Beiträge von Iunia Serrana

    "Vielen Dank und noch mal gute Besserung." sagte Serrana noch, bevor Sedulus wieder den Raum verlassen hatte. Allmählich legte sich ihre Aufregung durch den unerwarteten Besuch wieder, daher räusperte sie sich kurz und nahm sich auf den Schreck erstmal ein paar Kekse und einen Becher mit Saft bevor sie sich wieder Calvena zuwandte.


    "Vielleicht sollten wir wirklich ein wenig für die Prüfung lernen, ganz so viel Zeit bleibt uns ja nicht mehr...." machte Serrana einen kleinen Versuch, das Gesprächsthema wieder in unverfänglichere Bereiche zu lenken.

    Serrana dachte einen Moment über Sedulus Vorschlag nach und nickte dann zustimmend.


    "Ja, das ist eine gute Idee. Ich werde Calvena fragen, wenn ich sie das nächste Mal sehe."


    Dass er sie vor Laevina beschützen wollte, machte Serrana unendlich froh, viel mehr als Sedulus sich vermutlich vorstellen konnte. Seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte ihr die Angst vor Laevina im Nacken gesessen, und die Vorstellung, dass das vielleicht bald ein Ende haben könnte, war wirklich zu schön um wahr zu sein...


    "Ja, das hast du. Aber du kannst es gern auch noch ein paar mal wiederholen." antwortete Serrana mit leuchtenden Augen, hob nun ihrerseits wieder ihre Hand und fuhr dann mit den Fingerkuppen ganz sanft und sacht die Linien seines Gesichts entlang, als könnte sie es sich auf diese Weise besser einprägen.
    Da sie mittlerweile doch sehr eng beieinander standen, musste Serrana wieder ein wenig den Kopf in den Nacken legen um Sedulus weiter in die Augen sehen zu können und begann plötzlich zu kichern.


    "Ich glaub, ich werde mich wohl besser mal daran gewöhnen, jetzt häufiger nach oben zu schauen. Du bist so groß..."

    Als Sedulus sie anlächelte, lächelte Serrana automatisch zurück, wobei sie allerdings versäumte wieder Laevinas nichtssagendes "Bekannten-Begrüssungs-Lächeln" aufzusetzen. Seine letzte Bemerkung machte ihr ein wenig Sorge, aber leider konnte sie diese nicht so deutlich zeigen wie sie es gern getan hätte.


    "Oh, das tut mir leid. Dann wünsche ich dir gute Besserung, damit dein Magen bald wieder in Ordnung kommt."


    antwortete sie daher in betont harmlosen Ton und spielte dann zur Ablenkung ein wenig an ihrem Armreifen herum, während Sedulus Calvena wegen seiner Tochter befragte.

    "Oh, das hört sich gut an." unterstützte Serrana die Anweisungen der Tiberia. Im Moment war sie genau in der richtigen Stimmung für eine schöne Liebesgeschichte, der Teil mit dem Verrat interessierte sie da schon deutlich weniger.


    Einer der Sklaven begann auf ihre Anweisung hin ihren Teller mit etwas Gemüse und einigen Muscheln zu füllen und reichte ihr dann ebenfalls einen Becher mit verdünntem Wein. Serrana rutschte ein bisschen auf der Kline hin und her, bis sie bequem lag und sah Septima dann mit leuchtenden Augen an.


    "Ist das nicht ein wundervolles Fest? Die Akrobaten, Calvenas Lied und jetzt auch noch der Schauspieler. Von dem leckeren Essen ganz zu schweigen..." schwärmte Serrana, für die dieser Abend tatsächlich das erste gesellschaftliche Großereignis dieser Art war. In ihrer Begeisterung war ihr gar nicht bewusst, dass das bei den meisten anderen Gästen vermutlich nicht der Fall war, auch wenn Septima etwa in ihrem Alter war.

    "Ja, das können wir sehr gern machen." nickte Serrana zustimmend. Sie hatte Arvinia von Anfang an gern gemocht und würde sie sehr gern mal wieder treffen. Und das musste ja nicht unbedingt im Haus des strengen Pontifex sein, denn da hatte sich die junge Iunia schon ein wenig unwohl gefühlt.


