Beiträge von Iunia Serrana

    "Nein, natürlich nicht. Wie kommst du denn nur auf auf so eine Idee?" fragte Serrana aufrichtig entsetzt und schüttelte bekräftigend den Kopf. Nein, derzeit gab es kaum einen anderen Menschen, dem sie so vertraute wie ihrem Mann, schließlich hatte er ihr noch nie Grund für Misstrauen irgend einer Art gegeben.


    "Ins Tepidarium? Oja, das ist eine gute Idee!" Nach und nach sammelte Serrana ihre Kleidungsstücke im Becken zusammen, stieg dann über die Stufen hinaus und wrang den nassen Stoff aus. Irgendwie war es schon ein wenig seltsam, völlig unbekleidet vor Sedulus umherzulaufen, aber schließlich gab es mittlerweile ja nichts mehr an ihr, dass er nicht schon gesehen hatte.


    "Ja, frag ihn mal, über Adula werde ich nichts rausfinden können. Die interessiert sich nämlich überhaupt nicht für Klatsch und Tratsch. Kommst du?" Sie blieb abwartend am Beckenrand stehen und streckte ihm mit einem Lächeln die Hand entgegen.

    Immer noch ein wenig nervös ließ sich Serrana auf dem ihr angebotenen Sessel nieder und zupfte automatisch ein wenig an ihrer Palla herum, bevor sie den Pontifex wieder ansah.


    "Oh, vielen Dank, das ist sehr freundlich." antwortete sie mit einem Lächeln, wie immer, wenn ihre noch nicht allzu lang zurückliegende Heirat zum Gegenstand einer Unterhaltung wurde und nickte auch dem jungen Sklaven freundlich zu, als dieser ihr das erbetene Wasser brachte. Eine der nächsten Fragen erstaunte sie dann aber doch. Eines der hochrangigsten Mitglieder des Cultus Deorum fragte ausgerechnet sie nach ihrer Meinung? Selbstverständlich war es sicher nicht, dass sich ein Pontifex für die Ansichten einer einfachen Aeditua interessierte. Serrana streckte sich ein wenig und ließ ein kurzes Räuspern hören. "Bis jetzt gefällt es mir sehr gut." begann sie wahrheitsgemäß. "Die Arbeit im Tempel macht mir großen Spaß, und zudem habe ich ja auch das Glück, der großen Minerva dienen zu dürfen, das hab ich mir von klein auf gewünscht." Wieder ging ein Lächeln über ihr Gesicht, bevor sich ihre Stirn in Falten legte während sie über den zweiten Teil der Frage nachdachte. "Ich denke, ich habe noch zu wenig Erfahrung, um mir anzumaßen irgendetwas ändern zu wollen. Im Tempel auf dem Forum Nervae klappt eigentlich auch alles recht reibungslos, die Tempeldiener sind sehr zuverlässig, so dass es bei den Opferungen keine Probleme gibt. Ich würde mir allerdings wünschen, dass noch mehr Gläubige in den Tempel kommen würden." gab sie schließlich zu und warf einen etwas unschlüssigen Blick hinüber zum Pontifex. Ob er das wohl albern fand und naiv? Ja, vermutlich tat er das, aber schließlich hatte er sie ja nach ihrer Meinung gefragt, also wollte sie auch aufrichtig sein. "Weißt du, ich hatte schonmal darüber nachgedacht, was man unternehmen könnte, damit den Menschen in dieser Stadt wieder etwas bewusster wird, dass die Götter zu ihrem täglichen Leben dazugehören. Aber durch die Hochzeitsvorbereitungen und den Umzug und all das bin ich leider ein wenig davon abgekommen." Mit einiger Anstrengung widerstand Serrana der Versuchung, erneut an den Falten ihres Kleides herumzuzupfen und verschränkte die Hände stattdessen in ihrem Schoß.

