Beiträge von Iunia Serrana

    Im Vergleich zu ihrer Anfangszeit in Rom war Serrana im Umgang mit anderen Leuten durchaus schon etwas souveräner geworden und ließ sich nicht mehr ganz so schnell aus dem Konzept bringen, aber die die doch mehr als unmissverständliche Ausdrucksweise des Senators Avarus trieb ihr dann doch wider Willen die Schamesröte ins Gesicht.


    "Ähm, ja, das ist eine gute Idee." griff sie dankbar Sedulus' Vorschlag auf und sah sich nun ihrerseits nach den Verlobten um, konnte diese zwischen all den Gästen auf den ersten Blick jedoch nicht entdecken.
    Ganz in ihrer Nähe standen nach wie vor Claudia Romana und ihre Großmutter, und ein Stückchen weiter entfernt konnte sie Axilla in Begleitung eines jungen Mannes erkennen. War das nicht Quintilius Sermo? Serrana hatte gar nicht gewusst, dass ihre Cousine und Valerians Cousin einander kannten.


    "Calliphana und Centho stehen sicher irgendwo dort." sagte sie dann und wies auf eine Stelle des Raums, an der sich eine besonders große Menschentraube, vermutlich Gratulanten, angesammelt hatten.

    Obwohl ihre Freundin nur wenige Jahre älter war als sie selbst, fühlte sich Serrana in ihren Armen zum ersten Mal seit Tagen wieder sicher und geborgen. Für einen kurzen Moment genoss sie einfach nur dieses schöne Gefühl, dann räusperte sie sich und machte sich schweren Herzens daran, ihr seltsames Verhalten zu erklären.


    "Ich hab dir doch erzählt, dass meine Mutter bei der Geburt meines Bruders gestorben ist, als ich fünf Jahre alt war." begann sie zögerlich, und rieb sich die letzten Tränen aus dem Gesicht, in der Hoffnung, dass nicht sofort neue nachkommen würden. "Später habe ich erfahren, dass sich die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt hatte, deshalb war er schon tot, als er auf die Welt kam." Serranas Lippen begannen verdächtig zu zittern und sie presste sie kurz zusammen, bevor sie fortfuhr. "Aber das war noch nicht alles, denn meine Mutter hat nach der Geburt einfach nicht aufgehört zu bluten und irgendwann ist sie dann gestorben..."


    Serrana atmete ein paarmal tief ein und aus, um sich ein wenig zu beruhigen und fuhr dann reichlich wackliger Stimme fort. "Das alles wusste ich natürlich, aber erst seit ich ständig diese grässlichen Träume habe, hab ich mich daran erinnert, dass.....dass... ich... damals dabei gewesen bin." Sie presste kurz die Hand gegen den Mund, als könne sie damit das in ihr aufsteigende Schluchzen unterdrücken und sah Calvena dann verzweifelt und voller Selbstekel an. "Kannst du dir das vorstellen? Wie konnte ich denn nur vergessen, dass ich sie dort habe liegen sehen in all dem Blut und so weiß wie ein Laken und jahrelang nicht mehr daran denken? Du hast doch auch so viele Menschen sterben sehen bei dem Überfall und es nicht vergessen..."


    Sie rettete sich erneut in die Umarmung ihrer Freundin auch wenn sie sich voll und ganz der Tatsache bewusst war, dass sie dabei ein ziemlich erbärmliches Bild abgeben musste.


    "Im Moment träume ich fast jede Nacht davon, und dabei wünsche ich mir doch nur noch, dass das endlich wieder aufhört..."

    Serrana hatte keinerlei Zweifel, dass Calvena sich über die Tiefe von Valerians Gefühlen ihr gegenüber im Klaren war, schließlich konnte selbst sie mit all ihrer Arglosigkeit deutlich erkennen, wie es um den jungen Mann stand, der sie gerade nach Hause begleitete.


    "Ich glaube, was das angeht, musst du dir keine Gedanken machen." antwortete sie und konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken, als das Gesicht des Prätorianers einen leicht verklärten Ausdruck annahm. Schön, dass es das bei Männern offenbar auch geben konnte.


    "Hast du eigentlich schonmal mit dem Kaiser oder einem Mitglied seiner Verwandten gesprochen?" hakte sie dann neugierig nach. Allein die Vorstellung war ja schon ungeheuerlich...
    "Ich würde den Kaiser auch gern mal sehen." Serranas Gesicht nahm einen leicht verträumten Ausdruck an. "Es muss doch ungeheuer aufregend sein, in der Nähe all dieser wichtigen Menschen zu arbeiten...


    Für eine Weile versank sie in kindlichen Phantasien, in denen der Imperator höchstpersönlich sie durch die Räume des kaiserlichen Palastes geleitete, dann riss Valerians letzte Bemerkung sie wieder in die Gegenwart zurück.


