Beiträge von Iunia Serrana

    Serrana musste schmunzeln als sie Arvinias Frage hörte.


    "Nun, wenn eine Begleitung Bedingung für die Einladung ist, dann werde ich wohl nicht kommen können. Ich bin niemandem versprochen und ehrlich gesagt bin ich darüber auch ganz froh" sagte sie mit Erinnerung an den verabscheuten Verehrer in der Campania, dem sie gerade noch so eben hatte entwischen können.

    Serrana war kaum beim Brunnen angekommen, als sich Narcissa aus der Gruppe der wartenden Frauen löste und sie mit einer Umarmung begrüßte. Sie genoss diesen innigen Moment mit ihrer Cousine sehr und sah diese dann bewundernd an.


    "Oh Narcissa, was für ein wunderschönes Kleid...und diese Palla...wie schafft man es nur, einen solche Farbe hinzubekommen?" Ihre Augen folgten fasziniert dem immer dunkler werdenden Farbverlauf von eis- zu dunkelblau. Dann sah sie die Schmetterlinge in Narcissas Haar und musste lächeln. Dieser Haarschmuck passte wirklich perfekt, ihre Cousine wirkte selbst wie ein schillernder Schmetterling...


    Dann tauchte Calvena neben ihr auf, und sie begrüsste ihre Freundin glücklich. "Dieses dunkle Grün sieht toll an dir aus ..." sagte sie mit einem Blick auf deren goldverzierte Palla. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn nicht mehr alle zuhören würden, musste sie Calvena unbedingt noch einmal für den Schmuck danken, den die ihr für den heutigen Tag geliehen hatte.


    Dann fiel ihr Blick auf die junge Frau im weißen Vestalinnenornat und war einen kleinen Moment lang überrascht von deren Größe. 'Bei den Göttern, dieses Mädchen ist ja fast genauso groß wie Adula.'dachte sie beeindruckt und begrüsste sie dann herzlich.


    "Salve, Romana, es freut mich sehr, dich kennenzulernen" Dann entdeckte sie Arvinia und winkte auch der zu. "Arvinia, wie schön, dass du gekommen bist, da können wir uns heute sicher noch ein bisschen besser kennenlernen"


    Hatte sie noch jemanden übersehen? Oja, da kam Calliphana, ihre neue Bekanntschaft aus der Therme, gemeinsam mit einem jungen Mann, den Serrana nicht kannte. Serrana begrüßte auch die beiden fröhlich, und dann fiel ihr Blick auf den jungen Mann mit der Toga, der noch zu der Gruppe dazu kam. Noch bevor Calvena ihn vorstellte, konnte Serrana an der Reaktion ihrer Freundin deutlich erkennen, um wen es sich handeln musste. 'Das ist also Valerian' dachte sie vergnügt und betrachtete ihn ein wenig genauer. Calvena hatte wirklich Glück, er sah nicht nur gut aus, sondern machte auch einen ausgesprochen symphatischen Eindruck.

    Serrana war mehr als beeindruckt von der reichen Ausstattung der Casa Decima, die ihre eigene Bleibe deutlich ausstach. Alles hier sah unendlich kostbar aus, und vermutlich kostete jede einzelne Vase in diesen Gängen mehr als der gesamte Inhalt der Truhe, die sie aus der Campania mitgebracht hatte...
    Dann waren sie schließlich in Narcissas Cubiculum angekommen und sie bestaunte die die Einrichtung, während ihre Cousine erzählte.


    "Ja, das ist wirklich ein wundervoller Raum, so groß und schön, er passt zu dir." sagte sie aufrichtig und lächelte Narcissa an.


    Ihre eigenen Räumlichkeiten waren natürlich viel kleiner, und auch nicht annähernd so luxuriös eingerichtet, aber Serrana war trotzdem sehr froh, dass man sie ihr zur Verfügung gestellt hatte, und wäre nie auf die Idee gekommen, irgendetwas dort zu verändern.

