Beiträge von Iunia Serrana

    Auch Serrana hatte sich Laeva interessiert zugewandt, als diese damit begonnen hatte über ihren Aufenthalt in Griechenland zu erzählen. In diesem Moment betrat Tiberia Arvinia das Triclinium, und Serrana lächelte diese erfreut an, denn sie hatte an diesem Abend noch gar keine Gelegenheit gehabt die junge Patrizierin zu begrüßen. Aus irgendeinem Grund schien Arvinia jedoch verägert zu sein, und Serrana traute sich kaum sie anzusprechen. Hoffentlich war sie selbst nicht der Grund dafür! Daher warf sie der Tiberia nur ein unsicheres Lächeln zu und schaute dann wieder auf ihren Teller. Am besten würde es wohl sein, sich den beiden jungen Frauen anzuschließen und allmählich den Heimweg zur Casa Iunia anzutreten. Ihre Leibsklavin Adula würde sicher schon bei den anderen Sklaven warten, um sie sicher durch die nächtlichen Straßen Roms zu begleiten. Und mit ein wenig Glück würde sie auf dem Weg nach draussen ja vielleicht auch noch einen letzten Blick auf Sedulus erhaschen können.


    "Wenn ihr zu Calvena geht um euch zu verabschieden, würde ich mich euch gern anschliessen." sagte Serrana dann an Septima und Arvinia gewandt. "Für mich wird es auch langsam Zeit nach Hause zu gehen."

    Er hatte an diesem Tag tatsächlich Zeit für sie, damit hatte sie eigentlich kaum gerechnet, aber dadurch war die Freude jetzt um so größer. Wie sollte sie die lange Wartezeit bis dahin nur überstehen?
    Serrana genoss den Abschiedskuss und fuhr ihrerseits auch noch ein letztes Mal sanft mit den Fingern über sein Gesicht.


    "So geht es mir auch." sagte sie dann leise und lächelte Sedulus an, bevor sie sich schweren Herzens zur Tür wandte und diese öffnete.


    "Dann will ich dich mal wieder gehen lassen. Sonst machen sich die Sklaven wirklich noch Gedanken, weil wir gar nicht mehr auftauchen."

    Sedulus' Beschreibung von Antonius und Cleopatra unterschied sich schon sehr deutlich von ihrer eigenen romantischen und ziemlich verklärten Vorstellung, daher starrte Serrana ihn zuerst für eine Sekunde ungläubig an und begann dann zu kichern.


    "So habe ich das, ehrlich gesagt, noch nie gesehen. Aber glücklicherweise bin ich ja keine Königin und du bist kein Feldherr, deshalb bleibt uns dieses Schicksal ja vielleicht erspart."


    Aber damit ihr gemeinsames Schicksal überhaupt seinen Lauf nehmen konnte, musste erstmal ein weiteres Treffen her. Nur, wann?


    "Morgen bin ich leider von morgens bis abends im Tempel." sagte Serrana mit deutlichem Bedauern in der Stimme. "Dann muss ich unbedingt noch Calvena ihr Kleid zurückbringen, damit sie nicht noch länger darauf warten muss. Aber in drei Tagen endet mein Unterricht schon am Mittag und danach hätte ich Zeit." zählte sie auf und sah Sedulus dann hoffnungsvoll an. Ein Senator, der zudem auch noch ein öffentliches Amt ausübte, hatte sicher einen bis an den Rand gefüllten Terminkalender, hoffentlich ließ sich da überhaupt ein bisschen Zeit für sie finden.

    Wie gut es doch tat, endlich wieder frei von der Leber weg zu reden, ohne Angst haben zu müssen vielleicht ein falsches Wort zu benutzen oder sich auf andere Weise zu verraten. Als Calvena die Stírn runzelte, erschrak Serrana für einen Moment, aber dann hellte sich der Gesichtsausdruck ihrer Freundin zum Glück wieder auf, auch wenn diese nach wie vor ein wenig ungläubig wirkte.


