Beiträge von Iullus Quintilius Sermo

    Andere Probleme, die Annaeus' Aufmerksamkeit bedurften? Was er wohl meinte? Sermo kam nicht dazu nachzufragen, denn die ziemlich direkte Frage des Statthalters nach dem eigentlichen Grund für die an diesen ausgesprochene Einladung erheiterte Sermo und zwang ihn auch sogleich zu einer Antwort. "Freilich nicht," lachte der Quintilius, der sich nicht so recht entscheiden konnte, ob er die Direktheit des Annaeus als Ausdruck einer gewissen Naivität begrüßen oder als vorsätzliche Umgehung des üblichen Vorgeplänkels der Cena missbilligen sollte.


    "Mich beschäftigt mein weiterer Werdegang, wie es wohl bei jedem ehrgeizigen und pflichtbewussten Eques Imperii der Fall ist. Nun übe ich mein Amt unter dir ja bereits seit längerem aus und fühle mich langsam bereit zur Erklimmung einer weiteren Stufe der Laufbahn. Mich zieht es ins Militär, wo ich gern der Spur meines Vaters als Tribunus Angusticlavius folgen möchte. Dazu habe ich selbstredend vorbereitend die Examina Prima und Secunda der Academia Militaris abgelegt und übe mich auch täglich in körperlicher Ertüchtigung beim Gang in die Thermen." Annaeus wusste gewiss was gemeint war, denn Laufen, Ringen, Gewichtheben und andere sportliche Aktivitäten waren im Außenbereich der Thermen.
    "Jedenfalls wollte ich dich demütigerweise um einen kleinen Gefallen bitten. Ich wäre dir nämlich sehr verbunden, wenn du bei Gelegenheit ein gutes Wort für mich bei der Kanzlei einlegen könntest. Du hast ja sicherlich einigen Briefkontakt mit den Procuratoren dort, oder? Ein kleiner Hinweis, dass du hier einen fähigen Eques hast, der zum Aufstieg bereit ist, du weißt schon..."
    Natürlich wusste Annaeus wovon er sprach. Immerhin war Sermo ja bereits auf diese Art und Weise zum Procurator Civitatium geworden. Was aber zu diesem Zeitpunkt weder Sermo noch der Statthalter wussten war, dass Sermo schon längst zum Tribunus ernannt worden war. Tja, so war das eben in Zeiten ohne Telefon und Internet. Der Postweg dauerte lange und so würden sie hier in Mogontiacum wohl noch nicht so schnell von der Veränderung erfahren.

    Was denn, bei den Wahlen in Ostia hatten sie sich kennen gelernt? Sermo hatte wirklich Probleme sich an jenen Tag zu entsinnen, doch schließlich waberten verschwommene Bilder besagten Tages vor seinem inneren Auge auf und ab. Sermo war damals von der Rostra herabgestiegen, nachdem er seine Wahlkampfrede gehalten hatte. In der Menge hatte Melina ihm zugehört und dort waren sie beide auch auf den Germanicus getroffen. "Wohl wahr, du hilfst meiner Erinnerung auf die Sprünge. Es war wohl wirklich nicht sonderlich bedeutsam," stimmte er schließlich zu. Er wollte es dabei belassen, würde er doch keinesfalls jetzt tiefergehende Fragen großer Peinlichkeit aufgrund eines schwachen Verdachts stellen, der sich womöglich im Nachhinein als unbegründet herausstellen sollte. Nein, Sermo musste es sich mit seinem Gegenüber nicht verscherzen. Vielleicht war der Mann ja auch noch irgendwann mal zu etwas nütze. Immerhin schien Fortuna den Germanicus regelmäßig an die Küsten von Sermos Wahrnehmungskreis schwämmen. Erst war es Ostia gewesen und jetzt hatte er Aculeo hier in Mogontiacum zu Gast. Konnte das Zufall sein? Er wusste es nicht. Aber wenn es so war, dann konnte so ein Zufall ja durchaus in Zukunft wieder vorkommen.