    "Ja, mit den unerwarteten Veränderungen hast du Recht, die treffen sogar so unwichtige Menschen wie mich. Stell dir vor, vor gerade mal drei Monaten war ich noch daheim in der Campania und im Begriff, einen ganz schrecklichen Menschen zu heiraten, und jetzt bin ich auf einmal in Rom, und Calvena und ich werden bald Priesterinnen sein." Serrana strahlte glücklich, als ihr wieder einmal zu Bewusstsein kam, wie sehr sich gelohnt hatte, sich zum ersten Mal im Leben gegen eine Fremdbestimmung durchzusetzen.

    Serrana spürte, wie ihr nicht zum ersten Mal am heutigen Abend die Hitze in die Wangen stieg, als Valerian Calvenas Onkel erwähnte. Aber erstens wurden die beiden vom Licht der Fackel einmal abgesehen von Dunkelheit eingehüllt, und zum anderen hatte er sicher besseres zu tun, als sich für ihre Gesichtsfarbe zu interessieren.
    Da sie selbst wegen des Zerwürfnisses mit ihrer Großmutter derzeit von einigen wenigen Ersparnissen und ihren kümmerlichen Einkünften als Priesterschülerin lebte, konnte sie die Befürchtungen des jungen Prätorianers gut nachvollziehen und nickte nachdenklich.


    "Ja, das ist sicher eine gute Idee und ich kann mir nicht vorstellen, dass Calvenas Onkel das ablehnen wird, schließlich hängt er ja auch sehr an ihr." Die Röte ihrer Wangen vertiefte sich noch ein kleines bisschen, und Serrana war mehr als dankbar darüber, dass sie nach Einbruch der Nacht unterwegs waren.
    "Und Calvena liebt dich wirklich sehr, das weiß ich ganz genau." sagte sie dann im Brustton der Überzeugung, und mit der Begeisterung einer 15jährigen, die gerade zum ersten Mal in ihrem Leben im Begriff war sich ernsthaft zu verlieben.


    Dann jedoch schob sich ein etwas ernsthafterer Gedanke vor ihre rosaroten Träume und Serrana nutzte die Gelegenheit, Valerian eine weitere Frage zu stellen, über die sie sich bereits Gedanken machte, seit Calvena ihr von seinem Heiratsantrag erzählt hatte.


    "Sag mal,..." begann sie etwas zögerlich,"...ihr Prätorianer bleibt doch immer in der Nähe des Kaisers oder der kaiserlichen Familie, oder nicht? Oder könnte es auch passieren, dass du irgendwann einmal weit weg von Rom stationiert werden könntest?" Einer der Gedanken, die ihr überhaupt nicht behagten, war die Vorstellung, dass ihre beste Freundin in absehbarer Zeit vielleicht ganz wo anders und weit von ihr entfernt leben könnte.

    Serranas Blick ging zwischen Silanus und Sedulus hin und her, und als letzterer den Einwurf machte ihre Verlobung schon früher öffentlich zu machen, nickte sie automatisch und lächelte ihn an, bevor sie sich ein wenig ängstlich wieder ihrem Verwandten zuwandte.
    Natürlich bot die Idee, das Ganze auf dem geplanten Fest in der Casa Iunia publik zu machen, nahezu an. Aber bis dahin war noch so viel zu organisieren und zu regeln, und das würde sicher einige Zeit in Anspruch nehmen. Und Serrana brannte darauf, zumindest ihren Freundinnen gegenüber nichts mehr verheimlichen zu müssen. Calvena wusste zwar Bescheid, aber die war nicht nur ihre beste Freundin sondern auch Sedulus' Nichte, und vor ihr hätte sie niemals Geheimnisse haben wollen.
    Natürlich war ihr klar, dass sie selbst in dieser Angelegenheit nicht allzuviel zu bestimmen hatte, aber mit etwas Glück würde Silanus nichts dagegen haben, wenn ihre Verbindung mit Sedulus schon etwas früher bekannt würde.

    Huhu liebe Vena,


    ich hatte ja wirklich den Ehrgeiz, zur Feier des Tages einmal so früh aufzustehen wie der liebe Onkel Sedi, aber wie üblich hat es leider nicht geklappt.
    Auch von mir aaaaaalles Liebe zum Geburtstag, feier schön und geniess den Tag =)


    Ich freue mich schon auf unser nächstes gemeinsames Posten! :]

    Serrana biss sich auf die Unterlippe, als Senator Avarus eine eheliche Verbindung mit ihr als "vertane Chance" bezeichnete, aber nachdem der Schreck über die Frage nach ihren Eltern abgeklungen war, erinnerte sie sich wieder an Laevinas Ratschläge und nahm unbewusst etwas mehr Haltung an und entspannte wieder ihre Gesichtszüge. Seine Hoffnung auf eine möglichst große Nachkommenschar überraschte sie schon weit weniger, auch wenn sie ein wenig unverblümt ausgesprochen wurde, denn schließlich war das Kinderkriegen ja die entscheidende Aufgabe jeder römischen Ehefrau.


