Beiträge von Aedituus

    Livianus Pythermon


    Der Alte lächelte milde, als Curio fragte - es war nicht zu übersehen, dass der Junge recht hohe Ambitionen hatte. Aber dafür war die Jugend ja da - und selbst wenn er es womöglich nie über den Aedituus hinaus bringen würde, war es natürlich gut zu wissen, wie es zumindest theoretisch funktionierte...


    "Die Aeditui werden von den Pontifices bestellt. Sie sind allerdings zugleich als städtische Angestellte den Duumviri unterstellt. Üblicherweise werden hierzu Menschen - auch Frauen - bestellt, die bereits einige Erfahrung im Kult, aber auch in der Verwaltung haben, denn die Verwaltung eines Tempels birgt ja beide Aspekte."


    Blieb noch die Oberklasse der städtischen Priesterschaft:


    "Die Pontifices werden dagegen durch den Ordo Decurionum gewählt. Hierzu sind nur Kandidaten zugelassen, die selbst diesem Gremium angehören und sich also schon vorher in irgendeiner Weise um die Stadt verdient gemacht haben - häufig durch die Übernahme von Magistraturen, manchmal aber auch über Spenden oder als treue städtische Bedienstete wie etwa Aeditui. Eigentlich sollte bei ihnen auch Erfahrung im Kult dazukommen, aber die Herren Stadtväter sehen über diese Qualifikation gelegentlich hinweg, wenn sie einen aufstrebenden Spross einer angesehenen Familie als Kandidaten haben."


    Er zwinkerte seinem Schüler zu - man musste ja nicht alles gut finden, was von oben kam!


    "Gerade dann ist es natürlich wichtig, hochqualifizierte Aeditui zu haben, die die Pontifices beraten, die wiederum die Magistrate beraten. Und deshalb gibt es eben auch so eine Ausbildung, in der du dich gerade befindest."


    ...und so schloss sich der Kreis.





    MPC

    | Caius lulius Victor


    Mit dem Ende des letzten Gebetes entfachten die Opferhelfer das Feuer auf den Altären für die drei angesprochen Gottheiten. Victor erhob richtete sich mühsam wieder auf. Alles lief wie es laufen sollte, sodass ein kleines Lächeln über das Gesicht des Flamen huschte. Doch mit dem Entfachen der Feuer wurden die drei Opfertiere unruhiger. Jetzt musste es schnell gehen und Victor wandte sich den Opferschlägern zu, die bereits ihre Hämmer in der Hand hatten.


    Agimusne?


    fragte nun jener Opferschläger, der beim Ochsen für Drusus stand, während er bereits seinen Hammer bereit hielt. Die beiden anderen taten es ihm gleich, die Tiere mit einem souverän gezielten Schlag zu töten.


    Agite!


    bestätigte Victor dann und atmete tief durch. Alle drei Hämmer landeten auf den Schädeldecken der Opfertiere. Das Knacken war bis in die vorderen Reihen zu hören und ließ dem alten Flamen trotz aller Erfahrung immer noch einen unangenehmen Schauer über den Rücken laufen. Danach lief alles sehr effizient ab. die Opferschlächter schnitten den Tieren die Halsschlagadern auf, sodass das Blut nur so spritzte. Schnell eilten weitere Opferhelfer herbei, um das Blut der Tiere mit Paterae aufzufangen und die Altare damit zu besprengen. Andere Opferschlächter schnitten die Bauchhöhle der Tiere auf, entfernten die Vitalia und ließen die großen Organe in andere Opferschalen gleiten. Die zum Opfer herbeigerufenen Haruspices traten vor und untersuchten die Organe und warteten auf ein Ergebnis der Untersuchung, bevor sie sie in die Feuer auf den Altären gaben.


    Mit entspanntem Gesichtsausdruck verfolgte Victor das Gewusel auf der Bühne zwischen den Opfertieren und den Altären. Als das großne Opfer dann abgeschlossen war, warf er einen kurzen Blick auf die Zuschauerreihen, wo bereits Delegationen der Städte standen, um ihre eigenen Opfer durchzuführen.


