Die Köchin wirkte ein wenig ungehalten, was Serrana etwas seltsam fand, schließlich war es doch ihre Pflicht, sich um das leibliche Wohl ihrer Herrschaften zu kümmern. Sie reckte sich ein wenig, um das Beste aus ihrer nicht allzu beeindruckenden Körpergröße zu machen und bemühte sich um einen freundlichen aber bestimmten Tonfall. "Nun, etwas Brot und Käse wäre schön. Und vielleicht ein paar Früchte....und natürlich ganz viel Wasser, wir haben nämlich großen Durst." ....weil wir so viel geschwitzt haben, lag es ihr noch auf der Zunge, aber diese Bemerkung konnte sie gerade noch mit einem albernen Kichern unterdrücken. Sie sah Sedulus fragend an. "Oder möchtest du noch etwas anderes?"
Beiträge von Iunia Serrana
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„Ach, sieh an. Noch einer, über den ich nicht sprechen kann.“ Serrana schüttelte den Kopf. Sie begriff beim besten Willen nicht, warum Axilla auf die Erwähnung ihres Vaters hin derart reagierte, aber im Grunde war es auch egal, denn sie würde es ihr ohnehin nicht verraten. Sie sah ihre Cousine an, die ihr in diesem Moment fremder denn je zu sein schien. Wieder verspürte sie den Wunsch einfach zu gehen, aber dann prasselten plötzlich neue und auch viele alte Vorwürfe auf sie herab, und auch wenn der eine oder andere durchaus zutreffend war, wurde Serrana jetzt wieder wütend. „Nun, offensichtlich haben wir unterschiedliche Vorstellungen davon, was Beleidigungen und Schmähungen sind.“ begann sie und stellte zu ihrer eigenen Überraschung fest, dass sie ausnahmsweise mal gerade keine Angst hatte. Wut schien irgendwie eine heilsame Wirkung auf sie zu haben, auch wenn Serrana den Grund dafür nicht erkennen konnte. „Ich verstehe auch nicht, warum du so auf Calvena herum hackst, du kennst sie doch überhaupt nicht.“ Dass Axilla wieder mit den versäumten Einladungen für Brutus und Merula anfangen würde, hätte Serrana eigentlich klar sein müssen, aber es tat trotzdem weh, denn das war wirklich ein übler Fehler gewesen, der ihr nach wie vor unglaublich peinlich war. „Das mit den Einladungen war schlimm, das weiß ich.“ presste sie widerstrebend heraus. „Ich hab dir schon einmal gesagt, dass mir das Leid tut, aber das interessiert dich gar nicht, nicht wahr? Wahrscheinlich wirst du mir das noch vorhalten, wenn wir beide alt und grau sind. Und das mit der Hochzeit kann ich auch nicht mehr hören! Glaub mir, wenn ich gewusst hätte, dass du dich derart aufregen würdest, dann hätte ich Quintus davon abgehalten, Silanus danach zu fragen. Du hast Recht, ich hab nicht über darüber nachgedacht, dass eine Doppelhochzeit gegen einige Traditionen verstoßen würde, das muss ich zugeben. Aber willst du wirklich behaupten, dass irgendjemand unsere Familie deswegen verspottet hat? Ich kann mich jedenfalls an nichts derartiges erinnern.“ Serrana, die in der Zwischenzeit das Laufen wieder aufgenommen hatte, blieb erneut stehen.