    "Hm," machte Sermo daraufhin etwas ratlos, denn er wusste nicht recht, wie er das Gespräch nun fortführen sollte. Ein Moment der peinlichen Stille entstand, während Sermo grübelte, halb in Erinnerungen an sein Wiedersehen mit seiner Schwester damals in Rom versunken.

    "Und...wie und wo habt ihr euch kennen gelernt, wenn ich fragen darf?" hakte Sermo nun weiter nach, allerdings in deutlich unbesorgterem Ton. "Mich wundert, dass meine Schwester nie von eurem Treffen erzählte," ergänzte er, die Verwunderung nicht verheimlichend. Allerdings klang Sermo nun durchaus beiläufig. Das war gewollt, weil er Aculeo offensichtlich zu klar seine Besorgnis über dessen Bekanntschaft mit Melina gezeigt hatte. Zwar sagte der ihm, dass hinsichtlich dessen keine besonderen Umstände vorlägen, aber das konnte ja jeder sagen. So würde er sein Gegenüber erst einmal in Sicherheit wiegen, bis er sich womöglich doch einen Fehler leistete. Und dann war der Germanicus fällig, das war gewiss.

    "Das ist schon in Ordnung," wischte Sermo das Malheur beiseite.


    "Danke," sagte Sermo dann, bevor er seinem Gegenüber einen stirnrunzelnden Blick zuwarf, der offen Skepsis zeigte. "Ihr hattet Schriftverkehr? Warum?" Das war ja völlig an ihm vorbei gegangen! Wieso wusste er nichts von Aculeos und Melinas Bekanntschaft? Neben seiner Trauer stieg Ärger in ihm auf. Wehe, wenn dieser Hempel ihm das nicht vernünftig erklären konnte...

    "Aber natürlich habe ich mich mit dieser Thematik befasst," gab Sermo zurück. Zumindest ansatzweise. Er hatte sich immerhin mit den Civitates der Provinz befassen müssen und sich auch die unterschiedlichen rechtlichen Situationen der Gemeinden veranschaulicht. Allerdings hatte Sermo keine Ahnung, wie der Annaeus bisher wirklich in dieser Angelegenheit gewirkt hatte. Und ihrer beider Patron hatte die Erhebung zum Municipium schließlich noch gar nicht angesprochen. "Mogontiacum hat meiner Meinung nach zumindest äußerlich die meisten Voraussetzungen für Municipalrechte bereits erfüllt. Es gibt ein großräumiges Forum, eine stattliche Basilica, frisch sanierte Tempel und nicht zuletzt die Thermen."


    Pera betrat indes den Raum und brachte ein Tablett mit Eiern und diversen mal mehr, mal weniger stark gewürzten, teils süß-sauren Soßen, die in kleinen Schalen serviert wurden. Das war zwar 'nur' römischer Standard, aber immer wieder gut. Sermo nahm sich eins der Eier und forderte seinen Gast dann erst einmal dazu auf, sich ebenfalls gütlich zu tun.


    "Allfällig hat der Ordo Decurionum es jedoch auch bewerkstelligt, unter den Voraussetzungen der Lex Provincialis der Civitas Mogontiacum als eine der ersten der Provinz eine Gemeindeordnung zu geben. Die Verwaltung wurde daraufhin recht zügig neustrukturiert und basiert seit den vergangenen Wahlen auf der neuen gesetzlichen Grundlage. Soweit ich bisher dem Entwicklungsprozess folgen konnte, laufen die Amtsgeschäfte reibungslos."


    Ein weiteres Ei fand seinen Weg in Sermos Mund, dann folgten schnelles Kauen, Schlucken. Ein Schluck Wein wurde nachgespült, dann fuhr er fort.


    "Außerdem ist Mogontiacum als Militärstützpunkt mit einer gesunden Zahl an Legionsveteranen gesegnet, die sich mit der hiesigen Bevölkerung wunderbar arrangieren. Das römische Bürgerrecht ist hier längst nicht mehr nur Italikern vorbehalten, sondern hat seit längerem schon Einzug in die wohlhabenden Sippen der Stammeseliten gehalten."


