breitschultriger Kerl, wahrscheinlich ihre Sklaven. Erst darauf folgen Cephalus und Iason.


    Gorgus zählte die Sekunden, die es brauchte um das Tor zuzuschlagen und dem Leibwächter sowie der Sklavin einen Dolch an die Kehle zu halten, wobei sich natürlich der Hüne Pacus den Leibwächter vornahm. Unfallverhütung gehörte trotz allem Chaos dennoch zu den piratischen Grundtugenden...


    "FLAVIUS.", brüllte Scipio schließlich mit halb unterdrücktem Lachen, "Es ist Besuch für dich da..."

    "Ich bitte um Entschuldigung.", sprach Scipio unter größten seelischen Schmerzen, "Wir haben im Hafen einen Mann aufgegriffen der behauptet deiner Familie anzugehören. Er befindet sich unter dem Verdacht der Piraterie, wenn du uns bitte folgen würdest um bei der Identifikation des Mannes zu helfen?"
    Er legte soviel Charme in diese Worte wie man es als Pirat nur schaffen konnte, und gab sich größte Mühe dabei nicht lauthals loszulachen. Verdacht der Piraterie, der war gut. Für diesen Spruch würde er sich heute Abend zur Belohnung noch tiefer ins Delirium saufen.

    Das wichtigste im Leben eines Piraten waren drei Dinge: eine gute Mannschaft zu haben, aus dieser Verbindung heraus so viel Unheil wie möglich anzurichten und ein hübsches Mädel mit dem man Sachen anstellen konnte die man mit Ehefrauen eigentlich weniger anstellte.


    Punkt eins und zwei waren im Leben von Gorgus eigentlich ständig präsent. Auch wenn es mal hier und da Verschleiss gab, sie eine Kaperfahrt abbrechen mussten oder einfach nur zu besoffen waren um etwas vernünftiges gebacken zu bekommen: Nummer drei nahm in Gorgus Leben eine nicht unwichtige Stelle ein. Und das wussten seine Männer. Gorgus konnte nicht richtig denken wenn zuhause keine Frau auf ihn wartete, bzw. befürchtete dass Gorgus lebend zurückkam.


    Aus akutem Anlass war es also wieder nötig irgendwas weibliches zu organisieren, und als die Bande so unauffällig wie möglich durch die Stadt stromerte und sich auf Ausschau nach einem neuen Stück Frau machte (man wollte sich nicht darauf verlassen wieder irgendwas auf See aufzugabeln), stieß man letztendlich auf die Bagage von einer recht passenden jungen Frau, wohlhabend auch noch, mit lästig viel Sklaverei drumherum.


    Schnell war umdisponiert, und Gorgus zog sich mit dem Rest der Mannschaft zurück, um den ersten Teil des neuerlichen Ostia-Plans in die Tat umzusetzen, während er das Schicksal des Opfers in die Hände drei seiner Männer gab.
    Scip hatte relativ fix den Namen der Dame herausgefunden, kam sie doch aus einer dem Reich nicht unwichtigen Familie. Flavia. Celerina.
    Das konnte was werden...


    Als die drei sich der Taberna näherten, in die Olar das Ziel für sie verfolgt hatte, fühlten sie sich immernoch nicht wohl in ihrer Haut. Erstens waren sie selbst blitzblank geschrubbt und dufteten nach Olivenöl, ein verzweifelter Versuch den sich seit Jahren eingebrannten Gestank der See und der Kaperfahrten zu überdecken, und ihre Rüstungen fühlten sich total fremd an.


    Es waren zwei Nautae und ein Optio, die schließlich die Taberna betraten, und sich mit einem vor Selbstsicherheit nur so strotzenden Blick. Scipio hatte aufgrund seiner quasi-militärischen Vergangenheit den Auftrag bekommen den Optio zu mimen, und so war er es auch der sich mit Iason und Cephalus im Rücken der Frau näherte , schließlich stramm Haltung annahm und die Frau auf sich aufmerksam machte.


    "Flavia Celerina. Optio Firlus, von der Numera Ostiae. Einen Moment deiner Aufmerksamkeit bitte."


    Alleine 'bitte' klang so unwirklich...


    Leise knirschte das Holz der "Karpfen des Todes", als sie sich in den Strand schob, und laut platschte das Wasser als zwei der vier Männer von Bord sprangen, um die mitgebrachte Ware in Empfang zu nehmen. Schnell kam die restliche Bage aus der Höhle und den Hütten herbeigeeilt um den beladenen Kahn schnell in einen unbeladenen zu verwandeln.


    Als die erste Kiste mit den Rüstungen der Classis heruntergeworfen wurde, erklang die von Gorgus nur allzu lange erwartete Frage. Er wusste nicht wie lange seine Männer es ohne ausgehalten hatten.


