Beiträge von Iunia Serrana

    Serrana atmete erleichtert auf, als der Pontifex und ihr Lehrer die Körbchen mit dem Opferfleisch aus ihren Händen entgegen nahmen. Aus irgendeinem Grund schien ihr diese Geste fast genauso wichtig zu sein, wie Worte, die Corvinus im Anschluss daran an sie richtete. Während er einige Anmerkungen zu der vergangenen Opferung machte, hatten sich die drei in langsam in Richtung Tempelvorplatz in Bewegung gesetzt, und Serrana verlangsamte kurz ihren Schritt, als sie die so lang ersehnte Bestätigung bekam, dass sie bald eine Aeditua sein würde. Ein Strahlen ging über ihr Gesicht, dann lief sie ein wenig schneller, um wieder zu den beiden Männern aufzuschließen.


    "Vielen Dank, du glaubst gar nicht, wie sehr mich das freut." antwortete sie glücklich und beeilte sich dann zu erklären, warum sie die Eingeweidenschau nicht selbst durchgeführt hatte.


    "Oja, unser Lehrer hat uns das alles beigebracht, aber Calvena und ich haben uns vor unserer Prüfung lange darüber unterhalten und dann entschieden, dass wir einen anderen Priester die Eingeweidelesung überlassen, damit das Urteil auch wirklich objektiv und über alle Zweifel erhaben ist." Sie senkte ein wenig betreten den Kopf und spürte, wie ihre Wangen sich rot verfärbten. "Tut mir Leid, dass ich das falsch gemacht habe und auch die Sache mit dem Wein, aber ich verspreche, dass ich von jetzt an alles tun werde, damit solche Fehler in Zukunft nicht mehr vorkommen."


    Jetzt blieb der Pontifex selbst stehen, und Serrana widerstand mit einiger Mühe dem Impuls, auf den Zehenspitzen auf und ab zu wippen, wie sie es seit ihrer Kindheit immer tat, wenn sie besonders aufgeregt war.


    "Vielen Dank, das ist sehr nett." bedankte sie sich für seine Zukunftswünsche und runzelte bei seiner nächsten Frage nachdenklich die Stirn. "Welcher Tempel es nun genau wird, ist mir eigentlich nicht so wichtig." sagte sie dann etwas zögerlich. "Aber ich wäre wirklich überglücklich, wenn ich in Zukunft vor allem Minerva dienen dürfte. Natürlich hege ich größte Ehrfurcht vor allen Göttern, aber Minerva hat mir immer schon ganz besonders viel bedeutet." Serrana sah den Pontifex hoffnungsvoll an. Ob ihr Wunsch wohl in Erfüllung gehen würde?

    Serrana biss sich auf die Unterlippe und versuchte, Axillas Weinen und unterdrückte Schmerzensschreie irgendwie auszublenden, während sie die Schenkel ihrer Cousine auseinanderhielt. Allzuviel Kraft brauchte sie dafür nicht aufzuwenden, denn Axilla hatte ihr trotz der unübersehbaren Angst nicht mehr allzuviel entgegenzusetzen. Dennoch war Serrana im Grunde dankbar für Axillas Schluchzen, denn dieses zeigte nicht nur die furchtbaren Schmerzen und Qualen, die ihre Cousine im Moment ganz offensichtlich durchlitt, sondern auch, dass immer noch Leben in ihrem Körper steckte und sie vielleicht doch gerettet werden konnte. Nicht so wie damals, als es sehr schnell nur noch Stille gegeben hatte..., kein Weinen, keine Schreie, nur Stille und Blut...


    Inzwischen war Adula mit sauberen Laken zurückgekehrt, und Serrana bemühte sich mit Hilfe ihrer Sklavin, schnell das Bett neu zu beziehen, ohne Axilla dabei allzu sehr zu behelligen. Dann durchsuchte sie die Kleidertruhe ihrer Cousine und zog ein frisches Nachtgewand heraus. "Ich werde sie waschen." sagte sie an den Medicus gewandt und begann dann Axilla vorsichtig die besudelte Nachttunika auszuziehen. "Ich ziehe dir sofort eine andere Tunika an, damit du nicht frierst, aber vorher mache ich dich ein wenig sauber. Dann wirst du dich sicher ein wenig wohler fühlen." Die letzen Worte waren wieder an Axilla gerichtet, und Serrana fuhr leicht mit der Hand über deren Stirn und Haare, bevor ihr zu Bewusstsein kam, dass der Arzt auch ihr ein Angebot gemacht hatte. "Vielen Dank, aber das wird nicht nötig sein." sagte sie mit einem Lächeln, das noch ein bisschen gezwungen ausfiel. "Mir geht es gut, und das Wichtigste ist jetzt, dass Axilla wieder auf die Beine kommt." Die Vorstellung, den Schreck und die Angst dieser Nacht durch irgendeinen Trank oder eine sonstige Medizin zumindest vorrübergehend einzudämmen, war schon sehr reizvoll, aber gegen die alten Gespenster, die langsam aber sicher wieder an die Oberfläche gekrochen waren, würde ohnehin nichts etwas ausrichten können.