    Im Grunde war sie ganz froh, dass Calvena ihr Angebot mit Laevina zu sprechen nicht in Anspruch nehmen wollte, trotzdem machte die ganze Geschichte auch Serrana Sorgen. Ihre Freundin hatte vermutlich Recht, wenn sie den Stier bei den Hörnern packen wollte. Wenn Laevina einmal Blut geleckt hatte, gab sie die Jagd ohnehin nicht mehr auf und wer wusste schon, wo und bei wem sie überall nach Antworten suchen würde?


    Dankbar, im letzten Moment eine gute Ablenkung entdeckt zu haben, schaute Serrana erwartungsvoll zur sich öffnenden Tür und erstarrte leicht, als ausgerechnet Sedulus hereinkam und nach seiner Tochter fragte. Natürlich hatte sie sich in den letzten Tage gewünscht, ihn möglichst schnell wiederzusehen, aber just in diesem Moment waren die Umstände doch ein kleines bisschen ungünstig...


    Nachdem sie sich vom ersten Schreck erholt hatte, räusperte Serrana sich leicht und setzte dann den freundlichen Gesichtsausdruck auf, der laut Laevina der passende für die Begrüssung eines entfernten Bekannten war. Sie spürte zwar eine leichte Hitze in ihren Wangen aufsteigen, aber ganz so rot wie normalerweise wurde sie diesmal erfreulicherweise nicht.


    "Salve, Senator Germanicus Sedulus. Mir geht es sehr gut, vielen Dank. Und dir?"

    In den letzten Monaten war ihre Ausbildung nach und nach zu Serranas wichtigstem Lebensinhalt geworden und alle anderen Dinge hatten sie, wenn überhaupt, nur am Rande interessiert. In der kleinen Bibliotheca war der Cultus Deorum und alles was dazugehörte an diesemTage jedoch vollkommen in den Hintergrund gerückt, und Serrana runzelte nachdenklich die Stirn, als sie über die möglichen Probleme einer längeren Reise nachdachte.


    "Naja, mal abwarten. Noch hab ich die Prüfung ja gar nicht bestanden, und wer weiß schon, ob die mich danach überhaupt haben wollen.."


    Die aus jahrelanger Erfahrung gewachsene Angst vor dem Zorn ihrer Großmutter saß derartig tief, dass Serrana allmählich ein wenig zu zittern begann. Sedulus' Hand auf ihrer Wange gab ihr ein wenig Sicherheit zurück und sie streichelte dankbar über seinen Unterarm.


    "Ich danke dir, das ist sehr lieb von dir." antwortete sie und bemühte sich um eín einigermaßen tapferes Lächeln. Solange er in ihrer Nähe war, hatte Serrana tatsächlich nicht einmal vor Laevina Angst, aber was war, falls diese sich mal wieder zu einem unangekündigten Besuch entscheiden sollte...? Am besten informierte sie Araros, die alte Germanica künftig einfach nicht mehr in die Casa hereinzulassen. Allerdings würde das den Ärger der lieben Großmutter kaum verkleinern...


    Mittlerweile war Serrana sicher, seine letzte Bemerkung falsch verstanden zu haben, aber dann wiederholte Sedulus sie tatsächlich noch einmal und diesmal bestand wirklich kein Zweifel mehr an ihrem Inhalt.
    In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen, Gedanken, Wünsche und Gefühle wirbelten wild durcheinander, und da sie im Moment ohnehin keinen klaren Gedanken fassen geschweige denn eine vernünftige Antwort geben konnte, konzentrierte sich Serrana lieber auf den Kuss. Im Grunde konnte sie auf diese Weise ohnehin viel besser ausdrücken, wie ihr gerade zumute war.


    "Ich bin wirklich sehr froh, dass ich nicht in Nola geblieben bin." sagte sie schließlich ein wenig ausser Atem und mit einem glücklichen Lächeln. Das hatte sie zwar bereits einmal an diesem Tag gesagt, aber mittlerweile war ihre Freude über ihre geglückte Flucht in ein neues Leben doch noch deutlich größer geworden.

    "Nein, tut mir leid. Bislang hab ich noch nichts gehört..." antwortete Serrana in entschuldigendem Ton.