    Sermo unterbrach die Darlegung seiner Sichtweise, um geräuschvoll einen herzhaften Rülpser zum besten zu geben, wie es Sitte war. Er musste immerhin seinem Gast zeigen, dass ihm sein eigenes Essen schmeckte und hoffte, dass der Statthalter seine Zufriedenheit gleich ebenso bereitwillig offenlegte.


    "Jedenfalls...zeigt sich das auch in der Stadtverwaltung, die querbeet von Römern und hiesigen Kommunalpolitikern, teilweise sogar Peregrini gestellt wird."


    Noch ein Ei musste dran glauben, bevor Sermo weitersprach.


    "Hinzu kommen dann noch die wirtschaftlichen Faktoren. Du weißt ja, Handelszentrum, Rhenusbrücke, Handelshafen. Die militärischen Faktoren werden wohl hingegen weniger eine Rolle hinsichtlich der Municipalrechte darstellen. Hast du denn schon eine Anfrage an die Kanzlei gerichtet, oder sind noch weitere Maßnahmen geplant, um Mogontiacum zu den Rechten zu verhelfen? Wie sieht die Stadtverwaltung die Sache?"

    Zitat

    Original von Caelyn
    Kaum ist man mal geflohen, herrscht überall Saustall! :D


    Iullus Quintilius Sermo, dein Postfach ist sowas von voll!!!


    Danke für den Hinweis. Ist wieder frei.
    Jetzt wird's aber langsam Zeit, dass du eingefangen wirst und wieder den Besen schwingst. :P :D

    "Äh...Issa!" kommandierte Sermo seinen Sklaven herbei, der für einen Augenblick unachtsam gewesen war und sich jetzt in der Furcht vor Hieben beeilte dem Gast Wein nachzuschenken.


    Mit einer abwinkenden Handbewegung knüpfte er dann an Aculeos Worte an. "Wer weiß, wann mich mein Weg wieder nach Ostia führen wird. Ostia hat einen wesentlich mächtigeren Patron als mich, da kann ich mich getrost vorerst meiner persönlichen Laufbahn widmen."


    Die Reaktion, die der Germanicus daraufhin zeigte, als ihm die Todesbotschaft bekannt wurde, wunderte Sermo allerdings etwas. Der Mann wurde ja aschfahl! Ein Glück, dass das Glas nicht zersprang, sondern lediglich den frisch aufgefüllten Wein über den ganzen Boden verspritzte. Stirnrunzelnd gab Sermo Issa einen Wink, der Pera mit einem Lappen herbeirief.


    "Sie ist am Fieber gestorben. Ist schon etwas her. Einige Monate." Auch Sermos Stimme war leicht belegt, waren die Erinnerungen ja doch noch recht frisch und auch für ihn sehr schmerzhaft. Dennoch ließ er sich nicht zu deutlichen Gefühlsregungen herab. Das war unter seiner Würde - solange er nüchtern war.

    Wieder hörte Sermo sich geduldig Aculeos Ausführungen an. Und irgendwie beschlich ihn das Gefühl, dass der gar nicht so recht wusste, was ihn hier erwartete und wo er mit sich hin sollte. Und dann brachte er ja den Brüller überhaupt, bei dem Sermo sich ein Stück aufrecht setzte und die Stirn missbilligend runzelte.
    "Wie bitte? Du bist Praefectus Vehiculorum Italiae? Was treibt dich dann hierher? Und wie kommst du dann dazu in Germania Superior irgendwelche Verpflichtungen im Ordo Decurionum einzugehen? Als Römer hast du selbstverständlich die Pflicht, das dir übertragene Amt zuallererst nach deinem besten Wissen und Gewissen auszufüllen und nicht irgendwo in der Weltgeschichte herumzuschwirren! Warum also bist du nicht in deinem Amtssitz: Italia?"


    Sermo zeigte jetzt unverschleiert sein Unverständnis und seine Missbilligung des Verhaltens des Germanicus. Wie sollte denn so die Funktionalität des Cursus Publicus sicher gestellt werden, wenn seine Beamten in die Provinzen ausreisten, um sich ihre persönlichen Träume zu erfüllen? Welch wahnwitzige Vorstellung!


