Beiträge von Iunia Serrana

    Serrana ließ sich bereitwillig von Septima zurück ins Atrium führen, denn mittlerweile fühlten sich sowohl ihre Hände als auch ihre Füße eiskalt an und sie war fast dankbar für den wärmenden Arm, den die Tiberia um ihre Schultern gelegt hatte.


    Im Atrium angekommen, genoss sie für einen Augenblick die ungewohnte Wärme und sah sich dabei nach den im Inneren des Hauses verbliebenen Gästen um, von denen sie jedoch kaum jemanden kannte. Jetzt, wo die ungewohnte Aufregung der letzten Stunde sich allmählich legte, meldete sich auf einmal Serranas immer noch ziemlich leerer Magen zu Wort und sie nickte eifrig auf Septimas Vorschlag hin.


    "Oja, das ist eine gute Idee. Ich glaub, ich hab an diesem Abend bislang gerade mal zwei Oliven gegessen und ziemlichen Hunger..."

    Je mehr Axilla über Urgulania erzählte, desto neugieriger wurde Serrana auf ihre noch unbekannte Verwandte. Sie hatte zwar keine Ahnung, was es mit all diesen griechischen Ämtern genau auf sich hatte, aber jemand, der persönlichen Kontakt zum Präfekten hatte, musste zweifellos wichtig sein.
    Dass ihre Cousine eigene Betriebe besaß, überraschte Serrana dann aber doch.


    "Du hast eine eigene Weberei und Farbmischerei? Wie bist du denn da dran gekommen?" hakte sie neugierig nach. Allein die Vorstellung, einen eigenen Betrieb organisieren und leiten zu müssen, wirkte auf sie schon im höchsten Maße abschreckend. Natürlich war auch die Arbeit im Tempel manchmal sehr anstrengend, aber das war schließlich Dienst an ihrer Göttin, und daher machte Serrana sie gern.


    Und wenn Axilla bereits als Scriba gearbeitet hatte, würde es sicher auch nicht allzu schwer werden in der riesigen Hauptstadt einen entsprechenden Posten zu finden. Serrana überlegte einen Moment lang und nickte dann.


    "Wenn du den Senator besuchst, kannst du ihn ja direkt fragen ob er dir nicht einen Tipp geben kann. Er ist wirklich nett und wird dir sicher helfen." Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihr der letzte Name vollkommen unbekannt gewesen war.


    "Wer ist denn Aelius Archias?"

    Ja, das konnte klappen. Ein bisschen Hin- und Her-Rückkerei und dann würde man auch noch ein paar Schriften mehr unterbringen können. Serrana nickte zustimmend, aber dann sagte Sedulus etwas, dass sie kaum glauben konnte, und für einen Augenblick lang befürchtete sie, sich verhört zu haben.


    Serrana schätzte ihren eigene Bedeutung nach wie vor nicht besonders hoch ein, und die Vorstellung, dass irgend jemand sie schön und kostbar fand war schon fast zu viel für sie. Vor allem, wenn es sich bei dieser Person auch noch um IHN handelte...


    Als Sedulus dann lächelnd auf sie zukam, wie sie es sich noch vor wenigen Momenten gewünscht hatte, stellten ihre Füße wie von allein das Wippen ein und Serrana blieb wie angewurzelt stehen. Jetzt, wo er so nah bei ihr stand, musste sie den Kopf ein wenig in den Nacken legen um ihm weiterhin in die Augen sehen zu können, denn er war doch ein ganzes Stück größer als die junge Iunia.


    "Meinst du das wirklich ernst?" fragte sie dann leise.

    Sie war bereits ein paar Schritte gegangen, als sie plötzlich eine Hand an ihrem Arm spürte die sie zurückhielt. Serrana schaute sich überrascht um, ihr Gesicht erhellte sich jedoch, als sie Sedulus erkannte und seine Stimme hörte. Es war wohl wirklich albern gewesen, sich von Septimas unbedachter Bemerkung die Laune verderben zu lassen.


    "Das hoffe ich auch." wisperte sie lächelnd zurück und setzte dann ihren Weg ins Haus fort. Kaum zu glauben, aber plötzlich war ihre Laune wieder deutlich besser geworden...