    "Ja, das weiss ich doch, ich danke dir." entgegnete Serrana mit einem Lächeln und drückte kurz die Hand ihrer Freundin. Dass diese Bereitschaft, der Freundin jederzeit beizustehen, ebenso für sie gültig war, betonte sie nicht nochmal extra. Calvena würde hoffentlich längst wissen, dass sie sich uneingeschränkt auf sie verlassen konnte.


    "Oje, der arme Esel." Kurz überkam sie Mitgefühl bei dem Gedanken an das Tier, das sich sicher furchtbar erschreckt hatte, aber dann musste sie bei der Vorstellung des eingefärbten Marktplatzes doch lachen. "Hat man euch denn nicht erwischt? Die Händler müssen doch furchtbar wütend gewesen sein..."
    Als Calvena ihren Becher hob, tat Serrana es ihr nach und vergoss nun ihrerseits einen Tropfen auf den Boden, bevor sie einen erneuten Schluck trank.


    "Ja, mögen die Götter uns gnädig sein, und uns noch viele gemeinsame Jahre schenken." fügte sie dann hinzu und warf Calvena dann einen bedauernden Blick zu, als diese ankündigte schon wieder aufbrechen zu müssen.


    "Du musst schon wieder gehen? Das ist aber schade...Aber wenn du zu Valerian willst, dann kann ich das natürlich verstehen." Vor noch nicht allzu langer Zeit hätte sich Serrana nicht vorstellen können, dass man sich so auf das Beisammensein mit einem bestimmten Mann freuen konnte, aber inzwischen wurde sie immer mehr eines besseren belehrt.
    Die geplante Falle für Laevina hatte sie in der Zwischenzeit fast schon wieder vergessen, aber sie war sofort Feuer und Flamme und kicherte. "Ja, natürlich, das werde ich machen. Und du weisst ja, je geheimer sich das Ganze anhört, desto sicherer wird meine Großmutter davon angezogen werden. Das ist einfach ein Naturgesetz, wie bei den Bienen und dem Honig...."

    Von dieser Seite aus hatte sie das Problem noch nie gesehen, und Serrana nickte nachdenklich, während sie Valerian aufmerksam zuhörte. Allerdings war es eine Sache, darüber zu berichten, und eine andere, selbst mit einer solchen Situation fertig zu werden. Sie biss sich kurz unschlüssig auf die Unterlippe, dann entschied sie sich, die Frage zu stellen, auch wenn sie vielleicht ein wenig zu privat war, angesichts der Tatsache, dass sie und Valerian einander bislang nur flüchtig kannten.


    "Ja, das leuchtet mir durchaus ein." sagte sie mit einem Kopfnicken. "Aber wenn es so ist, wie du sagst, dann wird es doch auch für dich in Zukunft sehr schwer werden, wenn du erstmal mit Calvena verheiratet bist und ihr vielleicht Kinder habt. Und Calvena wird sicher häufig Angst um dich haben müssen, ich weiss gar nicht, ob ich mir so ein Leben zutrauen würde..."


    Serrana warf einen unauffälligen Seitenblick Valerian. Auf den ersten Blick wirkte er unglaublich ruhig und strahlte eine immense Sicherheit aus, aber ob das auch in Krisenzeiten so bleiben würde?

    Serrana stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als der Medicus ihr bestätigte, dass die kalten Tücher zwischen Axillas Beinen kein Fehler gewesen waren. Nicht auszudenken, wenn sie ohne es zu ahnen auch noch zu einer Verschlimmerung der Lage beigetragen hätte...
    Dankbar, etwas Sinnvolles tun zu können, das sie von der Angst um ihre Cousine und den schrecklichen Bildern in ihrem Kopf ein wenig ablenken konnte, entfernte Serrana so behutsam wie es ging die mit Blut und Erbrochenem besudelte Bettwäsche neben und unter Axillas Körper und drückte sie der nach wie vor still abwartenden Adula in die Arme. "Schnell, besorg frische Wäsche und lass das hier irgendwo ausserhalb des Hauses verschwinden, bevor es einer der anderen Sklaven zu Gesicht bekommen kann." Die Sklavin verschwand sofort aus dem Cubiculum, und Serrana wandte sich wieder Axilla zu, während der Arzt die Zutaten für das hoffentlich rettende Zäpfchen zusammenstellte. Es war mehr als deutlich, wie verängstigt ihre Cousine war, und Serrana versuchte möglichst ruhig zu klingen, während sie ihre Hände auf deren Knie legte, um die Beine sanft auseinanderzudrücken.


    "Axilla, bitte, ich weiß du hast Angst, aber es ist der einzige Weg, wie der Medicus dir helfen kann. Du verlierst viel zu viel Blut, und wenn er nicht bald etwas unternehmen kann, dann wirst du vielleicht sterben, hörst du das?" Serrana erschrak selbst vor ihren eigenen schonungslosen Worten, aber sie fühlte auch, dass sie der Wahrheit entsprachen und für etwas anderes keine Zeit mehr war.

