Beiträge von Iunia Serrana

    Ja, frisch war es allerdings. So glücklich Serrana im Augenblick auch war, musste sie sich dennoch erst einmal selbst an den Gedanken gewöhnen, dass es jetzt einen weiteren wichtigen Menschen in ihrem Leben gab, bevor es die anderen ebenfalls erfuhren. Und wenn Sedulus sie wirklich vor ihrer Großmutter und damit ihrer größten Sorge beschützte, dann konnte sie es in der nächsten Zeit einfach nur geniessen verliebt zu sein.
    Serrana nickte Sedulus dankbar zu, aber seine nächste Frage stürzte sie dann in ziemliche Verlegenheit.


    "Ähm...naja...furchtbar viel wissen tut sie eigentlich nicht. Ich..äh...hab ihr nur mal erzählt, dass es da jemanden gibt, der mir ganz gut gefällt und dass er mich vielleicht mal besuchen kommt, um mir ein paar Schriftrollen auszuleihen." erzählte Serrana ein wenig stammelnd und drehte dabei hektisch an ihrem Armreifen hin und her, wie immer, wenn sie nervös war.


    "Bist du mir jetzt böse, weil ich es Axilla erzählt habe? Es tut mir wirklich leid, es ist mir einfach herausgerutscht, als ich mit ihr zusammen gebadet habe...." fügte sie ziemlich zerknirscht hinzu und traute sich jetzt irgendwie nicht mehr, Sedulus weiter anzusehen. Wahrscheinlich hielt er sie jetzt für eine Klatschtante, oder etwas ähnliches...

    Sedulus wirkte alles andere als begeistert, als er sich bereiterklärte mit Laevina zu sprechen, was Serrana sehr gut nachvollziehen konnte. Wer wagte sich schon gern freiwillig in die Höhle des Löwen?


    "Es hat ja keine Eile." sagte sie daher. "Niemand weiß, dass du hergekommen bist, um mich zu besuchen. Ausser Axilla, und die wird es nicht weiter erzählen, wenn ich sie darum bitte."

    Serrana merkte selbst, wie planlos sie daherredete, konnte aber auch nicht wirklich etwas dagegen unternehmen. Denn im Grunde spiegelten ihre hervorgesprudelten Worte nur das Chaos wieder, das seit einigen Tagen ihre Gedanken und Gefühle beherrschte...


    Offenbar nahm Calvena daran aber keinen Anstoß, sondern begann statt dessen zu lachen, und Serrana fiel automatisch in dieses Lachen mit ein. Nicht nur, dass das entsetzliche Missverständnis, das vor wenigen Minuten noch zwischen ihnen gestanden hatte jetzt wieder aus der Welt war. Nun konnte Serrana auch endlich jemandem ihr Herz ausschütten!


    "Naja, irgendwie schon." zwinkerte sie ihrer Freundin als Antwort auf deren Frage zu. "Aber das war ja auch gut so, schließlich wollte ich ja auch alles wissen."


    Als Calvena sie dann bat, ihr alles über Sedulus und sich zu erzählen, musste Serrana erst einmal einmal überlegen, wo sie überhaupt anfangen sollte. Irgendwie war ja alles so spannend...


    "Also, irgendwie hat alles angefangen, als Großmutter in das Becken gefallen ist. Da hat Sedulus sie ja rausgezogen und dann war er furchtbar nett zu mir als ich mir so große Sorgen gemacht habe. Naja, und später hat er mir dann euren Garten und die Bibliothek gezeigt. Stell dir nur vor,...." an dieser Stelle begann Serrana zu kichern,"...er hat mich einfach von den anderen weggeholt, das war so aufregend..."


    Serrana machte ein kurzes Päuschen und trank einen Schluck Saft, bevor sie mit leuchtenden Augen weitererzählte.