    "Ach, das glaube ich nicht. Warum sollte er sich denn schlecht benehmen?" Mittlerweile war auch Serrana aufgestanden und strich sich ihr Kleid glatt, bevor sie ebenfalls ein höfliches Lächeln aufsetzte. Ob Adula nun in den Palast hinein kam oder nicht, war eigentlich egal, da sie Axilla auf dem Heimweg hätte begleiten sollen, aber ihre Cousine schien ja einen vernünftigen Begleiter dabei zu haben. Jetzt, wo sie stand, fühlte sich Serrana doch ein wenig wacklig auf den Beinen und sie sehnte sich zunehmend nach ihrem Bett. Es galt nur noch, die Verabschiedung vernünftig hinzubekommen, dann konnte sie sich endlich hinlegen.


    "Nun, wenn ich dich wirklich nicht überreden kann, länger zu bleiben, dann wird Adula dich zur Porta zurückführen. Ich wünsche dir einen angenehmen Rückweg, und vielen Dank noch einmal, dass du hergekommen bist, um mich zu besuchen."

    "Übermorgen erst? Oh..." Serrana, deren Körper sich durch die plötzliche Hoffnung gestreckt und gestrafft hatte, fiel wieder in sich zusammen. Zwei ganze Tage noch mit dieser Ungewissheit? Andererseits, wenn Romana ihr nicht half, dann würde sie noch viel länger warten und bangen müssen. 'Reiss dich am Riemen, verdammt!' rief sie sich selbst zur Ordnung. 'Romana hat es nicht verdient, dass du dich hier aufführst wie ein kleines Kind. Sei froh, dass sie dir helfen will und es scheinbar auch kann.' "Ja, natürlich, wie dumm von mir." nickte sie nach kurzem Räuspern und hielt sich wieder etwas gerader."Das mit der Casa Iunia ist eine gute Idee, ich werd das Lamm bis übermorgen besorgen. Gibt es noch irgendetwas, das du dafür brauchst?" Serrana betrachtete Romana mit einer Mischung aus Bewunderung und auch ein wenig Befangenheit. Die Haruspizin beherrschte sie also auch? Was für ein Glück, dass sie mit jemandem befreundet war, der eine so enge Verbindung zur Welt der Götter besaß. Zwei Tage noch, dann würde sie erfahren, wie es mit ihr weiterging. So oder so, wie es Serrana bewusst wurde, als sie den Gedanken zu Ende dachte. Sie schluckte erneut und bemühte sich um einen einigermaßen zuversichtlichen Gesichtsausdruck.

    Nein, Serrana spürte den harten Stein des Beckenrandes tatsächlich nicht, dafür waren ihre anderen Empfindungen in diesem Moment viel zu übermächtig. Auch ihr erstes Beisammensein mit Sedulus in ihrer Hochzeitsnacht war schön gewesen, aber da waren von ihrer Seite vor allem Verliebtheit, Hingabe und der Wunsch, ihrem Mann zu gefallen im Spiel gewesen. Diesmal genoss sie es jedoch von Anfang bis Ende in vollen Zügen und war fast enttäuscht, als ihr Mann sich schließlich wieder von ihr löste.
    Immer noch ausser Atem, tauchte sie einmal komplett unter und wieder auf, doch es dauerte eine ganze Weile, bis ihr Körper wieder völlig zur Ruhe gekommen war.


    "Ach, war es das wirklich?" fragte sie dann aufrichtig erstaunt und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht, bevor sie sich wieder auf einer Stufe im Wasser niedersetzte. Es gab also tatsächlich etwas, was sie gemeinsam zum ersten Mal getan hatten. Und damit war es auch etwas, dass Sedulus mit seiner ersten Frau nicht gemacht hatte, und das war Serrana seltsamerweise ungemein wichtig.


    Überall im Wasser verstreut trieben Kleidungsstücke, wobei Serrana ihren Gürtel erst nach längerem Umherspähen in einer Ecke des Beckens auf dem Boden wiederentdeckte. "Sag mal, wie kommen wir jetzt eigentlich wieder nach oben?" fragte sie mit einem Kichern. "Wir können doch unmöglich mit tropfnassen Sachen hier rausgehen und nackt vor den Sklaven herumspazieren können wir auch nicht."