    "Nun, ich hoffe auch, dass die Götter uns mit vielen Kindern segnen. Aber wie du bereits selbst gesagt hast: ich bin noch jung, also werden wir einige Jahre haben, um dafür zu sorgen, dass die Gens Germanica nicht ausstirbt."


    Nach dem, was Calvena ihr seinerzeit in den Tempelgärten über ihren Großonkel erzählt hatte, hatte Serrana ohnehin nicht erwartet, dass dieser ihr mit offenen Armen entgegen eilen würde. Solange er ihr eine faire Chance gab, würde sie sich damit fürs erste zufrieden geben, auch wenn es sie immer noch wurmte, wenn die klangvolle Geschichte und Bedeutung ihrer eigenen Gens so gering geschätzt wurde.

    Ein undefinierbares Geräusch riss sie nach nur wenigen Stunden Schlaf aus ihren Träumen. Für einen kurzen Moment öffnete sie schlaftrunken die Augen, dann rollte sie sich zur anderen Seite hinüber und war fast wieder eingeschlafen, als das Geräusch sich wiederholte, lauter als beim erstem Mal und irgendwie beängstigend.
    Sie setzte sich im Bett auf, lauschte eine Weile in die Dunkelheit und als sie es erneut hörte, glitt sie aus dem Bett, griff mit einer Hand nach ihrer Puppe und eilte auf nackten Füßen aus ihrem Cubiculum, um das Zimmer ihrer Eltern anzusteuern. Normalerweise war es in der kleinen Casa um diese Uhrzeit totenstill, aber in dieser Nacht herrschte eine vollkommen untypische Betriebsamkeit, sie konnte schnell umherhastende Schritte und mehrere Stimmen hören, die sich in gedämpfter Lautstärke unterhielten und alle furchtbar nervös und hektisch klangen. Sie hatte gerade das Atrium betreten, als sich das Geräusch wiederholte und sie es zum erstem Mal als das erkannte, was es in Wirklichkeit war: ein unterdrücktes, langgezogenes und schmerzerfülltes Stöhnen. Sie spürte ganz deutlich, dass sie in ihrem eigenen Interesse sofort umdrehen und sich ihrem Bett die Decke über den Kopf ziehen sollte, aber irgendetwas war stärker und zog sie unweigerlich weiter durch den Innenhof und auf die Stimmen zu. Fast hätte sie dabei ihren Vater übersehen, der ungewohnt still für diesen fröhlichen und meist lautstarken Mann auf einer steinernen Bank des Atriums saß und seinen Kopf in beide Hände vergraben hatte. Ein wenig unschlüssig lief sie ein paar Schritte auf ihn zu, ohne dass er aufsah und sie bemerkte, dann ließ sie die Hand, mit der sie ihn an der Schulter hatte berühren wollen wieder sinken und ging weiter auf das hellerleuchtete Cubiculum ihrer Mutter zu. Während sie sich der Tür näherte, erklang ein neues Stöhnen, schwächer als beim letzten Mal aber nicht weniger furchterregend. Bisher hatte vor allem Neugier ihre Schritte geleitet, aber mit jedem Schritt, den sie sich der Tür und der völlig ungewohnten Betriebsamkeit dahinter näherte, wuchs ihre Unruhe, und eine undefinierbare und in dieser Form noch nie gefühlte kalte Angst ballte sich mit zunehmender Intensität in ihrem Inneren zusammen.
    Unbemerkt von der Leibsklavin ihrer Mutter, die hektisch und mit einer großen Schale in den Händen das Zimmer verließ, schlüpfte sie hinein und näherte sich dem Bett. War das Wasser in der Schale rot gewesen? Nein, da hatte sie sich sicher geirrt. Sie ging langsam und ihre Puppe an sich gepresst ein paar Schritte auf das Bett zu, irritiert durch die Luft im Cubiculum, die stickig und verbraucht war, und in der ein Geruch hing, den sie nicht einordnen konnte.
    Sie war noch ein Stück weit vom Bett und der Gestalt darauf entfernt, als sie im Schein der zahlreichen Öllampen plötzlich das Blut sah und wie angewurzelt und mit weitaufgerissenen Augen stehen blieb. Natürlich hatte sie schon häufiger in ihrem Leben Blut gesehen, wenn sie sich in den Finger geschnitten oder sich die Knie aufgeschlagen hatte, aber hier schien es überall zu sein: auf dem Laken, den umher liegenden Tüchern und den Beinen ihrer Mutter, zwischen denen sich eine weitere Frau zu schaffen machte. Sie wich unwillkürlich ein kleines Stück zurück und obwohl ihr Instinkt ihr sagte, so schnell wie möglich aus dem Zimmer zu rennen, bewegte sie sich , wie von Geisterhand gezogen, langsam zum Kopfende des Bettes, aus dessen Richtung ein erneutes, diesmal jedoch fast unhörbares Stöhnen zu hören war. Als sie so nah an das Bett herangekommen war, dass sie das Kissen und das Haar ihrer Mutter berühren konnte, wandte diese plötzlich den Kopf in ihre Richtung und sah sie an. Ihr entfuhr ein kleiner Ächzlaut des Entsetzens und sie wich ein paar Schritte zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Zimmerwand stieß. Das Gesicht ihrer Mutter war so schrecklich blass, beinahe schon weiß, und wirkte fast durchscheinend. Unter ihren sonst so schönen Augen lagen schwarze Schatten, durch die sie riesig erschienen, aber der Ausdruck war dumpf und von der üblichen und so vertrauten Lebendigkeit nichts mehr zu sehen. Selbst ihre Lippen waren weiß, und als sie sich plötzlich öffneten, dachte sie, ihre Mutter wollte etwas sagen, doch es kam kein Ton heraus.
    „Es hilft nichts, nichts hilft, verdammt noch mal….“ hörte sie plötzlich die Stimme der anderen Frau, die sich jetzt vor dem Bett aufrichtete und sich mit dem Handrücken den Schweiß aus dem Gesicht wischte, bevor sie in ihre Richtung blickte. „Verflucht, was macht denn das Kind hier?“ herrschte sie dann die Sklavin an, die gerade mit einer neuen Schale Wasser ins Zimmer eilte. „Bring sofort die Kleine hier raus und nimm das da mit.“ fügte sie mit einem Seitenblick auf ein blutiges Bündel hinzu, das am Fußende des Bettes lag.
    Sie wollte nicht gehen, sie wollte bei ihrer Mutter bleiben, aber die Hand der Dienerin packte sie und zog sie aller Gegenwehr zum Trotz aus dem Zimmer. Sie waren bereits wieder im Atrium angekommen, als sie einen Blick auf das Bündel werfen konnte, das die Sklavin im anderen Arm hielt. Gebannt starrte sie auf das blutige Stoffhäufchen, und erst, als sie erkannte, dass das, was an dem einem Ende zu sehen war, ein winziger, bläulich verfärbter Fuß war, fing sie an zu schreien und hörte nicht mehr auf.