„Und ganz abgesehen davon war deine eigene Hochzeit auch nicht gerade das, was man traditionell nennen kann. Aber für dich gelten natürlich andere Maßstäbe, nicht wahr? Du machst ja keine Fehler, die mache nur ich!“ Serrana schnaubte in einer Mischung aus Ärger und Resignation. „Und ich kann auch nicht mehr hören, dass ich angeblich die Iunii schlecht gemacht haben soll. Das hab ich nie und werde ich auch nicht! Ich hab immer nur von mir selbst gesprochen und niemals von meiner Familie. Und das kann dir doch nur recht sein, du hältst mich ja ganz offensichtlich auch für nichtswürdig, klein und schwach.“ Serrana ging zu ihrem Sessel zurück, setzte sich und starrte ihn eine andere Richtung. Sie wusste um ihre mangelnde Durchsetzungsfähigkeit und dass ihre Willenskraft alles andere als beeindruckend war. Sie wusste auch, dass Axilla mit ihrem Rat richtig lag und dieser im Grunde der einzige Weg war, aber das jetzt nach all den Vorwürfen zuzugeben, erschien Serrana fast unmöglich. -
Als sie Axillas Augenrollen sah, machte Serrana Anstalten aufzustehen und einfach zu gehen. Sie empfand diese Situation ohnehin schon als ausgesprochen demütigend, auch ohne dass ihre Cousine sich noch über sie lustig machte. Bevor sie jedoch dazu kam, hatte Axilla direkt die nächsten Bemerkungen losgelassen, und da Serrana ohnehin schon völlig überdreht war, siegten zur Abwechslung mal Fassungslosigkeit und Ärger über ihren üblichen Rückzugsinstinkt. "Es hat nichts damit zu tun, dass ich vielleicht sterben werde." begann sie noch halbwegs ruhig. "Naja, ein bisschen vielleicht, aber nicht nur. Am Anfang haben wir uns doch auch noch ganz gut verstanden, erinnerst du dich? Und ich verstehe einfach nicht, wann und warum das alles auf einmal so schwierig geworden ist." Mittlerweile war sie doch wieder aufgestanden,lief mit immer noch verschränkten Armen ein paar Schritte auf und und suchte nach passenden Argumenten, als Axilla die nächste Salve abschoss. Natürlich, das musste ja wieder kommen! "Was soll denn das, verdammt? Warum reitest du nur immer darauf herum, dass ich angeblich nichts mit den Iuniern zu tun haben will?" schoss es aus Serrana heraus und es gelang ihr nur mit Mühe, ihre Stimme halbwegs ruhig zu halten. "Ich bin bei einer anderen Familie aufgewachsen, ja. Aber dafür kann ich nichts. Ich bin immer stolz auf den Namen meines Vaters gewesen und seit ich in Rom bin, habe ich versucht ihm Ehre zu machen. Vielleicht war es nicht genug, um deinen Ansprüchen zu genügen, aber ich habe mein Bestes getan!" Serrana fuhr sich beiden Händen durch die Haare, und atmete ein paar Mal tief ein und aus bevor sie weitersprach. "Und nur weil ich mal erwähnt habe, wie die Germanici denken, heisst das doch noch lange nicht, dass ich der selben Meinung bin! Ja, ich hab mich in einen Germanicus verliebt und ihn geheiratet, aber das war doch reiner Zufall und hatte nichts mit seiner verdammten Gens zu tun. Natürlich bin ich froh, dass es eine erfolgreiche Gens ist, aber deshalb missachte ich doch nicht meine Herkunft. Ich hab auch in Nola schon alles über die Iunier verschlungen, was ich in die Finger gekriegt habe, aber über welchen Iunius unserer Tage sollte ich schon sprechen? Silanus vielleicht? Der hat halb Rom zu meiner Hochzeit eingeladen und ist dann selbst nicht erschienen. Brutus und Merula habe ich erst einmal in meinem Leben gesehen und du...du willst sowieso nicht mit mir reden. Du hast gut reden, du hattest deinen Vater und Urgulania, das ist etwas ganz anderes... Ich bin sicher nicht so eine perfekte Iunia wie du, aber deshalb kannst du mir doch nicht unterstellen, dass ich keine sein will." Serrana ging wieder ein paar Schritte auf Axilla zu und hob beschwörend die Hände. "Was soll ich denn machen, damit du mir endlich glaubst? Sag es mir bitte!"