    "Ähm ja, das haben wir." erzählte Serrana ein wenig verlegen, auch wenn ihre Augen dabei leuchteten. "Am Anfang nur ganz kurz, aber danach hat es immer länger gedauert. Ich hätte gar nicht gedacht, dass das solchen Spaß macht.."Dass diese Situation für Calvena ein wenig merkwürdig sein musste, war auch der Iunia klar. Allerdings hatte sie keine Ahnung, was sie dagegen unternehmen konnte. Denn auch wenn Serranas Gefühle für Sedulus zu diesem Zeitpunkt ein absolutes Chaos waren, einen Onkel sah sie ganz sicher nicht in ihm... ;)


    "Weißt du, ich muss immer daran denken, was du mir damals im Park beim Tempel über das Verliebtsein erzählt hast. Damals konnte ich es nicht so richtig nachvollziehen, aber jetzt schon."

    "Oja, das wäre schön." antwortete Serrana vergnügt. "Dann hoffe ich nur, das wir nicht auch so ein böses Ende nehmen wie die zwei.


    Als das Gespräch wieder auf Adula kam, musste Serrana schmunzeln und reckte sich automatisch ein bisschen, als sie zu Sedulus hochschaute.


    "Du wirst sie sicher schon von weitem leicht erkennen, sie ist nämlich eindeutig die Größere von uns beiden und hat auch dickere Muskeln."

    Hätte sie das lieber nicht erzählen sollen? Nicht, dass Calvena ihretwegen noch Probleme bekam, aber so schätzte sie Sedulus eigentlich nicht ein.


    Serrana sah ihn einen Moment lang prüfend an, begann jedoch bald wieder zu lächeln, als sie keine Anzeichen von Missbilligung in seinem Gesicht entdecken konnte.
    "Ja, wir sind damals direkt von Tempel aus dorthin gegangen und es hat sich wirklich gelohnt. Es sah alles so echt aus, man konnte sich fast vorstellen, dass Antonius und Cleopatra wirklich auf den Schiffen waren. Wenn es noch mal so eine Veranstaltung gibt, will ich unbedingt wieder hin!" erzählte sie begeistert.


    Als Sedulus ihr dann anbot ihr Sklaven zur Begleitung zu schicken, schüttelte Serrana den Kopf.


    "Vielen Dank, aber das wird nicht nötig sein. Adula wird mich begleiten, mehr Schutz brauche ich wirklich nicht, das wirst du dann ja sehen."

    Serrana war ein bisschen besorgt, dass Sedulus einen Treffpunkt vorschlagen könnte, den sie eventuell noch nicht kannte, aber als er die Naumachia Augusti erwähnte, erhellte sich ihr Gesicht.


    "Ja, das kenne ich. Da hab ich mir vor kurzem mit Calvena eine Seeschlacht angeschaut." erzählte sie mit leuchtenden Augen. "Stell dir vor, sie haben die Schlacht von Actium nachgestellt, die Schiffe waren alle ganz naturgetreu und haben wirklich gebrannt..."


    Die Anlage war zwar ein wenig abgelegen, aber sie konnte ja Adula mitnehmen, dann dürfte der lange Weg kein Problem sein.


    Eine weitere Seeschlacht würde ihr an der Naumachia vermutlich nicht geboten werden, aber dafür vielleicht andere, genauso aufregende Dinge.

    Ein klein wenig enttäuscht war Serrana schon, dass Sedulus nun wieder gehen wollte. Aber schließlich konnte sie ihn ja nicht den ganzen Tag aufhalten und ausserdem hielten sie sich mittlerweile schon so lange in der Bibliotheca auf, dass sich die Sklaven vermutlich doch bald Gedanken machen würden...
    Die Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen war natürlich schön, aber die Frage nach dem wo gestaltete sich da schon deutlich schwerer.