    ...



    Serrana schrie noch, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte, und erst nachdem sie ganz langsam wieder in die Gegenwart zurückgefunden hatte, verstummte sie wieder und weinte stattdessen leise vor sich hin, während sie sich an Adulas Arm festklammerte, die ruhig neben ihrem Bett hocken blieb.

    Wenn Serrana betete, ganz gleich zu wem, dann ging sie völlig in ihren Worten auf, und so bemerkte sie auch Axillas Schwanken nicht.
    Nachdem sie ihre Ansprache an die Ahnen abgeschlossen hatte, machte sie Platz für ihre Cousine und nickte unwillkürlich bei deren Worten. "Wir vermissen euch..."- Wie wahr dieser Satz doch war! Serrana vermisste ihre Toten sehr, wenn auch jeden auf unterschiedliche Art und Weise. Ihre Mutter war schon so viele Jahre nicht mehr bei ihr, dass sie sich kaum noch an sie erinnern konnte, doch die Sehnsucht nach der Wärme und Geborgenheit, die sie von ihr in den ersten fünf Jahren ihres Lebens so bedingungslos erfahren hatte, hielt auch heute noch unvermindert an. Mit ihrem Großvater hatte sie hingegen fast ihre komplette Kindheit und Jugend verbracht, und da er erst vor einem knappen Jahr gestorben war, gab es noch eine Unmenge von größeren und kleineren Erinnerungen an irgendwelche gemeinsamen Erlebnisse, Gespräche oder auch nur bestimmte Gesten oder Ausdrücke, die für Marcilius Lento so typisch gewesen waren. Aber so sehr er ihr auch fehlte, ihr Großvater war bei seinem Tod bereits ein betagter Mann gewesen, und so fehlte diesem Verlust die Bitterkeit, die sie im Fall ihrer Eltern empfand.
    Was ihren Vater anging, so vermisste Serrana nicht wirklich einen konkreten Menschen, denn dafür hatte sie ihn viel zu wenig gekannt, sondern wohl das, was vielleicht hätte sein können, wenn einige Dinge anders gelaufen wären.
    Und obwohl sie wusste, dass das albern und kindisch war, beneidete sie Axilla wieder kurz für all das, was diese mit ihrem Vater verbunden hatte und schreckte ein wenig aus ihren trüben Gedanken hoch, als ihre Cousine sie plötzlich ansprach.


    "Ja? Meinst du wirklich?" fragte Serrana ein wenig zweifelnd und warf einen weiteren Blick auf Macros Totenmaske. Sie hatte keine Ahnung, was ihrem Vater zu Lebzeiten besonders wichtig gewesen war oder worauf er Wert gelegt hatte, aber trotzdem hatte diese Vorstellung etwas tröstliches.
    "Danke" sagte sie dann leise und hatte bereits einen Schritt auf Axilla zugemacht um diese spontan zu umarmen, als sie ein wenig unschlüssig wieder innehielt und die Arme sinken ließ. Für kurze Zeit hatte Serrana das schöne Gefühl gehabt, alles über ihre Cousine zu wissen und sich dieser wirklich eng verbunden und vertraut gefühlt. Die Ereignisse jener schrecklichen Nacht hatten das jedoch geändert und ihre Empfindungen Axilla gegenüber waren derzeit ein Mischmasch aus Zuneigung, Unsicherheit, Zweifeln und auch einem gehörigen Maß an verletztem Stolz.

