Beiträge von Tiberius Prudentianus Alexandros

    Mir wurde vor wenigen Stunden die Freiheit geschenkt und mein alter Herr sagte, ich solle den Tag nutzen und das erste Mal als freier Mann durch Rom gehen, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, wie es ist dazuzugehören. Und irgendwie haben mich meine Schritte hierher geführt und dann stürzte in Gedanken so einiges über mich herein.
    Natürlich war ihm vollkommen bewusst, dass er hier einem Senator gegenübersass, der sicherlich besseres zu tun hatte, als sich das Geplärre eines Freigelassenen anzuhören, aber dennoch machte er weiter, denn der Annaeer hatte gefragt und Alexandros würde antworten.
    Als ich so durch die Massen hier ging musste ich darüber nachdenken, was Freiheit eigentlich ist. Wie es ist frei zu sein, verstehst du?

    Sim-Off:

    Gracias


    Das stimmt natürlich, aber trotzdem ist es vielfach so, dass man als Nicht-Römer wenig Achtung findet. Und dies ist unabhängig davon, ob man ein Peregrinus, ein Sklave oder ein Freigelassener ist. sagte Alexandros, wobei er sich selbst auch eingestehen musste, dass er als jemand, der als Fremder in Rom geboren worden war, weniger Probleme hatte, als die meisten Fremden, die tatsächlich auch von ausserhalb kamen.


    Die ungläubigen Fragen entlockten ihm dann allerdings ein kleines Schmunzeln. Du musst wissen, Senator, ich wurde in einem Haus geboren in dem ich mein gesamtes bisheriges Leben verbrachte. Ich wuchs dort auf, ich wurde dort erzogen und ausgebildet und ich arbeitete dort. Jeder in dem Haus kennt mich und es gibt kaum Gelegenheit eine ruhige Minute zu verbringen, weil ständig irgendjemand etwas von einem will, seien es die Sklaven oder die Herren. Meine einzige Möglichkeit etwas für mich zu sein hatte ich bisher, wenn ich das Haus verlassen konnte, was zumindest früher zumeist dann der Fall war, wenn der alte Hausherr meine Hilfe brauchte und das führte mich meist hierher aufs Forum. begann er zu erklären.


    Für die meisten Römer und sicherlich besonders für die Senatoren ist das Forum nur ein Ort der Arbeit, wo alles hektisch durcheinander läuft und viele Dinge gleichzeitig passieren. Aber für mich war hier immer ein Ort der Ruhe. Nur wenige Menschen die mir hier begegneten wussten wer ich war und so sprach mich nie jemand an oder wollte etwas von mir. Du kannst mir glauben, soetwas kann sehr beruhigend sein.

    Alexandros fand die Antwort des Annaeers gar nicht so einleuchtend wie dieser, aber wer war er schon einem Senator Roms zu widersprechen? Ganz unkommentiert liess er das aber nicht und so sagte er, während sie den Weg zur Taverna zurücklegten: Ich bin kein Römer und das macht mich für die meisten Senatoren eher uninteressant, da meine Stimme in dieser Stadt sowieso nichts zählt.
    Es war sicherlich seiner Zeit als Sklave zu verschulden, in der er meist die Missachtung der römischen Führungsschicht erlebt hatte, aber auch das, was er in seinen vielen Jahren in dieser Stadt beobachtet hatte, sorgten für diese Meinung.


    Ich danke dir für deine Großzügigkeit, Senator. bedankte er sich brav, als er ebenfalls Platz nahm und den Wein und das Obst betrachtete. Er war noch nie von jemandem zu etwas eingeladen worden und daher war es für ihn etwas besonderes.


    Die folgende Frage war dann allerdings nicht ganz so einfach und er stammelte ein klein wenig, bevor er zu so etwas wie einer verständlichen Antwort ansetzte. Nun ja, das war eigentlich gar nicht meine Absicht. Er blickte etwas entschuldigend drein. Ich war wohl einfach etwas in Gedanken.... Mich beschäftigte einfach vieles... Und ich hab nicht wirklich auf die Umgebung gedacht... Weisst du, das Forum wirkt eigentlich immer sehr beruhigend auf mich... Aber irgendwie war es heute anders.