    "Oh, ich weiß nicht." sagte sie nachdenklich und runzelte leicht die Stirn. "In den nächsten Tagen werde ich in der Casa Germanica vorbeikommen und das Kleid zurückbringen, dass Calvena mir für die Fontinalia geliehen hat. Aber dort läuift ja auch Großmutter herum, und es ist sicher besser, wenn sie uns nicht zusammen sieht...Du kennst dich in Rom doch besser aus, hast du keine Idee?" Allzu viele Möglichkeiten boten sich wirklich nicht, wenn man nicht ungewollt von neugierigen Augen beobachtet werden wollte.

    Aaah, die junge Dame war nicht nur schön sondern auch noch fürsorglich! dachte Antinoos erfreut, als er die besorgte Stimme der Unbekannten hörte. Das verhieß durchaus besondere Freuden für die Zukunft, wenn er seine Trümpfe jetzt richtig ausspielte...Zum Dank öffnete er sofort die Augen und warf ihr einen weiteren glutvollen Blick zu. Da sie jedoch offenbar nicht der Typ Frau war, der einen Tänzer bei Gefallen direkt zu sich auf die Kline zerrte (und auch dies war Antinoos durchaus schon das eine oder andere mal passiert), war bei der weiteren Annäherung jetzt wohl ein wenig Raffinesse seinerseits gefragt.


    "Nun, ich bin bei meinem "Tod" wohl ein klein wenig unglücklich aufgekommen." antwortete Antinoos mit leichtem griechischen Akzent und lächelte die Unbekannte tapfer an. "Könntest du mir vielleicht deine Hand reichen? Das würde mir beim Aufstehen sehr behilflich sein, und ich könnte vor den übrigen Tänzern und Gästen meine Würde bewahren..."
    ~~~~~~



    Serrana war der Tanzdarbietung gebannt gefolgt und hatte für eine kurze Weile sogar ihre schon den ganzen Abend währende Nervosität abgelegt. Vor allem die Darstellung des Odysseus hatte es ihr angetan. Unglaublich, dass ein Mann sich derart elegant und geschmeidig bewegen konnte, ohne auch nur im mindesten feminin dabei zu wirken...
    Das Lob ihrer beiden Nachbarn Calvena und Sermo freute die junge Iunia sehr und sie strahlte über das ganze Gesicht. Schließlich war es ja auch gut möglich, dass jemand Anstoß an den Tänzern oder ihrer Darbietung nahm.


    "Vielen Dank." sagte Serrana an beide gewandt. Sermos Frage war ihr ein wenig peinlich und sie kicherte verlegen. "Nun, um ehrlich zu sein, haben Narcissa und ich jeweils die Hälfte der Tänzer ausgesucht, weil wir uns einfach nicht einigen konnten. Nur bei Odysseus und Antinoos war die Sache von Anfang an klar, weil die beiden in Rom den besten Ruf haben." In Antinoos' Fall traf das sogar in mehrfacher Hinsicht zu, aber dieser Aspekt war an der unbedarften Iunia komplett vorbeigegangen. "Weitere Tanzdarbietungen kann ich dir leider nicht anbieten, was die Wonnen für das Auge angeht, wirst du also mit dem Anblick unserer weiblichen Gäste vorlieb nehmen müssen." Du liebe Güte, hatte sie das jetzt wirklich gesagt? Der Satzt hätte ja glatt von Narcissa sein können....


    Für einen kurze Weile hatte Serrana nicht an die übrigen Gäste gedacht, aber jetzt wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf Tiberia Septima und Senator Sedulus gelenkt, die immer noch nicht allzu harmonisch wirkten. Was ging denn da nur vor? Bislang war auf der Cena von Narcissas Verschwinden einmal abgesehen alles so wundervoll verlaufen, da würde doch jetzt nicht noch ein Streit alles kaputt machen? Und dann war auch noch einer der Tänzer bewegungslos vor der Kline liegengeblieben, auf der Claudia Romana lag, während alle anderen sich längst wieder erhoben hatten und dabei waren sich diskret zurückzuziehen. Serranas Besorgnis wuchs und sie entschied sich schweren Herzens, ihre übliche Schüchternheit für einen Augenblick über Bord zu werfen und als Gastgeberin nach dem Rechten zu sehen.