    Sim-Off:

    So, hier muss ich gerade mal kurz sim-off etwas einwerfen:
    Was du da über Ostia sagst ist schlichtweg falsch. Ich möchte zur Erläuterung einfach mal Wikipedia zitieren (ja, das ist nicht die wissenschaftlichste Quelle, aber ich vertraue mal darauf), wo folgendes gesagt wird:


    Zitat

    Ostia Antica - Geschichte - Dritter Absatz
    Ostia erlebte vor allem im 2. Jahrhundert seine größte Blüte. Aus dieser Periode stammen die meisten noch heute erhaltenen öffentlichen, aber auch privaten Gebäude. Die Hafenstadt hatte in dieser Zeit circa 50.000 Einwohner. Gerber, Seilmacher, Schiffbauer und Händler ließen sich hier nieder. Wichtigstes Handelsgut war Getreide, das aus Afrika nach Rom eingeführt wurde. Mit Beginn des 3. Jahrhunderts setzte eine gewisse Stagnation ein. Der Niedergang beschleunigte sich, als Kaiser Konstantin 314 Portus zur colonia erhob (ihm also sozusagen die Stadtrechte verlieh) und Ostia wenig später gemeinsam mit Portus, das sich nun zur eigenständigen Stadt entwickelte, der Stadt Rom als Portus Romae eingemeindete.


    Will damit sagen: Ostia ist mitnichten von Stagnation oder wirtschaftlichem Rückgang betroffen. Da geht richtig die Lutzi, immerhin war Ostia damals der wichtigste Hafen der (bekannten) Welt! Sämtliche Waren für Rom, die über den Seeweg kamen, wurden in Ostia verladen.


    Ich würde dich in Zukunft bitten, solcherlei Hintergründe mal nachzulesen, was nur einen geringen zeitlichen Aufwand bedeutet und mir Ärger erspart. ;)


    "Ostia bröckelt nicht. Was redest du?" Das kam ja immer dicker! "Ostia blüht und gedeiht und nichts und niemand kann es daran hindern. Ostia ist der Hafen Roms, der wichtigste Hafen der Welt! Germanicus, woher nimmst du solche Behauptungen?"


    Und dann wandelte seine Empörung über den Blödsinn, den sein Gast ihm auftischte, sich in pure Eiseskälte. Melina. Die Schwester, die ihm als einzige geblieben und doch von den Göttern ihm genommen worden war. "Unmöglich," brachte er schließlich heraus, die Miene völlig verfinstert. Dass dieser Kerl ihn aber auch gerade jetzt an die Tragödie seiner Familie erinnern musste, die mit dem Tod seiner Brüder und dem darauf rasch folgenden Dahinscheiden seiner Schwester ihren Lauf nahm.
    "Meine Schwester weilt nicht mehr unter den Lebenden."

    Die Offenheit des Germanicus überraschte Sermo nicht wenig. Dennoch ließ er sich dies nicht anmerken. Vielmehr zeigte er ein feines Lächeln, das - gepaart mit einer hochgezogenen Augenbraue - bestehen bleib während Aculeos Erläuterungen. Nicht zuletzt verkomplizierte Sermos Gegenüber seine Erklärung um ein weiteres, als er schließlich über die Militia Equestris vage Aussagen traf. Sermo zog nun noch die zweite Augenbraue nach und fixierte den Germanicus einen Augenblick, in dem er seine Fragen in Gedanken ordnete, was er tunlichst bei einem weiteren Schluck Wein verbarg.


    "Welcher Gewissheit sollen diese Pflichten deiner Meinung nach sein?" hakte er zunächst dort nach, wo Acuelo am ungenauesten geblieben war.


    "Und wie genau stellst du dir vor, diesen ritterlichen Pflichten ausgerechnet in Confluentes nachkommen zu wollen? Der Ordo Decurionum kann doch bei weitem nicht damit zu tun haben?!" Letzterer Satz war mehr eine Mischung aus Frage und Feststellung an sich selbst. Wie sollte das bitte zusammenpassen? Zwar stand dem Ordo Decurionum Mogontiaci derzeit auch ein Eques vor, dieser Duccius nämlich. Aber das hatte nichts mit den Pflichten eines Ritters zu tun. Oder doch? Hatte Sermo irgendetwas verpasst? Soweit er wusste hatte besagter Duccius ja gar keinen ritterlichen Posten inne, sondern war "nur" Duumvir. Aber was nun hatte der Germanicus hier vor? Sermo war ratlos, wurde er doch nicht gleich schlau aus seinem Gesprächspartner.