    "Rüstungen der Classis? Wofür?", es war Phobos, der sie stellte. Der junge Mann hatte kaum zwanzig Sommer erlebt, war aber kräftig und geistig hellwach. Gorgus würde ihn wie einen Sohn ansehen, wäre er zu was ähnlichem wie Vatergefühlen imstande.


    "Wir werden sie brauchen."


    "Natürlich werden wir das, aber erlaube mir die Frage: wofür?", bohrte der Junge nach.


    "Wir haben morgen etwas vor, übe dich in Soldatensprache.", befahl Gorgus knapp. So wenig Informationen wie möglich, um so viel wie möglich zu bewegen.


    "Wie du meinst.", sprach Phobos, der sich die Kiste auf die Schulter stemmte und sie davontrug.


    Eine halbe Stunde später war das Schiff entladen, und ihre kleine Kommune um einige Annehmlichkeiten reicher. Dass von keiner ihrer Kaperfahrten Gold mitgenommen wurde störte hier niemanden, es reichte auch so zu einem Leben das man als Gesetzloser und Ausgestoßener schon fast "luxuriös" nennen konnte. Im Endeffekt war es natürlich bitterlich arm, aber dafür waren sie frei, wie Verbrecher nun einmal frei sein konnten. Sie hatten sich und die See, und den unbezwingbaren Willen so vielen Menschen wie möglich das Leben zur Hölle zu machen.


    Es war ein guter Tag, die Sonne versank langsam im Meer, und es wurden mehrere Fässer mit Bier herausgerollt, um im Sand des Strandes den den Abend ausklingen zu lassen... es dauerte nicht lange, und der Hüne Pacus nutzte sein enormes Organ um ein Lied anzustimmen, in das die anderen sehr schnell einfielen. Alle, bis auf Gorgus.


    "Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Gorgus und Pacus und Phobos und Stip,
    die haben Bärte, die haben Bärte
    Iason und Ceph und Olar und Scip,
    die haben Bärte, die fahren mit


    Alle die Hölle und Teufel nicht fürchten,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Ari und Cine und Proto und Rik,
    die haben Bärte, die haben Bärte
    Zela und Horon und Skagi und Pitt,
    die haben Bärte, die fahren mit,


    Alle die mit uns die Seemenschen schlachten,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Gorgus und Pacus und Phobos und Stip,
    die haben Bärte, die haben Bärte
    Iason und Ceph und Olar und Scip,
    die haben Bärte, die fahren mit,


    Alle, die euch die Weiber rauben,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Ari und Cine und Proto und Ric,
    die haben Bärte, die haben Bärte
    Zela und Horon und Skagi und Pitt,
    die haben Bärte, die fahren mit,"


    Gerade als sie die letzte Strophe anfangen wollten, ließ ein lauter Schrei sie alle herumfahren. Erst konnten sie nicht ausmachen woher dieser stammte, doch schließlich zeigte Ricus nach oben auf einen Felsvorsprung über dem hohen Höhleneingang, auf dem sich sich anscheinend eine Person befand.


    Es war Sera.


    Sie war in eine dünne Tunika gekleidet, und der Wind zupfte an dem Stoff und an ihren langen Haaren. Man sehen wie sie mit zorneserröteten Augen auf die Gruppe zeigte.


    "IHR VERDORBENES PACK! UNMENSCHEN SEID IHR! IUSTITIA WIRD SICH EURER ANNEHMEN UND EURE SEELEN ZUR HÖLLE SCHICKEN!"


    Pacus rülpste laut vernehmbar, und schickte ein trotziges "Erzähl uns etwas was wir noch nicht wissen, Weib!" zurück. Gorgus schwieg, was ihn aber nicht vor der Aufmerksamkeit der Furie schützte.


    "UND DU, GORGUS! DU KRANKES SCHWEIN! DAS WAS DU MIR ANGETAN HAST WIRD DICH IN EWIGKEIT LEIDEN LASSEN! ICH VERFLUCHE DICH UND DEINE VERROTTETE SEELE!!! NIE WIEDER! NIE WIEDER! NIE WIEDER!"


    Nach den letzten Worten warf sie sich von dem Felsvorsprung, und stürzte auf die saufende Gruppe zu. Knapp drei Schritte neben der lagernden Bagage prallte sie auf dem Boden auf, und man konnte deutlich hören wie viele Knochen der Beanspruchung nachgaben und barsten. Nach ihrem pompösen Ende kehrten einige Sekunden Stille ein, die Cinetus mit einem ahnungslosen "Und was bedeutet das jetzt?" unterbrach, und irgendwie schien keiner zu wagen Gorgus direkt anzusehen. Aber er war es, der allen nicht stattfindenden Blicken antwortete.


    "Dass ich Ersatz brauche."


    "Alle die mit uns zur Hölle fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
    das müssen Männer mit Bärten sein
    Gorgus und Pacus und Phobos und Stip,
    die haben Bärte, die haben Bärte
    Iason und Ceph und Olar und Scip,
    die haben Bärte, die fahren mit...