    Serrana spürte, wie ihre innere Unruhe bei Calvenas Worten wieder deutlich zunahm. Schließlich führte sie erst seit wenigen Monaten so etwas wie ein einigermaßen selbstständiges Leben ohne allzu starke Bevormundung und daher gab es immer wieder Momente, in denen sie sich alles andere als erwachsen und manchmal auch furchtbar unwissend und unreif fühlte. Und jetzt würde sie sich in absehbarer Zeit nicht nur an eine neue Familie und die Rolle als Ehefrau gewöhnen müssen, sondern auch ein Stück weit die Verantwortung für ein Kind übernehmen, das gerade mal zehn Jahre jünger war als sie selbst. Serrana wusste um ihre Schwächen und ihr war klar, dass ihr eher nachgiebigiges und konfliktscheues Naturell es nicht gerade erleichtern würden, sich bei Sedulus' Tochter durchzusetzen. Aber es half ja nichts, irgendwie würde sie sich wohl durchbeissen müssen, denn die Vorstellung, nicht einmal von einem kleinen Mädchen ernst genommen zu werden, war schon ganz schön abschreckend.


    "Ja, da hast du sicher recht. So wie es aussieht, werde ich dann wohl mal über meinen eigenen Schatten springen müssen, aber irgendwann muss ich ja mal lernen, mich bei anderen Leuten durchzusetzen."
    Serrana seufzte kurz auf wurde dann jedoch von den weiteren Erzählungen ihrer Freundin wieder auf angenehmere Gedanken gebracht. Valerians Geschichte brachte sie zum Lachen, aber bei der Erwähnung der anderen Episode riss sie überrascht die Augen auf.


    "Ihr habt einen Marktplatz rot gefärbt? Wie habt ihr das denn gemacht, das klingt ja richtig unheimlich...."


    Woher die düsteren Zukunftsgedanken, die sie dann und wann überfielen, kamen, konnte Serrana auch nicht wirklich erklären. Vermutlich hingen sie mit dem frühen Tod ihrer Eltern zusammen, der ihr immer wieder vor Augen führte, wie schnell auch ein junges Leben plötzlich zu Ende gehen konnte. Aber vielleicht war ihr die Götter ja gnädig und hatten ihr tatsächlich mehr Zeit zugebilligt, als ihre Mutter sie gehabt hatte. Serrana schüttelte die trübsinnigen Gedanken ab und erwiderte Calvenas Lächeln. " So, wie es aussieht, habe ich wirklich Glück gehabt. Lass uns darauf trinken, dass es so bleibt und wir uns nie für allzu Lange Zeit voneinander trennen müssen."

    Du liebe Güte, war sie nervös... Serrana bedankte sich mit einem Kopfnicken für Silanus' Einladung und ließ sich dann auf der letzten noch freien Liege nieder. Als ihr Vetter ihr dann eröffnete, dass Sedulus gekommen war um um ihre Hand anzuhalten, ging ein Leuchten über ihr Gesicht und sie warf ihm einen liebevollen Blick zu, bevor sie sich wieder Silanus zuwandte. Er hatte es also tatsächlich getan! Natürlich hatte sie nie an seinem Wort gezweifelt, aber trotzdem kam es ihr in diesem Moment fast unwirklich vor.


    "Oja, das tue ich." sagte sie dann und strahlte Silanus glücklich an.

    Warum kam denn der Arzt nicht endlich? Serrana lauschte verzweifelt in die nächtliche Stille der Casa Iunia hinein, konnte ausser dem immer leiser werdenden Wimmern ihrer Cousine jedoch nichts hören. Mittlerweile hatte Axillas Körper zu zucken begonnen, und Serrana, die nichts weiter tun konnte, als sie zu streicheln, ihr gut zuzureden und das vollgesogene Tuch zwischen ihren Schenkeln auszutauschen, merkte gar nicht, dass ihr inzwischen selbst Tränen der Angst und Hilflosigkeit die Wangen herunterliefen.
    Gerade als sie sich in ihrer Verzweiflung dazu entschlossen hatte Silanus zu wecken, eilte plötzlich Leander in Begleitung eines jungen Mannes zur Tür herein, und Serrana rutschte sofort vom Bett herunter, um dem Medicus bei seiner Arbeit nicht im Weg zu stehen. Unter normalen Umständen hätte sie sich vermutlich über dessen junges Alter gewundert, aber in dieser Nacht interessierte sie nur, ob er Axilla helfen konnte und so sah sie ihm mit weitaufgerissenen Augen dabei zu, wie er ihre Cousine untersuchte. Wirklich begreifen, was hier gerade geschah, konnte Serrana nach wie vor nicht, doch vor ihrem inneren Auge gewannen die Bilder von anderen blutigen Laken und einem ihr so vertrauten und immer blasser werdenden Gesicht zunehmend an Schärfe . Serrana schüttelte unwillig den Kopf, als könnte sie auf diese Weise auch die ungewollten Bilder wieder loswerden. Nein, das war das letzte, woran sie jetzt erinnern wollte, und über die Gründe für Axillas Zustand konnte sie immer noch nachdenken, wenn es dieser wieder besser ging.