    Ich lade nun die Vertreter der Städte ein, ihre eigenen Opfer an Drusus Germanicus darzubringen. Als erstes rufe ich unsere Gastgeber auf, das Municipium Mogontiacum!


    sprach er sodann mit lauter Stimme und trat beiseite, da seine Aufgabe erfüllt war und es nun den Städten zukam, ihre Opfer durchzuführen.


    | Caius lulius Victor


    Zufrieden beobachtete Victor, wie zuerst die Opferhelfer und dann auch die Teilnehmer in den Zuschauerreihen ihre Köpfe neigten, wie es Ritual vorsah. Offenbar hatte man dafür gesorgt, dass die Opferhelfer dies möglichst auffällig machen sollten, damit klar war, dass das zum Ritual gehörte. So neigte auch er seinen Kopf nach unten, weshalb er sich nun aber etwas anstrengen musste, dass er bis in die hinteren Reihen gehört werden konnte.


    O Manen des ewig siegreichen Nero Claudius Drusus Germanicus,
    des Lieblings der Götter,
    des Bruders des göttlichen Tiberius, Vaters des göttlichen Claudius,
    des Bezwingers der germanischen Stämme diesseits und jenseits des Stromes Rhenus!


    Durch seine Weisheit und Kühnheit hat er uns, die gallischen Civitates, vor den wilden Barbaren jenseits des Rhenus bewahrt. Als Zeichen seiner Macht hat er den Rhenus mit dem Meer durch einen Kanal verbunden, an der Spitze seines Heeres hat er die kühnen Sugambrer und Chatten, gar die aufmüpfigen Cherusker bezwungen und den Frieden und Wohlstand des Reiches bis an diesen Ort getragen.
    Die Feinde und plündernden Horden wehrte er ab durch den Bau mächtiger Festungen vom Meer bis zu den Alpen und gewährte der Gallia damit Sicherheit und Frieden.
    Auch weihte er uns, den gallischen Stämmen, einen Altar, an dem wir gute Opfer darbringen und uns verbinden mit unserem Vater, dem Divus Augustus, der den römischen Frieden und die römische Zivilisation zu uns brachte, und Roma, die dank ihm zu unserer Mutter geworden ist.


    Wie in jedem Jahr bringen wir euch auch heute gute Gaben dar, wie wir es gemäß dem Beschluss des Concilium der Tres Galliae gelobt haben und einhalten in jedem Jahr an dem Tage, an dem Drusus Germanicus hinabstieg in die Unterwelt, um sich mit den Göttern zu vereinen.


    Nehmt an diesen prächtigen, makellosen Ochsen als unsere demütige Gabe und versöhnt Euch mit uns Lebenden, aufdass Ihr Gallia jenen Schutz gebet, den Drusus Germanicus zu Lebzeiten stets gewährte! Möge unser Dank aufsteigen mit dem Rauch aus den Vitalia dieses Tieres und mögen wir Gemeinschaft haben mit Euch, wenn wir das Fleisch dieses Tieres essen


    Zum letzten Mal verklang sein Gebet in den Zuschauerrängen und der Flamen verneigte sich einmal tief, um seine Demut gegenüber den Manen zu beweisen. Seine Toga wurde dabei etwas unordentlich.


    | Caius lulius Victor


    Victor machte eine kurze Pause, um sein Gebet an die Dea Roma verklingen zu lassen. Dann wandte er sich der Statue des Divus Augustus zu, die auf der anderen Seite der Drususstatue stand. Der Flamen atmete einmal tief ein und aus und setzte dann zum zweiten Gebet an.


    O Divus Augustus, ewiger Vater des Vaterlandes, Schirmer des Imperium Romanum und Friedensbringer der Tres Galliae,


    durch Deine Weisheit und Tugend wurden Krieg und Zwietracht beendet. Nicht nur sandtest Du mit mächtigem Arm die weisesten und klügsten Deiner Berater in unser Land und wandeltest selbst auf unseren Wegen, Deinen Willen zu vollstrecken und Frieden und Wohlstand unserem Volk der Gallier zu bringen, sondern wusstest auch, uns durch den glänzenden Feldherrn Nero Claudius Drusus Germanicus, jenes Ebenbild an Tugend und Mut, zu bewahren und unsere Feinde und Bedroher niederzuwerfen.