    "Oh, das ist schade. Aber vielleicht klappt es ja an einem anderen Tag vor unserer Abreise. Vor kurzem sind einige Familienmitglieder der Germanici in Rom angekommen, die ich bislang selbst kaum kenne. Aber sie sind ungefähr in unserem Alter, da dachte ich, es sei vielleicht eine gute Idee..." Serrana brach ab und sah ihre Cousine ein wenig verwirrt an. Axilla lächelte, ja, aber irgendwie schien alles, was sie zu ihr sagte, an diesem freundlichen Lächeln abzuprallen. Serrana runzelte die Stirn und rieb sich erneut über die Augen. Irgendwie wurde sie das ungute Gefühl nicht los, dass sie das undurchdringliche Verhalten ihrer Cousine mitverursacht hatte, aber wodurch nur? Der Wein war wirklich Balsam für ihre überreizten Nerven gewesen, aber jetzt hinderte er sie auch daran, sich an alles, was sie im Verlauf des Gesprächs gesagt hatte, richtig erinnern zu können. Ob sie einfach fragen sollte? Serrana öffnete kurz den Mund und schloss ihn dann direkt wieder. Eine Sache offen und direkt anzusprechen, war noch nie ihre Stärke gewesen, und so ließ sie es auch diesmal sicherheitshalber sein. Schliesslich konnte sie das auch noch beim nächsten Mal nachholen, wenn sie wieder einen etwas klareren Kopf besaß und über etwas anderes nachdenken konnte als über die Dinge, die derzeit in ihrem Körper vor sich gingen.


    "Hat dieser Levi dich jetzt auch hierher begleitet? Oder ein anderer Sklave? Sonst könnte ich dir Adula für den Rückweg mitgeben."

    Sedulus' Lippen und Hände auf ihrer Haut und all das warme wohlriechende Wasser um sie herum, - Serrana spürte ihren Körper, wie sie ihn noch nie zuvor wahrgenommen hatte. Ein wenig ungewöhnlich war die Situation hier im Bad ja schon und auch die körperliche Intimität zwischen ihnen nach wie vor für sie ungewohnt und neu, aber da sie ihrem Mann voll und ganz vertraute, gelang es Serrana, sich nach und nach immer mehr fallen zu lassen und einfach den Signalen ihres Körpers zu folgen. Mit wachsender Erregung beschleunigte sich auch ihr Atem immer mehr, und als Sedulus wieder einmal von einem seiner Unterwasser-Ausflügen auftauchte, zog sie ihn wieder zu sich hoch, bedeckte nun ihrerseits sein Gesicht und Hals mit Küssen und schlang ihre Beine um ihn.


    "Komm zu mir, ja?" flüsterte sie ein wenig atemlos und schmiegte sich noch ein wenig enger an ihn.