    "Gibt es irgendetwas, was ich tun kann?" fragte sie leise und hoffte inständig, dass es wirklich etwas gab, damit sie nicht länger so untätig und nutzlos, mit dem Rücken an die Wand gepresst, dastehen musste.

    Die freudige Nachricht? Hatte Sedulus Silanus tatsächlich schon gefragt? Serrana spürte, wie sie vor Aufregung eine Gänsehaut bekam und die Haut an ihrem ganzen Körper zu kribbeln begann, während sie langsam auf die beiden Männer zuging und zwischen ihnen hin und her sah. Als ihr Blick den ihres Verwandten kreuzte, wünschte sie sich, sie hätte in der Zwischenzeit doch noch den Mut gefunden, mit ihm über Sedulus zu sprechen. Aber vielleicht gab es ja später doch noch eine Möglichkeit dazu, und Silanus würde ihr ihr Schweigen nicht allzu übel nehmen.


    Bei den Klinen angekommen, blieb Serrana erneut stehen und sah die beiden Männer abwartend an, obwohl sie es innerlich vor Spannung kaum noch aushalten konnte.

    Es blieb ihr kaum Zeit, sich nach ihrer Antwort ein wenig zu entspannen, als Senator Avarus bereits weiter nachhakte. Die Frage nach ihren Eltern erwischte Serrana relativ unvorbereitet, und sie spürte, wie ihr das Lächeln ein wenig im Gesicht fest fror. Aus den Augenwinkeln warf sie einen ziemlich bitteren Blick hinüber zu Laevina, die sich gerade angeregt mit Romana unterhielt. Hatte die es nach all den Monaten denn immer noch nicht für nötig gehalten, ihre Familie darüber zu informieren, dass sie zehn Jahre lang die Tochter ihrer eigenen verstorbenen Tochter großgezogen hatte? Serrana biss sich kurz auf die Unterlippe und wandte sich dann wieder Avarus zu. Das unverbindliche Konversations-Lächeln erschien diesmal nicht auf ihrem Gesicht, aber bei dem jetzigen Thema wäre es wohl auch reichlich unangebracht gewesen.


    "Meine Eltern sind beide schon seit Jahren tot, sie werden wohl nicht mehr zu dieser Sache äussern können." antwortete sie jetzt schon deutlich kühler als zu Beginn des Gesprächs. "Allerdings weiß ich, dass sie seinerzeit auch aus Liebe geheiratet haben und daher sicher mit meiner Entscheidung einverstanden wären." Serrana spürte, wie sich ihre Nervosität und Unsicherheit allmählich in Ärger umwandelten. Im Grunde war es ja logisch, dass sie auf einen gestandenen Senator wie Avarus wenig beeindruckend und aufgrund ihres Alters auch unreif wirken musste. Aber nichtsdestotrotz gab es da bereits eine tiefe Verbundenheit zwischen Sedulus und ihr, und auch dessen Onkel hatte kein Recht, diese einfach als läppisches Bauchgefühl abzuhaken.

    Zitat

    Original von Medicus Germanicus Avarus


    "Oh du bist sehr jung, salve auch dir Iunia Serrana. Du hast wohl meinem Neffen den Kopf verdreht... wie habt ihr euch kennen gelernt?"


    Was, um der Götter Willen, war das denn für eine Begrüßung? Im ersten Moment war Serrana völlig fassungslos und ihr Blick ging verwirrt zwischen Sedulus und dessen Onkel hin und her. Dann riss sie sich am Riemen und überlegte fieberhaft, wie sie antworten konnte, ohne dass es allzu peinlich wurde. Ausnahmsweise war sie sogar mal dankbar für Laevinas allgegenwärtige Benimmregeln, denn ihre Großmutter hatte ihr neben sehr sehr vielen anderen Dingen auch eingeschärft, wie man in adäquater Form auf irritierende Gesprächbeiträge zu reagieren hatte. Wie war das noch gleich gewesen? Ach ja, Bedienstete und gesellschaftlich niedriger stehende Personen konnten abgewürgt und gegebenenfalls beschimpft werden, bei Gleichgestellten beschränkte man sich auf einen je nach Situation unterschiedlich konsternierten Gesichtsausdruck, und bei Höhergestellen ließ man sich nichts anmerken und redete man einfach weiter, als wäre nichts geschehen.
    Senator Avarus fiel zweifellos in die letzte Kategorie, und so fasste Serrana sich ein Herz und machte einfach weiter. "Nun, so jung bin ich gar nicht, schließlich bin ich fast sechzehn." sagte sie jetzt wieder mit einem Lächeln und streckte sich automatisch noch ein bisschen, was angesichts ihres hochgewachsenen Gegenübers allerdings wenig Erfolg zeigte. "Und Sedulus und ich haben uns bei den Ludi Romani kennengelernt. Nach den Spielen gab es abends eine Cena im Haus meiner Familie, und da war er auch zu Gast." Auf seine andere Frage würde Avarus wohl kaum ernsthaft eine Antwort erwarten, deshalb ließ Serrana sie einfach unter den Tisch fallen.