    Serrana nickte zustimmend auf Septimas Äusserung hin und lächelte entschuldigend in die Runde. "Entschuldigt mich bitte, aber mir wird es hier draussen wirklich zu kalt. Wir sehen uns sicher gleich im Atrium wieder."


    Mit diesen Worten wandte sie sich um und folgte der Tiberia zurück ins Haus.

    Durch das Erklären der einzelnen Wissensbereiche war Serrana ganz gut von ihrer Nervosität abgelenkt worden, zumal sie sich auf diesem Gebiet auch wesentlich sicherer fühlte, als beim sonstigen gesellschaftlichen Smalltalk.
    Darüber hinaus war Sedulus ein aufmerksamer und scheinbar auch interessierter Zuhörer, denn sein Blick folgte automatisch ihren Fingerzeigen. Serrana atmete innerlich erleichtert auf, sie hatte nämlich bereits befürchtet, ihn furchtbar zu langweilen.
    Als sie dann schließlich über ihr Lieblingsthema, die Historiker, sprach, fiel der jungen Iunia auf, dass er diesmal nicht die Schriftrollen sondern stattdessen ihr Gesicht betrachtete und dabei lächelte.


    Serrana war ein wenig irritiert, da sie sich nicht vorstellen konnte, dass irgend etwas in diesem Raum interessanter sein konnte als die Werke in ihrem Lieblingsregal. Aber dann erwiderte sie sein Lächeln schließlich, auch wenn das ihre noch ein bisschen unsicher und schüchtern ausfiel.
    Für einen winzigen Moment wünschte sie sich, er würde wieder auf sie zu kommen und ihre Hand nehmen wie damals in der Bibliotheca der Casa Germanica. Aber warum sollte er das auch tun, so albern wie sie sich seinerzeit angestellt hatte?


    Sedulus' Lob freute sie ganz ausserordentlich. Natürlich konnte es diese Bibliotheca, falls man den winzigen Raum überhaupt so nennen konnte, nicht ansatzweise mit den Räumlichkeiten der größeren Häuser aufnehmen, aber Serrana hatte doch eine ganze Menge Energie und Herzblut hineingesteckt, um sie möglichst repräsentabel herzurichten.


    "Ja, so sehe ich das auch." sagte sie mit einer gewissen Erleichterung in der Stimme."Und vielleicht kommen ja mit der Zeit noch einige Schriften hinzu, dann könnte man auch in einen größeren Raum umziehen. Falls du magst, kannst du dir die Sachen natürlich gern aus der Nähe ansehen." fügte sie dann mit einer gewissen Verlegenheit hinzu, und wippte ein wenig unruhig und ohne es wirklich zu merken auf den Fußspitzen auf und ab. Vermutlich hatte diese Bibliotheca rein nichts zu bieten, was es nicht auch in der Casa Germanica gab, aber schließlich wollte Serrana ja so gastfreundlich wie möglich sein.

    Serrana war so mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, dass die momentanen Gespräche um sie herum weitgehend ungehört und unbeachtet an ihr vorüberliefen. Erst als sie eine sanfte Berührung an ihrem Arm spürte, zuckte sie leicht zusammen und sah Septima leicht irritiert an, bis sie den Sinn hinter deren Worten voll und ganz verstanden hatte.


    "Nein, nein, mach dir keine Gedanken, es ist alles in Ordnung." sagte sie dann schnell, um nicht noch die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu ziehen oder Septima gar zu weiteren unangenehmen Fragen zu veranlassen. Als diese sich erkundigte, ob sie mit ihr ins Haus gehen würde, zögerte Serrana einen kleinen Augenblick und warf einen kurzen Blick in die Runde. Calvena war bereits wieder gegangen, und Sedulus schien sich gut mit Senator Lucianus zu unterhalten und würde sie vermutlich gar nicht vermissen. Dafür waren Calliphana und Centho zur Gruppe hinzugekommen und Serrana lächelte die beiden ein bisschen wehmütig an. Ob sie selbst wohl auch jemals so selbstbewusst und fröhlich würde auftreten können wie die liebenswerte Furia?