    "Entschuldigt mich bitte einen kleinen Augenblick, ich bin sofort zurück." sagte sie an Calvena und Sermo gewandt, erhob sich von ihrer Kline und ging mit einem Lächeln, dem man ihre Besorgnis hoffentlich nicht ansah, hinüber zu den Ehrenplätzen. Dem nach wie vor am Boden liegenden Tänzer schien es erfreulicherweise nicht allzu schlecht zu gehen, denn er sprach mit Claudia Romana und lächelte sogar dabei. Umso besser, auf diese Weise konnte sie sich wenigstens direkt ihren Gästen widmen.


    "Ich hoffe, es hat euch bislang gefallen." sagte sie an Septima und Sedulus gewandt und bezog ebenfalls Romana in diese indirekte Frage mit ein, auch wenn diese im Moment ein wenig abgelenkt wirkte. "Falls ich euch in Bezug auf das Essen und die Getränke noch irgendeinen Wunsch erfüllen kann, dann sagt das bitte. Ich möchte ja schließlich, dass unsere Gäste den Aufenthalt in diesem Haus geniessen und glücklich wieder nach Hause gehen." Besonders brilliant war Serranas Ablenkungsmanöver vermutlich nicht, aber ihr war wirklich sehr daran gelegen, wieder Frieden und Harmonie unter ihren Gästen herzustellen.

    Nachdem Calvena ihr Gebet beendet hatte, legte Serrana das Brot langsam auf dem Foculus nieder und wandte sich dann erneut den Ministri zu, denn jetzt war es Zeit für den Wein. Auf ein Zeichen von ihr brachte ihr einer ihrer Helfer die Patera mit Wein, und Serrana schüttete den ersten Tropfen auf den Boden des Tempels, bevor sie den Rest in die auf dem Foculus bereitstehenden Schalen goss. Dann trat sie einen kleinen Schritt zur Seite, um mit zum Himmel gedrehten Handinnenflächen wieder dem Gebet ihrer Freundin zu lauschen. Mittlerweile war die Unsicherheit fast völlig verschwunden und stattdessen wurde Serrana von unglaublichem Stolz und Freude erfüllt, dass sie an diesem Opfer teilnehmen durfte.

    Wie gut und klangvoll sich die Anrufung sich doch aus Calvenas Mund anhörte! Serrana hoffte und betete von ganzem Herzen, dass Iupiter das Opfer der beiden Mädchen annehmen würde, denn auch wenn sie noch ein wenig ungeübt waren, so waren sie doch mit vollem Herzen dabei.
    Nachdem ihre Freundin wieder verstummt war, sah die Iunia erneut zu den wartenden Ministri hinüber und bedeutete dem zweiten Jungen, ihr das Brot aus Dinkelmehl zu reichen. Dann wandte sie sich dem Foculus zu, hielt das Brot in die Höhe und wartete darauf, dass Calvena weitersprach, damit sie selbst die Opfergabe anschliessend auf dem Foculus niederlegen konnte.