    Laut knallte die Tür als der Hüne Pacus sie mit einer Hand schneller aufdrückte als ihre Scharniere zu bewältigen im Stande waren. Für eine Sekunde war ihnen alle Aufmerksamkeit sicher, und Gorgus verfluchte seine Kampfmaschine im stillen für diesen Fehler. Doch einen Augenblick später hatten alle in der stickigen Hafenspelunke ihre Nasen schon wieder in ihre Tonkrüge gesteckt.


    Gorgus folgte seinen Mannen an den Tresen, von einem Tisch her wäre es zu weit zur Tür gewesen, und man musste schließlich vorsichtig bleiben. Hier wimmelte es nur so vor Vigiles...


    Sie bestellten jeweils zwei Bier für jeden, das erste wurde direkt in den Hals gestürzt, das zweite nur zur Hälfte, hier stand viel an.. sie redeten nicht viel, besonders Gorgus nicht, eigentlich garnicht. Seine Mannen unterhielten sich über dies und das, hielten aber geflissentlich die Order ein bloß nicht über das Geschäft zu sprechen, und sprachen so über seemännische Belanglosigkeiten.
    Es dauerte knapp eine halbe Stunde, da fiel sie ihm auf...


    Sie hatte blonde Haare (Gorgus LIEBTE blonde Haare), ein kindliches Gesicht (Gorgus LIEBTE Gesichter) und einen Körper der mit seinen Teilen verriet dass man hier durchaus schon eine Frau vor sich hatte (Gorgus LIEBTE Körperteile)... und anscheinend war sie mit ihrem Ehemann da, denn sie hockte auf dem Schoß irgendeines abgewrackten Seemanns, der zudem der Bedienung immer wieder geifernde Blicke hinterherwarf.


    Sein Entschluss war schnell gefasst, er stieß Pacus mit dem Ellenbogen an und nickte ihm nur mit vielsagenden Blick zu, was dazu führte dass sich ein abartig breites Grinsen auf das Gesicht des Hünen schlich. Schnell war die Info an die beiden anderen Männer weitergegeben, und es wurden erste Vorbereitungen getroffen: hier ein gestelles Bein, dort ein künstlich herbeigeführter Streit und dort ein Krug der umkippte... perfekt.
    Als erstes bekam Gorgus etwas ab, und zwar von Pacus, damit es wenigstens so aussah als würde er nicht zu dieser Bagage gehören. Generell war alles darauf ausgelegt die Ursache des Streits so zu verstreuen, dass sich später niemand mehr daran erinnern konnte wer jetzt eigentlich genau damit angefangen hatte.
    Gorgus schlug schmerzhaft auf den Boden auf, und rieb sich die Wange, man könnte meinen Pacus würde es jedes Mal genießen wenn er das durfte. Er holte mit dem Bein aus und trat jemandem in die Kniekehle, was dafür sorgte dass dieser gegen den Tisch fiel an dem der Seemann mit seiner Frau saß, was dazu führte dass dieser sehr schnell auch in die allumfassende Schlägerei einbezogen war. Er blickte sich um, in dem Getümmel gab es wirklich niemanden, der nicht an der Schlägerei beteiligt war, und es würde nurnoch wenige Minuten dauern bis die Vigiles Wind von der Sache bekämen.


    Gorgus blickte sich um, suchte, und fand sie. Sie stand mit verschrecktem Blick in der Ecke und versuchte sich von der Schlägerei fernzuhalten.
    Eine zerschlagene Laterne und vier Sekunden später hatte Gorgus sie, drehte ihr die Arme auf den Rücken und hielt ihr den Mund zu, und zog sie unbehelligt von allen anderen aus der Tür.


    Seine Männer hatten ihren Spaß, zertrümmerten Kiefer, brachen Nasen und der eine oder andere bekam auch nen gebrochenen Schädel ab. Dies war alles andere als eine harmlose Tabernenschlägerei, dies war bitterer Ernst. Piraten kannten halt nichts anderes als "ihren" Spaß... schließlich, als genug Knochen gebrochen und Blut geflossen war, zogen sich die Männer des Gorgus nacheinander, ebenfalls relativ unbemerkt, aus der Taberna zurück.


    Als die Vigiles eintrafen und die immernoch tobende Schlägerei auseinanderzerrten stürzte in einer anderen Taberna schon viel Bier in Piratenhälse, und man feierte den gelungenen Abend.


    Ohne Gorgus. Denn der hatte auf seine eigene Art und Weise Spaß.