    Darum wollen wir Dir durch gute Opfer danken, wie wir es in jedem Jahr an dieser Stelle tun, und bringen Dir diesen prächtigen, makellosen Ochsen als unsere bescheidene Gabe. Sie möge Dir zum Dank gereichen und Deinen Schutz auf uns herabkommen lassen, wie es uns seit den Tagen des Drusus Germanicus zuteil wird. Möge unser Dank aufsteigen mit dem Rauch des Altares und mögen wir Gemeinschaft haben mit Dir, wenn wir das Fleisch dieses Tieres essen!


    Laut und sonor hörte er seine eigene Stimme ins Theater hinaus erschallen.


    | Caius lulius Victor



    Etwas unsicher schien der junge Herold doch gewesen zu sein. Doch hatte er seine Aufgabe erfüllt. Im Theater nahm die Lautstärke merklich ab. Nun schaute Victor nochmal in die Zuschauerränge, ließ seinen Kopf dann leicht aufgerichtet verharren, wandte sich dem Altar zu, breitete die Hände mit den Handflächen nach oben aus und begann mit lauter Stimme das erste Gebet zu sprechen.


    O Dea Roma, Herrin des Erdkreises, Erste unter den Städten, Mutter und Schirmerin der Tres Galliae,


    Du brachtest hervor das edle Geschlecht der Quiriten, die bestimmt waren seit Aeneas, die Völker zu Frieden und Wohlstand zu führen. Mit festen Mauern schirmtest Du Dein Volk gegen alle Feinde und nährtest Deine Söhne, damit sie die Hochmütigen unterwarfen, die Besiegten aber schonten.
    Durch Venus schließlich brachtest Du Divus Iulius hervor, der ganz Gallia Dir darbrachte, aufdass es sich in Deinem Glanze sonnen konnte. Vor allem jedoch schenktest Du uns Nero Claudius Drusus Germanicus, jenen strahlenden Feldherrn, der die blutrünstigen Barbaren jenseits des Rhenus besiegte und unsere Grenzen befestigte, damit wir von stetiger Angst vor Raub und Plünderung befreit würden.


    Darum wollen wir Dir durch gute Opfer danken, wie wir es in jedem Jahr an dieser Stelle tun, und bringen Dir diese prächtige, makellose Kuh als unsere bescheidene Gabe. Sie möge Dir zum Dank gereichen und Deinen Schutz auf uns herabkommen lassen, wie es uns seit den Tagen des Drusus Germanicus zuteil wird. Möge unser Dank aufsteigen mit dem Rauch des Altares und mögen wir Gemeinschaft haben mit Dir, wenn wir das Fleisch dieses Tieres essen!


    Erfahrungsgemäß musste der Flamen nicht allzu sehr anstrengen, dass seine Stimme auch in die hintersten Reihe trug. Schließlich war das Theater dazu errichtet worden, dass sich die Darsteller nicht die Seele aus dem Hals brüllem mussten, um gehört zu werden.


    | Caius lulius Victor


    Der Iulius stand mittlerweile auf der Bühne und ließ seinen Blick von der langen Prozession, die noch immer ihren Weg durch den Mittelgang auf die Bühne vollführte, über die Besucherplätze hinweg und schließlich zu den Delegationen der sechzig gallischen und germanischen Städten. Er merkte, dass er langsam alt wurde, doch gehörten solche Veranstaltungen eben zu seinem Amt dazu, auch wenn er sie trotz der langjährigen Erfahrung immer noch für überdimensioniert hielt.


    Soeben betraten die Opferhelfer mit den drei Opfertieren die Bühne und machten sie an extra dafür vorbereiteten Ketten fest. Etwas störrisch waren die Tiere schon, aber bislang zeigt sich da nichts außergewöhnliches. So postierten sich die Schlächter mit ihren massiven Hämmern und ihren Messern bei den Tieren, während die letzten Opferhelfer nun auch auf die Bühne traten und die ihnen zugewiesenen Plätze einnahmen. Dieses Mal hatten die Organisatoren daran gedacht, die Lorbeerkränze auf den Plätzen auszuteilen, sodass nun schon einige Menschen in den Besucherrängen bekränzt waren. Der Iulius machte ein zufriedenes Gesicht und gab dem jungen, dunkelhaarigen Discipulus, der als Herold ausersehen war, mit einem kurzen Nicken ein Zeichen, dass er nun beginnen wollte.