    "Naja, und dann ist er vor ein paar Tagen vorbeigekommen und hat mir zwei Schriftrollen geliehen, die mir in eurer Bibliothek so gut gefallen hatten. Erst haben wir uns unterhalten, und dann hab ich ihm die Bibliothek in der Casa Iunia gezeigt. Eigentlich gibt es da drin gar nicht so viel zu sehen, aber wir sind ganz lange drin geblieben, und es war ganz furchtbar romantisch..." Sie seufzte bei der Erinnerung wohlig auf und beugte sich dann ein Stückchen vor.
    "Stell dir vor, er hat mich geküsst. Vier..., nein..., fünf mal, glaub ich. Oder war es öfter?...Egal, auf jeden Fall war es sehr schön." fügte sie noch hinzu und kicherte wieder

    Bei dem Gedanken, dass ihre riesige Sklavin, der sie selbst gerade mal bis zur Brust reichte eifersüchtig werden könnte, musste Serrana kichern. Adula wusste spätestens seit dem gemeinsam überstandenen Abenteuer bei den Ludi Romani, dass ihre Herrin sehr an ihr hing und war damit mehr als zufrieden, obwohl sie sich das in ihrer knurrigen Art natürlich niemals anmerken lassen würde.


    Sedulus' Geständnis, dass er ihre Gefühle erwiderte war Balsam für Serranas nach wie vor nicht allzu großes Selbstbewusstsein und sie erwiderte glücklich sein Lächeln. Natürlich war es nach all dem, was in den letzten Minuten in der kleinen Bibliotheca vorgefallen war kaum denkbar, dass er nichts für sie empfand, aber es war trotzdem schön es auch noch mal aus seinem eigenen Mund zu hören.


    Was das Küssen anging, so kam die junge Iunia allmählich auf den Geschmack. Als Sedulus sie wieder zu sich heranzog, legte sie eine Hand in seinen Nacken und fuhr mit den Fingern durch sein dunkles Haar, während sie seinen Kuss erwiderte.


    ~~~


    Seine letzte Frage brachte Serrana ins Grübeln, über dieses Thema hatte sie selbst noch gar nicht nachgedacht, allerdings war es bis vor wenigen Minuten auch noch nicht wirklich ein Thema gewesen.


    "Oh, ich weiß nicht." sagte sie nachdenklich und ließ dabei ihre Hände auf seiner Brust liegen, da sie sich ungern wieder ganz aus seiner Umarmung lösen wollte. "Ich möchte es gern Calvena erzählen, wenn ich sie das nächste mal sehe. Schließlich ist sie meine beste Freundin, und ich fühle mich enfach nicht wohl, wenn ich Geheimnisse vor ihr habe." Und wer war da sonst noch? Von ihrer iunischen Familie würde es vermutlich nur Axilla interessieren, die beiden Männer hatte Serrana seit deren Ankunft aus Germanien so gut wie nie zu Gesicht bekommen und ausser ein paar Grußworten im Vorrübergehen kaum ein Wort mit ihnen gewechselt.
    Und dann war da natürlich Laevina...


    "Was machen wir denn mit Großmutter?" fragte Serrana mit aufkommender Sorge in der Stimme. "Sie möchte nämlich immer über alles ganz genau Bescheid wissen, und rausfinden wird sie es ohnehin. Das tut sie nämlich immer..."

    Für einen winzigen Moment war Serrana versucht Septima anzulügen, verwarf diesen Gedanken jedoch ganz schnell wieder. Bei ihrem Glück würde sie dabei vermutlich so dunkelrot wie die Trauben auf dem Obstteller und das würde das Thema noch unangenehmer machen.
    Schweren Herzens entschied sie sich daher für die Wahrheit und schüttelte verlegen den Kopf.


    "Nein, noch nie." Natürlich war da nach den Ludi die Cena in der Casa Iunia gewesen, aber die war nicht ansatzweise so pompös gewesen wie das heutige Fest zu Ehren des Fons. Und abgesehen davon war Serrana an jenem Abend ein wenig unfreiwillig in die Rolle der Gastgeberin gerutscht und hatte vor lauter Aufregung und dem ständigen Bemühen alles richtig zu machen, kaum etwas mitbekommen.