    Die Sonne sank, und niemandem fiel es auf als ein ziemlich ramponiert wirkendes mittelgroßes Fischerboot in einen der billigeren Docks des Hafens anlief. Die vier Gestalten, die bald darauf den Steg entlangliefen waren auch alles andere als auffällig: ganz normale Fischergesellen halt.
    Gorgus führte seine Truppe die üblichen Irrwege durch das Hafenviertel und verbrachte keine Zeit mit den typischen Angeboten von Huren, Hehlern und anderem niederen Gesocks, er hielt gerade auf sein Ziel zu: eine alte Kaschemme, die unter ein auf Pfählen ruhendes Haus gebaut war. Die Definition von "heruntergekommen", aber was niemand wusste: in dieser Bruchbude steckte die Zentrale des reichsten Halsabschneiders der Stadt.


    Lucius Procrestanus hieß der Mann, zumindest heute, und sein Gesicht wirkte so ungewaschen wie das von Gorgus' Meute an den erfolgreichsten Tagen, nur dass kein Blut an seinen Wangen klebte, sondern eine übelriechende Mischung aus Schweiß, Dreck und Dingen die man besser nicht näher beschrieb.


    "Typhus!", rief der dicke Mann hinter dem weit ausladenen Tisch in der hinteren Hälfte des mit Kisten und Ballen vollgepackten Raumes. "Es ist lang her seitdem wir uns gesehen haben. Wie lange? Drei Monde? Vier?"


    "Seine Zeit.", antwortete Gorgus, wie immer so wortkarg wie ein auf Grund gelegter Anker.


    "Nun, was bringt ihr mir heute feines mit, von euren Handelsreisen?", die Stimme des Mannes überschlug sich fast vor Neugier. Handlungsreisen, das war irgendwie ein Witz unter den Seeleuten und Hafenhändlern, die alle nicht wussten woher die Ware kam. Und es auch nicht wissen wollten.


    "Oel. Seide. Eisen. Gewürze."


    "Viel?"


    "Viel."


    Der Mann rieb sich die Hände...


    "Sobald ich die Ware gesehen habe, werde ich dir einen genauen Preis dafür geben. Aber ich kann dir versprechen, es werden über die zweitausend..."


    "Ich will kein Geld.", knurrte Gorgus ohne den Mann anzusehen. Hinter dem fetten Mann war eine junge Frau aufgetaucht, ein Mädchen noch fast, welcher nun seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit galt.


    Procrestanus würgte, warf einen Blick hinter sich und erstarrte.


    "Das... das ist meine Tochter, Livia. Sie... sie ist schon verlobt. Ja. Ja.", stotterte er heraus, in der Hoffnung Gorgus Blick wieder auf sich zu lenken. Der Blick, den er sich allerdings einfing ließ ihn in Schweiß ausbrechen. Verzweifelt versuchte er das Gespräch auf die Ware zurück zu lenken...


    "Achso, wie konnte ich vergessen. Kein Geld. Was dann? Was benötigt ihr?"


    Weitere Sekunden verstrichen, in denen Gorgus nur die junge Livia ansah, mit einem Blick der in etwa dem eines Wolfes glich der gerade um eine Ecke gelaufen kam und über ein einbeiniges Kaninchen stolperte.


    "Nun?", trippelte der Hehler nervös mit den Fingern auf der Tischplatte herum...


    "Stoffe. Werkzeug. Seile. Pech. Eingelegtes Obst.", er stoppte, als sein Blick wieder auf den Hehler herunterwanderte, "Und drei Rüstungen von Nautae. Wenn du einen Optio hast, nehmen wir den auch."


    Jetzt fiel Procrestanus die Kinnlade herunter.


    "Drei WAS?", wobei er sofort wieder die Lautstärke seiner Stimme reduzierte, "Drei was? Rüstungen von Nautae? Bist du des... nein, natürlich nicht."


    Gorgus Blick wanderte wieder zur jungen Livia, welche immernoch vor Schreck erstarrt hinter ihrem Vater stand. Auf einmal begann er zu lächeln..


    "Ja, JA!!! JAAAAA!!! VERDAMMT! JA!!! Ihr werdet sie bekommen. Und jetzt geht. Ich werde mich um alles kümmern... ihr liegt dort wo ihr immer liegt, richtig? Meine Männer werden das erledigen. Jetzt... bitte, geht!", seine Stimme flehte schon fast um Abwesenheit der Bagage.


    Gorgus sah den fetten Hehler noch einmal kurz an, musste dann unweigerlich schmunzeln und drehte sich auf dem Absatz herum.


    Als er und die seinen die Bude in Richtung der nächstbesten Taverne verlassen hatten, sackte der Hehler in seinem Stuhl zusammen, sein Aufatmen konnte man wohl noch drei Häuser weiter vernehmen.


    Seine Tochter jedoch kippte einfach um...

    Aufgrund enormer Nachfrage seitens der weiblichen und vermeintlich weiblichen Römerschaft, nun die Eröffnung meines persönlichen Tochterunternehmens:



    Ladies, meine geehrten Damen, senioras, mesdames,


    die Totenbleich AG ist stolz ihnen mitteilen zu können dass wir nach erfolgreicher Eröffnung unserer Mord und Totschlag-Sparte nun auch endlich Rücksicht auf die persönlichen und individuellen Bedürfnisse unserer Kundinnenschaft nehmen können.