    Serrana, die bei der Frage nach der Geschichte automatisch den Kopf geschüttelt hatte, hing während Romanas Erzählung wie gebannt an deren Lippen und musste bei dem drastischen Ende schlucken, bevor sie schließlich nickte. Natürlich wären ihr in dieser Situation aufbauende Worte und die Versicherung, dass schon alles gut gehen würde, lieber gewesen. Aber im Grunde war es auch Serrana klar, dass selbst Romana, Vestalin hin oder her, ihr eine solche nicht geben konnte. Ganz abgesehen davon, dass es für die Claudia sprach, dass sie nicht den für sie beide vermutlich angenehmeren Weg wählte, sondern ihre Freundin mit der unangenehmen Wahrheit konfrontierte und sie dadurch zwang, sich damit auseinanderzusetzen. Fast übergangslos wurde Serrana von einer erneuten Welle der ihr mittlerweile schon so vertrauten Angst überrollt und es dauerte eine ganze Weile, bis sich auch ein anderer Gedanke seinen Weg in ihren Verstand gebahnt hatte, welcher im Moment sehr erfolgreich von gänzlich irrationaler Panik blockiert wurde.
    Ja, es konnte durchaus sein, dass sie bei der Geburt ihres Kindes starb. Und ja, sollte dieser Fall eintreten, dann würde sie noch vor Ablauf eines Jahres tot sein und niemals älter werden als sechzehn. Aber es musste ja nicht zwangsläufig geschehen. Ja, ihre Mutter war verblutet, aber andere Frauen taten das nicht. Ihre Großmutter zum Beispiel war immer noch gesund und munter, und die hatte immerhin drei Kinder zur Welt gebracht. Und Axilla hatte sowohl ihre gescheiterte Abtreibung als auch eine Fehlgeburt überstanden, auch wenn es zumindest im ersten Fall eine Weile nicht danach ausgesehen hatte. Und die war von ihrer Konstitution her auch nicht unbedingt robuster und gesünder als sie selbst.
    Langsam und geräuschvoll stieß Serrana die Luft, die sich in ihren Lungen angesammelt hatte, wieder aus und nickte dann erneut. „Ja, ich weiß, was du meinst, und du hast sicher Recht. Ich muss irgendwie einen Weg finden, mit dieser unseligen Angst fertig zu werden. Die führt ohnehin zu nichts, und ich schade damit nur mir selbst.“ Das war natürlich leichter gesagt als getan, denn das eigentlich so grausame an der Angst war ja, dass sie sich nicht nach den Regeln des vernunftbegabten Denkens richtete, sondern ihre Opfer immer wieder in unbedachten Momenten überfiel und alles andere ausschaltete.
    Und dann tat sich plötzlich und eigentlich gar nicht mehr erhofft doch noch eine Tür auf, und Serrana starrte Romana kurz voller neu erwachter Hoffnung an.


    „Ein Lamm?“ fragte sie überrascht nach und ließ den Blick einmal quer durch das Vestibulum der Vestalinnen gleiten, als könnte besagtes Tier jeden Moment in einer der Ecken des großen Raumes auftauchen. „Und damit könnest du herausfinden, ob….oh, aber wo bekommen wir jetzt so schnell ein Lamm her?“

    Ihre Lippen hatten sich noch nicht wieder voneinander gelöst, als Serrana plötzlich den Marmor des Beckenrandes in ihrem Rücken spürte. Offensichtlich hatten sie sich gerade im Wasser gedreht, aber das nahm sie nur am Rande zur Kenntnis, denn im Moment interessierte sie wesentlich mehr, was sich vor ihr befand und abspielte.
    Mit einem geniesserischen Seufzer legte sie den Kopf in den Nacken und spürte den Berührungen von Sedulus' Lippen nach. Wie gut sich die anfühlten, und wie schnell ihr Körper diesmal auf ihn reagierte, jetzt wo Angst und Nervosität keine Rolle mehr spielten.


    "Ich....hab....es ganz und.....gar nicht.....eilig." stieß sie ein wenig abgehackt hervor und fuhr mit den Händen den Rücken ihres Mannes entlang, bevor sie sie in seinen Nacken legte und ihn so noch näher an sich heranzog.

    Serrana hielt automatisch die Luft an, als Sedulus plötzlich untertauchte und sich an ihrem Kleid zu schaffen machte. Dann griff sie jedoch nach dem nassen Stoff und zog ihn sich ebenfalls über den Kopf, wobei sich die Reste ihrer Frisur endgültig auflösten und die langen Haare offen ins Wasser fielen. Daran, wie sie gerade aussehen musste, verschwendete sie keinen weiteren Gedanken, dafür war die Situation viel zu neu und aufregend.
    Als Sedulus wieder vor ihr auftauchte, fuhr sie ihm mit den Fingern durch sein tropfnasses Haar und legte die Arme dann wieder um seinen Hals. Ja, Serrana war bereits tatsächlich ein wenig auf den Geschmack gekommen und hatte im Gegensatz zur vorherigen Nacht auch keine Angst mehr vor dem Zusammensein mit ihrem Ehemann. Warum auch, Schmerzen hatte man, nach allem was sie gehört hatte, schließlich nur beim ersten Mal und der Rest ihrer Hochzeitsnacht hatte ihr durchaus gefallen.