    Dass ihre Freundin sich solche Sorgen wegen Laevina machte, tat Serrana in der Seele weh, denn sie konnte das gut nachempfinden. Und da sie ihre Großmutter kannte, wusste sie auch ganz genau, dass Calvenas Bedenken nicht ganz unbegründet waren..
    Vorsichtig legte sie ihre Hand auf deren Arm.


    "Wenn du möchtest, dann frag ich Großmutter einfach. Sie wird mir schon nicht den Kopf abreissen...." So ganz sicher war sie sich in dieser Hinsicht zwar nicht, aber für ihre Freundin würde sie das Risiko gern eingehen.


    Und im Vergleich zum nächsten Thema schien ihr ausnahmsweise sogar mal die Aussicht auf ein Gespräch mit Laevina einfacher zu sein...


    "Ja, das hat er." antwortete Serrana und wurde noch ein wenig roter, auch wenn die Erinnnerung an besagten Besuch und vor allem den Besucher durchaus eine sehr angenehme war.


    "Ähem, ja.... das ist er...." stotterte sie dann weiter, als Calvena nicht aufhörte nachzubohren und sah sich fieberhaft nach etwas um, dass ihre Freundin eventuell ablenken würde . In diesem Moment hörte man ein Pochen es an die Tür, und die junge Iunia ergriff sofort den rettenden Strohhalm.


    "Es hat geklopft....!

    Noch vor wenigen Momenten war Serrana Germanien dank Sedulus' Beschreibung eher dunkel, kalt und gefährlich erschienen, aber mit der nicht ganz so unwahrscheinlichen Aussicht auf eine gemeinsame Reise dorthin, wurde das Land im hohen Norden doch in ein deutlich freundlicheres Licht getaucht...
    Und wenn seine Familie wirklich nichts dagegen hätte...


    "Es wäre wundervoll, wenn das wirklich klappen würde." antwortete Serrana eifrig und mit leuchtenden Augen. Das noch vor nicht allzulanger Zeit mehr als reizvolle Ägypten war in ihrer Rangliste plötzlich ein ganzes Stück nach hinten gerutscht.


    Die Erwähnung ihrer Großmutter hatte dagegen einen nicht unerheblichen Schrecken bei der jungen Iunia ausgelöst. Da sie sich in Gedanken bereits mit einigem Grauen die möglichen Bestrafungsmaßnahmen von Laevina vorstellte (und da gab es so einiges an Auswahl...), dauerte es eine ganze Weile, bis Sedulus nächste Worte, und vor allem deren Bedeutung, wirklich zu ihr vordrangen.


    Hatte sie das jetzt richtig verstanden? Nein, ganz sicher nicht, sie musste sich auf jeden Fall verhört haben oder sie hatte den Satz einfach falsch verstanden... In einem unglaublichen Wirrwarr aus Überraschung, Verwirrung, Hoffnung und unglaublicher Freude suchte Serrana fieberhaft nach einer Antwort.


    "Meinst du etwa....ähm...also meinst du etwa dass....,[SIZE=7]dass du....mich vielleicht heiraten willst?" [/SIZE]der letzte Teil des Satzes kam so leise heraus, dass ihn Serrana selbst kaum noch hören konnte.

    Serrana brauchte einen kleinen Moment, bis sie den Sinn seiner Worte richtig verstanden hatte, aber dann ging ein noch leicht ungläubiges Strahlen über ihr Gesicht.


    "Du würdest mich nach Germanien mitnehmen? Aber was wird denn deine Familie dazu sagen?" Calvena würde sicher nichts dagegen haben, aber da gab es schließlich auch noch deren anderen Onkel Avarus und Sedulus' Tochter Sabina. Von ihrer Großmutter ganz zu schweigen...
    Nein, das mit der Reise konnte gar nicht klappen, was sollten denn die Leute denken? Besser, sie dachte erst gar nicht weiter darüber nach, auch wenn die Vorstellung natürlich sehr schön war.


    ~~~


    Nach dem letzten, doch deutlich intensiveren Kuss hatte Serrana doch einige Schwierigkeiten, wieder ins hier und jetzt zurückzukehren. Die Erwähnung ihrer Großmutter war in diesem Fall allerdings sehr hilfreich und wirkte wie ein Schwall eiskalten Wassers ins Gesicht.