    Serrana verstand Sedulus besser, als der vermutlich glaubte. Denn auch wenn er ihr mittlerweile schon ziemlich vertraut war und sie sich in seiner Nähe ungemein wohl fühlte, so änderte das doch nichts an der Tatsache, dass sie am heutigen Tage erst zum dritten Mal aufeinander getroffen waren und einander im Grunde noch kaum kannten.
    Dass er von einer späteren Verlobung sprach, löste in Serrana zwei völlig unterschiedliche Gefühle aus. Auf der einen Seite waren da große Aufregung und Freude, auf der anderen Seite aber auch ein bisschen Unsicherheit und Angst, wenn auch aus ganz anderen Gründen als damals in Nola. Eine Verlobung bedeutete nicht nur Liebe und die Aussicht auf ein baldiges Zusammenleben, sondern auch endgültig erwachsen zu werden und Verantwortung für das Leben anderer zu übernehmen, und das schüchterte Serrana doch noch ziemlich ein. Aber so wie es aussah, würde sie ja Zeit genug haben sich in Ruhe darauf einzustellen, und dann konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen.


    "Ja, so sehe ich das auch." antwortete sie glücklich und zwinkerte dann zurück.

    Da Axilla derart hektisch auf Serranas Bemerkung reagierte, überlegte diese einen Moment lang, ob es sich bei dem ihr unbekannten Aelier wohl um die unglückliche Liebe ihrer Cousine handeln könnte. Aber es gab doch wohl hoffentlich keine Männer, die ihren Verlobten Gedichte schenkten, obwohl sie in Wirklichkeit in eine andere verliebt waren... Und keine noch so verliebte Frau würde es wohl fertig bringen, ein solches Gedicht für die Verlobte ihres Angebeteten zu schreiben....nein, das war wirklich undenkbar!


    "Schade eigentlich." sagte sie daher munter und zuckte kurz zusammen, als Adulas Kamm an einer besonders verknoteten Stelle in ihren langen Haarsträhnen hängenblieb. "Dann hat diese Decima Seiana wohl großes Glück, dass sie so einen treusorgenden Verlobten gefunden hat. Ist sie eigentlich die Tochter des Senators?" Wenn diese Decima ungefähr in Axillas und ihrem eigenen Alter war, dann würde das ja in etwa hinkommen.

    Serrana überlegte einen Moment, dann schüttelte sie den Kopf. Nein, von Axilla einmal abgesehen, hatte sie bislang mit niemanden über ihre neuentdeckten Gefühle für Sedulus gesprochen. Wäre es um jemand anderen gegangen, dann hätte sie sicher Calvena davon erzählt, aber so... Ganz abgesehen davon war sie sich bis vor einigen Minuten auch ganz und gar nicht sicher gewesen, ob es dieses "uns" überhaupt gab. Was sollte ein Senator schon mit einer Frau wie ihr, die vom immer noch klangvollen Namen ihrer Familie einmal abgesehen fast nichts besaß? Da gab es in Rom sicher weit bessere Partien!


    Serrana spürte, wie die alte Unsicherheit und die Selbstzweifel wieder in ihr aufzusteigen drohten und versuchte, auch diese durch das Kopfschütteln loszuwerden.


    "Nein, niemand." antwortete sie und sah Sedulus dabei in die Augen. Zumindest in dieser Hinsicht war sie sich absolut sicher.

    Eigentlich hatte sie sich ja sehr darauf gefreut, heute endlich mal selbst ein Opfer an die Götter darbringen zu können, aber jetzt wo es soweit war, spürte Serrana, dass sie doch ganz schön nervös war.
    Nachdem sie beim vorausgehenden Waschen noch gründlicher als normalerweise darauf geachtet hatte, dass ihre Arme und Hände wirklich sauber waren, bedeckte die junge Iunia ihr Haupt und winkte dann den Jungen heran, der das wertvolle Gefäß mit dem Weihrauch hielt. Nur wenn man genau hinschaute, konnte man erkennen, dass Serranas Hand leicht zitterte als sie einige Körner Benzoe-Harz aus dem Behältnis nahm und über die glühende Räucherkohle streute. Und auch wenn sie heute deutlich angespannter war als bei den Opfern, die sie nur als Zuschauerin besucht hatte, so genoss sie doch den Geruch des balsamisch duftenden Weihrauchs, der mit dem Rauch aufstieg und sich im Tempel ausbreitete. Dann warf sie Calvena einen Blick zu und trat wieder einen Schritt zurück. Was für ein Glück, dass ihre Freundin heute auch dabei war. Es gab Serrana nicht nur ein Gefühl der Sicherheit sondern den beiden Mädchen auch eine weitere gemeinsame Erinnerung, über die sie sich vermutlich noch oft unterhalten würden.