    "Nun, wenn du es nicht so eilig gehabt hättest, ins Becken zu fallen, dann hätte ich mein Kleid auch vorher ausgezogen." Serrana gab ihrem Mann einen Kuss und lächelte vergnügt. Und wie ging es jetzt weiter? Die Grundlagen des ehelichen Beisammenseins hatte sie in der letzten Nacht ja halbwegs verinnerlicht, aber das hier schien schon etwas fortgeschrittener zu sein. Serrana nahm sich fest vor, Septima beim nächsten Besuch danach zu fragen, irgendwie schien sich ihre Pronuba in diesen Bereichen ungemein gut auszukennen.

    Nachdem sie sich für den Rest ihres Aufenthaltes in der Villa Aurelia von Adula getrennt hatte, folgte Serrana dem jungen Sklaven und blieb schließlich abwartend neben ihm stehen. Während er seinem Herrn ihr Kommen ankündigte, warf Serrana einen neugierigen Blick auf die Schriftrolle, die der Pontifex in den Händen hielt. Ob es wohl ein religiöses Werk war, was angesichts seiner Position ja durchaus nahelag? Oder doch etwas ganz anderes?


    "Salve, Pontifex Aurelius. Ich hoffe, ich komme zur rechten Zeit." sagte sie schließlich mit dem einem Vorgesetzten gebührenden Respekt und nickte dann kurz auf die Frage des Sklaven. "Ein Becher Wasser wäre nett, vielen Dank."

    "Ja, leider. Dabei hab ich überhaupt keine Ahnung, was man alles auf eine so weite Reise mitnehmen sollte." Serrana seufzte leise auf. Als sie von Nola nach Rom gekommen war, hatte sie derartige Probleme nicht gehabt, denn ihre wenigen Habseligkeiten hatten auf einem Gemüsekarren Platz gehabt, ganz abgesehen davon, dass die gesamte Reise damals nur wenige Tage gedauert hatte. "Dort soll es ja auch viel kälter sein als hier in Rom, da werde ich sicher noch einiges einkaufen müssen. Aber spätestens im Herbst wollen wir ja wieder zurück sein." Unter normalen Umständen wäre Serrana jetzt wohl doch allmählich ein wenig nervös geworden, doch auch in diesem Fall wirkten die drei Becher verdünnten Weins wahre Wunder und dämpften alle unangenehmen Gefühle angenehm ab."Ja, das wäre schön." nickte sie beipflichtend auf Axillas Vorschlag hin. "Der genaue Abreisetermin steht noch nicht fest, aber ich kann dir ja eine Nachricht zukommen lassen, sobald ich etwas genaueres weiß." Adula kannte ja mittlerweile den Weg zum Kaiserlichen Palast und würde sich wohl auch diesmal von dem ganzen herrschaftlichen Drumherum deutlich weniger beeindrucken lassen als ihre Herrin. "Du könntest vielleicht zur Cena kommen, dann kann ich dich dem Rest der Familie vorstellen." Für den heutigen Tag stand erfreulicherweise keine Cena mit Gästen ins Haus, da würde sie sich ohne schlechtes Gewissen frühzeitig in ihr Cubiculum zurückziehen und halbwegs friedlich einschlafen können.