    | Caius lulius Victor


    Die große Prozession ins Theater begann und führte das Opferpersonal durch den großen Haupteingang des Theaters. An der Spitze gingen die Musiker, die mit ihren Instrumenten ein langsames Marschtempo vorgaben. Daraufhin trugen vier starke Opferhelfer eine vergoldete Statue des Drusus, bekleidet in Feldherrenuniform, ins Theater und hielten sich an das Tempo der Musik. Im folgenden betraten die Priester das Theater angeführt vom iulischen Flamen, dem zur Seite zwei jüngere Priester standen, die ihn bei Bedarf stützen konnten. Der Iulius trug seine Amtsinsignien, die Apex und seine Toga Praetexta. Ihnen folgten die drei Opfertiere, hereingeführt durch ein ausreichende Zahl von Opferhelfern. Das Ende der Prozession bildeten die übrigen Opferhelfer. Wobei einige Weihrauchbehälter schwenkten und andere Schilder mit den Namen der gallischen und germanischen Städten trugen.


    Langsam füllte sich das große Theater der Stadt. Immer mehr Menschen strömten dorthin, um an der Supplicatio zu Ehren des Drusus teilzunehmen. Aber nicht nur Einwohner von Mogontiacum befanden sich unter den Gästen, sondern auch zahlreich Bewohner der gallischen Provinzen waren nach Mogontiacum gereist, um dem großen Drusus ihren Respekt zu entbieten. So auch der alternde Flamen Divi Augusti der Provinz Gallia Lugdunensis


    | Caius lulius Victor


    Der alte Priester kam erst kurz vor Beginn der Supplicatio am Theater an und verließ mit Hilfe zweier Discipuli seinen Reisewagen, mit dem er von seiner Unterkunft beim Flamen Divi Augusti von Germania Superior zum Theater gefahren war. Mit strengem Blick ließ er sich von einem Aedituus bestätigen, dass alle Vorbereitungen abgeschlossen und alle Aufgaben verteilt waren. Dann besah er sich die drei weißgetünchten und reich geschmückten Opfertiere, zwei Ochsen und eine Kuh, und ließ anschließend seinen Blick durch die Reihen der anwesenden Opferhelfer streifen. Jeden einzelnen fokussierte er kurz, bevor er nickte.


    Dann wollen wir mal.


    Livianus Pythermon


    Der Junge passte gut auf und stellte kluge Fragen - also bemühte sich Pythermon, ebenso klug zu antworten:


    "Also vonseiten der Stadt nicht. Die Pontifices hier sind nicht spezialisiert, sondern teilen sich die Aufgaben zu, wie jeder gerade Zeit hat. Und Flamines gibt es hier nur den von Germania Superior, der aber eben für die ganze Provinz zuständig ist. Die Aeditui sind dagegen jeweils für einen bestimmten Tempel zuständig, so wie wir zum Beispiel für den des Apollo... und weil es keine Flamines gibt, haben wir eben auch einige Kultaufgaben mehr wie das regelmäßige Opfern und so weiter."


    Das war aber nur eine Seite der Medaille - denn Mogontiacum war ja bekanntlich eine Stadt mit mehreren Bevölkerungsgruppen:


    "Die lokale Bevölkerung hat aber auch noch eigene Priester, die nicht städtisch bezahlt sind. Beispielsweise ist der Tempel des Mars Leucetius das Stammesheiligtum der hier lebenden Aresaker. DIe bestellen also auch intern noch sowas wie Hohepriester, die dann von der bestimmten Volksgruppe bezahlt werden oder auch nicht. Für Apollo Grannus gibt es so etwas aber nicht - da sind wir und die Pontifices allein zuständig."





    MPC

    Livianus Pythermon


    "Genau. Wir sind aber eben keine Priester, sondern unterstützen die Priester. Wir verwalten zuerst einmal den Tempel mit allem, was dazugehört: Von der Sauberkeit bis zum Einkauf der Opfertiere, von der Abrechnung der Rationen für die Servi Publici bis zum Verräumen der Weihegaben. Aber Beratung ist auch ein wichtiger Teil, wie du schon sagst - deshalb erzähle ich dir das alles hier ja auch so ausführlich. Wir beraten nicht nur irgendwelche Laien, sondern bei Bedarf auch die Pontifices und Magistrate."