    Aus diesem Grund haben wir die



    HIEB UND STICHFEST GmbH
    Erlaubt ist, was mir gefällt.


    ins Leben gerufen.


    Dein Ehemann bringt es nicht mehr? Hat es nie gebracht? Du hast garkeinen Ehemann? Willst auch keinen? Aber Spaß soll trotzdem drin sein?


    KEIN PROBLEM!


    Gorgus kümmert sich um die kleinen und großen Wehwehchen seiner Kundinnen auf aufopferungsvolle Art und Weise, jahrelange Erfahrung im Ersticken von Beziehungsproblemen machen es ihm möglich auf unnachahmlichem Wege das Leben seiner Geschäftspartnerinnen wieder ins Lot zu bringen.


    Produktportfolio: Gorgus bietet Spaß zu zweit, zu dritt, zu viert, zu fünft, zu sechst, zu siebt, zu acht, zu neunt.... und am Ende ein erlösendes Gefühl sonder gleichen! Aller Schmerz und Pein des vorherigen Lebens werden von einem abfallen! GARANTIERT!


    Vorraussetzungen: Gorgus ist der einzige Kerl im Bunde. Auch... Dinge... die mal Kerle gewesen sind, sind nicht erwünscht.


    Liebste Römer! Werteste Patrizierin! Geschätzteste Sklavin!
    Vor Gorgus seid ihr alle gleich!


    Meldet euch noch heute, und gönnt euch ein paar unvergessliche Stunden!


    i.A.
    Gorgus
    Herzensstecher


    [SIZE=7]Kleingedrucktes:
    Der Vollzug des Geschäfts muss an einem Ort stattfinden der von Gorgus, Vorstandsvorsitzender der Totenbleich AG und Herzenstecher der Hieb und Stichfest GmbH, ausgewählt wurde.
    Die Klientin muss ansehlich und frisch sein, wert auf Hygiene legen und nicht älter als 35 Jahre sein.
    Das gleiche darf nicht von Gorgus erwartet werden.
    Sämtliche Nachwuchsalimentierungsforderungen sind an den jeweiligen Ehemann zu richten, nicht an Gorgus.
    Rechtliches:
    Es gibt keine Garantie darauf dass beide Spaß an der Sache haben. Im Endeffekt geht es nur um Gorgus Spaß.
    Das Recht auf körperliche Unversehrtheit wird während des Geschäftsprozesses außer Kraft gesetzt.
    Das Recht auf Leben auch. Sicher ist sicher.
    Ständebeschränkungen sind bei Gorgus nicht von Dauer. Frauen sind doch sowieso alle gleich. Manche nur stärker geschmückt, ihr wisst was ich meine.
    Bei plötzlichem und unbeabsichtigtem Tod ist die SL zu verständigen.
    [/SIZE]

    "VERDAMMT NOCHMAL! DAS SEGEL AUF REESEITE! REESEITE!!!!", brüllte Scipio, von dem keiner wusste wie er wirklich hieß. Eigentlich wusste hier keiner vom anderen wie er wirklich hieß, und das größtenteils weil sie ihre Namen alles andere als freiwillig bekommen hatten. Das führte dazu dass jeder Neue, der zu ihnen stieß, sich einen neuen Namen aussuchen durfte. Einen EIGENEN Namen. Denn Namen bedeuteten die Welt, das wusste Gorgus, und deshalb legte er Wert darauf dass seine Männer Namen hatten mit denen sie sich wohl fühlten.


    Gorgus stand an diesem windigen Morgen am Bug ihrer kleinen Nussschale, und er atmete die salzige Luft, die immer wieder mal auftauchte wenn die "Todeskarpfen" (auch Piraten beanspruchten einen gewissen Humor für sich) mal nicht durch eine große Welle brach und die auf ihr arbeitende Besatzung nicht in kaltes, klares Wasser tauchte. Gorgus genoss dieses Gefühl. Er war nass bis auf die Knochen, aber dieses Gefühl der Lebendigkeit machte die klirrende Kälte wieder wett.
    Denn sie waren auf der Jagd.