    Als Randolf das Tablinum verlassen hatte, stieß Sermo einen gedehnten Seufzer aus. Er ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen und atmete tief durch, während er die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Die Kopferschmerzen waren wieder da, stärker denn je. Was sollte das? Seit er Zeit gefunden hatte sich über Caelyns Verschwinden Gedanken zu machen, brummte sein Schädel als hätte er drei Orgien in Folge durchgemacht und das Ausschlafen auch noch sein gelassen.
    "Dominus?" meldete sich Issas besorgte Stimme, als er seinen Herrn in reichlich desolater Körperhaltung vorfand. "Issa...lass uns in die Thermen gehen..." stöhnte Sermo gequält. "Jawohl, Dominus," gab der Sklave zurück und bereitete das Toilettenbesteck seines Herrn vor. "Bei den Göttern, hat das denn nie ein Ende?" murmelte Sermo genervt. Hoffentlich würden die heißen Bäder in den Thermae Iuliani ihm Linderung verschaffen. Das war ja nicht auszuhalten. Als er sich ächzend erhob, fingen dann auch noch seine Füße an, auf die fieseste Tour zu ziehen. Ein Schmerz durchfuhr seine Fußsohle, dass Sermo sich auf die Lippe beißen musste um nicht laut zu schreien. "Bona dea..."

    Keinerlei Probleme beim Überqueren der Alpen? Sermo glaubte kein Wort. Vermutlich war der Kutscher auf einem schmalen Steig abgestürzt oder der Germanicus hatte einen Teil seines Gepäcks an eine Räuberbande verloren und wollte es jetzt verschweigen. Und die Gründe für eine Reise über die Alpen wollte Sermo seinem Gegenüber auch nicht recht abkaufen. Rein privat? Den Ahnen folgen? Verdiente der Mann dabei irgendwie Geld? Wieso sollte man sonst Italia verlassen? Für Sermo war es unverständlich, was der Germanicus da erzählte. Er machte dennoch ein verständnissvolles Gesicht und lächelte.
    "Das freut mich zu hören. Raetia sagst du? Ich bin noch nicht dort gewesen. Ich wüsste nicht welche Vorteile Raetia gegenüber italischem Grundbesitz bietet. Ist doch viel zu weit weg von Rom." Er zog die Augenbrauen hoch, zuckte dann die Schultern. Bei Aculeos nächster Aussage schaute Sermo jedoch ziemlich verständnislos fragend drein. "Confluentes? Das ist doch das reinste Kaff! Da gibt es nichts außer ein paar Auxiliaren, korrupten Kommunalpolitikern und einigen Töpfern. Gerade mal tausend Seelen leben da. Ostia ist eine Metropole dagegen!" Der Quintilius konnte offensichtlich nicht verstehen, wie der Germanicus auf so eine schwachsinnige Idee kam. "Und wieso Stiefkind? Innerhalb eines Tagesrittes kannst du etliche Provinzkäffer erreichen, die genauso Stiefkinder sein könnten. Borbetomagus etwa. Da gibt's auch nichts. Schafe und Felder. Sonst nichts!" Was bei Hades wollte ein aufstrebender Stadtrömer in dieser Gegend großartig unternehmen?


    "Allerdings ist mir Ostia zu klein geworden. Ich bin Eques Imperii, mein Lieber. Du willst ja wohl nicht annehmen ich verbliebe in meinem Stand bei solch kleinlichen administrativen Verwaltungsaufgaben einer Civitas. Nein, nein, ich strebe Höheres an." Sermo grinste verschmitzt und trank einen guten Schluck. Er wollte noch einmal hoch hinaus, es seinem Vater beweisen. Er war es wert in seines Vaters Fußstapfen zu treten, dessen war er sich sicher.