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"Aber du hast doch selbst...." Als die Bedeutung von Axillas Körpersprache in Kombination mit ihren Worten bei Serrana durchsickerte, brach diese mitten im Satz ab und ihr verwirrter Gesichtsausdruck wich einem erst enttäuschten und dann bitteren. "Du hast es nicht ernst gemeint, nicht wahr?" fragte sie, obwohl sie die Antwort im Grunde längst kannte und eigentlich auch nicht wirklich eine erwartete. "Trotzdem danke ich dir für deinen Rat. Er muss ja nicht falsch sein, nur weil du ihn dafür hältst." Serrana umschlang ihren Oberkörper mit den Armen und starrte eine ganze Weile einfach nur gerade aus. Irgendwie schien sie in letzter Zeit mit schlafwandlerischer Sicherheit die falschen Entscheidungen zu treffen. Das Gespräch mit Romana hatte ihr gut getan, aber die nachfolgende Leberschau hatte sie trotz aller gegenteiliger Hoffnungen nur tiefer in den unglückseligen Strudel hinabgezogen. Und das Gespräch mit Axilla hatte im Grunde auch nichts gebracht, ausser dass diese sie jetzt vermutlich noch weniger ernst nahm als vorher und sie selbst sich wünschte, sich niemals derartig entblößt und all diese Dinge niemals ausgesprochen zu haben. Eine wirklich grandiose Vorlage für das letzte Anliegen, was sich Serrana für den heutigen Tag noch vorgenommen hatte... "Ich möchte dir danken, dass du hergekommen bist und mir zugehört hast. auch wenn ich wünschte, du würdest mir den einen Gefallen tun. Dir kann es im Grunde egal sein, und mir würde es eine Menge bedeuten." begann sie schließlich und sah Axilla jetzt wieder an. "Und ich wünschte auch, wir würden einander besser verstehen, denn schließlich sind von unserer Familie nicht mehr allzuviele übrig. Ich will nicht noch einmal mit der anderen Geschichte anfangen, aber meinst du, wir könnten es irgendwie schaffen, uns wieder halbwegs zu vertragen? Das wäre mir wirklich wichtig."
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Es war elf Jahre her. Ziemlich genau sogar, denn auch wenn das meiste im Umfeld jener Nacht längst aus Serranas Gedächtnis verschwunden war, so erinnerte sie sich doch noch aus irgendeinem Grund daran, dass es eine warme Sommernacht gewesen war. "Ich hatte es ja vergessen." Serrana wich Axillas Blick jetzt wieder aus. "Dachte ich zumindest. Und dann hat es wieder angefangen, nach der Nacht....in der....du...in der Crios bei uns war. Du hast genauso ausgesehen wie sie damals, weißt du?" Bei der Erinnerung an Axillas leichenblasses Gesicht und die blutbeschmierten Laken schüttelte sich Serrana unwillkürlich und auf ihren Armen bildete sich eine Gänsehaut. Sie war derart von diesen Bildern gefangen, dass zwar der Vorschlag ihrer Cousine zu ihr durchdrang, ihr der bissige Tonfall aber völlig entging. Vermutlich wäre er ihr aber auch in einem anderen, entspannteren Moment entgangen, denn in Bezug auf die Götter und alles, was mit ihnen zusammenhing, war Serrana vollkommen humorlos. "Ja, meinst du wirklich?" Zum ersten Mal seit einer geraumen Weile hob sie wieder den Kopf und sah Axilla direkt an, und in ihren Augen glomm ein bisschen Hoffnung auf. Nicht viel, aber immerhin. "Schaden kann es ja sicher nicht....." Ob Oblivio wohl ein eigenes Heiligtum oder einen Tempel in Rom besaß? Das musste doch irgendwie rauszukriegen sein....
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Auch von mir alles, alles Gute, lieber Ursus
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Sie hatte sich einen Namen am Tag ihrer Hochzeit gemacht? Serrana schnappte kurz nach Luft und sah Sedulus ungläubig an. Auf ihren persönlichen Rufnamen mochte das ja vielleicht zutreffen, schließlich war sie in Rom immer noch nicht allzu bekannt. Ihren Gensnamen würde er doch wohl hoffentlich nicht meinen, wenn es irgendeine Familie in der Geschichte gab, die keine Hilfe von aussen nötig hatte, um allgemein bekannt und respektiert zu sein, dann ja wohl die Iunier! Serrana entschied für sich, dass Sedulus nur einen Scherz gemacht hatte und erhob sich auf seine Frage hin wieder von ihrem Stuhl. Sie umkreiste den Schreibtisch und blieb auf der anderen Seite neben dem Stuhl ihres Mannes stehen. "Du kannst es ja mal versuchen." sagte sie lächelnd, ergriff seine Hand und legte sie auf den Stoff ihres Kleides, unter dem erst eine leichte Wölbung spürbar war. Erfreulicherweise ahnte Serrana nichts davon, dass Sedulus gerade über die Wunder der Geburt nachdachte, sonst hätte ihr das zweifellos einiges von ihrem momentanen Seelenfriedne geraubt. Als er auf seine Tochter zu sprechen kam, runzelte sie erst die Stirn und nickte dann. "Ja, ich denke, das wäre eine gute Idee. Ich glaube nicht, dass sie mit mir reden würde, und Großmutter bietet sich auch nicht wirklich an. Vielleicht kannst du ja rausfinden, ob mit ihr auch alles in Ordnung ist."