    Als Calvena ihre Hand ergriff, begann der letzte Rest von Serranas Selbstbeherrschung gefährlich zu bröckeln und sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht vor ihrer Freundin in Tränen auszubrechen. Schließlich hatte die in ihrem Leben schon so viel Tod und Unglück erlebt, da kam es Serrana irgendwie falsch vor, sich bei ihr wegen ihrer vergleichsweise kleinen Probleme auszuweinen. Und wie sollte sie es überhaupt erklären, ohne Axilla in Schwierigkeiten zu bringen?


    "Nein, mit Laevina hat es überhaupt nichts zu tun." sagte sie mit einem vehementen Kopfschütteln und sah sich dann suchend im Raum um, als könnte sie dort irgendwie die passenden Worte finden.


    "Ich...ich...hab nur so schreckliche Träume seit einigen Tagen." brach es plötzlich aus Serrana heraus und jetzt füllten sich ihre Augen aller Gegenwehr zum Trotz doch mit Tränen. "Die hatte ich als Kind schon mal, aber dann waren sie irgendwann verschwunden. Und jetzt sind sie plötzlich wieder da...." Serrana schniefte leise und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen. Gut, dass ihre Großmutter sie so nicht sehen konnte, die würde sie vermutlich auslachen, weil sie sich von einem Traum derart verschrecken ließ.

    "Vielen Dank, Lucius. Da schließe ich mich gern an" quittierte Serrana Silanus' Worte mit einem glücklichen Lächeln, bevor sie Sedulus' Beispiel folgte und einen Tropfen ihres Weins für die Götter auf den Boden tropfen ließ. Hoffentlich trafen die Segenswünsche ihres Vetters ein, sie würde sich auf jeden Fall alle Mühe geben, um die Götter nicht gegen sich und ihren künftigen Ehemann aufzubringen.


    Für einen kurzen Moment genoss sie es einfach nur in dessen Augen zu sehen, die sie in der Zwischenzeit schon so liebgewonnen hatte, dann hob sie den Becher an die Lippen und trank einen Schluck. Es war beileibe nicht das erste Glas Wein, das in ihrem Leben trank, aber Serrana konnte sich nicht erinnern, das es ihr jemals so gut geschmeckt hätte.


    Aus den Augenwinkeln warf sie einen Blick auf ihren Vetter und betrachtete diesen nachdenklich. Silanus war so ein freundlicher und hilfsbereiter Mann und sah zudem auch noch wirklich gut aus. Hoffentlich fand auch er bald eine Frau, die ihm gut gefiel und die zu ihm passte. Sie wünschte es ihm auf jeden Fall aus vollem Herzen.

    Serrana sah Axilla einen Moment lang überrascht an, da sie als derzeit jüngstes Familienmitglied nicht damit gerechnet hatte, das Opfer für die gemeinsamen Ahnen darzubringen. Allerdings war Silanus bislang noch nicht anwesend, und ihre Cousine sah aus, als könnte sie jeden Moment zusammenbrechen, daher nickte sie sie schnell und ging dann zu dem kleinen Tisch hinüber, auf dem bereits die Opfergaben und andere notwendige Dinge bereitstanden.
    Zuerst nahm sie mit beiden Händen vorsichtig die losen Veilchenblüten aus einer Schale und drappierte sie gleichmäßig zwischen den einzelnen Figuren.
    Dann platzierte sie ein paar Früchte, etwas Salz und in Wein aufgeweichtes Brot auf dem Hausaltar und trat einen Schritt zurück, wobei sie die Arme erhob und die Handflächen nach oben drehte.


    "Oh, ehrwürdige Ahnen unserer geliebten Gens. Nehmt die Gaben an, die wir euch heute darbringen, und die euch gebühren. Und schützt und leitet unsere Familie auch weiterhin, darum bitten wir euch."


    Während sie sprach, zogen Bilder der Menschen, die sie in ihrem jungen Leben bereits verloren hatte an ihrem inneren Auge vorbei, und ihre Augen füllten sich automatisch mit Tränen. Weder ihr Großvater noch ihre Mutter hatten zur Gens Iunia gehört, aber das war Serrana im Moment egal, denn auch ihnen gebührte ein feierliches Gedenken, auch wenn es am Altar einer anderen Familie stattfand. Dann hob sie kurz den Blick und betrachtete ein wenig wehmütig die Totenmaske ihres Vaters. Macro würde ihr wohl immer ein wenig fremd bleiben, aber der alte Brief hatte ihr immerhin die Möglichkeit gegeben, so etwas wie ihren Frieden mit ihm zu machen.