    "Ich bin nun Procurator Civitatium. Meine Aufgabe ist die Kontrolle der Civitates. Ich darf quasi alles gerade biegen, das die Decuriones der Provinz in ihren Gemeinden versieben." Noch ein Grinsen. Seine Beschreibung gefiel ihm gut, beschrieb es doch wahrlich den groben Umfang seiner Tätigkeit.

    "Germanicus" rief der Hausherr aus, als der Genannte den Garten betrat. Er erhob sich und reichte seinem Gast die Hand zum Gruß. Hatte er gerade noch Mühe gehabt sich überhaupt an ihre damalige Begegnung zu erinnern, so Sermo jetzt zumindest so als wären sie gute Bekannte. Wer wusste schon was den Germanicus jetzt nach Germania führte und wie er Sermo womöglich noch von Nutzen sein konnte. "Willkommen in meinem bescheidenen Heim. Wie kommt es, dass du die beschwerliche Reise in diese nördlichen Gefilde auf dich nimmst? Komm, setz dich. Du musst durstig sein," begrüßte er den Gast und winkte Pera ihnen beiden halb-halb verdünnten Wein einzuschenken. Sie ließen sich auf den Clinen nieder und bekamen von der Sklavin jeder ein Glas gereicht. Sermo verschüttete traditionsgemäß einen guten Tropfen für die Götter und erhob dann sein Glas. "Zum Wohl!"

    [Blockierte Grafik: http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpgIssa


    "Issa. Augenblick," gab der so Adressierte zurück und schloss die Tür wieder. Sich entfernende Schritte kündeten davon, dass er seinen Herrn nun wohl fragen würde. Und Momente später erschien Issa auch wieder an der Tür und öffnete. "Herzlich willkommen in der Casa Quintilia, Germanicus," machte Issa es nun wesentlich höflicher als zuvor. "Dominus Quintilius empfängt dich gern.




    SKLAVE - IULLUS QUINTILIUS SERMO


    Das Peristyl war der friedvollste Ort des Domus, an dem man immer irgendwie Entspannung finden konnte. Hier vernahm man keinerlei Straßengeräusche und auch der Dunst, der gelegentlich vom Hafenviertel über die Stadt wehte, drang nicht an die empfindliche Nase. Aber nicht nur friedvoll war dieser Rückzugsort, sondern gleichsam schön anzusehen. Hier rankte Efeu großflächig über dafür vorgesehene Mäuerchen, während geometrisch sorgfältig angelegte Blumenbeete Veilchen und Narzissen zur Schau stellten. Die Kieswege, die vom Säulengang ausgingen und in der Mitte des Gartens ein Kreuz bildeten, waren gesäumt von niedrig gehaltenen Buchsbaumkugeln. Doch den eindeutigen Blickfang des Gartens stellte eine kleine Figur dar. Die Statue aus teurem Marmor stellte eine junge Frau dar, die eine schmale Amphore so gesenkt hielt, als wolle sie etwas ausschütten. Und wahrhaftig, aus der Amphore sprudelte Wasser hervor, sobald man ein abseits verstecktes Ventil betätigte, so dass ein kleines Becken mit Ablaufgitter zu Füßen der Figur gefüllt wurde. Sermo hatte die Statue angeschafft, um einen prägnanten Blickfang im Garten zu etablieren; und da sie ohnehin einen überaus seltenen Wasseranschluss zur Casa hatten legen lassen, kam ihm die kleine Brunnenstatue sehr zupass.


    Das Peristyl betrat man über die Exedra, deren breite Flügeltüren heute weit offen standen und so den großzügigen Blick auf den Garten freigaben. Wenn man diesen so betrat, fand man sich im Säulenumgang wieder, dessen Steinpflaster sich hier in den Garten hinein etwas verbreiterte. An dieser stelle befanden noch immer zwei Clinen und ein Beistelltischchen, die dort bereits beim Besuch des Statthalters ihren Platz gefunden hatten. Nur war es heute unvergleichlich warm. Und schwül. Ekelhaft schwül. Die Feuchtigkeit stand quasi in der Luft. Und so fläzte Sermo sich nach seinem Thermenbesuch auf eine der Ligen und las mal wieder. Er las "Wahrer Adel" von Quintus Horatius Flaccus, dem aufmerksamen Leser womöglich eher als "Horaz" bekannt. Und er grinste hie und da über so manche Zeile des längst verstorbenen Dichters.