    "Meinst du etwa, die Sklaven unterhalten sich darüber, wie wir..also ähm...was wir....so miteinander tun? Das wäre aber allerhand." stellte Serrana eindrucksvoll unter Beweis, dass der Verlust der Unschuld nicht zwangsläufig auch das Ende der Naivität bedeuten musste. Und nur wenige Augenblicke später wurden ihre Augen noch ein wenig runder. "Hier im Wasser, meinst du? Oh..." Serrana zögerte kaum merklich, dann half sie Sedulus dabei, seine Tunika über den Kopf zu ziehen, was sich bei dem nassen Kleidungsstück als gar nicht so einfach herausstellte. Irrte sie sich, oder bildete sich auf ihreren Armen gerade trotz des wohlig warmen Wassers eine kribbelnde Gänsehaut? Auch wenn sie jetzt ordnungsgemäß verheiratet war, kam ihr diese Idee furchtbar unanständig vor, aber reizvoll und spannend war sie trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb.


    "Hilfst du mir auch, bitte?" fragte sie schließlich nach erneutem kurzen Zögern und machte sich daran, den Gürtel um ihre Taille zu lösen.

    Einen Moment lang runzelte Serrana die Stirn, dann schüttelte sie den Kopf. "Nein, sonst ist da eigentlich nichts Ungewöhnliches. Naja, ich hab in letzter Zeit sehr wenig Appetit, aber das liegt vielleicht auch an dem ungewohnten Essen." Schäm dich, das Essen im Haus deines Ehemannes in der Öffentlichkeit schlecht zu machen, mahnte sofort ihr schlechtes Gewissen an, doch Serrana war noch immer zu sehr auf der Suche nach einem Schlupfloch, als dass diese innere Stimme sie wirklich erreicht hätte. Auch Romanas nächste Bemerkung sickerte erst mit einiger Verspätung durch und sorgte dafür, dass sich die beeindruckende Gesichtsfarbe der Iunia noch ein wenig länger hielt. "Oh nein, natürlich nicht. Als Dienerin der Vesta hast du mit solchen Dingen ja auch nicht viel zu tun." Ob eine solche Priesterschaft nicht vielleicht doch auch etwas für sie selbst gewesen wäre? dachte Serrana kurz, bevor sie erneut das schlechte Gewissen packte. Was bist du nur für eine Ehefrau, die sich nach wenigen Wochen Ehe schon Gedanken über die Vorzüge ewiger Keuschheit macht! Gut, dass Sedulus von diesem Gespräch und vor allem von ihren Gedanken nichts mitbekam, er würde sich zweifellos fragen, ob er die richtige Frau geehelicht hatte. Da dachte sie doch sogar lieber über den Tod von Romanas Mutter nach, auch wenn dieses Thema ausgesprochen bedrückend war. "Das ist so traurig." bekam sie noch heraus, bevor sie in Romanas Umarmung versank. Wie lange die beiden jungen Frauen so engumschlungen sitzen blieben, hätte Serrana im nachhinein nicht sagen können. Es tat einfach unendlich gut, von jemandem gehalten zu werden, der nichts von einem erwartete. Auch in Sedulus Armen fühlte Serrana sich geborgen und sicher, trotzdem machte sie sich selbst in solchen Augenblicken ständig Gedanken darüber, ob sie auch schön, aufregend und unterhaltsam genug für ihren Ehemann war. Serrana seufzte leise und drückte ihr Gesicht in den Stoff von Romanas Vestalinnengewand. Allein die Tatsache, sich endlich einem anderen Menschen offenbart zu haben und offen über ihre Angst gesprochen zu haben, nahm dieser schon ein wenig den Schrecken und Romanas Umarmung tat ein übriges, so dass Serrana allmählich ruhiger wurde und sich ziemlich widerwillig soweit von ihrer Freundin löste, dass sie diese ansehen konnte. "Das ist ja das Schlimme, dass ich vor etwas Angst habe, dass jeden Tag passieren kann. Das macht die Angst irgendwie noch armseliger. Und weißt du...." Serrana schob sich eine gelöste Haarsträhne zurück hinters Ohr, bevor sie auch diese Hand wieder um Romana legte, "ich schäme mich fast, meinen Dienst im Tempel zu tun. Schließlich hat Iuno doch unser Opfer bei der Hochzeit angenommen, und trotzdem reicht mein Vertrauen in die Götter nicht aus, um diese elende Angst zu besiegen. Wie kann ich eine gute Priesterin sein, wenn ich selbst nicht genug Glauben besitze?"