    Sim-Off:

    Ich bitte um Verzeihung, ich war in den letzten Tagen zeitlich etwas stark gefordert...


    Na da war er ja direkt mal wieder in ein Fettnäpfchen getreten.
    Ich bitte um Verzeihung, Senator Annaeus. Es war nicht meine Absicht dich zu kränken. entschuldigte er sich für sein sklavisches Verhalten, das er im selben Moment versuchte abzulegen. Etwas, dass ihm nur bedingt gelang, denn ein Leben als Sklave konnte man nicht so einfach beiseite wischen.


    Ich bin Alexandros. stellte er sich vor, verbesserte sich dann aber schnell, als ihm bewusst wurde, dass das so ja nicht ganz stimmte. Tiberius Prudentianus Alexandros um genau zu sein.


    Mit einem leichten Kopfschütteln deutete er dann an, dass er nicht vor hatte, weiterhin mitten auf dem Forum rumzustehen. Nein, ich habe nicht vor hier weiter rumzustehen. Es war auch eher ein dummer Zufall, dass ich hier stehe. Ich bin gerne bereit an einen anderen Ort zu gehen, aber ich möchte dir auf keinen Fall deine kostbare Zeit rauben.

    Alexandros stand da und starrte. Mehr tat er nicht, aber das tat er so angestrengt, dass er die große Stopwelle um ihn herum genauso wenig registrierte, wie die aufgebrachten Bürger, die ihn anblafften.
    Doch dann wurde er erneut direkt angesprochen und scheinbar traf der Ansprechende zufällig genau den richtigen Zeitpunkt, denn Alexandros reagierte diesmal tatsächlich.
    Er hörte auf zu starren und schaute den Mann, der ihn angesprochen hatte, an. Zuerst etwas erschrocken, doch dann fing er sich und erkannte in seinem Gegenüber einen Senator. Sofort rutschte er in alte Verhaltensmuster zurück und senkte den Blick.
    Nichts, Herr. Alles ist in Ordnung. sagte er in jenem Tonfall, den er über die Jahre seines Sklavendaseins antrainiert hatte. Da nun seine Aufmerksamkeit einmal erregt war, bemerkte er auch die noch immer stockende Bewegung der Masse, die durch seinen abrupten Stop gebremst worden war.
    Er blickte immernoch nicht auf, sprach jedoch wieder. Herr, ich hoffe ich habe keine großen Probleme verursacht. Das würde mir sehr leid tun.

    Das wohlige Gefühl, dass er zu finden gehofft hatte, wollte sich einfach nicht einstellen, obwohl Alexandros mittlerweile schon eine Weile durch die Menschenmasse gewandert war und hier und da sogar ein paar Worte mit Bekannten - zumeist Sklaven im Dienst verschiedener Senatoren - gewechselt hatte. Hätte er nicht eigentlich jeden Grund zur Freude gehabt, hätte er sicherlich angefangen zu verzweifeln, doch immer wenn er begann in die Verzweiflung abzurutschen, erinnerte ihn eine kleine Stimme daran, dass er sich doch bitte darüber freuen sollte, dass er nun frei war. Da war es wieder, dieses kleine Wort. Immer wieder hörte er es in seinem Kopf: frei. Doch was das bedeutete wurde ihm schlicht und ergreifend nicht klarer.


    Dann blieb er plötzlich stehen, was ihm einige sehr ärgerliche Blicke aus den verschiedensten gesellschaftlichen Schichten einbrachte, denn sein abruptes Stehenbleiben verursachte weitere Stehenbleiber hinter ihm und neben ihm, die wieder weitere Störungen im Lauf der Menschen nach sich zogen.
    Das teils recht ärgerliche Gemurmel um ihn herum nahm er allerdings kaum war, denn in diesem Moment kam das Wort erneut ihn ihm hoch: frei.