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Sie verstand es nicht. Wenn man eins an Axillas Gesichtsausdruck ablesen konnte, dann das. Und es würde sich auch nicht ändern, ganz egal, wie fieberhaft Serrana auch nach weiteren Erklärungen suchen würde. Und ihre Cousine bemühte sich sogar, sie zu verstehen, das war offensichtlich. Natürlich war es möglich, dass es einem Anderen besser gelingen würde, aber wirklich wahrscheinlich war es nicht. 'Was du da von dir gibst, ist armselig und beschämend, welcher halbwegs normale Mensch sollte sich da schon reindenken können.' flüsterte eine kleine gehässige Stimme in ihrem Kopf, und Serrana rieb sich kurz die Schläfe, bevor sie stehen blieb und die Arme wieder sinken ließ. "Ja, für mich macht es einen Unterschied." sagte sie leise und zuckte mit den Schultern. "Ich weiß einfach nicht, wie ich es dir erklären soll, ohne dass du mich für verrückt hältst, aber es ist so. Diese Bilder sind in meinem Kopf, seit ich ein Kind bin, und ich bekomme sie nicht hinaus. Und das Blut im Tempel ist etwas ganz anderes. Ich mag es auch nicht besonders, aber diese Tiere sterben zur höheren Ehre der Götter und nicht, weil...weil..." Serrana rang noch einen Moment mit den richtigen Worten, dann schüttelte sie den Kopf und setzte sich wieder zurück in ihren Sessel. Zu Beginn dieses Gesprächs war sie völlig überdreht gewesen, aber in diesem Augenblick fühlte sie sich einfach müde."Im Grunde ist es auch gleichgültig, ich hätte besser nicht davon angefangen." Sie sah zu Axilla hinüber, und das, was eigentlich ein Lächeln werden sollte, geriet eher zur Grimasse. "Ich weiß, dass du Recht hast, Axilla, aber leider ändert das für mich nichts. Ich kann nur hoffen, dass ich die Zeit bis zur Geburt überstehe, ohne mich auch bei anderen lächerlich zu machen, und dass es dann endlich vorbei ist. So oder so." Vielleicht hatte sie ja Glück und fand noch einen Weg, um dem irrationalen Toben in ihrem Kopf erfolgreich den Kampf anzusagen, und sonst blieb immer noch die kleine Amphore neben ihrem Bett.
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Diese Hausführung war immer mehr nach Serranas Geschmack. Bislang hatte sie sich in allen Räumen ausgesprochen wohl gefühlt, und wenn sie jetzt sogar noch etwas zu essen bekam... Ausgesprochen gut gelaunt und entspannt folgte sie Sedulus in die Küche und sah sich auch hier für einen Moment neugierig um, bevor sie der kleinen dicken Köchin freundlich zunickte.
"Ja, das wäre wunderbar. Es muss auch nichts besonderes sein."
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Nun, allwissend vielleicht nicht, aber fast unantastbar in dem, was sie sagten und taten. Zumindest in Serranas Augen, die in Ermangelung einer Mutterfigur von klein auf Orientierung und Schutz bei den Unsterblichen und deren Vertretern gesucht hatte. Sie hatte bereits zu einer entsprechenden Erklärung angesetzt, hielt dann jedoch inne. Axilla würde es ohnehin nicht verstehen, vermutlich würde es sie nur noch ärgerlicher machen. Dass diese sich rundum weigern würde, auf ihre Bitte einzugehen, brachte Serrana dann allerdings ziemlich aus dem Konzept und sie blieb mit hängenden Schultern vor ihrer Cousine stehen. In den letzten Tagen war sie wie besessen von dem Gedanken gewesen, die Zukunft ihres Kindes zu planen, weil sie das auch davon abgehalten hatte, über ihre eigene nachzudenken und sich ihren Ängsten zu stellen. Darüber hinaus hatte es ihr auch das schöne und überaus tröstliche Gefühl beschert, etwas uneigennütziges und sinnvolles zu tun, aber jetzt brach dieses Konstrukt wieder auseinander und Serrana fühlte sich nur noch leer. Als Axilla das Wort Drogen aussprach, verzog sie das Gesicht. Sie selbst zog es vor, für Crios' Trank den Ausdruck 'Medizin' zu verwenden, auch wenn ihr im Grunde bewusst war, dass sie