    Das brachte ihn auf eine weitere Kategorie von Kultpersonal:


    "Die Pontifices haben wir ganz vergessen! Die sind die richtigen Priester und werden aus dem Ordo Decurionum vom Ordo Decurionum gewählt. Ihre Aufgabe ist aber auch nicht primär das Opfern, sondern das Beraten des Ordo Decurionum und der Magistrate. Diejenigen, die unsere Civitas - oder Municipium - repräsentieren, sind nämlich in erster Linie die gewählten Magistrate. Die Pontifices opfern auch und wir auch - aber eben nur, um die Magistrate zu entlasten. Das ist ganz wichtig zu wissen."


    So viel zum Kultpersonal - dass die Ministri die Opferdiener waren und halfen, war ja keine besonders bemerkenswerte Sache!


    "Interessant ist vielleicht noch, wie es bei den Nichtrömern hier in der Gegend aussieht: Die Germanen und Gallier haben auch Priester, die gleichzeitig Seher sind.


    Da fällt mir ein, dass ich etwas vergessen habe: Es gibt auch noch eine Art von Kultpersonal - die Haruspices. Sie sind Seher, die aus den Eingeweiden von Opfertieren, aus den Blitzen und verschiedenen anderen Erscheinungen die Zukunft lesen. In Rom gibt es einen eigenen Ordo für sie - hier bei uns in Germanien ist das etwas kompliziert. Es gibt hier nämlich auch Leute, die sich auf sowas verstehen - aber es gibt auch eine Menge Scharlatane. Wir haben ein paar vertrauenswürdige Leute an der Handm aber man muss immer aufpassen..."


    Einen Moment schien Pythermon darüber nachzudenken, dann erinnerte er sich offensichtlich an irgendetwas:


    "Zurück zu den Germanen: Sie haben Priester, die mit unseren Flamines vergleichbar sind. Sie führen Opfer und so weiter im Namen ihrer Gemeinschaft aus. In manchen Gebieten heißen sie Goden, oft sind sie auch für Rechtsprechung zuständig. Bei den Galliern gibt es etwas ähnliches, aber besser strukturiert - auch über die einzelnen Dörfer hinaus. Sie werden Druiden genannt. Das sind mächtige Leute - manche behaupten, sie stehen sogar über dem Adel der Gallier. Deshalb werden sie von den Behörden nicht gern gesehen und oft verfolgt, wenn sie auftauchen. Solltest du also etwas von Druiden mitbekommen, solltest du die Ohren aufmachen und das ganze melden - nicht, dass diese Kerle irgendwelche Aufstände anzetteln!"





    MPC

    Livianus Pythermon


    "Sehr richtig. Der Flamen Divi Augusti für Germania Superior sitzt sogar in Mogontiacum übrigens! Du wirst ihn sicher einmal kennen lernen, denn er opfert regelmäßig für die Provinz im Augusteum auf dem Forum! Normalerweise - und momentan auch - kommt der Flamen aus einer Familie, die über ihre Stadt hinaus einflussreich ist. Normalerweise immer ein Eques Romanus, der schon vorher Pontifex oder ähnliches war."


    gab der Aedituus ein paar Zusatzinformationen, von denen Curio möglicherweise noch nicht wusste.


    "Dann nennst du noch die Aeditui, zu denen du ja auch einmal gehören möchtest. Was ist ihre Aufgabe?"


    Natürlich war diese Frage relativ leicht, denn Curio arbeitete schon eine Weile im Tempel. Trotzdem wollte Livianus diese Sache noch einmal klar geklärt wissen.





    MPC

    Livianus Pythermon


    Offensichtlich hatte sein Discipulus die Frage ein wenig falsch aufgefasst, weshalb Livianus nachhakte:


    "Für ein Opfer, natürlich. Ich meinte aber, welche... nennen wir es "Berufsgruppen" für den Kult zuständig sind. Ministri sind das eine, der Aedituus - und wer noch?"


    Natürlich griff die Frage auch auf die letzte Lektion zurück - trotzdem wollte der Alte noch einmal alle Gruppen durchgehen.





    MPC

    Livianus Pythermon


    "Wie schade, die mochte ich besonders. Am besten, du gehst gleich morgen und suchst einen geeigneten Töpfer, um das Stück zu reparieren."


    entschied der Alte kurzerhand, dann war es aber wieder an der Zeit, ein wenig theoretischen Unterricht zu machen.


    "Heute soll es etwas um den Kult gehen. Wir beginnen mit dem Personal, das am Kult beteiligt ist - welche Gruppen fallen dir dazu ein?"