    "Ich habe bis vor ein paar Monaten bei meinen Großeltern auf dem Land gelebt, und die haben leider nur selten Bankette gegeben. Und wenn mal Gäste da waren, dann waren es meist Freunde meines Großvaters mit ihren Frauen, und die waren alle schon ziemlich alt und furchtbar langweilig." erzählte Serrana mit einem kleinen Seufzer, als sie sich an den einen oder anderen sterbensöden Abend erinnerte.


    "Naja, und wenn die beiden selbst irgendwo eingeladen waren, dann durfte ich nie mitkommen. Großvater hätte es ja erlaubt, aber meine Großmutter ist der Meinung, dass das erste große Fest, an dem eine junge Frau teilnehmen sollte, ihre Hochzeit zu sein hat.Angeblich kommt man sonst nur auf dumme Gedanken..." Kaum war der letzte Satz heraus, als Serrana plötzlich auffiel, dass Laevina da gar nicht so ganz falsch gelegen hatte und kicherte leise in ihren Weinkelch hinein.


    "Oja, das hoffe ich auch." stimmte sie Septima vergnügt zu, als diese davon sprach, in Zukunft vielleicht häufiger zu solchen Festen der Gesellschaft eingeladen zu werden.


    In diesem Augenblick näherte sich ihnen eine junge, rothaarige Frau und Serrana nickte lächelnd, als Septima ihre Vorstellung gleich mit übernahm. "Es freut mich sehr dich kennenzulernen, Caecilia Laeva." erwiderte sie deren Begrüssung und hob auch ihren Weinkelch.


    Als ein ihr noch unbekannter Mann mittleren Alters das Triclinium betrat, musterte Serrana ihn neugierig. Ob das wohl Calvenas Großonkel Avarus war? So selbstverständlich , wie er sich hier in den Räumlichkeiten bewegte, konnte er durchaus der Herr des Hauses sein.

    Nach dem gerade überstandenen Schrecken freute Serrana sich doppelt so sehr über Calvenas Äusserung.


    "Vielen Dank, das bedeutet mir wirklich sehr viel." antwortete sie dankbar und drückte erneut die Hand ihrer Freundin. "Du glaubst gar nicht, wie oft ich schon darüber nachgedacht habe, wie ich es dir nur erklären soll...Dabei kann ich es eigentlich gar nicht erklären, es ist einfach irgendwie passiert..."sprudelte Serrana aufgeregt heraus, ohne jedoch mit dem Strahlen aufzuhören.
    "Und es war so furchtbar schwer, nicht mit dir darüber reden zu können, schließlich sind doch so furchtbar viele aufregende Sachen in den letzten Tagen geschehen, und ich wollte sie keinem anderen vor dir erzählen." Plötzlich fiel der Iunia auf, dass sie wie ein kleines Kind auf Calvena einplapperte und verstummte schlagartig und mit einem verlegenen Lächeln.

    War Adula unberechenbar? Nein, eigentlich nicht...auch wenn ihre Reaktionen manchmal ein wenig drastisch ausfielen.
    Serrana überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf.


    "Adula ist manchmal ein wenig ruppig, aber eigentlich meint sie es nur gut. Und ich glaube nicht, dass sie dir etwas tun würde, schließlich wird sie ja bald merken, dass...dass ich dich sehr gern mag." schloss Serrana und spürte, wie ihre Wangen wieder einmal wärmer wurden.


    Als Sedulus sie dann auf seine Lachfältchen ansprach, wurde sie jedoch schlagartig richtig rot. Wirklich bewusst war ihr das noch gar nicht gewesen, da sie in diesem Fall einfach ihren Instinkten gefolgt war. Hoffentlich fand er ihre unbeholfenen Annäherungsversuche nicht kindisch oder albern...


    "Ähm ja, die gefallen mir schon sehr gut." murmelte Serrana mit einem verlegenen Lächeln und schaute dabei auf seine große Hand, die sie immer noch in ihrer kleinen hielt.


    "Aber der Rest von dir natürlich auch." fügte sie schließlich einer kleinen Pause hinzu und schaute dabei wieder in seine Augen.