sich da etwas vormachte. "Ich hab es ja versucht, ohne den Trank zu schlafen. Jede Nacht versuche ich es..." murmelte sie in einer Mischung aus Ärger und Scham. "Aber dann liege ich stundenlang wach, und dann kommen diese Gedanken...und dann...kommt diese Angst..." Serrana brach ab und starrte auf den Boden zu ihren Füßen. Würde Axilla überhaupt nachvollziehen können, wie absolut hilf- und machtlos sie sich in diesen Augenblicken fühlte, in denen die Angst in immer größeren Wellen über sie rollte, und sie stockstarr mit weitaufgerissenen Augen in ihrem Bett lag, während ihr Herz derart laut schlug, dass sie sicher wahr, auch Quintus müsse es hören. Und wie wundervoll war es, in solchen Momenten die kleine Amphore in greifbarer Nähe zu wissen. Nur ein oder zwei Schlucke dämmten diese Panik, und wenn sie den Trank rechtzeitig nahm, dann kam sie erst gar nicht auf und Serrana glitt in einem angenehm betäubten Zustand in den Schlaf. Immer häufiger gab sie daher auch der Versuchung nach, sich schon vor dem zu Bett gehen eine kleine Portion zu gönnen, aber das behielt Serrana an dieser Stelle lieber für sich, schließlich gab sie ohnehin schon kein allzu beeindruckendes Bild ab. "Ich habe keine Angst, dass mich morgen jemand umbringen könnte oder ich von einem Karren überfahren werden könnte." protestierte sie und stellte zu ihrer eigenen Überraschung fest, dass es die Wahrheit war. "Ich hab nicht vor allem Angst, wirklich nicht, nur...nur davor...vor all diesem Blut, und dass ich da liegen werde, und es aus mir rausläuft und ich nichts dagegen machen kann." Jetzt war es Serrana, die begann auf und ab zu gehen und die Hände zu ringen. "Ich will so sehr, dass es aufhört, Axilla, aber ich weiß einfach nicht, was ich dagegen machen kann. Dass es albern ist und peinlich, weiß ich ja selbst, aber das hilft mir nicht. Wenn du eine Idee hast, dann sag es mir! Bitte!"
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Automatisch folgte Serranas Blick dem des Pontifex, und als dieser bei ihrem Bauch angelangt war, glitt automatisch ihre Hand an diese Stelle, als könne sie auf diese Weise etwas verbergen, das bislang noch gar nicht zu sehen war. Verlegen war sie ohnehin bereits gewesen, doch jetzt stieg ihr die Hitze ins Gesicht, während sie angestrengt versuchte, die Veränderung in seinem Benehmen zu verstehen. Bislang war Aurelius Corvinus ein zwar freundlicher aber dem Rangunterschied angemessen distanzierter Gesprächspartner gewesen, aber das jetzt war irgendwie anders...,seltsam nahezu und kaum hatte Serrana einige Parallelen zu Romanas Verhalten nach der Leberschau zu entdecken geglaubt, da trieb der in letzter Zeit immer größer werdende irrationale Teil ihrer Gedanken neue Blüten. 'Vielleicht sieht er es auch' schoss ihr durch den Kopf, und die Panikwelle hatte sie längst überrollt, bevor sich Serranas Verstand schließlich wieder Gehör schaffen und dafür sorgen konnte, dass sie halbwegs ruhig und normal weitersprechen konnte.'Verdammt, nimm dich zusammen, er kann überhaupt nichts sehen, schließlich sind wir nicht bei einer Opferung. Vermutlich ist er nur verärgert, weil du dich nicht früher dazu geäussert hast.' Dankbar für die Ablenkung folgte sie mit den Augen seinen Aufräumarbeiten auf dem Schreibtisch und hätte fast versäumt, rechtzeitig auf seine Glückwünsche zu reagieren. "Oh, ähm..vielen Dank. Mein Mann und ich freuen uns schon sehr." brachte sie dann mit einem hoffentlich angemessen strahlenden Lächeln hervor. Dass die geplante Tätigkeit als Ausbilderin offenbar doch nicht gescheitert war, bevor sie überhaupt begonnen hatte, hob ihre Stimmung dann allerdings tatsächlich. "Ja, das werde ich gern tun." sagte sie erleichtert. "Ich werde mich gleich morgen auf die Suche nach einem Priester machen, der für den praktischen Teil einspringen kann."