    Iason, wir sprachen über Namen, hatte den kleinen Kutter aufgetan der gerade vor ihnen reißaus genommen hatte, und Gorgus hatte sämtliche Täuschungspläne über Bord geworfen und sich für den Adrenalinkick schlechthin entschieden: eine Jagd bei mittlerem Wellengang, gegen den Wind.
    Was sich schnell schnell als Ochsentour herausstellte, denn die Strecke, die sich zurückzulegen hatten um MIT DEM Wind Jagd auf den Kahn zu machen war eine verdammt lange. Als sie es geschafft hatten lohnte sich die Arbeit aber jede Sekunde: sie kamen immer näher.
    Auch wenn Neptuns Wind mit Macht an dem Segel riss, und seine Männer stark zu arbeiten hatten, der Steuermann Scipio steuerte die kleine Nussschale, die Platz für 10 Mann plus Ladung bot, sicher durch die See, direkt auf die Backbordseite des verzweifelt den Wind kreuzenden Schiffs. Gorgus ballte die Hand zur Faust und schaute durch einen Spalt hindurch, um besser erkennen zu können ob das Schiff wirklich so hilflos war wie es sich zeigte. Er erkannte wild umherrennende Gestalten, ein paar klammerten sich an die Takelage, andere holten tatsächlich Ruder heraus. Er konnte eine Gestalt auf der Brücke erkennen die herunterbrüllte, doch zu spät: die ersten Ruder wurden fortgerissen und verschwanden in der See.


    Gorgus lächelte, wahrscheinlich ein erfahrener Kapitän mit absolut unerfahrener Mannschaft, na das konnte lustig werden.


    Als sie auf ein halbes Stadium herangekommen waren konnte er die ersten Schreie hören, die nicht vom Brüllen der See geschluckt wurden, was ihn umso mehr anheizte. Je näher sie kamen, desto mehr konnte er verstehen: anscheinend stritt man sich ob man sich jetzt wehren oder aufgeben sollte. Gorgus hoffte auf ersteres, aber die Wahrscheinlichkeit dafür war nicht allzu groß.


    Dann schließlich war es so weit: bei voller Fahrt minderten sich die passi, die sie noch brauchten, Gorgus warf einen Blick zurück auf seine Männer: das Segel war festgezurrt, seine Mannschaft stand mit freudig leuchtenden Augen mit Messer, Axt und Enterhaken bewaffnet hinter ihm, darauf wartend dass es krachte.


    Und wie es krachte. Der verstärkte Bug der 'Todeskarpfen' prallte knirschend und Splitterwerfend längsseits auf die angepeilte Seite des großen Kahns, die Wucht des Aufpralls schleuderte den Bug des Piratenboots nach oben, und die Mannschaft mit ihm. Gorgus musste nur die Füße anziehen, und schon stand er auf dem Deck des Opferschiffes.
    Er musste nicht einmal hinsehen um zu erkennen dass neben ihm vor Schreck über diesen Stunt jemand auf die Knie gesunken war, und er musste den Arm nur halb heben um mit einer lockeren Geste seine Klinge, ein altes wie rostiges Gladius, das einmal einem nun sehr toten Legionär gehört hatte, an der Kehle des Mannes, oder der Frau, entlangzuziehen.
    Das hilflose Röcheln das darauf folgte versicherte Gorgus, dass seine Klinge nach wie vor arbeitsfähig war.


    Jetzt erst sah er sich um, hinter ihm kletterten seine Leute über die Reling, brüllten, schrien, lachten... es machte ihnen Spaß. Was konnte motivierender Wirken als Spaß bei der Arbeit? Nichts!
    Sie stürmten hervor und machten die ersten Leute die ihnen in den Weg kamen auf sehr unterschiedliche Art und Weise nieder.
    Hier flog ein Arm davon, hier gleich der ganze Kopf, dort wurde nach Hausart erdolcht, und wieder ein anderer sprang in heller Panik über Bord.
    Es dauerte gefühlte fünf Sekunden bis der Rest der nahezu dreissig Mann die Waffen wegwarfen, und sich in die Hände der Piraten begaben.
    Gorgus verzog eine Miene, was bei Pluto sollte das?


    "Verdammt.", fluchte er, befahl seinen Leuten die Mannschaft in einer Reihe aufstellen zu lassen, und dann das Frachtdeck zu durchsuchen.


    Cephalus, ein kleiner Mann der wahrscheinlich mehr Muskeln am Körper hatte als der Rest der gerade geenterten Schiffsmannschaft, kroch durch die kleine Luke, und man hörte es kurze Zeit später rumpeln und poltern, die dazu gehörenden Flüche natürlich nicht zu vergessen. Plötzlich schrie Cephalus laut auf, ein Schrein in den die halbe Opfermannschaft mit einstimmte.


    "Ruhe.", befahl Gorgus mit einer Stimme die automatisch dafür sorgte dass sein Befehl befolgt wurde, und trat an die Luke heran: "Cephalus?"


    Erst war garnichts zu hören, doch dann erklang ein weiterer Schrei, dieses Mal weitaus höher und schriller als der von Cephalus. Dann polterte es wieder, der Schrei wurde lauter, und schließlich tauchte die wutverzerrte Fratze des Mannes in der Luft auf.


    "SO EINE VERDAMMTE SCHEISSE! DIESES DRECKSVIECH HAT SICH UNTEN VERSTECKT UND MIT... ARGH!!!!", brüllte der Zwerg, und hievte mit dem linken Arm ein kleines Bündel aus Haaren und Stoff nach oben, die andere Hand, die anscheinend heftig blutete, stark an sich gepresst. In der Reihe der Gefangenen erklang ein weiterer Schrei, ein Mann riss sich los und stürmte nach vorne, die Hände flehend ausgestreckt.