    Unendlich froh, dass dieses unselige Missverständnis zwischen ihnen sich endlich aufgelöst hatte, ließ Serrana die Hand ihrer Freundin los und umarmte diese stattdessen. "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, jetzt versteh ich dich ja." sagte sie und drückte Calvena noch einmal, bevor sie sie wieder losließ.


    Während Serrana weiter erzählte wirkte Calvena für einen Moment lang immer noch etwas ratlos, aber dann zeigte das plötzliche Erhellen ihrer Gesichtszüge, dass sie die zaghaften Anspielungen ihrer Freundin schließlich doch noch verstanden hatte.


    Als Calvena Sedulus' Namen nannte, machte Serranas Herz einen kleinen Satz und ihre Wangen färbten sich rosig. Mit ihrer üblichen Verlegenheitsröte hatte das jedoch nichts zu tun, denn Serrana sah in diesem Fall keinen Grund sich zu schämen, ganz im Gegenteil.


    "Ja." sagte sie daher nur ganz einfach und lächelte Calvena glücklich an.

    „Es war gar nicht so einfach, die passenden Tänzer zu finden.“ antwortete Serrana ihrer Freundin mit einem Seitenblick auf die wartenden Männer. „Stell dir vor, der Darsteller des Odysseus ist einer der bekanntesten Tänzer von ganz Rom, er soll ursprünglich aus Hispania stammen." Aufgrund der Entfernung konnte die junge Iunia nicht wirklich etwas von der Unterhaltung zwischen Senator Sedulus und Tiberia Septima verstehen, aber irgendwie wirkte sie ein wenig zu erhitzt für eine freundliche Cena-Plauderei. Serrana warf einen etwas besorgten Blick in Richtung der Ehrenplätze und entschied dann, dass der Augenblick günstig für den Beginn der Tanzdarbietung war. Auf ihr Zeichen hin räusperte sich der Sklave mit dem grauen Bart, der bereits einige Verse rezitiert hatte und erhob seine wohlklingende Stimme, um die Unterhaltungen der anwesenden Gäste zu übertönen.


    „Sehr verehrte Gäste, ich bitte nun um Aufmerksamkeit für die Freier der Penelope.“ Kaum hatte er zu Ende gesprochen, da trugen mehrere Sklaven eine schöne, auf einem Sessel sitzende Frau ins Triclinium und stellten sie zwischen den Klinen und den Musikern ab: der nur sehr sparsam bekleidete Körper der Penelope wurde hauptsächlich von einem großen Tuch bedeckt, an dem sie zu arbeiten schien, und das das Leichentuch für ihren Schwiegervater Laertes darstellen sollte.
    Während nun auch die Musiker mit einer neuen Melodie begannen, kamen langsam auch die jungen Tänzer in die Nähe der Klinen und der Gäste. Zu Beginn blieben so noch zusammen, dann jedoch löste sich schließlich einer nach dem anderen von der restlichen Gruppe, um im Takt der Musik der nach wie vor webenden Penelope und natürlich auch den übrigen Zuschauern seine tänzerischen Fähigkeiten zu zeigen, und auf diese Weise ihre Gunst zu gewinnen.


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    Hätte Penelope sich tatsächlich für einen ihrer Freier interessiert, dann wäre ihr die Wahl vermutlich schwer gefallen. Einige der Tänzer waren dunkelhäutig, andere hell, einer fiel durch sein langes weizenblondes Haar auf, ein anderer durch bemerkenswert schöne Augen. Penelopes vorwitzigster Freier, Antinoos, wurde von einem jungen Griechen dargestellt, der nicht nur hervorragend tanzen konnte, sondern dabei auch noch aussah wie der fleischgewordene Apoll. Zumindest war er davon überzeugt, denn so manche Dame der römischen Gesellschaft hatte ihn nach seiner Darbietung noch unauffällig in ihr Cubiculum führen lassen und ihm diesen Namen ins willige Ohr gehaucht. Und da Antinoos nun mal wesentlich überzeugender tanzen konnte, wenn er sich dabei auf eine bestimmte Dame konzentrierte, machte er sich direkt auf die Suche nach einer geeigneten Zielperson. Unauffällig glitt sein Blick über die anwesenden Damen und blieb dann schließlich an einer jungen Frau hängen, die ein rotes Kleid trug und sich mit ihrem Nachbarn ganz offensichtlich die Ehrenplätze teilte. Bei den Göttern, was für eine imposante Gestalt,- so groß und dennoch hübsch… die fleischgewordene Athene….Antinoos zwinkerte seiner Auserwählten unauffällig zu, wenn er sich noch ein wenig Mühe mit seinem Auftritt gab, würde sie ihn vielleicht erhören…