    Jetzt spürte auch die junge Iunia, wie sich auf ihren Armen durch die nächtliche Kühle im Garten allmählich eine Gänsehaut bildete und daher nickte sie schließlich.


    "Ja, das können wir gern machen. Mir ist inzwischen auch etwas kalt." antwortete sie und rieb wie zur Bestätigung mit beiden Händen ihre Oberarme.

    Serrana hörte Axilla mit wachsendem Staunen zu, als diese von dem weingeprägten Zusammenstoß mit ihrem Gast erzählte, und kicherte dann.


    "Er hat sich bei dir entschuldigt, obwohl du ihn angeschrien hast? Du meine Güte, wie hast du das denn nur hinbekommen?


    Das Bild von einer schreienden und tobenden Axilla hatte schon etwas lustiges an sich, aber plötzlich ging Serrana ein ganz anderer Gedanke durch den Kopf. Ob eine derartige Anfälligkeit für unbeherrschtes Benehmen unter Weineinfluss wohl möglicherweise in der Familie lag? Sie selbst wäre seinerzeit in den Thermen ja auch um ein Haar einer hochgestellten Dame der Gesellschaft an die Gurgel gesprungen, nicht auszudenken, was das für ihren Ruf in Rom bedeutet hätte... Serrana schauderte leicht bei diesem unangenehmen Gedanken, schob ihn dann jedoch gleich wieder weg. Seit jenem Tag hatte sie so gut wie keinen Wein mehr getrunken, wenn sie das einfach so beibehielt, konnte ja schließlich nichts weiter passieren.


    Die Frage nach ihren Eltern schien Axilla nicht wirklich zu behagen, und Serrana bedauerte es sofort, sie überhaupt gestellt zu haben. Eigentlich hätte sie dieses Mal schlauer sein können, schließlich war die Reaktion ihrer Cousine ähnlich ausweichend ausgefallen, als sie wegen Silanus nachgehakt hatte. Komisch eigentlich... Sie selbst erzählte ja auch nicht allzu gern über den iunischen Teil ihrer Familie, aber das lag schlichtweg daran, dass sie kaum etwas wusste, von dem sie berichten konnte. Und diese Unkenntnis über die eigenen Verwandten war doch nun wirklich mehr als peinlich und musste nicht unbedingt Aussenstehenden unter die Nase gerieben werden.
    Dann begann Axilla aber doch noch ein wenig zu erzählen, und Serrana hörte aufmerksam zu und nickte ab und zu. Sie hätte gern noch einmal nachgehakt, als es um den Vater ihrer Cousine und damit um den Bruder ihres eigenen Vaters ging, aber irgendwie traute sie sich nicht mehr so recht. Wie es nicht anders zu erwarten war, sagte ihr auch der Name Iunia Attica rein gar nichts und sie schüttelte etwas entschuldigend den Kopf.


    "Nein, das wusste ich nicht. Ich hätte nicht gedacht, dass es in unserer Familie schon Frauen gegeben hat, die so wichtige Ämter innehatten. Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen, ich möchte nämlich auch gern Karriere machen, wenn auch als Priesterin"

    Nach einigen Schritten durch die nicht allzu große Casa Iunia waren Serrana und Sedulus an ihrem Ziel angekommen, und die junge Iunia öffnete die Tür zur Bibliothek, um ihren Gast zuerst eintreten zu lassen.
    Danach schlüpfte auch sie hinter ihm in den Raum und schloss die Tür.


    Da sie ja ein wenig mit seinem Kommen gerechnet hatte, hatte Serrana in den vergangenen Tagen einige Stunden ihrer wegen der Priesterinnen-Ausbildung recht knapp bemessenen Freizeit dafür verwendet, den kleinen Raum ein wenig auf Vordermann zu bringen. Sie hatte mit Hilfe einer Sklavin alle Regale abgestaubt, die zum Teil durcheinander geratenen Schriftrollen nach Autoren und Themen neu sortiert und ordentlich gestapelt und ein paar neue Lampen aufgestellt, um alles ein wenig wohnlicher zu machen.
    Serrana stellte sich in die Mitte des Raumes, von wo aus man einen guten Blick auf alle Regale hatte und zeigte dann in die einzelnen Richtungen, während sie ein wenig aufgeregt mit ihren Erklärungen begann.