    MPC

    Livianus Pythermon


    An diesem Tag hatte Livianus sich vorgenommen, seinem Discipulus endlich an einen Bereich zu führen, der über das Alltagswissen eines guten Römers hinaus ging - aber trotzdem die eigentliche Kernaufgabe des Lebens als Aedituus ausmachte.


    Seufzend setzte er sich deshalb wieder auf seine Cathedra und begrüßte den jungen Mann, der heute Morgen bereits den Auftrag erhalten hatte, einige Kultgefäße zu polieren.


    "Hast du die Paterae schön glänzend geschrubbt?"


    fragte er deshalb, ehe er mit der Lektion begann.





    MPC

    Livianus Pythermon


    "Wieder richtig!"


    bestätigte er und erhob sich mit einem Ächzen. An der Wand stand ein Regal mit Buchrollen, von denen er eine herauszog und zu Curio zurückkehrte.


    "Hier ist ein kleines Büchlein über Apollo - das solltest du dir einmal ansehen, wenn du freie Zeit hast. Aber das Wichtigste weißt du ja bereits."


    Damit gab er dem jungen Discipulus das Buch und nahm wieder auf seinem Stuhl Platz.


    "Ich denke, das genügt für heute. Dann kannst du jetzt noch den Weg zum Tempel fegen - die Besen findest du in der kleinen Kammer nebenan!"


    Immerhin sollte der Discipulus ja nicht nur lernen, sondern sich auch nützlich machen! Und Livianus hatte auch noch jede Menge zu tun!





    MPC

    Livianus Pythermon


    "Sehr richtig! Daneben gibt es aber auch zahlreiche weitere Sibyllen, etwa auf Samos, in Tibur, Erythrai, am Hellespont, in Lybia, in Phrygia und Persia. Sie alle sagen die Zukunft voraus, genauso wie manche andere Seherinnen. Gerade die Germanen haben häufig alte Frauen, denen Apoll das Auge in die Zukunft geschenkt hat."


    Natürlich hatten auch sie hier mit diesem Phänomen zu tun - selbst wenn es in Mogontiacum selbst nach dem Wissen des Aedituus keine Seherin gab.


    "Aber kommen wir zurück zu unserem Apollo Mogon hier in Mogontiacum. Er wird auch Grannus genannt, wie ich schon sagte. Weißt du, mit wem er hier normalerweise verehrt wird?"


    spielte er dann auf die Kultgenossin der hiesigen Gottheit an, denn auch zu ihr kamen immer wieder Gläubige, da sie keinen eigenen Tempel hier besaß.





    MPC

    Livianus Pythermon


    "Apollon ist auch der Gott der Orakel, sehr richtig. Der Zusammenhang sind wohl auch die Künste. Aber es gibt auch einen Mythos hierzu - er wird über das Orakel von Delphi erzählt:


    Iuno war eine Enkelin Gaias. Gaia prophezeite ihrer eifersüchtigen Enkelin, dass Leto, ihre Nebenbuhlerin und eine der Geliebten Iuppiters', dereinst Zwillinge gebären würde, die größer und stärker als alle ihre Kinder seien. So schickte sie Python, eine tödliche Schlange, los, um Leto zu verschlingen, noch bevor diese ihre Kinder zur Welt bringen konnte. Diese Intrige wurde von Iuppiter verhindert, und Leto gebar Diana und Apollo.


    Eine der ersten Taten Apollos war die Rache an Python für den Anschlag auf seine Mutter. Er stellte sich gegen Python bei Delphi und tötete den Drachen. Durch das vergossene Blut Pythons übertrugen sich dessen hellseherischen Fähigkeiten auf den Ort. So wurde Delphi der Kontrolle Gaias entrissen und befand sich fortan unter dem Schutze Apollons."


    Das war zwar nicht wirklich eine vollständige Erklärung, aber immerhin...


    "Alle Hellseherei geht somit meist auf Apolls Gnade zurück, die er vor allem den Sibyllen geschenkt hat. Weißt du, wo es diese Sibyllen noch jenseits von Delphi gibt?"