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Natürlich. Nicht einmal in Gesellschaft und noch dazu in einem Tempel war der alte Drachen in der Lage, sich mit seinen spitzen Bemerkungen ihr gegenüber zurückzuhalten. Serrana starrte ihre Großmutter an und fühlte plötzlich einen unbändigen Hass auf die alte Frau, die sich gerade derart selbstgefällig mit den vierzig Jahren brüstete, die sie selbst vermutlich niemals haben würde. Nicht mal zehn davon und vielleicht nicht mal mehr eins. Ihre ganze Kindheit über war Serranas nachgiebiges Wesen der ideale Spielball für Laevina gewesen, doch beflügelt von einer Mischung aus Angst und Wut platzte ihr jetzt doch der Kragen.
"Wie schön für dich." fauchte sie und hatte die neben ihr stehenden Frauen für einen Augenblick vollkommen aus den Augen verloren. "Vielleicht hast du ja Glück, und es ist ein Vetreter der Acta anwesend, der deinen Einsatz gebührend zu würdigen weiß und dir ein ewiges Denkmal setzt. Das wäre dir doch sicher recht, oder?" -
"Das ist keine Mühe." wehrte Serrana ebenfalls lächelnd ab. "Ich spreche heute ohnehin mit dem Pontifex und bin mir sicher, dass er dein Anliegen wohlwollend prüfen wird. Hast du schon eine feste Unterkunft in Rom gefunden? Oder soll ich die Nachricht zum Haus von Iulius Centho schicken?"
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"Er hat mir hinterlassen, wo ich ihn erreichen kann. Sobald ich wieder daheim bin, werde ich ihm eine Nachricht zukommen lassen, dass er hier vorsprechen soll." bestätigte Serrana, und obwohl die bevorstehende Aufgabe ein angenehmes Kribbeln der Aufregung und Nervosität in ihr auslöste, entspannte sie sich zusehends und machte es sich in ihrem Sessel ein wenig gemütlicher, bevor sie über die nächste Anmerkung des Pontifex lachen musste. "Immerhin war er so großzügig auf unserer Hochzeit das Opfer zu leiten, deshalb hoffe ich einfach mal, dass wir ihm nicht in allzu schlechter Erinnerung geblieben sind." Vor ihrem inneren Auge tauchten jetzt die eine oder andere Erinnerung an die noch nicht allzu lang vergangene Ausbildung auf, und Serrana seufzte und sah auf den Becher in ihrer Hand hinab. "Durmius Verus war wirklich ein wundervoller Lehrer, und wir haben viel von ihm gelernt. Schade, dass die neuen Schüler ihn nicht mehr kennenlernen werden". Bei der nächsten Frage ging ihr Blick jedoch direkt wieder nach oben. "Calvena? Oja, darüber weiß ich etwas. Ihr Mann ist kurz nach der Hochzeit von einem Tag auf den anderen vom Praefectus Urbi nach Germanien versetzt worden, und sie hat ihn natürlich begleitet. Sie mussten so überstürzt aufbrechen, dass sie sich von ihren meisten Freunden nicht mal persönlich verabschieden konnte." Dass Valerian seine Versetzung seinem verständlichen Widerstand gegen die Takt- und Distanzlosigkeit des Praefectus Urbi zu verdanken hatte, ließ sie aussen vor. Es würde den Pontifex vermutlich auch kaum interessieren, dass dieser sich an die frischgebackene Ehefrau eines Praetorianers herangemacht hatte. Während sie darauf wartete, ob Aurelius Corvinus noch weitere Fragen an sie hatte, wechselten die Bilder, und Serrana sah sich selbst in Gesellschaft ihrer beiden Schüler, in den Unterrichtsräumen, im Tempel, beim Gespräch, beim gemeinsamen Opfern.... Ohne dass sie es merkte, hatte sich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht geschlichen, doch als die Bilder immer mehr an Schärfe gewannen, traf sie plötzlich eine Erkenntnis wie ein Schlag in den Magen. Es würde gar nicht gehen...Wie hatte sie daran nur nicht denken können? Wie sollte sie das denn jetzt noch zur Sprache bringen, ohne dass der Pontifex sie entweder für nachlässig oder oberflächlich und dumm oder gar beides hielt? Serrana biss sich auf die Lippe, suchte nach einem einigermaßen angenehmen Schlupfloch, aber es gab keins. Es blieb nur noch Offenheit. "Ich...ähm...es ist mir furchtbar peinlich, aber vielleicht....kann ich diese Aufgabe doch nicht übernehmen." brachte sie schließlich mit einer Mischung aus Verlegenheit und aufkeimender Enttäuschung heraus. "Ich hab gar nicht daran gedacht, dass.....dass ich schwanger bin."