    Warum man sie wohl hergebeten hatte? Wirklich viele Informationen hatte der Brief des Pontifex nicht enthalten, nur dass es um ein vertrauliches Gespräch in bezug auf ihre Priesterschaft gehen sollte. Serrana hatte keine Ahnung, aus welchem Anlass sie der Pontifex Aurelius Corvinus zu einer persönlichen Unterhaltung in seine Villa bestellt hatte, aber so hatte sie seit der Ankunft des Schreibens in der Casa Germanica immerhin noch über ein zweites Thema nachgrübeln können.
    Ein wenig nervös zupfte Serrana an ihrer Kleidung herum, dann gab sie ihrer Leibsklavin ein Zeichen und Adula klopfte gewohnt schwungvoll und unüberhörbar an die herrschaftliche Porta.

    Auch nachdem sie das bisschen Essen, das sie im Laufe dieses Tages zu sich genommen hatte, wieder von sich gegeben hatte, ging es Serrana nicht wirklich besser, und sie lehnte sich kurz mit der Stirn an die kühle Wand, während sie darauf wartete, dass die Übelkeit ein wenig nachließ. Als sie nur wenige Augenblicke später Schritte hörte, sah sie auf, doch es war nur eine der Sklavinnen, die sich bei ihrem Anblick offenbar nicht wenig erschrocken hatte.


    "Bring das bitte in Ordnung, ja?" wies sie die junge Frau mit einem Blick auf die beschämenden Spuren am Boden an, und ging dann langsam, und mit einer Hand immer an der Wand entlang Richtung Garten. Wenn sie sich ein paar Minuten an der frischen Luft aufhalten konnte, würde es ihr sicher bald wieder besser gehen und sie konnte zu ihrem Mann und dessen Gästen zurückkehren. Und mit etwas Glück würden dann auch der Hase und sein Geruch aus dem Oecus veschwunden sein. Schließlich im Garten angekommen, atmetete Serrana ein paar mal tief ein und aus, verschränkte die Arme vor dem Körper und suchte sich einen Weg durch die Blumen- und Pflanzenbeete, ohne wirklich etwas von der grünen Pracht wahrzunehmen.

    "Wir könnten ihnen ja erzählen, dass ich das Balneum unbedingt ausprobieren wollte. Und die Sachen ziehen wir dann ganz schnell aus." kicherte Serrana erneut und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. Als Sedulus dann zu ihr kam, legte sie erneut ihre Arme um seinen Hals und erwiderte seinen Kuss. Irgendwie fühlte sich der jetzt sogar noch besser an, wo gerade der Rest ihres Körpers von dem warmen Wasser umspielt wurde.

    Viel zu tun? Nein, eigentlich hatte sie das an diesem Tag nicht, deshalb hatte sie sich zur Ablenkung ja auch eine Schriftrolle aus der Bibliothek geholt. Besonders gut hatte das allerdings nicht funktioniert, denn Serrana war sich nicht einmal sicher, wessen Worte sie vor der Ankunft ihrer Cousine minutenlang überflogen hatte. Asellio, Sisenna oder doch Sallustius? Normalerweise biss sie sich an den entsprechenden Werken immer fest und ließ sich von nichts und niemandem ablenken, aber seit einigen Tagen schien es ihr unmöglich zu sein, sich länger als eine Minute auf irgendetwas zu konzentrieren.
    Immerhin war dank der drei Becher Wein die unterschwellige Unruhe angenehm betäubt, und Serrana spürte, wie sie mit nachlassender Anspannung immer müder wurde. Ganz abgesehen davon, dass ihr allmählich die unverfänglichen Gesprächsthemen ausgingen, vielleicht war es besser, die Unterhaltung an dieser Stelle zu beenden und das erfreulicherweise sogar mal ohne Streit.