    Ein erleichtertes Lächeln ging über Serranas Gesicht, als ihre Freundin den Oecus betrat und sie erwiderte deren Begrüßung, bevor sie wegen Calvenas Frage direkt so etwas wie ein schlechtes Gewissen bekam. Sah man es ihr denn so deutlich an? Jahrelang hatte sie von ihrer Großmutter eingetrichtert bekommen, dass man sich persönliche Stimmungen niemals anmerken lassen sollte, aber auf diesem Gebiet hatte sich die Iunia noch nie besonders erfolgreich gezeigt.
    Auf Calvenas Einladung hin nahm sie Platz und griff dankbar nach dem Becher mit dem erhitzen Wein. Die Wärme tat gut und Serrana legte unwillkürlich beide Hände um das tönerne Gefäss.


    "Oh, es ist nichts." sagte sie dann schnell mit einer abwehrenden Handbewegung. "Ich hab in den letzten Tage nur sehr schlecht geschlafen, das ist alles..."

    Serrana überlegte kurz, dann nickte sie. "Ja, etwas warmes wäre schön, wenn es nicht zu viel Mühe macht." antwortete sie und rieb sich automatisch die Hände. Eigentlich war es war es in den letzten Tagen wieder etwas wärmer geworden, aber trotzdem schien ihr ständig ein wenig kalt zu sein. Nachdem der freundliche Gundhraban wieder gegangen war, um Calvena zu informieren, schaute Serrana sich im Oecus ein wenig um, denn in diesem Raum der Casa Germanica war sie bislang mit Sicherheit noch nicht gewesen.

    Zum ersten Mal war Serrana ein wenig unschlüssig, ob sie wirklich an der Porta der Casa Germanica anklopfen sollte und trat ratlos von einem Fuß auf den anderen. Mehrere fast schlaflose Nächte und etliche quälende Gedanken hatten ihre Spuren bei ihr hinterlassen, unter ihren Augen lagen dunkle Schatten, und sie fühlte sich furchtbar müde und ausgelaugt und wäre am liebsten wieder nach Hause gelaufen und hätte sich ins Bett verkrochen.
    Im Grunde wünschte Serrana sich eigentlich nichts mehr, als ihre beste Freundin zu treffen und sich ein bisschen bei ihr auszuweinen, aber im Grunde konnte das gar nicht tun, ohne dadurch auch Axilla zu verraten und die Ehre ihrer Familie in den Schmutz zu ziehen. Andererseits hatte sie Calvena versprochen, ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen und bei der Gelegenheit ihrer Großmutter eine kleine Falle zu stellen. Und vielleicht ergab sich ja auch die Gelegenheit Sedulus kurz zu sehen...
    Serrana rang noch einen kleinen Moment mit sich, dann gab sie sich einen Ruck und klopfte an die Tür.

    Ein wenig zögerlich näherte sich Serrana dem Hausaltar mit den Totenmasken ihrer Vorfahren, unter denen sich auch die Maske ihres Vaters befand. Ihr Haar fiel ihr lang und glatt den Rücken herunter, und ihre Füße waren nackt, denn schließlich stand ein feierlicher religiöser Akt bevor,auch wenn sie sich nicht in einem Tempel befanden. Am liebsten hätte Serrana sich direkt wieder in ihrem Zimmer unter der Bettdecke verkrochen, denn seit der entsetzlichen Nacht, in der Axilla fast gestorben wäre, hatte sie nur wenig und sehr unruhig geschlafen und war immer wieder hochgeschreckt.
    Ihre Cousine stand bereits in Begleitung Leanders vor dem Altar und sah immer noch unglaublich durchscheinend und zerbrechlich aus.


    "Guten Morgen, Axilla, geht es dir einigermaßen gut?" fragte Serrana aufrichtig besorgt, jedoch ohne näher an ihre Cousine heranzutreten oder sie gar zu berühren. Bislang war sie Axilla immer völlig unbekümmert und offen gegenübergetreten, aber irgendwie schien das plötzlich nicht mehr möglich zu sein. Serrana war unendlich glücklich und erleichtert darüber war, ihre Cousine nicht verloren zu haben, trotzdem hatte sie das Gefühl, die wahre Axilla gar nicht wirklich zu kennen, denn die hatte wichtige Teile ihres Lebens ganz offensichtlich vor ihr geheim gehalten. Ein Teil von Serranas Verstand weigerte sich immer noch beharrlich anzuerkennen, dass ihre Cousine schwanger gewesen war und ihr Kind in jener Nacht verloren hatte, obwohl die Umstände gar keinen anderen Schluss zuließen. Aber solange Axilla nicht von sich aus darauf zu sprechen kam, bestand ja keinerlei Notwendigkeit sich weiter damit auseinanderzusetzen, und das war Serrana im Grunde auch ganz recht. Schließlich war die Vorstellung einer unehelichen Schwangerschaft an sich ja schon ungeheuerlich und schlimm genug...