    "Oh ihr Götter! Wenn Großmutter Laevina rausfindet, was ich,...was wir hier gerade getan haben, dann bringt sie mich ganz sicher um..." stammelte Serrana mit plötzlich leichenblassem Gesicht und starrte Sedulus entsetzt an. Schließlich war es noch nicht allzu lange her, dass Laevina angedroht hatte ihre Enkelin für jegliche Art von unmoralischem Verhalten mit einem Rohrstock in die Campania zurück zu prügeln...

    "Oh, deine Tochter bekommt ein eigenes Pferd? Da wird sie sich aber sicher schon sehr aufgeregt sein." lächelte Serrana und freute sich gleich wenig für das noch unbekannte kleine Mädchen mit. Was hatte Sabina doch für ein Glück einen Vater zu haben, der sich so um sie kümmerte...


    Es war Serrana mehr als schwer gefallen, ihre Gefühle Sedulus gegenüber auszusprechen, aber spätestens als er sie jetzt wieder an sich heranzog wusste sie, dass es richtig gewesen war über den eigenen Schatten zu springen.


    Dieser Kuss fiel schon ein wenig länger aus als der erste, aber auch er war für Serranas Geschmack viel zu schnell vorbei. Mit Bedauern spürte sie, wie sich seine Lippen wieder von den ihren lösten, aber Sedulus' Worte waren dann doch eine ganz überzeugende Entschädigung.


    "Das freut mich wirklich sehr." sagte sie leise, während sie lächelnd seinen Blick erwiderte. Und beim nächsten Kuss brauchte Sedulus sie nicht mehr zu sich heranzuziehen, da kehrte Serrana von ganz allein in seine Arme zurück und ging ganz in diesem Kuss auf.

    Serrana war ein wenig irritiert, als sich Sedulus von all den genannten Provinzen ausgerechnet Germanien als mögliches Reiseziel der Zukunft nannte, dachte jedoch nicht weiter darüber nach, da er direkt im Anschluss auf Alexandria zu sprechen kam.


    "Ach, ist das wirklich so? Ich hab mir die Stadt immer ganz wundervoll vorgestellt, hell und sonnig und voller fremdartiger Tempel und Paläste." entgegnete Serrana ein wenig enttäuscht, wurde aber auch schon wieder neugierig.
    "Gibt es denn einen Ort, an den du gern nochmal reisen oder den du gern mal kennenlernen würdest?"


    Dass sie sich nach erfolgreich bestandener Prüfung erst einmal eine Weile im Dienst würde beweisen müssen, sah Serrana ähnlich und sie nickte zustimmend.
    Mittlerweile hatte sie sich wieder völlig entspannt, aber damit war es nach Sedulus Nachfrage dann leider wieder vorbei. Hatte er denn nicht verstanden, was sie hatte sagen wollen? Auf der einen Seite fand die schüchterne Serrana die Vorstellung, noch deutlicher zu werden zu müssen ganz entsetzlich, auf der anderen wollte sie aber auch irgendwie, dass er über ihre Gefühle Bescheid wusste. Was für ein Elend....


    Sie kämpfte einen kleinen Moment mit sich, dann gab sich sich einen Ruck und fasste allen Mut zusammen.


    "Nun..., ich dachte, du wüsstest, dass......dass ich lieber in deiner Nähe bleiben möchte, jetzt wo wir uns ein bisschen....näher kennengelernt haben." So, jetzt war es heraus, ein wenig stockend zwar und nicht besonders elegant formuliert, aber sie hatte es geschafft...


    Die Antwort auf die Frage nach ihrem Großvater fiel Serrana da schon deutlich leichter.


    "Ja, ich vermisse ihn ganz furchtbar. Mein Lehrer im Tempel ist auch sehr nett, aber irgendwie ist das nicht dasselbe. Und dass du meine Großmutter nicht zum lachen findest, das glaub ich dir sofort, Humor ist nicht gerade eine ihrer stärksten Seiten."

    Serrana runzelte nachdenklich die Stirn.


    "Hm, ich weiß nicht...Ich hoffe doch, dass ich irgendwann noch mal ein anderes Land kennenlernen werde. Versteh mich nicht falsch, ich bin ja mehr als froh jetzt in Rom zu sein, und bis ich hier alles gesehen habe, bin ich vielleicht so alt wie meine Großmutter. Aber ich stelle es mir einfach unglaublich aufregend vor zu reisen."