    Nach und nach hatten sich fast alle anwesenden Tänzer dem Publikum und der immer noch unbeirrt ihr Tuch betrachtenden Penelope präsentiert, doch dann trat noch ein weiterer Mann, der bislang im dunklen Teil des Säulenganges gewartet hatte, auf den freien Platz zwischen den Klinen, ließ den Bettlermantel, mit dem er Gesicht und Oberkörper bedeckt hatte, langsam zu Boden fallen und begann mit seinem Tanz. Schon nach wenigen Schritten wurde klar, dass es sich hier um einen wahren Meister seines Fachs handelte, denn jede seiner Bewegungen bildete eine perfekte Einheit mit der Musik und zog automatisch die Blicke aller Anwesenden auf sich. Sogar Penelope zeigte zum ersten Mal seit Beginn der Darbietung wirkliches Interesse und folgte mit ihren Blicken dem Tänzer, in dem sie jedoch erst nach und nach ihren lang verschollenen Gatten Odysseus wieder erkannte.


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    Auch ihren Freiern war mittlerweile aufgefallen, dass mit Odysseus ein ernstzunehmender Konkurrent in ihre Mitte getreten war und so traten sie teilweise gemeinsam, teilweise einzeln zum Kampf gegen ihn an. Die Musik wurde allmählich schneller, der Rhythmus härter und ein wenig bedrohlich, doch nach und nach setzte sich Odysseus gegen jeden einzelnen seiner Herausforderer in diesem tänzerischen Wettstreit durch.
    Sein härtester Konkurrent um die Gunst der Frau und damit auch des Publikums war zweifellos der schöne Antinoos, aber auch dieser musste sich irgendwann geschlagen geben und „starb“ schließlich vor der Kline des weiblichen Ehrengastes, allerdings nicht ohne diesem noch einen letzten schmelzenden Blick zuzuwerfen…


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    Nach der Niederlage des letzten Gegners änderte sich die Musik wieder, wurde langsamer und auch deutlich sinnlicher. Odysseus näherte sich der wie erstarrt wirkenden Penelope, zog sie langsam von ihrem erhöhten Sitz und begann nun mit ihr zu tanzen. Zu Beginn wirkte das Paar noch ein wenig vorsichtig, doch nach und nach und passend zur wieder schneller werdenden Musik kamen Mann und Frau einander immer näher, und sanken schließlich während eines letzten Trommelschlages einander umarmend zu Boden. Odysseus war endlich in die Arme seiner Penelope zurückgekehrt…

    Sie hatte sich schon halb zur Tür gewandt, als die zerknirschte Stimme ihrer Freundin sie zurückhielt. Da sie immer noch furchtbar aufgewühlt war, dauerte es eine Weile bis deren Worte wirklich zu Serrana durchdrangen doch dann fühlte sie, wie ihr sehr schnell der Wind aus den Segeln genommen wurde. Konnte es denn wirklich sein, dass sie sich so seltsam ausgedrückt hatte, dass man daraus auf Valerian schließen konnte? Du liebe Güte, wie peinlich...


    Langsam ließ sich Serrana wieder auf ihrem Sessel nieder und wischte dabei die Tränen weg, die mittlerweile ihre Wangen heruntergerollt waren. Dann wandte sie sich wieder Calvena zu und nahm deren Hand in die ihre.