    Er hob den Blick und schaute zur Curia Iulia hinauf. Waren die Menschen dort drinnen frei? Der alte Commodus hatte sich zu diesem Thema nie geäussert, was aber vermutlich vor allem daran lag, dass es nie zur Sprache kam. Doch just in diesem Moment kam genau diese Frage dem Griechen in den Sinn und er bereute es, dass er sie nie gestellt hatte. Er seufzte leise vor sich hin und blickte weiter zur Curia, auf deren Stufen geschäftiges Treiben herrschte. Er wünschte, er hätte noch einmal Gelegenheit den alten Mann zu fragen, ob Senatoren frei waren. Oder was es überhaupt bedeutete frei zu sein. Frei... sagte er leise vor sich hin, ohne groß auf seine Umwelt zu achten, den Blick noch immer auf den Stufen festgemacht, auf denen das Blut seines Herren vergossen worden war.

    Das Forum Romanum war schon immer einer der Orte in Rom, die Alexandros am meisten mochte. Schon als kleiner Sklavenjunge hatte er jede sich ihm bietenden Gelegenheit genutzt um hierherzukommen. Denn hier verspürte er immer etwas ganz besonderes. Er konnte es kaum in Worte fassen und es auch nicht wirklich einordnen, er wusste nur, dass es schon damals immer ein leichtes Kribbeln in ihm ausgelöst hatte. Wenn er hier war, fühlte er sich immer wie ein Teil von etwas größerem und auch wenn ihm immer klar war, dass er als Sklave niemals einer der vielen Römer sein würde, die hier auf dem Forum, im Zentrum der Welt, über das Schicksal ganzer Völker debattierten und entschieden, fühlte er sich trotzdem immer als würde er dazu gehören.
    In der riesigen Menschenmasse, die fast immer auf dem Forum herumwaberte, fiel er nicht auf und konnte trotzdem das Gefühl geniessen dabei zu sein.


    Da er sich hier immer wohlgefühlt hatte, war er nun auch hierhergekommen. Erst seit wenigen Stunden war er kein Sklave mehr und doch fühlte er sich schon ein wenig verloren in der großen Welt. Früher kannte er seinen Platz in der Gesellschaft, doch wie war das jetzt? Er war nun frei, das war ja schön und gut, aber was genau bedeutete das eigentlich? Was war Freiheit?
    Gedankenverloren schlenderte er über das Forum und versuchte wie früher einfach in der Masse unterzutauchen und aufzugehen, doch irgendwie funktionierte es nur bedingt. Er bewegte sich langsam vorwärts und blickte auf seinen Arm, wo noch am Morgen der silberne Armreif gewesen war und wo nun nichts mehr war. Abgesehen von einem Streifen hellerer Haut, weil der Armreif stets verhindert hatte, dass die darunterliegende Haut Kontakt zur Sonne hatte. Doch dieser Streifen würde auch noch verschwinden und mit ihm das letzte Zeichen für das, was er noch am Morgen gewesen war.
    Er schüttelte unbewusst leicht den Kopf und bewegte sich langsam weiter fort.


    Sim-Off:

    Wenn jemand mag..

    Alexandros brauchte nicht lange zu überlegen. Er sollte fast die gleichen Aufgaben erfüllen wie zuvor, dafür allerdings nun auch noch bezahlt werden? Das klang doch mehr als nur gut. So nickte er langsam.


    Das ist ein Angebot, dass ich nicht ablehnen kann. Natürlich werde ich gerne dein Vilicus. Und das würde er auch ohne Bezahlung tun, aber das musste er ja nicht verraten.

    Alexandros nickte und nahm Platz. Wie Balbus die anderen drei verabschiedete, bekam er gar nicht mit, denn zuviele Gedanken stürmten auf ihn ein und lenkten ihn ab.
    Als Balbus sich dann ihm gegenüber niederliess, blickte er ihn erwartungsfroh an. Die ersten Sätze nickte er im Prinzip nur ab, denn das war ihm alles durchaus klar. Als Balbus ihn dann als Klienten willkommen hiess, erwiderte er: Ich bin froh in dir einen Patron zu haben, dem ich nicht nur vertrauen kann, sondern dem ich auch gerne meine Treue zusichere.