    Dann fiel der jungen Iunia jedoch etwas ein, was sie schon fast wieder vergessen hatte und ihr Gesicht erhellte sich schlagartig.


    "Stell dir vor, Axilla hat mir vorgeschlagen mich mitzunehmen, wenn sie nächstes Jahr zurück nach Alexandria fährt. Dann könnte ich unsere Verwandte Iunia Urgulania endlich kennenlernen und ein wenig von Ägypten sehen!"
    Allerdings dauerte es nur einen kurzen Augenblick, bis Serrana auffiel, dass eine solche Reise bei all ihren Reizen auch Nachteile haben würde.


    "Aber wenn ich die Prüfung zur Priesterin bestehe, werde ich vielleicht gar nicht verreisen können. Und ausserdem möchte ich im Moment gar nicht so gern weg aus Rom, weil...weil....na ja, du weißt schon." erklärte Serrana mit zunehmender Verlegenheit und sah Sedulus mit einem entschuldigenden Lächeln an. Zu gern hätte sie ihn nochmal berührt, aber irgendwie traute sie sich jetzt nicht mehr. Schließlich sollte er ja auch keinen falschen Eindruck von ihr bekommen.
    Angestrengt suchte sie daher nach einem Gesprächsthema, das ihn eventuell interessieren könnte und sie ein wenig ablenken würde.


    "Hat meine Großmutter eigentlich schon mal etwas von meinem Großvater erzählt, seit sie in eurem Haus wohnt?" fragte sie schließlich zögerlich, denn irgendwie befürchtete Serrana, die Antwort darauf bereits zu kennen.


    "Er war nämlich ein ganz wundervoller Mensch, weißt du? Er hat viel gelacht und war sehr geduldig. Naja, wenn er mit Großmutter in einem Raum war, hat er eigentlich selten gelacht, aber wenn ich es mir richtig überlege, habe ich die beiden ohnehin nur sehr selten zusammen gesehen...." erzählte Serrana mit zunehmender Traurigkeit in der Stimme.
    Sie sah sich einen Moment lang in dem kleinen Raum um und lächelte dann ein wenig wehmütig.
    "Ich glaube, meine Liebe zu den alten Schriften hab ich von ihm geerbt, Großvater hat mir im Grunde nämlich alles beigebracht, was ich weiß..."
    Die Erinnerung tat zwar immer noch ein wenig weh, aber irgendwie tat es auch gut, über einen geliebten Menschen zu berichten.


    "Es war wirklich nicht gerade leicht unter Großmutter Laevinas Fuchtel aufzuwachsen, aber er hat wirklich eine Menge davon wieder gutgemacht." schloss Serrana schließlich mit einem liebevollen Lächeln in ihrem Gesicht.

    Achaia, Asia und Syria...und Germanien nicht zu vergessen...wie aufregend sich das anhörte, und sie selbst hatte dem nichts entgegen zu setzen ausser ein paar Ausflüge zum Vesuv...


    "Ich wünschte, ich hätte nur eins von all diesen Ländern gesehen." seuftze Serrana wehmütig. "Ich hab es in meinem Leben gerade mal von Nola bis nach Rom geschafft, das ist doch ziemlich armselig, findest du nicht?"


    Ihr kleiner Stupser wurde von Sedulus nicht weiter zur Kenntnis genommen, und Serrana bekam direkt wieder ein schlechtes Gewissen. Wie konnte sie auch nur auf den Gedanken kommen, einen Senator einfach so zu behandeln wie irgendeinen Spielkameraden in ihrer Kindheit? Um nicht noch einmal in Versuchung für weitere Albernheiten zu kommen, verschränkte sie ihre Hände nun sicherheitshalber hinter dem Rücken, während sie Sedulus weiter zuhörte.


    "Ja, das stimmt wohl." antwortete sie schließlich und lächelte auch ihn an. "Du kannst mich aber auch gern noch etwas fragen, wenn du magst." Serrana hatte zwar nicht annähernd so spannende Dinge zu erzählen wie Sedulus, aber sie hatte auch nichts zu verbergen, und das war ja auch schon einiges wert...