    "Ist schon gut, mir tut es auch leid." sagte sie mit einem leisen Schniefen. "Mir war nicht klar, dass ich mich so unklar ausgedrückt habe, aber du weißt ja, dass mir manchmal einfach nicht die richtigen Worte einfallen...." Ein weiteres kleines Schniefen folgte, bevor Serrana mit einem schiefen Lächeln und der festen Überzeugung, dass Calvena ihren Blick zur Tür richtig gedeutet hatte, weitersprach.


    "Aber ich bin wirklich sehr froh, dass du jetzt endlich Bescheid weißt und mir nicht böse bist. Ich hab mich so damit gequält, weil ich nicht wusste, wie ich es dir erklären sollte. Aber weißt du, was wirklich seltsam ist?" an dieser Stelle musste Serrana kichern, obwohl sie immer noch Tränen in den Augen hatte. "Das Ganze wäre wahrscheinlich nie passiert, wenn Großmutter nicht ins Impluvium gefallen wäre, ist das nicht lustig?"

    Serrana starrte immer noch die geschlossene Zimmertür an, daher ging Calvenas erst verwirrte und dann verlegene Reaktion weitgehend an ihr vorbei. Endlich hatte sie es hinter sich... was für eine Erleichterung...
    Fast hätte sie die leise Bemerkung ihrer Freundin gar nicht mitbekommen, aber dann war es wieder sie, die in Verwirrung gestürzt wurde.


    "Valerian? Wieso denn das?" fragte Serrana völlig konfus. "Was hat denn die ganze Geschichte mit dem zu tun?" Erst nach und nach kam ihr zu Bewusstsein, was Calvenas Geständnis eigentlich bedeutete.


    "Das kann doch nicht wahr sein....Du hast wirklich geglaubt, ich würde mich mit deinem Verlobten treffen? Was denkst du denn bloß von mir?" Inzwischen war ihre Stimme deutlich lauter geworden und wieder füllten sich Serranas Augen mit Tränen, diesmal allerdings aus Enttäuschung und Wut.
    "Ich glaub, es ist besser, wenn ich jetzt gehe." sagte sie dann mit mühsam beherrschter Stimme und erhob sich aus ihrem Sessel.

    "Ja das stimmt wohl." nickte Serrana voller Überzeugung. Sie selbst hatte nämlich keinerlei Zweifel daran, dass sie ohne die Hilfe der Götter, die sie ja auch oft genug erfleht hatte, niemals so weit gekommen wäre.


    Für einen Menschen, der Adula noch nicht kennengelernt hatte, musste deren Beschreibung vermutlich etwas abschreckend wirken. Serrana war mit der riesigen Sklavin aufgewachsen und deshalb war deren Aussehen für sie ganz normal.


    "Oh, du musst vor Adula keine Angst haben. " sagte sie fröhlich und streichelte dabei seine Hand. "Sie wird nur wütend, wenn sie das Gefühl hat, dass jemand mir etwas Böses will, und das hast du ja sicher nicht vor. Ich fühle mich wirklich absolut sicher, wenn ich mit ihr allein in der Stadt unterwegs bin, aber mit dir möchte ich auch lieber allein sein...."


    Mit diesen Worten stellte Serrana sich noch einmal auf die Zehenspitzen, zog gleichzeitig seinen Kopf ein wenig zu sich hinunter und küsste ihn dann schließlich auf dieselbe Stelle neben seinem Auge, die sie vor wenigen Minuten bereits berührt hatte.

    Mittlerweile fühlte sich Serrana derartig unwohl, dass sie am liebsten sofort aufgestanden und gegangen wäre. Noch vor wenigen Minuten war sie furchtbar glücklich gewesen und jetzt fühlte sie sich absolut elend und hatte Schuldgefühle, obwohl sie eigentlich gar keinen Grund dafür wusste...
    Irgendwann schien sich jedoch Calvenas Stimmung ein wenig zu drehen, wobei es Serrana völlig entging, dass das mit der Erwähnung der Cena zusammenhing. Irgendwie begriff sie das Verhalten ihrer Freundin überhaupt nicht mehr, und als diese sie dann unumwunden nach der Wahrheit fragte, fühlte Serrana fast so etwas wie Erleichterung. Wie auch immer Calvenas Reaktion gleich ausfallen würde, schlimmer als die letzten Szenen konnte es kaum werden...