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Jetzt war es Serrana, die Axilla ansah, als warte sie darauf, dass diese zu erkennen gab, einen Scherz gemacht zu haben. "Aber....aber du kannst Romana doch nicht mit uns vergleichen. Sie ist eine Vestalin, vom Kaiser selbst ausgewählt, und gilt als seine Tochter..." Im Grunde war sie ja dankbar für jeden gedanklichen Rettungsanker, den ihre Cousine ihr zuwarf und jedes Schlupfloch, das sie ihr zeigte, aber derartige Äusserungen über eine Priesterin der Vesta, du liebe Güte...
Was Sedulus anging hatte sie natürlich recht, auch wenn Serrana diesen Gedanken gern verdrängte. "Ich werd noch mit ihm darüber sprechen, wenn...irgendwann. Quintus wird das sicher verstehen, da bin ich sicher..." Ihre Stimme wurde jetzt wieder leiser, während sie erneut auf ihre Finger starrte und geistesabwesend an dem einen herumzupfte. "Aber ich möchte nicht, dass er es weiß, jetzt jedenfalls noch nicht..." Serrana machte noch einen weiteren Schritt auf Axilla zu, blieb dann jedoch wieder stehen. "Meinst du wirklich?" fragte sie in dem hoffnungsvollen Tonfall eines kleinen Kindes, dem man soeben versichert hat, dass unter seinem Bett keine bösen Dämonen und Geister lauern. "Ich weiß ja selbst, dass es albern ist, soviel Angst zu haben, aber wenn ich den Trank von Crios nicht hätte, dann könnte ich überhaupt nicht mehr schlafen. Kannst du mir es nicht einfach versprechen, und...wenn... wenn nichts passiert, dann vergessen wir es wieder?" -
"Mach dir bitte keine Sorgen, es wird schon nicht so schlimm werden." sagte Serrana schnell mit betont unbekümmertem Gesichtsausdruck. "Ich werde es schon irgendwie hinkriegen, und ich kann auf diese Weise damit anfangen, mir im Cultus Deorum einen Namen zu machen." Dass die Arbeit mit den Schülern sie von ihren sonstigen Nöten ablenken würde, konnte Serrana leider ebenso wenig anführen wie das Argument, dass sie nicht wusste, ob sie eine derartige Chance noch einmal bekommen würde. Dabei waren diese beiden Überlegungen in ihren Augen fast ebenso entscheidend wie die Vorfreude darauf, sich noch intensiver mit ihrem Lieblingsthema zu beschäftigen. Auf Sedulus' Frage hin zuckte sie ein wenig verlegen die Achseln. "Naja, manchmal denke ich schon, dass ich etwas spüre, aber ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich das Kind ist. Eigentlich ist es ja auch noch sehr klein. Aber ich freue mich schon darauf, wenn es anfängt sich zu bewegen. Das muss ein wundervolles Gefühl sein..." Serrana streichelte zärtlich über den Stoff ihrer Tunika doch bei den nächsten beiden Themen, die Sedulus anschnitt, verdunkelte sich ihr Blick ein wenig. Also kein Germanien....ob sie wohl noch eine weitere Gelegenheit bekommen würde, dorthin zu reisen? Nein, diesen Gedanken wollte sie nun wirklich nicht zu Ende denken, dann dachte sie doch lieber über ihre Stieftochter nach.
"Ich weiß es nicht genau." antwortete sie nach kurzem Zögern wahrheitsgemäß. "Am Anfang hat es eigentlich ganz gut geklappt, aber in letzter Zeit hab ich das Gefühl, dass Sabina mir nach Möglichkeit aus dem Weg geht. Aber ich kann mich natürlich auch irren..."