    Bei der Erinnerung an ihr Zusammentreffen mit Verus und seinem kleinen Hund auf den Trajansmärkten musste auch Serrana ein wenig grinsen. Ja, die Beschreibung "merkwürdig" passte schon ganz gut auf den Decimer. Aber sie hatte trotzdem von Anfang an das Gefühl gehabt, dass Verus im Grunde ein guter Mensch war ,und Sedulus' Freundschaft mit ihm bestätigte sie darin nur.


    Dass ihr Stupser mit einem Kitzeln beanwortet würde, hatte die ausgesprochen kitzlige Serrana nicht ahnen können und so stieß sie einen ziemlich undamenhaften Quieker aus und fuhr einen Schritt zurück, bevor sie ein wenig übermütig wurde und Sedulus erneut anstupste, diesmal allerdings am rechten Arm.


    Dann wurde sie jedoch schnell wieder ernst und musterte Sedulus mitfühlend. An Serrana nagte es ja schon, dass ihr Vater gestorben war, bevor sie ihn überhaupt richtig hatte kennenlernen können. Wieviel schlimmer musste es da sein, im Unfrieden auseinander zu gehen und das später zu bereuen.


    "Um was ging es in dem Streit denn?" hakte sie weiter nach. "Und sag mir bitte, wenn dir meine Fragen auf die Nerven gehen, dann höre ich sofort auf."

    Serrana lächelte, als sie an Arvinia dachte, denn die junge Tiberia war wirklich eine ausgesprochen nette und sympathische junge Frau.


    "Nein, das denke ich auch." stimmte sie Calvena zu. "Es ist ja schon eine ganze Weile her, seit wir in der Villa Tiberia waren, und da waren sie und ihr Verlobter einander ja schon versprochen. Ist das nicht spannend, Arvinia muss doch unglaublich aufgeregt sein. Und du und Valerian seid dann bestimmt die nächsten."


    Das Thema "Laevina" raubte Serrana kurzzeitig wieder einiges von ihrer guten Laune aber durch Calvenas so offensichtliches Vetrauen fiel ihr dann doch ein riesengroßer Stein vom Herzen.


    "Keine Ahnung, wer das gewesen sein könnte. Meine Großmutter kennt doch noch gar nicht so viele Menschen hier in Rom. Aber ausgedacht hat sie sich das sicher nicht, sie verwendet immer nur Informationen, die absolut sicher sind..."


    Serrana begann nun ihrerseits nachzugrübeln, aber dann kam von ihrer Freundin eine Frage, mit der sie eigentlich hatte rechnen müssen, die sie aber trotzdem wieder in unendliche Verlegenheit stürzte.


    "Ähem... ja, das hab ich. Also eigentlich hab ich ihn nicht wirklich getroffen, er hat mich zuhause besucht..." berichtete sie stockend und mit hochrotem Kopf. Wie günstig, dass Calvena nicht nach dem Namen gefragt hatte, das gab Serrana noch ein bisschen Galgenfrist.

    Sie selbst hatte sich seinerzeit nicht nur über das unhöfliche Verhalten von Duccius Vala sondern genauso über das die zurückhaltende Reaktion von Decimus Verus gewundert und nickte daher nachdenklich.


    "Es war schon ein wenig seltsam, schließlich wohnte Verus ja in diesem Haus und trotzdem hat er sich von einem Besucher einfach aus dem eigenen Triclinium werfen lassen. Ich glaub, das hätte nicht mal ich mir gefallen lassen..."


    Dass Sedulus in einem ähnlichen Fall ganz anders reagiert hätte, konnte sie daher gut verstehen. "Da kann ich dann wohl froh sein, dass die Cena in der Casa Decima stattgefunden hat und nicht in der Casa Germanica, denn Duccia Venusia wäre sicher nicht mehr mit mir spazieren gegangen, wenn man ihren Neffen beim Abendessen niedergestochen hätte. Und sie ist ja wirklich sehr nett." sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln und stupste leicht Sedulus' Arm an.


    Während er über seinen verstorbenen Vater und die Umstände dessen Todes berichtete, fühlte Serrana sofort Mitgefühl für den unbekannten Sedulus Senior. Der Verlust seiner Männer musste ihm schon ganz schön an die Nieren gegangen sein, wenn das ganze in einem Herzanfall gipfelte.