    "Ich dachte, dass wüsstest du längst." antwortete Serrana ein wenig verwirrt. "Ich spreche von ....von......." Oh, ihr Götter,war das schwer, jetzt bekam sie doch tatsächlich Sedulus' Namen nicht über die Lippen und wies dann schließlich in ihrer Verzweiflung leicht mit dem Kopf in Richtung der geschlossenen Tür, durch die er vor wenigen Minuten wieder verschwunden war.

    Glücklich, dass es offenbar doch ein Gebiet gab, auf dem sie sich ein bisschen besser auskannte als Sedulus, drückte Serrana kurz seine Hand und behielt sie danach in ihrer eigenen. Falls man das überhaupt so nennen konnte, denn schließlich war seine Männerhand doch deutlich größer.


    "Das kannst du gern machen, ich werd mein Bestes geben, um dir einen guten Draht zu ihnen zu besorgen." zwinkerte sie ihm zu.


    Als er wegen Adula und deren Körpermaßen so ungläubig reagierte, begann Serrana zu kichern, denn das war sie bereits von anderen Leuten gewöhnt.


    "Doch, glaub mir, das stimmt. Sie ist nur ein bisschen größer, aber dafür hat sie Muskeln wie ein Mann und ist furchtbar stark. Der Vorarbeiter in der Campania hat damals immer gesagt, Adula sei sein bester Mann auf dem Feld. Als Leibsklavin ist Adula natürlich eine Katastrophe, ich glaube, Großmutter hat sie mir damals nur mitgegeben um mich zu ärgern..." erzählte Serrana und musste wieder lachen. "Aus welcher Kultur sie stammt, weiß ich leider nicht. Als Großvater sie gekauft hat, war sie erst ungefähr sechs Jahre alt, aber sie war damals schon riesig und sah doppelt so alt aus. Und sie hat einem der Aufseher den halben Daumen abgebissen, deshalb hat Großvater sie ziemlich günstig bekommen...Wer weiß, vielleicht ist sie ja wirklich eine Amazone..."

    Sie hatte ja befürchtet, dass es schwierig werden würde, Calvena die Wahrheit zu sagen, aber die heftige Reaktion ihrer Freundin übertraf Serranas schlimmste Befürchtungen. Jetzt war es ihr nicht länger nur peinlich, denn Calvenas Gesichtsausdruck bevor sie sich wieder von ihr abwandte, war regelrecht hasserfüllt und das jagte Serrana ziemliche Angst ein. War es denn für Calvena wirklich eine derartig schreckliche Vorstellung, dass ihre Freundin sich in ihren Onkel verliebt hatte?


    "Calvena, bitte...." sagte Serrana verzweifelt und spürte, wie ihr jetzt die Tränen in die Augen stiegen.
    "Ich konnte doch nicht ahnen, dass so etwas passiert. Damals bei der Cena wäre ich nie auf die Idee gekommen, da fand ich ihn zwar auch schon nett, aber doch nicht so...."


    Am liebsten hätte sie die Hand ihrer Freundin ergriffen, aber im Moment hatte sie viel zu viel Angst Calvena zu berühren. Warum musste denn auf einmal alles so furchtbar kompliziert werden?

    Ihre geglückte Flucht aus der Campania hatte Serrana darin bestärkt, dass es sich durchaus lohnte, so weit wie möglich über das eigene Leben zu bestimmen, und das wollte sie auch gern weiterhin versuchen. Trotzdem war es ein sehr beruhigendes Gefühl zu wissen, dass Sedulus ihr künftig den Rücken stärken wollte.


    "Das mach ich auch gern für dich." antwortete sie eifrig und dachte dann sofort, dass sich das für ihn vermutlich ein bisschen albern anhören musste. Was für eine Unterstützung sollte sie mit ihren paar Jahren Lebenserfahrung schon sein....


    Serrana hörte auf, auf den Zehenspitzen herumzubalancieren und sah Sedulus überrascht an.