    "NICHT! NEIN!! NEIN!!! Das ist meine Tochter, bitte! BITTE! Verschont sie!"


    Schnell war einer seiner Männer zur Stelle, und bevor er Gorgus erreichen konnte wurde der Schreihals auf die Knie gedrückt, wo er langsam zu schluchzen begann.


    Gorgus besah sich das Schauspiel eine Zeit lang, griff dann in das Bündel hinein und hob es sich vor's Gesicht. Zwei kleine Kulleraugen, wütend, erbost, und vollkommen frei von Angst blickten ihn an. Eine halbe Sekunde später trat das Ding aus, und verfehlte Gorgus, der sich kein Stück bewegte (als einziger auf dem Deck, denn alle anderen zuckten vor Schreck zusammen), knapp am Kinn.


    "Wie heißt du, Kind?"


    "IULIA! IHR NAME IST IULIA!", brüllte ihr Vater dazwischen, halb wahnsinnig vor Angst. Gorgus nickte dem Mann der ihn am Boden hielt nur einmal knapp zu, und eine Faust bahnte sich den Weg in die Seite des Mannes, der daraufhin röchelnd zusammensackte.


    "Noch einmal. Wie heißt du, Kind?", wiederholte Gorgus die Frage, und schaute das kaum siebenjährige Kind vor sich neugierig an...


    "Iulia! DU MONSTER!!! DU MONSTER!!!", fing sie wieder an zu quieken, und zappelte in seinen Armen wild herum. Gorgus lächelte, und entblößte sein Gebiss, dem so seine drei oder vier Zähne fehlten. In einer ruckartigen Bewegung warf er das Kind in die Arme eines seiner Männer und wandte sich dann wieder Cephalus zu.


    "Ein kleines Kind. Sonst nichts?"


    Cephalus erblasste: "Doch, klar. Getreide. Eisenbarren und Gewürze, auf jeden Fall stinkt es dort unten wie sonstwo. Achja, und Holz. Schwarzes Holz, frag mich nicht. Und Öl, wofür bei Mars wird dieses ganze Öl gebraucht? Und...", er verschwand wieder unter Deck, ein Klappern erklang, dann tauchte er wieder auf, und mit ihm eine kleine Truhe, "Das hier."


    Gorgus blickte die Truhe mit interessiertem Blick an, merkte aber sofort dass sie verschlossen war. Er wandte sich dem Mann zu, der gerade noch nach seiner Tochter geschrien hatte.


    "Ich liege richtig in der Annahme dass du dieses Schiff geführt hast? Wo ist der Schlüssel?"


    Der Mann war zu keiner deutlichen Antwort imstande, schluchzen, heulen, schluchzen, heulen... Gorgus blickte seinen Bewacher einmal mit schmalen Lippen an, woraufhin sich der linke Fuss desselben in die knackenden Rippen des Mannes drückten, der vor Schmerz aufkeuchte.
    "Nun?"
    "Der Schlüssel," röchelte der Mann schließlich, "ist versteckt."
    "Achwas?"
    "Bitte... meine Tochter."
    "Deiner Tochter wird nichts geschehen wenn du mir sagst wo der Schlüssel ist..."
    "Ich... ich... ich kann nicht."
    Gorgus seufzte laut auf, blickte zur Reihe der Gefangenen und dann zu einem seiner Männer. Es dauerte genau 4 Sekunden bis der erste Gefangene gurgelnd mit geöffneter Kehle in sich zusammensackte.
    "Also?"
    Der Mann krümmte sich vor Angst, doch langsam schien er zu begreifen um was es hier eigentlich ging.
    "Dritte Planke, unter Deck, vierte Sparre."
    Gorgus musste nicht einmal zu Cephalus schauen damit er verstand dass er gemeint war. Wenige Momente später kam er wieder hervor, mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck, einen Schlüssel in der Hand haltend.
    Es klickte, es klackte, die Truhe öffnete sich, und Gorgus Lippen wurden wieder schmal.


    Sie war voll Gold.


    Mehrere hundert Goldmünzen sammelten sich in dieser Truhe. Er strich mit der Hand hindurch, konnte aber nichts anderes erfühlen als Münzen.
    Wieder blickte er den Kapitän an: "Gold? Ist das alles?"
    Der Mann wusste erst garnicht wie ihm geschah. War die Frage ernst gemeint?
    "Natürlich. Natürlich ist das alles! Wir sind ein Handelsschiff. Wir transportieren Waren für alle die es brauchen."