    Nachdem Serrana auf der selben Bank Platz genommen hatte, auf der sie auch schon vor dem Bad gesessen hatte, begann nun auch Adula die Haare ihrer Herrin zu entwirren, während diese mit einem verträumten Gesichtsaudruck versuchte, sich die Pyramiden vorzustellen, von denen Axilla so eindrucksvoll berichtete.


    "Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich darum beneide, dass du so etwas wundervolles schon gesehen hast! Aber ich will mal nicht so undankbar sein, immerhin bin ich jetzt in Rom und sitze nicht mehr auf dem Campania auf dem Land rum...Da gab es nämlich gar nichts zu sehen, vielleicht mit Ausnahme des Vesuvs, und so spannend ist der auch nicht."


    So wie Axilla von ihrem Bekannten erzählte, schien dieser ja wirklich sehr sympathisch zu sein, und Serrana lächelte, während sie ihrer Cousine zuhörte. Ein Mitglied der Kaiserfamilie, du liebe Güte...


    Ja, das hört sich wirklich nett an. Dann halt ihn dir mal gut warm, diesen Freund, denn so viele Männer, die gleichzeitig nett und witzig sind gibt es sicher nicht in Rom."

    Als Septima ihr plötzlich etwas ins Ohr flüsterte, sah Serrana die Tiberia überrascht an. "Wirklich? Das hätte ich nie gedacht..." antwortete sie mit aufrichtigem Erstaunen. Septima war in ihrem ganzen Auftreten, und überhaupt in allem was sie sagte oder tat, so völlig anders als sie selbst und wirkte unglaublich weltgewandt und selbstbewusst. Wie schaffte sie das nur, wenn sie im Grunde auch nicht viel mehr gesellschaftliche Erfahrung hatte? Allein aufgrund ihrer nächsten Bemerkung hätte man ja schon annehmen können, dass sie jede zweite Woche auf einer derartigen Feier zu Gast war!
    "Ja, natürlich, ich werde es niemandem verraten." wisperte Serrana zurück und aß noch ein wenig von ihrem Teller. Eigentlich hätte Septima ihr das gar nicht verraten müssen, und sie selbst hätte es von alleine niemals gemerkt, daher freute die Iunia sich über diesen Vertrauensbeweis.

    Auch Serrana war sich ziemlich sicher, dass Axilla wusste, um wen es sich bei ihrem Besucher handelte. Aber da sich ihre Cousine bei ihrem Zusammentreffen mit Sedulus im Atrium nichts hatte anmerken lassen, würde sie sicherlich auch nichts in der Öffentlichkeit erzählen, wenn Serrana sie darum bat. Sie kannte Axilla zwar noch nicht sehr gut, aber in dieser Hinsicht hatte sie doch eine ganz gute Menschenkenntnis.


    Als Sedulus nun erwähnte, dass für seine Karriere Gefahr bestand, wenn man über sie beide etwas erfahren würde, wurde Serrana vor Schreck ganz blass. Wenn sie das gewusst hätte, dann hätte sie ganz sicher nichts erzählt, auch wenn sie damals im Balneum sehr froh gewesen war, es endlich mal loszuwerden. Aber wie hätte sie denn auch ahnen können, dass gleich so viel passieren würde, und dass, obwohl sie Sedulus eigentlich nur ihre Bibliotheca hatte zeigen wollen...


    "Ja, natürlich, das mache ich." sagte sie immer noch mit etwas schlechtem Gewissen. "Axilla wird es sicher vestehen, wenn ich es ihr erkläre."