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"Naja, es wird sicher ziemlich anstrengend werden." gab Serrana ein wenig widerwillig zu und trank einen weiteren Schluck Wasser. "Aber vorbereiten muss ich mich ohnehin, und vielleicht ist es für die beiden Schüler besser, wenn sie sich miteinander austauschen können. Das hat bei Calvena und mir auch immer sehr viel gebracht." Sie musste unwillkürlich lächeln, als sie sah, wie aufgeregt Sedulus auf die Bestätigung ihrer Schwangerschaft reagierte, und für einen Moment lang vertrieb ein warmes wohliges Gefühl sogar das fast allgegenwärtige Gefühl der Angst, das sich tief in Serranas Innern eingenistet hatte. Wie sollte sie bloß all diese Fragen auf einmal beantworten? Die endgültige Bestätigung hatte sie bei Romanas Leberschau bekommen, aber das würde sie ihrem Mann ganz sicher nicht verraten. Wenn es nach ihr ging, würde er ohnehin niemals von diesem dunklen Nachmittag in der Casa Iunia erfahren. Es reichte schließlich, wenn sie sich Sorgen machte, ganz abgesehen davon, dass der unbekümmerte Optimismus ihres Mannes sie sogar häufig davon ablenkte.
"Nun, irgendwann waren die Anzeichen wirklich eindeutig." lächelte sie erneut und sah auf ihre Hand hinab, die nach wie vor auf ihrem Bauch lag. "Und ganz allmählich sieht man es auch schon ein bisschen, zumindest wenn man es weiß". Mit dem bloßen Auge war es eigentlich noch kaum wahrnehmbar, aber Serrana, die sich und ihre Silhouette regelmäßig genau in einem polierten Kupferspiegel begutachtete, hatte gemerkt, dass ihr sonst vollkommen flacher Bauch allmählich begann, sich ein wenig zu runden. Ganz abgesehen davon, dass auch ihr Busen zunehmend voller wurde, aber das konnte bei ihrem sonst eher zierlichen Körperbau ja nun wirklich nicht schaden. "Mach dir keine Gedanken, mir geht es gut." reagierte sie schließlich auf seine nächste Frage, in die sich ein spürbar besorgter Unterton eingeschlichen hatte, und wenn man von den rein körperlichen Dingen ausging, war das auch die Wahrheit. Serrana hatte zwar nach wie vor Angstzustände und Albträume, aber seit der Cena mit dem unseligen Hasen war es ihr nie wieder übel geworden. Fast schien es, als würde sich ihr Körper über ihren desolaten seelischen Zustand lustig machen, indem er keinerlei Beschwerden mehr zuließ. Und was den Zeitpunkt der Geburt anging... "Nun, ganz genau weiß ich es nicht, aber ich denke, in einem knappen halben Jahr dürfte es wohl soweit sein."
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"Küche hört sich gut an." Die Aussicht auf ein baldiges Frühstück zauberte ein breites Lächeln auf Serranas Gesicht. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, dass sie morgens schonmal einen derartigen Hunger gehabt hatte. Ob das eine Begleiterscheinung der Ehe war?
"Und nein, dort war ich noch nie, zeigst du mir, wo sie ist?" Sie hängte sich bei ihrem Ehemann ein und sah ihn erwartungsvoll an.
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Ich melde mich auch für das Wochenende ab.
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Eigentlich hatte Serrana nicht wirklich mit einer Ablehnung gerechnet, trotzdem freute sie sich über die Zustimmung des Pontifex. Natürlich war es in Dontas' Fall bislang nur bei einer oberflächlichen Bekanntschaft geblieben, aber er hatte auf sie einen aufrichtig frommen Eindruck gemacht, und das war für Serrana, die religiöse Belange aller Art sehr ernst nahm, durchaus entscheidend.
Damit, dass sie auf diese Weise auch direkt zu einem weiteren Schüler kam, hatte sie allerdings nicht gerechnet, obwohl der Gedanke nicht wirklich abwegig war."Nun, wenn er es vorzieht, als Discipulus einzutreten und in etwa den gleichen Wissenstand besitzt wie Flavius Flaccus, dann wäre das sicher sehr sinnvoll." Für sie persönlich machte ein weiterer Schüler keinen besonderen Unterschied. Serrana war es wichtig, ihr erlerntes und erarbeitetes Wissen so gut und verständlich wie möglich weiterzugeben. Die Zahl der Schüler war dabei eher unerheblich, zumindest so lange es sich in einem derart überschaubaren Rahmen hielt. "Um ehrlich zu sein, hab ich eher damit gerechnet, eine Schülerin zu bekommen, aber wenn Durmius Verus es mit Calvena und mir ausgehalten hat, werde ich wohl auch mit zwei Männern zurecht kommen." Du liebe Güte, schon wieder so ein Satz, den sie früher niemals über die Lippen gebracht hätte, obwohl er ja eigentlich vollkommen harmlos war.