    "Also dort in der rechten Ecke sind die juristischen Schriften, daneben gibt es einige Abhandlungen über das Militär und darüber kannst du einige berühmte Rhetoriker finden." Sie überlegte einen kleinen Moment lang und drehte sich dann halb zur anderen Seite hinüber.


    "Dann hätten wir auf der linken Seite einige Theaterstücke und ein paar andere literarische Werke. Und hier...." an dieser Stelle ging ein kleines Leuchten über Serranas Gesicht, "...neben den religiösen Abhandlungen befinden sich die Historiker. Die haben von mir jetzt den schönsten Platz im Regal bekommen."


    Die junge Iunia hatte sich inzwischen, wie immer wenn es um ihre geliebten Schriftrollen ging, ein in Fahrt geredet und sah mit vor Aufregung leicht erhitzten Wangen und leuchtenden Augen zwischen Sedulus und den sie umgebenden Regalen hin und her. Jetzt wo sie beide sich hier in dem kleinen Raum aufhielten, wurde ihr erst richtig bewusst, um wievieles größer doch die Bibliotheca in der Casa Germanica gewesen war. Hoffentlich hielt Sedulus sie nicht für albern, weil sie ihn trotzdem hierher geführt hatte, obwohl er hier kaum etwas zu sehen bekommen würde, was er nicht bereits nicht längst und in wesentlich beeindruckender Ausführung gesehen hatte.


    "Ich weiß, diese Bibliotheca ist nur sehr klein, " sagte sie daher und schaute ihn ein wenig zerknirscht und unsicher an, "aber ich finde sie trotzdem wunderschön und bin wirklich sehr gern hier. "

    Nachdem Sedulus in seiner Äusserung über den berühmt berüchtigten Urahn der beiden Mädchen jegliche Wertung vermieden hatte, schien sich Axilla allmählich wieder zu entspannen und Serrana zwinkerte ihrer Cousine aufmunternd zu.


    Als er dann ihr Angebot weiterer Getränke oder auch einer kleinen Mahlzeit ablehnte, befürchtete sie für einen kleinen Moment, Sedulus wollte schon wieder aufbrechen und war ein wenig enttäuscht. Bei seiner Frage nach der Bibliothek erhellte sich Serranas Gesicht jedoch gleich wieder, auch wenn sie die anschließende Bemerkung von Axilla ein wenig in Verlegenheit brachte.


    "Ähm ja, das mache ich natürlich sehr gern." antwortete sie zuerst Sedulus, bevor sie sich dann an ihre Cousine wandte.


    "Nun ja, der Raum liegt ein wenig versteckt und ist auch nicht besonders groß, aber unsere Familie hat dort tatsächlich einige sehr interessante Schriften zusammengetragen"


    Auch Serrana wäre normalerweise gern mal wieder zu den Märkten gegangen, um sich dort ein wenig umzuschauen. Aber gerade heute schien ihr die Aussicht auf einen Aufenthalt in der kleinen aber gemütlichen Bibliothek wesentlich reizvolller zu sein.


    "Natürlich, das mache ich doch gern." lächelte daher sie ihre Cousine dankbar und mit einem erneuten kleinen Zwinkern an. Sie hatte Axilla bereits sehr gern, trotzdem freute sie sich, dass diese Sedulus und sie nun wieder allein ließ. "Und ich wünsche dir viel Spaß in der Stadt, ich bin schon gespannt, was du mir heute abend alles erzählen wirst."


    Dann wandte sich Serrana wieder ihrem Besucher zu und wies einladend auf den Ausgang des Atriums. "Wenn du magst, können wir gleich zur Bibliothek hinübergehen, ich zeig dir den Weg."

    Serrana nickte zustimmend, als Sedulus erzählte, warum die lang vergangene Epoche der römischen Republik so interessant für ihn war. Auch sie selbst hatten die ständigen Machtkämpfe, Intrigen und Koalitionen dieser Zeit schon immer fasziniert , und irgendwie schien sie auch die vielschichtigeren und interessanteren Persönlichkeiten hervorgebracht zu haben, wobei Caius Iulius Caesar sicherlich keine Ausnahme machte.