    Im Grunde hatte sie ja bereits mit diesem Besuch gerechnet, doch als der Sklave an die Tür zu ihrem Cubiculum klopfte und sie zu einem Gespräch ins Tablinum bat, wurde Serrana schlagartig furchtbar nervös. Eilig ließ sie die Schriftrolle, in der sie gerade gelesen hatte, auf das Bett fallen, zupfte noch ein wenig an ihrem Kleid herum und ging dann hinüber ins Tablinum, wo sofort ein Lächeln über ihr Gesicht ging, als sie sah, dass sich dort neben Silanus auch Sedulus auf einer der Klinen niedergelassen hatte.


    Am liebsten wäre sie direkt zu ihm hinübergelaufen um ihn zu begrüßen, aber das schien ihr für diesen Anlass dann doch nicht ganz so passend sein. Daher blieb Serrana am Eingang des Tablinums stehen und lächelte die beiden Männer ein wenig verlegen an.


    "Salve Lucius, und.........Sedulus."

    Der Blick ihres Verwandten schien sich schlagartig zu verdunkeln und Serrana bereute es schon ein wenig, Urgulanias Tod erwähnt zu haben da dieser Silanus auch nahe zu gehen schien.
    Was Axilla anging, konnte sie ihm allerdings nur aus vollem Herzen zustimmen, wenn es nach ihr ging würde sie ihre Cousine nicht so schnell wieder hergeben.


    "Ich wäre auch sehr froh, wenn Axilla hier in Rom bleiben würde. Ich hab sie wirklich sehr gern und würde mich ungern wieder von ihr trennen. Unsere Familie ist ohnehin schon so klein, da möchte ich auf keinen von euch verzichten..."
    Silanus' Angebot, sie mit nach Ägypten zu nehmen, klang in Serranas Ohren natürlich mehr als reizvoll. Vielleicht würde sich die Gelegenheit ja irgendwann noch einmal ergeben.


    "Das wäre sehr schön, vielleicht klappt es ja wirklich irgendwann."

    Wie unterschiedlich schnell Zeit doch verrinnen konnte! Manchmal schienen ganze Tage wie im Flug zu vergehen, aber hier, in diesem Zimmer voller Angst und Schmerzen, zog sich jede Sekunde zäh und endlos, und Serrana kam es vor, als befänden Axilla und sie sich in einer Blase aus der es irgendwie keinen Ausweg zu geben schien. Axilla wurde immer unruhiger, und Serrana setzte ihr Streicheln fort, in dem verzweifelten Bemühen, ihrer wimmernden Cousine ein wenig Sicherheit und Zuversicht zu vermitteln, von denen sie im Moment gerade selbst sehr weit entfernt war. Wieviele Schritte waren es wohl bis zur Küche und wieder zurück, wenn man sich beeilte? So lange konnte es doch unmöglich dauern...
    Axillas Körper verkrampfte sich nun immer mehr, und plötzlich schoss sie kurz nach oben und erbrach sich auf das Bett. Oh, ihr Götter, wo kam das alles denn nur her? All diese Dinge passten doch gar nicht zusammen... Serrana wischte mit einem noch sauberen Zipfel der Bettdecke vorsichtig Gesicht und Mund ihrer Cousine ab und zog deren Kopf dann wieder zurück in ihren Schoß.


    "Schhhh...ganz ruhig, mach dir keine Sorgen." sagte sie leise und versuchte, sich nichts von der Panik anmerken zu lassen, die immer wieder in Wellen in ihr hochzusteigen drohte. Nur nicht auf das Blut schauen...so lange sie sich auf etwas anderes konzentrieren konnte, und wenn es auch Erbrochenes war, ging es noch irgendwie. "Adula wird gleich zurückkommen, dann kann ich es dir ein bisschen bequemer machen. Und Leander wird auch bald wieder zurück sein und den Arzt mitbringen. Du musst dir also keine Sorgen machen...Da ist Adula schon, siehst du..." Beinahe lautlos war die große Sklavin wieder neben ihr aufgetaucht und reichte ihr wortlos Wasserschüssel und Tücher. Behutsam schob Serrana das blutdurchtränkte Nachtgewand ihrer Cousine noch ein Stück nach oben bis über ihre Hüfte, tränkte dann eins der Tücher in dem kalten Wasser, knüllte es ein wenig zusammen und legte es dann vorsichtig zwischen Axillas Schenkel. "Das wird jetzt ein bisschen kalt sein, aber du musst keine Angst haben. Die Kälte ist gut für dich, sie wird die Blutung verlangsamen..." Wieviel Blut hatte ein Mensch wohl in sich? Irrte sie sich, oder war Axilla in der Zwischenzeit noch ein bisschen blasser geworden? Alles, aber nicht noch mehr Blut.... "Oh bitte große Göttin, tu mir das nicht an, lass sie am Leben, ich bitte dich..." flehte Serrana und begann sich mit Axilla in ihrem Schoß vor und zurück zu wiegen. "Geh zur Porta und lass den Arzt rein, sobald du ihn und Leander siehst." sagte sie leise zu Adula. Diese nickte, glitt leise wieder aus dem Zimmer und ließ die beiden Mädchen im Halbdunkeln zurück.