    Um Axilla nicht noch zusätzlich zu quälen, ging Serrana so vorsichtig und sanft vor wie es möglich war, während sie den Körper ihrer Cousine nach und nach von Blut, Erbrochenem, Schweiss und Tränen befreite. Sie hatte Axillas Oberkörper nach dem Umziehen gerade wieder auf das Bett sinken lassen, als der Medicus sich wieder an sie wandte und sie und die Sklaven unmissverständlich dazu aufforderte, seinen frisch zubereiteten Trank einzunehmen. Von der Eindringlichkeit seiner Worte überzeugt, nickte Serrana automatisch, jedoch nicht, ohne sich selbst nur wenige Sekunden selbst zu verfluchen. Was war sie doch nur für ein erbärmlich schwacher Mensch! Konnte sie denn nichts durchalten, ohne dass sie sofort einknickte, wenn ihr irgendjemand eine anders lautende Anweisung gab? Serrana biss die Zähne zusammen und rang einen Augenblick mit sich, dann schob sie diesen unerfreulichen Gedanken beiseite und streckte den Arm nach dem Krug aus, nachdem der Arzt ihr bedeutet hatte, dass der Trank lang genug gezogen hatte.
    Vorsichtig setzte sie das Gefäß an ihre Lippen und trank ein paar Schlucke von der heissen und bitteren Flüssigkeit, bevor sie den Krug wieder absetzte und ihn zu Leander herrüberreichte, der immer noch völlig aufgelöst wirkte. "Trink etwas davon, Leander, deine Herrin würde das sicher auch wollen."sagte sie eindringlich und versuchte sich an so etwas wie einem beruhigendem Lächeln , bevor sie sich an Adula wandte, deren unbewegtem Gesicht man, wie üblich, nicht das geringste ansah. "Und danach bist du dran." fügte sie in einem energischen Tonfall hinzu, der angesichts ihrer eigenen Feigheit vermutlich eher lächerlich wirkte. Dennoch konnte sie ein paar Sekunden später ein winziges Nicken bei Adula wahrnehmen und seufzte erleichtert, bevor sie wieder den jungen Medicus ansah.


    "Würdest du mir bitte sagen, wie du heisst?" fragte sie leise. "Du hast heute nacht schon so viel für meine Cousine getan, und ich würde dich gern beim Namen nennen können, wenn ich mich bei dir bedanke."

    Das Häuflein aus verschiedenen Schriftstücken und kleineren Gegenständen wie einer ein wenig abgegriffenen Börse und einem silbernen Anhänger in Form einer Sonne lag jetzt schon eine geraume Zeit auf Serranas Bett und sie selbst saß, mit angewinkelten Beinen dem Rücken an die Wand gepresst, daneben.
    Silanus hatte Wort gehalten und ihr von einem Sklaven eine kleine Kiste mit Hinterlassenschaften ihres Vaters vorbeibringen lassen, und Serrana brauchte eine geraume Weile, bis sie soweit war, die einzelnen Dinge so vorsichtig zu berühren, als könnten diese sich plötzlich und ohne Vorwarnung in Luft auflösen. Langsam nahm sie zuerst die Börse in die Hand und schnupperte an der abgescheuerten Hülle, konnte aber ausser dem schwachen Duft nach altem Leder nichts weiter wahrnehmen. Dann griff sie nach dem Anhänger und drehte ihn im Licht der Öllampe langsam hin und her. Die Sonne war kleiner, als sie sie in Erinnerung hatte, aber trotzdem war sie sich sicher, dass ihre Mutter sie immer um den Hals getragen hatte. Bislang hätten die Dinge auf dem Bett jedem x-beliebigen Menschen gehören können, aber die kurze Erinnerung an ihre Mutter ließ einen immensen Kloß in Serranas Hals anwachsen, daher legte sie den Anhänger schnell wieder zur Seite und griff nach den einzelnen Papieren. Bei den meisten handelte es sich um militärische Bescheinigungen und Urkunden und waren für sie momentan eher weniger interessant. Den persönlichen Briefen schenkte Serrana da schon größere Aufmerksamkeit, und nachdem sie zwei Schreiben von ihr unbekannten iunischen Familienmitgliedern für's erste beiseite gelegt hatte, stieß ihr plötzlich eine Handschrift ins Auge, die ihr unendlich vertraut war, auch wenn sie sie schon seit längerer Zeit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Mit etwas zittrigen Händen rollte Serrana die Schriftrolle vorsichtig auseinander und setzte sich dann ein bisschen näher an die Lampe heran, um den Inhalt besser lesen zu können.