    Bei der Erwähnung dieses Namens musste natürlich auch sie ebenso wie ihre Cousine automatisch an ihren eigenen Urahn Marcus Iunius Brutus denken. Serrana schämte sich dieses Vorfahren in keinster Weise, denn auch wenn man über Brutus' Methoden sicherlich streiten konnte, so waren seine Motive aus Sicht der damaligen Zeit doch durchaus ehrenhaft und nachvollziehbar gewesen. Und wer wusste schon, welches Bild heutzutage von ihm gezeichnet würde, wenn er und seine Anhänger sich seinerzeit gegen Antonius und Octavian hätten durchsetzen können...


    Axilla schien über ihre eigenen Bemerkungen ein wenig erschrocken zu sein und sprach immer stockender, und Serrana, die das verzweifelte und verlegene Ringen nach Worten aus eigener Erfahrung nur zu gut kannte, fühlte sofort eine Welle der Sympathie für ihre Cousine.


    "Ja, genauso sehe ich das auch." stimmte sie dieser daher zu und lächelte Sedulus dabei an, da sie sich ziemlich sicher war, dass dieser Axillas Bemerkung nicht missverstehen würde. Bei der Frage, ob er noch genug zu trinken habe, schaute auch Serrana automatisch auf den Becher in seiner Hand.


    "Möchtest du vielleicht noch etwas anderes probieren? Und falls du Hunger haben solltest, kann ich gern etwas aus der Küche kommen lassen."

    "Vielen Dank für das Kompliment." lächelte Serrana und tastete währenddessen mit dem Fuß den Boden des Wasserbeckens ab, um ihre im Eifer des Gefechts verlorenen Haarnadeln wiederzufinden.


    Sie sah, wie sich der Blick ihrer Cousine kurz verschleierte, als diese von ihrer Kindheit und vor allem von ihrem Vater erzählte, und schon wieder wurde sie für einen kleinen Moment lang neidisch.


    "Willst du mir nicht ein bisschen was über deine Eltern erzählen? Ich weiß so furchtbar wenig über meine iunische Familie und würde gern ein bisschen mehr erfahren." fragte sie vorsichtig an. Wenn das für Axilla zu schmerzvoll wäre, würde Serrana das auch verstehen und nicht weiter nachhaken.


    Bei dem Hinweis auf die Thermen musste sie dann aber doch wieder lachen.


    "Ja, das halte ich auch für eine gute Idee. Stell dir vor, als ich zum ersten mal hier in Rom in den Thermen war, da hatte ich vorher zu viel Wein getrunken und mir war furchtbar schlecht. Ich weiß bis heute nicht, ob die anderen Frauen mit denen ich dort war, das gemerkt haben oder nicht." fügte sie mit gesenkter Stimme hinzu, obwohl die beiden Mädchen ganz allein im Balneum saßen.

    Auf Septimas Ermahnung hin hörte Serrana schuldbewusst mit dem Gezupfe an ihrem Kleid auf und verschränkte stattdessen die Hände vor dem Körper. Als die Tiberia ihr erneut ein Kompliment wegen ihres Aussehens machte, ging ein dankbares Lächeln über ihr Gesicht, das aber schon eine Bemerkung später genauso schnell wieder verflog. Nun sah auch Serrana der ins Haus eilenden Feuertänzerin hinterher und sie wunderte sich selbst, dass ihr Septimas Bemerkung einen solchen Stich versetzte.
    Die Tänzerin war schließlich wunderschön, und das vermutlich bei Tag und bei Nacht, und ohne dass ihr wohlmeinende Freundinnen dafür Kleider und Schmuck zur Verfügung stellen mussten. Kein Wunder also, dass sich Männer für sie interessierten...


    Irgendwie hatte Serranas Hochstimmung der letzten Stunde plötzlich einen ziemlichen Dämpfer abbekommen, auch wenn das sicherlich nicht Septimas Absicht gewesen war. Um sich nichts anmerken zu lassen, vermied sie angestrengt den Blick der anderen in ihrer Runde und ließ ihren eigenen über den dunklen Garten gleiten, als gäbe es dort irgendetwas interessantes zu sehen.