    Über den Umstand, dass sie sui iurs war, hatte Serrana eigentlich noch nie so richtig nachgedacht. Laevina war das schließlich jahrelang vollkommen gleichgültig gewesen, sie hatte ihre Enkelin trotzdem nach Strich und Faden bevormundet. Erst jetzt, wo sie gerade angefangen hatte, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, wurde der Iunia auf angenehme Weise bewusst, welche Vorteile ein solcher Status mit sich brachte.


    "Nun, vermutlich liegt es daran, dass mein Vater schon seit einigen Jahren tot ist. Und vorher hab ich ja auch nicht bei ihm gelebt sondern bei den Eltern meiner Mutter. Und mein Großvater hat mir immer schon sehr viele Freiheiten gelassen, dem war es wichtiger mir etwas beizubrigen, als über mich zu bestimmen..."


    Das Thema Wagenrennen ging nun völlig unter, denn Serrana hätte vermutlich noch eine ganze Weile auf die beiden lautstark diskutierenden Damen gestarrt, wenn Septima sie nicht ein Stück weiter geschoben hätte. Auf der einen Seite war sie verwirrt und verlegen, aber auf der anderen Seite war da auch noch eine gehörigen Portion Neugier, die sie dazu brachte, mit einem Ohr auch weiterhin diesem delikaten Gespräch zuzuhören. Schließlich würde sie bald eine verheiratete Frau sein, da musste sie sich doch schließlich ein wenig auskennen, oder etwa nicht?


    "Oja, da hast du Recht." murmelte sie und ihr Blick huschte zwischen der Tiberia und den beiden Frauen hin und her. "Das kann ja jeder hören, dass das den beiden das nicht peinlich ist..."
    Nein, peinlich schien ihren Nachbarinnen gar nichts zu sein. Ganz im Gegenteil, die Lautstärke schien sogar noch ein bisschen zuzunehmen, was natürlich auch an der unangenehmen Tonhöhe liegen konnte.

    "Ach, wenn du magst, dann leih ich ihn dir mal für ein paar Tage. Wobei ich mich frage wofür? Dein Hortus ist doch viel zu klein für einen Deko-Sklaven...."
    Albernes Gegacker erschallte über dem Forum.
    "Aber weisst du, was der neueste Schrei sein soll? Parther! Sabidia Laeca hat sich einen besorgt und sie ist mehr als zufrieden mit ihm. Optisch macht er gar nicht soviel her, ziemlich klein und so...aber dafür muss er wohl sehr agil sein...wenn du verstehst, was ich ich meine...Und stell dir vor, eine von den Patrizierinnen soll sich auch einen halten..."


    Serrana riss sich mit einiger Mühe wieder von dem Gezeter los und konzentrierte sich auf ihr Gegenüber. "Wie? Oh, nein, mit Liebesgedichten kenne ich mich eigentlich gar nicht aus, obwohl die sicher schön sind...Ich lese gern über die Zeit der Republik, damals gab es viel interessantere Persönlichkeiten als heute, zumindest kommt es mir so vor, wenn ich all die alten Schriften lese...Liest du denn auch gern?"

    Serrana errötete bei diesem unerwarteten Kompliment und nestelte verlegen an ihrem Armreifen herum. "Ach naja, ich weiß nicht...." wiegelte sie schnell ab, aber die Freude über dieses Lob war ihr dennoch deutlich anzusehen. "Und gelernt habe ich bei Großmutter tatsächlich eine ganze Menge. In dieser Hinsicht hat sie einiges zu bieten, auch wenn sie nicht gerade jemand ist, zu dem man gern geht, wenn man irgendwelche Probleme hat. Und Stiefmutter ist ein ganz schreckliches Wort. Das hört sich so streng an, findest du nicht?"
    Sie trank noch einen Schluck warmen Wein und schnupperte noch ein wenig an dem aus dem Becher aufsteigenden Dampf, um den Duft der verschiedenen Gewürze zu geniessen. Dann sah sie überrascht hoch.


    "Ach, Valerian war also ein wildes Kind? Das hätte ich gar nicht gedacht, er wirkt irgendwie so ruhig und sicher. Bestimmt ist er ein guter Offizier für seine Soldaten. Bei dir bin ich mir allerdings nicht so sicher, ob du immer so brav warst.." Sie kicherte kurz, wurde dann jedoch wieder etwas ernster.


