Wenn man bedachte, wie verschreckt Serrana sich normalerweise immer in der Anwesenheit von Männern benahm, war es schon erstaunlich wie wohl sie sich in Sedulus' Nähe fühlte. Am liebsten würde sie ihm noch ein kleines bisschen näher kommen, aber wie nur? Serrana fehlte auf diesem Gebiet bislang jegliche Erfahrung, und sie hatte viel zu viel Angst, etwas falsches zu sagen oder zu tun, was die schöne Stimmung zwischen ihnen vielleicht zerstören könnte.Vielleicht hätte sie statt all der historischen Werke doch mal ab und zu ein paar Liebesgedichte lesen sollen, dann stünde sie jetzt vermutlich nicht ganz so hilflos da...
Fast war sie Sedulus für seine ablenkende Frage dankbar, aber was sollte sie ihm nur erzählen, was ihn nicht furchtbar langweilen würde?
"Nun, ich bin unendlich froh, dass ich jetzt in Rom bin." fing sie noch etwas zögerlich an zu erzählen. "Meine Großeltern haben sich wirklich gut um mich gekümmert, aber hier in dieser Stadt ist alles so viel größer und schöner, und irgendwie hab ich das Gefühl, dass Fortuna hier viel mehr für mich bereit hält als daheim in der Campania. Wäre ich dort geblieben, dann könnte ich jetzt nicht Priesterin werden und ich hätte auch meine Familie und meine Freundinnen nicht kennengelernt" (und dich auch nicht) aber diese letzte Bemerkung bekam sie dann doch nicht über die Lippen.
"Ich weiß, für einen Senator hört sich das vermutlich albern an, aber ich bin wirklich stolz auf das, was ich bislang hier erreicht habe. Vermutlich ist es noch nicht sehr viel, aber ich weiß, dass ich auf dem richtigen Weg bin, und das macht mich sehr froh. Und selbst wenn meine Großmutter mir das niemals vergeben wird, dann hat es sich trotzdem mehr als gelohnt ihr einmal nicht gehorcht zu haben."
Serrana machte eine Pause und sah Sedulus abwartend an. Ob er so etwas überhaupt hatte hören wollen? Oder hatte er doch eher auf etwas geistreiches gewartet? Was, wenn ihr nun nichts einfiel?
Sie überlegte noch einen kurzen Augenblick und entschied sich dann für einen kleinen Vorstoß.
"Wenn du noch irgendetwas über mich wissen willst, dann erzähle ich es dir sehr gern, aber dann musst du mir auch etwas von dir erzählen." sagte sie und sah ihn mit einem verschmitzten Lächeln an. Es gab so viele Dinge, die sie gern über ihn gewusst hätte. Bei manchen davon könnte Calvena ihr vermutlich sogar weiterhelfen, aber die konnte Serrana ja nun wirklich nicht fragen...