    Gorgus stand auf und blickte die Gefangenen mit leerem Blick an. Na großartig...
    "Bringt die Gewürze, das Getreide und das Eisen rüber.", was dann auch in den nächsten Minuten geschah, in denen qualvolle Stille über dem Arbeitslärm auf dem Deck herrschte. Sogar das kleine Mädchen war verstummt. Als die Ladung ihren neuen Besitzern zugeführt wurde, sah Gorgus den Kapitän des Schiffes milde lächelnd an, dann wandte er sich seinen Männern zu: "Schickt jeden zweiten zu Pluto. Die anderen sperrt unter Deck."


    Und das Geschrei ging wieder los... Gorgus hörte gar nicht mehr hin, er stand an der Reling und besah sich die See, die Wellen warf als würde sie den Tag vor sich hertreiben. Wie stand die Sonne? Wie weit waren sie gefahren? Wie lange die Rückfahrt?


    Schließlich war die Arbeit getan, gut 15 Körper lagen mit leerem Blick auf dem Deck, und seine Männer standen in diesem Blutbad, gespannt wartend was ihrem Anführer als nächstes einfiel.


    "Den Rest unter Deck, und das Öl...", er brauchte es nicht weiter aussprechen. Der Rest der Mannschaft, mitsamt des schreienden Kapitäns, wurde unter Deck gebracht, die Luke verkeilt, die Ölamphoren aufgebrochen und über das Deck verteilt.
    "Gorgus. Das Kind?", sprach Cephalus, und man sah ihm die Mordlust an, er wollte Rache für seine zerstochene Hand.
    Gorgus überlegte einen Moment, musste dann aber lächeln, was Cephalus mehr als nur verwirrte.
    "Wir nehmen sie mit."
    "Wie, wir nehmen sie... also... MIT?"
    Es brauchte keinen weiteren Blickes um das schreiende Bündel die Reling hinunter zu Scipio zu werfen.
    Während seine Männer an Bord der Todeskarpfen kletterten, ging Gorgus die paar Schritte zur Frachtluke und warf einen undeutbaren Blick hinunter zu den Menschen die ihm mit großen Augen entgegensahen. Dann kippte er die letzte Amphore mit Öl um, und warf die obligatorische Fackel in die Mischung aus Blut und Öl, welche sofort Feuer fing und schwarzen Qualm entwickelte.


    Er stellte sich an die Reling des Schiffs und blickte herunter zu seinen Mannen, die ihm erwartungsvoll entgegenblickten. Dann breitete er die Arme aus, und mit einem Grinsen im Gesicht sprach, nein schrie er:


    "PLUTO! HERR DES TODES! HERR DER UNTERWELT! WIR GEBEN DIESES SCHIFF UND SEINE SEELEN IN DEINE HAND! PLUTO! WIR BETEN ZU DIR, NIMM UNSER OPFER AN!!!"
    Dann reckte er die Faust in die Höhe, und schrie seinen Leuten entgegen:
    "FÜR PLUTO!!!"
    Und seine Männer antworteten wie in einem von Adrenalin und Blutdurst durchtränkten Chor:
    "PLUTO!!!"
    Und immer wieder...
    "FÜR PLUTO!!!"
    "PLUTO!!!"
    "FÜR PLUTO!!!"
    "PLUTO!!!"
    "FÜR PLUTO!!!"
    "PLUTO!!!"


    Schließlich, als das Feuer sich schon den Mast hinauf bewegte, sprang Gorgus hinunter zu den seinen und ließ sich neben dem Kerl nieder, der das Mädchen immernoch fest umklammert hielt. Sie begaben sich in den Wind, der sie schnell vom lichterloh brennenden Schiff entfernte, und bald verschwand der Geruch von Rauch und anderem in dem allgegenwärtigen Geruch der See.
    Gorgus besah sich das Mädchen eine zeit lang, nichts sagend, so wie alle auf dem Boot schwiegen. Es hatte dunkelbraune Haare, die zu Strähnen verklebt herabhingen, und Augen die Gorgus nicht losließen. Zwar war keine Wut mehr in ihnen zu sehen, aber immernoch keine Angst.


    "Du.. Iulia.", brach Gorgus irgendwann das Schweigen, "Ich... ich will dir ein kleines Lied zeigen. Es wird dir gefallen."


    Und auf einmal fing Gorgus an zu singen, ein Moment der selbst seine Mannschaft aus der Fassung brachte, aber niemand wagte es etwas zu sagen. Anstelle dessen lauschten sie dem Lied, dessen Stimme so krächzend und dunkel war wie morsche Ebenholzplanken... und doch konnte keiner nicht hinhören. So verbrachten sie den Rest der Fahrt, ihrem Kapitän lauschend, der folgende Worte in die See sprach:


    "Blut, Blut, Piraten saufen Blut... Raub und Mord und Überfall sind gut... hoch vom Kreuze klingt es, hoch vom Kreuze klingt es... Raub und Mord und Überfall sind gut..."


    "Blut, Blut... Piraten saufen Blut..."