    "Mir ist es eigentlich auch egal, ob ich Söhne oder Töchter bekomme, hauptsache es geht ihnen gut und sie bleiben am Leben. Und es wäre schön, wenn ich mehr als eins bekomme, damit meine Kinder immer jemanden haben, falls...fallls mir mal etwas zustoßen sollte, meine ich."

    "Stimmt schon, aber du bist auch irgendwie anders..." Serrana musste schmunzeln, als sie sich an ihre ersten gemeinsamen Gespräche erinnerte. "Bei dir bin ich gar nicht mehr richtig dazu gekommen nervös zu werden, das war schon sehr praktisch."


    Inzwischen waren sie bei Sedulus' Onkel angekommen und die Iunia stellte erfreut fest, dass ihre Aufregung mittlerweile deutlich nachgelassen hatte. Sie konnte zwar immer noch nicht so ganz Calvenas Ansicht teilen, dass Senatoren Menschen wie alle anderen waren, aber beissen würde dieser hier sie wohl auch nicht.


    Sie nahm automatisch eine etwas aufrechtere Körperhaltung an und lächelte den markanten Germanicer dann offen und freundlich an.


    "Es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen, Senator Germanicus Avarus."

    Serrana schlief noch halb, als sie von einem mehr als aufgeregten Leander durch den dunklen Korridor zu Axillas Cubiculum gezogen wurde, das nur wenige Türen von ihrem eigenen entfernt lag. Irgendwie verstand sie nur die Hälfte von seinen hektischen Erklärungen, doch die aufkeimende Sorge um ihre Cousine, ließ sie automatisch ihre Schritte beschleunigen. Spätestens, als ihr an der Tür der Geruch nach Urin, Schweiss und noch etwas anderem, das sie im ersten Moment nicht zuordnen konnte, entgegenschlug, war Serrana hellwach und eilte, ohne weiter nachzudenken, auf die Gestalt zu, die sich auf dem Bett zusammengekrümmt hatte und beängstigend wimmernde Töne ausstieß.


    "Axilla, kannst du mich hören? Was hast du denn nur?" Serrana ging neben dem Bett in die Hocke und legte vorsichtig eine Hand auf die Stirn ihrer Cousine. Axillas Haar und Haut waren schweissnass und ihr Gesicht, soweit sie das im Halbdunkeln des Zimmers erkennen konnte, schmerzverzerrt und geisterhaft fahl. Ob sie vielleicht irgendetwas bei der Cena nicht vertragen hatte?
    Um besser sehen zu können, hob Serrana die kleine Öllampe, die auf dem benachbarten Tisch stand, ein bisschen in die Höhe und fuhr bei dem Anblick von all dem Blut, das sich auf Axillas Nachtgewand, ihren Schenkeln und der Matratze angesammelt hatte, schlagartig zurück.
    Serranas Verstand sagte ihr sehr schnell, was sie hier vor sich sah und während ganz tief in ihrem Innern ein uraltes Entsetzen, das sie schon seit etlichen Jahren erfolgreich unter einer Menge anderer Erinnerungen begraben hatte, versuchte, sich wieder einen Weg nach oben zu bahnen, überlegte sie fieberhaft, was sie tun konnte um ihrer Cousine beizustehen. Alles andere war im Moment vollkommen bedeutungslos, jetzt ging es nur darum, nicht noch ein weiteres Familienmitglied an den Tod zu verlieren, der gerade ganz offensichtlich seine Finger nach Axilla ausstreckte.
    "Geh jetzt und hol so schnell du kannst den Medicus, ich werde bei ihr bleiben." sagte sie zu dem völlig aufgelöst wirkenden Leander. Der Umriss einer riesigen Gestalt im Türrahmen zeigte ihr, dass Adula ihr zu Axilas Cubiculum gefolgt war und aus irgendeinem Grund gab ihr der Anblick ihrer Sklavin ein wenig mehr Zuversicht. "Adula, lauf in die Küche und hol eine große Schüssel mit Wasser und dann besorg ein paar Tücher." Der Schatten verschwand aus der Tür, und Serrana wusste, dass die gewünschten Dinge innerhalb kürzester Zeit bei ihr sein würden. Wieder spürte sie, wie die alte Angst in ihr hochzusteigen drohte, und drängte sie mit großer Anstrengung zurück. Nein, nicht hier und nicht jetzt, dafür war keine Zeit und panisch konnte sie Axilla keine Hilfe sein.


    Serrana setzte sich auf's Bett und zog den Kopf ihrer Cousine vorsichtig in ihren Schoß. "Axilla, hörst du mich? Ich bin bei dir, bald wird es dir wieder besser gehen, ich verspreche es dir." Während sie auf Axilla in leisem und möglichst ruhigen Ton einredete, fuhr sie mit ihren Fingern sanft über deren Haar und die schweiss- und tränenfeuchten Wangen. Wie lange Leander wohl brauchen würde, um diesen Medicus zu holen? Und ob der es rechtzeitig zur Casa Iunia schaffen würde? Serrana blendete auch diesen Gedanken aus und begann inständig zu beten, während sie auf Adula wartete.