    Ad
    Manius Iunius Macro
    Casa Iunia
    Roma



    Salve Macro,



    ich danke dir für deinen Brief und muss gestehen, dass ich wegen deiner Vorwürfe ein wenig verwirrt und mir keiner Schuld bewusst bin. Dieses Schreiben ist das erster aus deiner Hand, dass ich seit über einem Jahr zu Gesicht bekommen habe, daher ist mir nicht klar, wie ich dir bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte antworten sollen. Offenbar scheint da irgendeine Art von Missverständnis vorzuliegen.
    Hier in Nola geht alles seinen gewohnten Gang, deine Tochter ist gesund und kann für eine Siebenjährige schon erstaunlich gut lesen und schreiben, ein Umstand, den ich natürlich nach besten Kräften zu unterstützen versuche. Serrana ist nach wie vor ein stilles und ziemlich ängstliches Kind, aber den Göttern sei Dank scheinen zumindest die ständigen Albträume allmählich nachzulassen, worüber Laevina und ich wirklich sehr froh sind.


    Was nun dein Angebot betrifft, Serrana zu dir nach Rom zu holen, möchte ich dir das folgende ans Herz legen:
    Macro, ich weiß zu schätzen, dass du dich selbst wieder mehr um deine Tochter kümmern willst, und dass deine Verwandten in Rom bereit sind, sie in der Casa Iunia aufzunehmen. Bedenke aber bitte, dass du durch deinen Dienst bei den Cohortes Urbanae nach wie vor zeitlich sehr stark eingebunden bist, und Serrana sich nicht nur an ein völlig neues Umfeld sondern auch zum zweiten Mal in kurzer Zeit an neue Bezugspersonen gewöhnen müsste, die ihr bislang noch vollkommen unbekannt sind.
    Ich verstehe natürlich, dass du verärgert bist, weil meine Frau dir nach wie vor die Schuld am Tod unserer Tochter gibt und dir auch sonst sehr unfreundlich entgegentritt, und kann dich nur um ein gewisses Maß an Verständnis bitten. Laevina erweckt anderen gegenüber gern den Anschein, vollkommen unantastbar zu sein, aber das ist sie nicht. Der plötzliche Tod unserer wundervollen Tochter, nur wenige Jahre, nachdem sie bereits einen ihrer Söhne verloren hatte, hat ihr das Herz gebrochen, auch wenn sie das niemals zugeben würde, und die Existenz eines vermeintlich Schuldigen macht es ihr vermutlich leichter, damit fertig zu werden.
    Macro, ich kann nur an dich appellieren, deine Entscheidung noch einmal zu überdenken und Serrana auch weiterhin bei uns zu lassen. Natürlich sind Laevinas Erziehungsmaßnahmen manchmal ein wenig streng, aber sie würde sich für dein Kind jederzeit in Stücke reissen lassen und auch mir ist die Kleine in den vergangenen zwei Jahren so sehr ans Herz gewachsen, dass es mir sehr schwer fallen würde, mich wieder von ihr zu trennen. Du weißt, dass du hier, zumindest von meiner Seite, immer willkommen bist und deine Tochter jederzeit sehen kannst. Gib mir bitte baldmöglichst Bescheid, wie du dich entschieden hast!


    Mögen die Götter dich und deine Familie beschützen,


    Aulus Marcilius Lento


    Serrana las den Brief ein erstes, dann aber auch noch ein zweites und drittes Mal. Die ersten Tränen waren ihr bereits in die Augen gestiegen, nachdem sie die Handschrift ihres Großvaters erkannt hatte, aber jetzt liefen sie ihr bereits seit geraumer Zeit die Wangen herunter, ohne dass sie sich die Mühe machte, sie zu unterdrücken oder wegzuwischen. In ihrem Innern trafen neue Erkenntnisse auf alte Überzeugungen, und vieles was bislang entweder schwarz oder weiß gewesen war, änderte plötzlich die Farbe und nahm eine undefinierbare Grauschattierung an. Ein paar mal war Serrana versucht, diesen überaus schmerzhaften Prozess einfach zu unterbrechen, entschied sich dann jedoch es auszuhalten und ließ die Tränen einfach weiterfließen, während sie die Knie noch ein wenig enger an ihren Körper zog.

    Kaum hatte Silanus seinen Satz zu Ende gesprochen, da begann das aufgeregte Kribbeln auf Serranas Haut von neuem. Bislang war ihre baldige Heirat nur ein Versprechen und eine wage Vorstellung gewesen, die sie mit ihren rosaroten Träumereien ein wenig hatte ausschmücken können. Aber durch eine offizielle Verlobung nahm das Ganze allmählich doch schärfere Konturen an. Jetzt würde sie also wirklich heiraten, und nicht, wie noch vor einem halben Jahr vorgesehen, den widerwärtigen Gnaeus Balbus aus der Campania, sondern einen Mann, der ihr wirklich viel bedeutete, und mit dem sie sogar gern ihr Leben teilen würde.
    Serrana warf einen dankbaren Blick zu Silanus hinüber, weil dieser so nett und positiv auf Sedulus' Erklärungen reagiert hatte und erwiderte dann dessen Lächeln, während sie darauf wartete, dass der Sklave die Becher unter den Anwesenden verteilte und den Wein einschenkte.


    "Ja, sehr gern."