    "Wer? Was?" Sermo schreckte aus seiner Konzentration hoch, als Issa ihn aus dem Hinterhalt attackierte; ach nein, nur ansprach. Aber auch dies jagte ihm einen kleinen Schrecken ein, war doch jeglicher Laut aus dem Peristyl entschwunden, bis Issa seine Worte etwas zu laut an ihn richtete. "Aculeo!" wiederholte der Sklave, wobei er den Namen des Besuchers deutlich betonte. "Germanicus Aculeo. Will dich sprechen. ...Herr."
    Sermo runzelte nachdenklich die Stirn. Germanicus wer? Kannte er den Mann? Aculeo...in seinem Hirn arbeitete es angestrengt. Ja, da war etwas. Ostia. Er kannte den Mann aus Ostia. Bei Iuppiters Bart, war er etwa schon so vergesslich geworden? "Äh, ja. Lass ihn rein. Hierher." Er trug zwar nur eine einfache Tunika, aber das würde wohl reichen. Der Germanicus war ja nun kein besonders hoher Besuch, den er mit allen Ehren empfangen musste. So legte er das Buch - das in der Antike zwar "Buch" hieß, aber freilich nicht aus gebundenem Papier, sondern lediglich aus einer Papyrusrolle bestand - zur Seite und ließ Pera zudem eine Karaffe Weißwein und zwei Gläser bringen.

    [Blockierte Grafik: http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpgIssa


    "Wer stört?" hieß Issa, der die Aufgabe des Ianitors übernahm, solange sein Herr im Hause war, den Störenfried mehr oder weniger geduldig willkommen. Er hatte heut einen seiner seltenen schlechten Tage. Das mochte am Wetter liegen. Oder daran, dass Pera ihn letzte Nacht nicht ran gelassen hatte und ihm stattdessen eher eine gewischt hatte. Wer mochte das schon wissen?




    SKLAVE - IULLUS QUINTILIUS SERMO

    "Natürlich. Issa," kommentierte Sermo die Forderung nach Vorauszahlung und kommandierte seinen Sklaven, das vorbereitete Päckchen herzuholen. Der Junge warf dem Sklavenjäger ein Beutelchen zu, das verführerisch klimperte. "Fünfzig Sesterzen. Das sollte für den Anfang genügen. Du bekommst noch zweimal so viel, wenn du die Sklavin und ihr Kind unversehrt hier ablieferst." Ein ernster Blick traf Randolf. Sermo hoffte, dass dieser Klotz ihn ganz genau verstanden hatte. Wenn nicht, würde der Jäger bald der Gejagte sein.
    "Du kannst gehen," komplimentierte er Randolf daraufhin mit einer herrischen Handbewegung hinaus.

    Issa zog lediglich eine Augenbraue hoch, als seine Frage komplett übergangen wurde. Schulterzuckend füllte er die Weinkaraffe halb-halb mit Setiner und Wasser, um dann die Gläser zu füllen. Sermo registrierte die Selbständigkeit seines Sklaven mit einem stummen Seitenblick, während er den Worten des Statthalters folgte. Dass der Annaeus mit seiner Arbeit soweit wohl zufrieden war, nahm der Quintilier daraufhin erleichtert zur Kenntnis. Er nickte knapp, denn dann tranken sie einander bereits zu. Natürlich nutzte er den stillen Augenblick des Trinkens, um im Folgenden ein anderes Thema anzuschlagen.


    "Wie ich hörte, stimmst du die mogontinische Elite darauf ein, sich Muicipalrechte zu erkämpfen."


    Den Satz ließ er im Raum stehen, ein gedankliches Fragezeichen im Schlepptau. Er hoffte, dass sein Gegenüber seine Beweggründe ein wenig erläuterte, ohne dass Sermo ihm die Popel aus der Nase würde ziehen müssen. Issa war währenddessen wieder im Hintergrund verschwunden und bereitete das Servieren der Vorspeisen vor.