    "Ja, vielleicht." sagte sie dann leise, was die Tiberia sowohl als Antwort für ihre Bemerkung über männliche Vorlieben als auch für die Aufforderung, wieder ins Haus zu gehen werten konnte.

    Zitat

    Original von Appius Pompeius Serapio


    Ich bin jetzt ja geneigt zu fragen wie er dir gefallen hat. ;)


    Ich muss gestehen, dass ich den Film nur bruchstückweise gesehen habe, der war wirklich nichts für mich. Aber geärgert wie in Troja hab ich mich immerhin nicht, und die Szene mit den persischen Gesandten und dem Brunnen (oder was sollte das sein?) war doch recht unterhaltsam :].

    Serrana hatte kaum Zeit, sich über ihren gelungen Angriff zu freuen, als sich Axilla schon auf sie warf und die beiden Mädchen diesmal gemeinsam im Wasser verschwanden. Angst hatte sie keine, da Axilla sie ja sofort wieder los ließ, stattdessen genoss sie für einen kurzen Moment das ungewohnte Gefühl, von allen Seiten gleichzeitig von diesem warmen Strudel umspült zu werden. Als sie diesmal wieder auftauchte und sich ein wenig atemlos auf ihrer Stufe niederließ, stellte sie fest, dass sich ihre Frisur jetzt endgültig aufgelöst hatte und ihre Haare wie ein nasser Vorhang an ihr herunterhingen.


    Mit von der Wärme des Balneums und Aufregung geröteten Wangen strahlte sie Axilla an.


    "Deine letzte Wasserschlacht? Ich hab sowas in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht" lachte sie dann.


    Daheim in der Campania hätte ihre Großmutter ein derartig ungebührliches Verhalten niemals gutgeheissen, ganz abgesehen davon, dass Serrana dort auch niemanden gekannt hatte, der überhaupt auf so eine Idee gekommen wäre.


    Immer noch erhitzt trank Serrana einen großen Schluck Saft und lehnte sich dann wieder entspannt an den Beckenrand. Im Moment fühlte sie sich ausgesprochen wohl in ihrer Haut, auch wenn sie gerade aussah wie eine Wasserpflanze im Seesturm.

    Auch Serrana war an diesem Tag wesentlich nervöser, als ihr lieb war. Seit Wochen war sie ganz in ihrer Ausbildung aufgegangen, hatte gemeinsam mit Calvena ihrem Lehrer gelauscht, Dutzende Fragen gestellt und beantwortet, sich scheinbar endlose Mengen an Lehrstoff eingepaukt und immer wieder an rituellen Zeremonien des Cultus Deorum teilgenommen, um zu beobachten, zu helfen und auch dadurch wiederum zu lernen.
    Zweifel an ihrer Entscheidung Priesterin zu werden, hatte sie ohnehin noch nie gehabt, aber mit jedem Fortschritt und Lernerfolg wuchsen die Sicherheit und die Vorfreude der jungen Iunia auf ihre zukünftigen Aufgaben im Tempel.
    Und das erste Opfer stellte natürlich einen ganz besonderen Meilenstein auf diesem Weg dar.


    Ihr freundlicher alter Lehrer Durmius Verus wirkte am heutigen Tage besonders angeschlagen und Serrana, die ihn gemeinsam mit Calvena einrahmte und stützte, machte sich zunehmend Sorgen um ihn, bemühte sich jedoch, sich dies nicht anmerken zu lassen.
    Nachdem sie gemeinsam auf dem Markt in aller Ruhe die notwendigen Opfergaben eingekauft hatten, erreichten sie schließlich den Tempel. Durmius Verus fragte nach dem obligatorischen ersten Schritt vor Beginn jeder Opferung und Serrana nickte nur bestätigend auf Calvenas Antwort hin.


    "Die Teilnehmer werden vor Beginn der Opferung noch mit Wasser besprengt, und es folgt die Handwaschung und -trocknung." fügte sie noch ergänzend hinzu.

    Axilla interessierte sich also auch für Geschichte? Das hatte Serrana noch gar nicht gewusst aber es freute sie sehr. Jemanden in der Nähe zu haben, mit dem man sich über all das austauschen konnte was man gerade gelesen hatte, hatte doch einen sehr großen Reiz.