    Das war alles noch mehr oder minder pro forma, da sich dies so oder so nicht ändern liess, selbst wenn er es gewollt hätte. Doch das, was dann kam war weitaus interessanter.
    Aufmerksam hörte er sich Balbus Angebot an und als dieser Bedingungen erwähnte, zögerte Alexandros nicht lange und fragte: Welcher Art wären denn diese Bedingungen?

    Jetzt war er baff. Er hörte, was sein Gegenüber sagte und auch wenn er es durchaus verstand, wollte er es irgendwie nicht so ganz wahrhaben. Daher starrte er Balbus einen Moment lang ungläubig an. Doch dann fasste er sich und sagte: Danke.
    Mehr bekam er in diesem Moment einfach nicht raus, denn in gewisser Weise stürzte gerade eine Welt für ihn zusammen. Er war als Sklave geboren worden und nun sollte er frei sein? Was bedeutete das eigentlich? Das wusste er wage, doch er würde es sicherlich schnell rausfinden.
    Die erste große Änderung in seinem Leben trat dann allerdings auch sofort ein. Er blickte auf den silbernen Armreif, den er vor einer Ewigkeit angelegt und seit dem ständig getragen hatte. Wann immer er ihn ablegen musste, hatte er sich nackt und ungeschützt gefühlt und nun sollte er ihn für den Rest seines Lebens nicht mehr tragen? Sicher, er war in erster Linie ein Zeichen der Sklaverei, ein Stück Silber, dass ihn zu einem Wertgegenstand degradierte, doch für ihn war er mehr. Er hatte ihn beschützt, wann immer er das Haus verlassen hatte, denn er wies ihn als einen Sklaven aus gutem Hause aus. Einen Sklaven den die Strassenbanden nicht so ohne weiteres überfielen, wollten sie nicht in Schwierigkeiten geraten.
    Er seufzte kaum hörbar und griff nach dem Armreif. Schnell war er abgelegt und er legte ihn in die wartenden Hand des Prudentiers.


    Und wie geht es mit mir jetzt weiter? Wo soll ich hin? fragte er dann, auch wenn er diese Fragen eigentlich zu unterdrücken versucht hatte.

    Alexandros horchte auf. Er wollte ihr Verhältnis beenden? Das konnte vieles bedeuten. Würde er ihn verkaufen? Das konnte sich der Grieche nicht vorstellen, schliesslich waren sie ja durchaus sowas wie Freunde. Oder würde er doch? Alexandros schaute seinen Herren fragend an.


    Verzeih, Herr, aber ich verstehe nicht ganz. sagte er.









    Etwas war an diesem Tag anders als sonst, das merkte Alexandros nicht erst, als Balbus ihm diese merkwürdige Frage stellte. Auch der Aufzug des Herren war heute irgendwie festlicher als sonst und die Anwesenheit der Klienten zu dieser Tageszeit war auch eher ungewöhnlich. Doch er blieb einfach ruhig und harrte der Dinge, die da kommen mochten.


    Seit ich denken kann, Herr. Ich bin seit meiner Geburt im Besitz deiner Familie, wie es auch schon mein Vater und auch mein Großvater vor mir waren. antwortete er wahrheitsgemäß.









    Der Sklave hatte Alexandros auf dem Hof gefunden, wo er mit dem Cellarius in ein Gespräch über den Sinn und Zweck eines aufgeräumten Lagers vertieft war. Natürlich hatte er es sofort beendet, da er nach Angabe des Sklaven dringend gebraucht wurde.
    So folgte er ins Tablinum, wo er die anwesenden Gäste mit einem freundlichen Blick bedachte und vor seinen Herren trat.


    Du brauchst mich, Herr? fragte er seinen Herren, mit dem er schon so vieles erlebt hatte und mit dem ihm so vieles verband.