    Nein, zu jung war sie vermutlich wirklich nicht mehr oder zumindest alt genug, um sich nach einem bestimmten Mann zu sehnen und danach, mit diesem so viel Zeit wie möglich zu verbringen. Serranas Gesicht nahm einen weichen Ausdruck an, als sie an Sedulus dachte, dann riss sie sich jedoch wieder zusammen und konzentrierte sich auf Septimas Frage.


    "Wer für mich verantwortlich ist?" Die Iunia runzelte die Stirn, während sie kurz darüber nachdachte, dann nickte sie. "Nun, ich denke, dass das Silanus ist, schließlich ist er unser Familienoberhaupt. Aber ich ich unterstehe keiner Patria Potestas und habe deshalb auch keinen Vormund. " Zur Zeit war sie über diesen Umstand auch ausgesprochen glücklich. Kaum auszudenken, wenn man ihr plötzlich zum zweiten Mal in ihrem Leben einen ungeliebten Mann als künftigen Gatten vor die Nase setzen würde..."Hast du denn einen?" gab sie die Frage an die Tiberia zurück.


    "Oh, wenn du nichts dagegen hast, dann komme ich gern mit." Sie beim Wagenrennen, was für eine aufregende Vorstellung! Allein hätte sich Serrana dort niemals hingetraut, aber wenn Septima dabei war, konnte ja nicht allzuviel passieren, oder? Und Adula würde schließlich auch dabei sein, und mit ihrer riesigen Sklavin im Rücken fühlte sich Serrana ohnehin immer gleich viel stärker und sicherer.


    Mittlerweile hatten die beiden Mädchen die Mitte des Forums erreicht und bewegten sich langsam durch die Mengen von anderen Besuchern, die um sie herum standen, sich unterhielten oder auch wie sie selbst in unterschiedlichem Tempo über den Platz liefen. Serrana machte sich gerade darüber Gedanken, was sie am besten auf die Frage nach ihrer Lieblingsbeschäftigung antworten sollte, als die schrille Stimme einer relativ fülligen Dame in mittleren Jahren, die sich mit ihrer Begleiterin auf einer Höhe mit ihr und Septima befand, ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.


    "Ein Nubier??? Hör mir bloß mit Nubiern auf! Kannst du dich noch an den erinnern, den Faustus mir letztens geschenkt hat, um mich wegen seiner jämmerlichen Drei-Minuten-Besuche einmal pro Halbjahr milde zu stimmen? Was nutzt mir eine Ausstattung wie bei einem von Hannibals Elefanten, wenn der Kerl so unbeweglich ist wie ein Holzpfosten? Wer bin ich denn, dass ich die ganze Arbeit machen will??? Also diesen Kerl konnte man wirklich nur mit einer Girlande umwickeln und ihn zum angeben in den Hortus stellen. Und Tettia Pulvilla, die blöde Pute, will ihn mir tatsächlich abkaufen, kaum zu glauben ,oder?" Ein Lachen, noch schriller als die Stimme selbst folgte.


    Serrana merkte erst jetzt, dass sie der Unterhaltung der beiden Damen mit offenem Mund und zunehmender Wangenröte gefolgt war und brauchte einen kleinen Moment, bis sie sich wieder auf Septimas Frage konzentrieren konnte. Hoffentlich hatte die Tiberia von dem Vortrag nichts mitbekommen, als Patrizierin musste die ja noch viel schockierter sein als sie selbst!


    "Ich...ähm..ähm...ich lese sehr gern." sagte sie schnell und verhaspelte sich ein wenig bei dem Bemühen, sich von ihrer Verlegenheit nichts anmerken zu lassen. "Vor allem historische Werke, aber...äh...auch andere Sachen manchmal..."

    Sie hatte den letzten Satz kaum ausgesprochen, da wünschte Serrana sich bereits, sie hätte ihn sich lieber verkniffen. Jetzt wollte Sedulus natürlich eine Erklärung haben, und die Iunia befürchtete, dass sich ihre Ängste albern anhören würden, wenn sie sie in Worte fasste.


    "Ach, ich weiß auch nicht." murmelte sie verlegen und wich kurz seinem Blick aus, während sie an ihrem Armreifen herumdrehte. Komischweise schien ihr das immer ein wenig zu helfen, wenn sie sich wieder fassen oder auf eine besondere Situation einstellen musste.


    "Naja, ich trau mich ja schon wirklich mehr als früher, aber dein Onkel und dein Schwager gehören nunmal zu den wichtigsten Männern in Rom, und da will ich natürlich einen guten Eindruck machen und dich nicht blamieren."


    Jetzt, nachdem sie sich ein bisschen an den Gedanken gewöhnen konnte, ging es ihr schon deutlich besser. Serrana atmete noch einmal ein und aus und hob dann wieder den Blick, um Sedulus in die Augen zu sehen und ihn anzulächeln. "Tut mir leid, dass ich mir immer so viele Gedanken mache. Lass uns gehen, es wird sicher alles gut gehen."