    "Oh, du kennst Adula noch nicht? Dann muss ich sie dir gleich unbedingt vorstellen. Sie ist meine Leibsklavin, und stell dir vor, bei den Ludi hat sie zusammen mit Simplex den wilden Bären festgehalten. Sie ist nämlich furchtbar stark und sehr groß. Sogar noch ein bisschen größer als Claudia Romana..." berichtete sie dann aufgeregt und auch ein bisschen stolz.

    Während Calvena von den bevorstehenden Prüfungen erzählte, nickte Serrana wieder einmal und immer noch ziemlich geistesabwesend und nagte an ihrem Keks herum, ohne wirklich einen Geschmack wahrzunehmen.


    Als ihre Freundin sich plötzlich zu ihr herüberbeugte, zuckte Serrana leicht zusammen und lächelte sie dann schuldbewusst an. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie diesen Raum nicht verlassen würde, ohne die Wahrheit gesagt zu haben, aber wie sollte sie das nur anstellen?


    Das Herumgespiele an ihrem Armreifen wurde noch ein wenig hektischer und ohne Calvena dabei in die Augen zu sehen, begann Serrana stockend zu erzählen.


    "Weißt du, ich bin ganz furchtbar in ihn verliebt, ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt...Und ich hab damit eigentlich gar nicht gerechnet, das musst du mir wirklich glauben. " sagte sie leise und warf Calvena einen kurzen, verzagten Blick zu. "Ich weiß auch gar nicht genau, wie es passiert ist. Schließlich hab ich ihn ja vorher schonmal getroffen, und da war alles ganz normal... Naja, und bei den Fontinalia, da...da... ist es irgendwie passiert. Ich erzähle dir ja alles, aber du musst mir versprechen, dass du nicht böse auf mich bist, ja?" Jetzt sah sie Calvena direkt an und ihr Blick wurde immer verzweifelter.

    In den letzten Tagen war Serrana innerlich wie auf Wolken geschwebt, dennoch machte sie die nahende Abschlussprüfung ein kleines bisschen nervös.


    "Das ist eine gute Idee." nickte sie zu Calvenas Vorschlag, noch ein paar Opfer anzusehen oder dabei zu assistieren. "Ich möchte gern so viel üben wie ich kann, dann fühle ich mich irgendwie sicherer."


    Wieder spielte Serrana an ihrem Armreifen herum und dachte über weitere mögliche Gesprächsthemen nach. Normalerweise sprudelten die beiden Mädchen einfach mit dem heraus, was sie gerade beschäftigte, daher fühlte sich die Iunia im Moment, als hätte sie einen riesigen Knoten im Gehirn. Seit sie einander kennengelernt und sich angefreundet hatten, hatte Serrana noch nie darüber nachdenken müssen, WAS sie Calvena WIE erzählte und dass das im Moment so war, machte ihr ganz schön zu schaffen...


    "Diese Kekse sind wirklich lecker, was ist denn da drin?" fragte sie schließlich in einem weiteren kläglichen Versuch, die Unterhaltung in unverfänglichen Bahnen zu halten.

    Wie selbstbewusst Sedulus doch war! Ob das wohl irgendwann mal auch auf sie ein wenig abfärben würde?


    "Das ist gut." antwortete Serrana mit einem verschmitzten Lächeln. "Dann kann ich dich ja in Zukunft immer um Rat fragen, wenn ich nicht weiter weiß."
    Als Sedulus ihre Hand küsste, fuhr wieder das mittlerweile schon vertraute Kribbeln durch Serranas Körper. Kaum zu glauben, dass sie sich bei seiner ersten Berührung damals in der Bibliotheca der Casa Germanica so erschrocken hatte...


    Bei seiner letzten Bemerkung musste die junge Iunia dann automatisch mitlachen, reckte sich ein bisschen und stellte sich dann probeweise ein wenig auf die Zehenspitzen.


    "Ich kann's ja mal versuchen, schließlich ist meine Großmutter ja auch größer als ich. Vielleicht klappt es ja noch. Und sonst muss Adula mich halt ab und zu mal hochheben..."