    "Nun, die Rolle von Sallustius handelt von der Verschwörung des Catilina, und die von Livius beschäftigt sich mit dem zweiten Punischen Krieg." klärte sie ihre Cousine auf.


    "In unserer Bibiotheca hier haben wir von beiden Autoren ein paar Schriften, aber diese beiden sind leider nicht dabei. Und mein Großvater hatte sie leider auch nicht, daher hatte ich bislang nie die Gelegenheit." An dieser Stelle warf Serrana Sedulus einen dankbaren Blick zu, denn dank seiner Hilfe würde sie die besagten Schriften jetzt doch endlich lesen können.


    "Und ich interessiere mich nicht unbedingt für Kriege, sondern für Geschichte im Allgemeinen. Am spannendsten fand ich da immer schon die Zeit der Republik, und damals waren Kriege ja leider an der Tagesordnung. Ich könnte jetzt auch nicht wirklich begründen, warum ich gerade diese beiden Historiker so gern lese, ich kann sie einfach gut lesen." fügte sie dann erklärend hinzu und strich wieder liebevoll über die auf dem Tisch liegenden Schriftollen.

    Um sich vor dem heranfliegenden Schwamm in Sicherheit zu bringen, duckte Serrana sich automatisch, rutschte bei dieser Gelegenheit jedoch von ihrer Stufe und tauchte ungewollt komplett unter. Prustend aber immer noch lachend kam sie wieder an die Oberfläche und wischte sich die nassen Haare aus dem Gesicht. Die Mühe mit der Kämmerei hätte Adula sich wirklich sparen können...
    Sie konnte sich gar nicht erinnern, wann sie das letzte Mal derartig unbeschwert gewesen war und soviel gelacht hatte, das tat nach der Aufregung der letzten beiden Tage so richtig gut. Und wie schön es doch war, sich die Räume in diesem Haus endlich mit jemandem teilen zu können.


    "Wir werden ja sehen, wieviele Decken du so findest, auf meine passt Adula auf, und an der kommst du ganz sicher nicht vorbei." sagte sie zuerst in unschuldigem Ton, um ihre Cousine in Sicherheit zu wiegen. Dann fasste sie plötzlich und ohne Vorwarnung deren Fußgelenk und zog dann mit einem Ruck Axilla von deren Stufe herunter.

    Die Aussicht auf regelmäßige Bücherlieferungen und vor allem den dazugehörigen Boten freute Serrana schon sehr und sie lächelte still vor sich hin. Aber dann wurde ihre Aufmerksamkeit doch auf ihre Cousine gelenkt.
    Aus irgendeinem Grund wirkte Axilla heute gar nicht so offen und fröhlich wie sonst sondern eher ein wenig verlegen. Ob das vielleicht daran lag, dass Serrana ihren Besucher als Senator vorgestellt hatte? Es war ja immerhin möglich, dass ihre Cousine noch nicht allzu viele persönlich kennengelernt hatte, und Serrana erinnerte sich noch allzu gut daran, wie sie am Tag ihrer Ankunft in Rom den Praetor Livianus vor der Tür getroffen und vor lauter Verlegenheit kaum einen Ton herausgebracht hatte. Vielleicht konnte sie ja irgendetwas tun, um Axilla ein wenig weiterzuhelfen...


    Sedulus' nächste Frage stellte sich da als gute Hilfestellung heraus.


    "Oh, ich wusste ja gar nicht, dass du eine Schwester hast. Lebt sie schon lange in Ägypten?"


    Überhaupt wurde ihr gerade bewusst, dass sie im Grunde so gut wie nichts über die Germanicer wusste. Ihre Großmutter hatte sich da aus welchen Gründen auch immer ziemlich bedeckt gehalten.


    Und Axillas Hinweis auf die Bücher bot wiederum eine sehr willkommene Möglichkeit, um unauffällig eine Brücke zu ihrem Gespräch im Balneum zu bauen...


    "Ja, der Senator ist so nett, mir ein paar Schriften aus der Bibliotheca der Casa Germanica auszuleihen. Vielleicht magst du sie ja auch mal lesen."