    "Mein Großvater ist auch an einem Herzanfall gestorben." erzählte sie und spürte, wie die Trauer über diesen immer noch nicht wirklich überwundenen Verlust wieder über sie kam. "Der einzige Trost ist, dass es zumindest einigermaßen schnell geht und sich nicht wochenlang hinzieht..."

    "Ganz sicher wirst du du noch mal eine Gelegenheit dazu bekommen, es wäre ja auch schade um so ein schönes Kleid." pflichtete Serrana ihrer Freundin bei. "Wann heiratet Arvinia denn? Hat sie dir was darüber erzählt?"


    Als Calvena ihr von Laevinas verbaler Attacke auf dem Fest erzählte, nahm Serranas Gesicht erst einen ungläubigen und dann einen zunehmend entsetzten Ausdruck an.


    "Oh, wie schrecklich, das tut mir ja so leid. Ich weiß ja, wie gemein meine Großmutter sein kann, wenn sie jemanden verletzen will." Plötzlich kam ihr noch ein weiterer Gedanke und sie berührte ihre Freundin ganz leicht am Arm.


    "Calvena, du glaubst doch hoffentlich nicht, dass ich ihr das verraten habe, oder?" fragte sie beunruhigt. "So etwas würde ich niemals tun, ich weiß doch, wie schwer es dir gefallen ist, mir überhaupt davon zu erzählen..."


    Vielleicht war es ja doch nicht so, denn Calvena machte Serrana gleich darauf erneut ein Kompliment wegen ihres Äusseren und diese atmete erleichtert auf.


    "Das ist sehr lieb von dir, vielen Dank." antwortete sie lächelnd. In den letzten Wochen und Tagen hatte die junge Iunia einiges an Selbstbewusstsein dazugewonnen, aber so ganz kam sie aus ihrer alten Haut doch noch nicht heraus...

    "Oh, vielen Dank, du aber auch!" gab sie Calvenas Kompliment strahlend zurück. Bei dem Gedanken an ihre grimmige Großmutter verfinsterte sich ihr Blick jedoch gleich wieder ein wenig.


    "Das kann ich mir vorstellen. Am liebsten wäre ihr wahrscheinlich, ich würde in Sack und Asche vor die Tür gehen, damit mich bloß keiner anschaut, der nicht durch ihre persönliche Kontrolle gegangen ist."Wieder einmal bekam Serrana ein schlechtes Gewissen, weil sie sich seit Laevinas Sturz ins Impluvium nicht mehr bei dieser hatte sehen lassen.
    "Hat sie sich denn gut von dem Unfall erholt?" Diese Frage hatte Sedulus ihr ja eigentlich bereits beantwortet, aber das wusste Calvena schließlich nicht und würde sich sicher wundern, wenn Serrana sich nicht nach dem Befinden ihrer Großmutter erkundigte.


    Bei Calvenas letzter Bemerkung musste die junge Iunia automatisch mitkichern, konnte es jedoch nicht vermeiden ein wenig rot dabei zu werden.


    "Meinst du? Hm..., ja..., dem einen oder anderen hat es vielleicht gefallen." stammelte sie ein bisschen und setzte sich dann schnell hin, um sich und ihre Freundin ein wenig von ihrer Verlegenheit abzulenken.

    Die letzten Wochen waren wegen des nahenden Endes ihrer gemeinsamen Ausbildung ziemlich hektisch gewesen, und so waren die beiden Mädchen kaum dazu gekommen, mehr als ein paar private Worte miteinander zu wechseln.
    Umso mehr freute sich Serrana jetzt, ihre Freundin wiederzusehen und erwiderte deren Umarmung sehr innig und fast ein wenig ängstlich, als würde sie befürchten bald keine mehr zu bekommen.


    "Ich freue mich auch." antwortete sie dann und wies auf das Päckchen auf ihrem Arm.. "Ich hab dir endlich dein Kleid und deinen Schmuck wieder zurückgebracht. Vielen Dank noch mal, dass du mir die Sachen für das Fest geliehen hast, ich hab mich darin sehr wohlgefühlt."

    Du liebe Güte, war das schnell gegangen...


    Serrana, die sich wie immer auf eine kleine Wartezeit vor der Tür eingestellt hatte, schaute überrascht den germanischen Türsklaven an und nickte dann lächelnd.


    "Ja, das ist richtig. Ist sie denn daheim?"