    "Nein, eigentlich ist es heute ruhiger als an den letzten Tagen." Serrana stellte ihren eigenen Becher wieder zurück auf das Tablett und rieb sich kurz die Augen, bevor sie sich wieder an ihre Gastgeberpflichten erinnerte. "Willst du wirklich schon gehen? Ich hab dir doch noch gar nicht das Haus gezeigt. Dann musst du unbedingt bald wiederkommen, damit wir das nachholen können."

    Als sie so plötzlich aus dem Gleichgewicht geriet, konnte Serrana gerade noch einen erschrockenen Quieker ausstoßen, dann schlug auch schon das warme und wohlriechende Wasser über ihr zusammen. Nach Luft schnappend kam sie wieder an die Oberfläche und musste sich erstmal das nasse Haar aus dem Gesicht streichen, bevor sie Sedulus ansehen und dann auch antworten konnte.


    "Ganz so eilig hatte ich es mit dem Bad eigentlich nicht." kicherte sie und fischte nach einer ihrer Sandalen, die sich bei dem Sturz selbstständig gemacht hatte und jetzt friedlich auf der Wasseroberfläche dümpelte. "Und normalerweise steige ich auch nicht mit allen Kleidern ins Becken, aber ich hatte recht: das Wasser ist wirklich wundervoll warm." Serrana legte den Kopf in den Nacken und paddelte ein wenig mit Händen und Füßen. Natürlich wäre sie nie von sich aus auf die Idee gekommen, einfach so und ohne nachzudenken ins Balneum zu springen, aber wo sie schon einmal drin war, konnte sie es auch genauso gut geniessen.

    Warum das Unglück bringen sollte? Ja, war denn das nicht offensichtlich? "Na, weil es zu den Regeln gehört, sein Spielzeug vor der Hochzeit zu verbrennen." erklärte Serrana, nun ihrerseits ein wenig irritiert. "Bei diesem Opfer ist es wie bei allen anderen: man muss sich genau an die Regeln halten und darf keine Fehler machen, sonst wird es vielleicht nicht angenommen." Eines der Dinge, die Serrana in ihrem Priesterinnen-Dasein so schätzte, war, dass sie sich die meiste Zeit an einem festen und unumstösslichen Gerüst von Regeln und Verboten entlanghangeln konnte. Das ersparte ihr normalerweise unliebsame Entscheidungen, stürzte sie in den seltenen Fällen, in denen sie eine dieser Regeln übertrat, jedoch auch in quälende Gewissenskonflikte.
    Wie günstig, dass Axilla direkt auf den Thema "Leibsklave" eingegangen war, das ersparte es Serrana, sich weiterhin mit ihren diffusen Befürchtungen und Schuldgefühlen auseinandersetzen zu müssen.


    "Ja, das kann ich verstehen." nickte sie, nachdem sie sich die Erklärungen ihrer Cousine angehört hatte. "Ein Leibsklave ist schon etwas besonderes, ich kann mir nicht vorstellen, dass man den so einfach ersetzen kann. Weißt du, als ich hierher nach Rom kam, da hab ich mich fast ein wenig geschämt, weil Großmutter mir ausgerechnet so jemanden wie Adula mitgegeben hat." Serrana senkte ein wenig die Stimme und sah unauffällig zu der riesigen Sklavin hinüber, die ausser Hörweite stand und sich auch in keinster Weise für das Gespräch der beiden Frauen zu interessieren schien. "Naja, und jetzt könnte ich es mir gar nicht mehr ohne sie vorstellen, dabei kann sie immer noch nicht frisieren. Aber sie ist mir absolut treu ergeben, und das ist viel mehr wert. Dein Leander war auch so, das hat man in der Nacht gesehen, als du...ähm...na, du weißt schon. Deshalb tut es mir auch wirklich leid, dass du ihn verloren hast."