    MPC

    Kein noch so feiner Schleier aus Wolken trübte den Himmel an diesem frühen Nachmittage mitten im Sommer, ob dessen das Flimmern der Iulius-Hitze unbarmherzig über der gesamten Stadt lag als wollte Neptunus selbst sicher stellen, dass der Anlass seines Festes nicht in Vergessenheit geriet. Früh am Morgen bereits waren aus frisch geschnittenen Zweigen Pagoden, Hütten und Pavillons auf dem campus martis errichtet worden, um den Menschen ausreichend Schatten zu bieten, um die Feierlichkeit trotz der brennenden Sonne ausgiebig genießen zu können - denn seit jeher war es Tradition, dass je heißer der Tag, je trockener der Tiber war und je weniger Wasser noch in diesem floss, desto mehr Wein in die Kehlen der ausgedörrten Römer fließen musste. Vor dem ausgelassenen Vergnügen und Feiern jedoch galt es, Neptunus zu besänftigen, um sein Wohlwollen zu bitten, dass die triste Trockenheit des Sommers, an welche Rom seit Alters her gewohnt war, nicht zu einer katastrophalen Dürre sich würde ausweiten. Vor dem Neptuntempel am Marsfeld hatten sich darob bereits nicht nur die Kulthelfer, sondern gleichsam zahlreiche Zuschauer versammelt, dem Opfer beizuwohnen.


    M.F.G

    Livianus Pythermon


    "Heilquellen sind genau das richtige Stichwort. Sie sind nämlich quasi der Grund, warum wir davon ausgehen können, dass Grannus oder Mogon die einheimischen Namen für Apollo sind. Auch hinter dem Tempel hier gibt es eine solche Quelle. Wer von ihr trinkt, erhält Linderung bei seinen Leiden - vor allem den Schmerzen in den Gelenken. Diese Kraft ist eine Gabe des Gottes, die wir ebenfalls zu verwalten haben."


    Tatsächlich kamen häufig Leute, die sich etwas von dem heilenden Wasser abzapfen wollten, um regelmäßig davon trinken zu können. Gegen eine kleine Spende für das Heiligtum war dies auch jederzeit möglich.


    "Diese Quelle ist von so großer Bedeutung, dass ihr Besitzer Apollo Mogon sogar namensgebend für diese Siedlung wurde. Aber wenn wir uns etwas mehr den "klassischen" Aspekten des Apollo zuwenden - kennst du Mythen über ihn? In welchen Bereichen wird er noch verehrt?"





    MPC

    Livianus Pythermon


    Der Alte nickte wieder.


    "Das ist kein Problem, denn sie sind nicht sonderlich kompliziert: Die Gallier haben eine eigene Priesterkaste, die Druiden. Vielleicht hast du schon von ihnen gehört - sie wurden gelegentlich verfolgt, weil sie das Volk zum Aufstand angestachelt haben. Auch für die Germanen gibt es etwas vergleichbares, die Goden. Sie bilden aber keinen eigenen Stand wie die Druiden.


    Ihre Rituale brauchen uns aber nicht weiter zu beschäftigen - sie werden nur intern weitergegeben und sind oft auch geheim. Was uns eher interessieren sollte, sind die Riten, die die einfachen Menschen vollziehen: Sie verehren ihre Götter nicht in Tempeln, sondern unter freiem Himmel, oft in heiligen Hainen oder Mooren. Die Gallier haben aber auch richtige Kultstätten, die oft irgendwie eingefriedet sind. Dort stellen sie auch manchmal Kultbilder auf. Diese sind allerdings ziemlich grobschlächtig, wenn man sie mit dem vergleicht, was in unseren Tempeln steht.


    Dort bringen sie ihren Göttern auch Gaben dar, so ähnlich wie wir. Allerdings munkelt man, dass die Germanen auch Menschen opfern - allerdings habe ich noch nie einen Germanen getroffen, der das getan hätte.


    Wichtig für uns ist also, dass die Opfergaben oft direkt der Natur übergeben werden und nicht auf den Altar gelegt werden. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass jemand sein Trankopfer hier im Tempel direkt in die Quelle schüttet. Oder dass es hier traditionelle Prozessionen um den heiligen Ort gibt - hier bei uns durch den Gang rund um die Cella. Aber dazu werden wir ein andermal kommen."


    Er schien kurz nachzudenken. Dann hatte er offensichtlich den Faden wiedergefunden:


    "Weißt du noch etwas mehr über Apollo Grannus Mogon?"





    MPC