    Als Narcissa ihr die Hand hinhielt, ergriff Serrana diese automatisch und erhob sich aus ihrem Korbsessel. Sie war sehr gespannt auf Narcissas Cubiculum und natürlich auf die Schminkkünste ihrer Sklavin.


    Als Narcissa sie zur Cena einlud, zögerte sie allerdings einen Augenblick, denn ein Zusammentreffen mit mehreren unbekannten Menschen hatte sie eigentlich gar nicht eingeplant, und die Aussicht darauf machte sie, wie üblich, ziemlich nervös. Livianus und Verus hatte sie ja bereits bei anderen Gelegenheiten kennengelernt, aber das waren nur kurze Zusammentreffen gewesen....Andererseits sah sie ausnahmsweise mal nicht wie ein verhuschtes Landei aus, zumindest mit ihrem Aussehen würde sie sich also nicht blamieren, und das war ja auch schon ein Trost...


    "Vielen Dank für die Einladung" sagte sie daher ein wenig zaghaft zu ihrer Cousine. Den Göttern sei Dank würde die ja bei ihr bleiben, auf diese Weise würde sie die nahende Cena schon irgendwie überstehen.

    "Jetzt kann es nicht mehr allzu weit bis zum Brunnen sein" sagte Serrana aufgeregt zu ihrer Freundin Cara, als sie sich gemeinsam und gefolgt von Helia und Adula, ihren Leibsklavinnen auf den ausgemachten Treffpunkt zubewegten.
    Serrana hatte in der letzten Nacht vor lauter Aufregung kaum geschlafen und konnte es kaum noch erwarten, all die Frauen aus der Therme wieder zu treffen.
    Narcissa hatte wie versprochen den Stoff für das Kleid und die Palla besorgt, und Serrana fühlte sich in ihren neuen Gewändern wie eine Königin. Das Kleid hatte einen wunderschönen zarten Rosa-Ton und fühlte sich ganz leicht und luftig an. Ihre Palla war ein paar Schattierungen dunkler und beides passte wirklich hervorragend zusammen. Zuerst hatte sie sich Sorgen wegen des Schmucks gemacht, aber dann hatte sie gemeinsam mit Calvena in deren Schmuckkästchen gekramt und die perfekte Lösung gefunden; ein filigranes goldenes Collier, bei dem sich winzige goldene Blätter und kleine Blüten aus rötlichen Turmalinen abwechselten, kombiniert mit den dazu passenden Ohrringen.
    Und da sie so begeistert von der Frisur gewesen war, die Phila ihr in der Casa Decima gelegt hatte, hatte ihr Narcissa ihr ihre Leibsklavin auch für den heutigen Tag kurz ausgeborgt. Und so trug Serrana ihr Haar in einem kunstvollen Knoten, mit bunten Bändern in der Farbe ihres Kleides und mit sanft fallenden kleinen Locken im Nacken und an den Schläfen. Ein wenig geschminkt war sie natürlich auch, aber natürlich so dezent, wie es sich für eine Veranstaltung am hellichten Tage gehörte.


    Je näher sie dem Treffpunkt kamen, desdo mehr nahm das Gedränge zu und Serrana verlor aufgrund ihrer kleinen Körpergröße jeglichen Überblick. Sie drehte sich zu Adula um, die die meisten Menschen in den Straßen überragte und fragte:
    "Kannst du den Brunnen sehen? Ich weiß gar nicht mehr, wo wir hinmüssen..."


    Adula sah sich einen Moment prüfend um und wies dann in eine bestimmte Richtung.


    "Manchmal hat es auch Vorteile, wenn man so eine große Leibsklavin hat" sagte Serrana lächelnd zu Cara, und gemeinsam legten sie die letzten Meter bis zum Treffpunkt zurück.

    Am liebsten hätte sie Phila direkt und für immer mit nach Hause genommen, aber das konnte sie Narcissa wohl kaum erzählen. Ausserdem würde das Adula vermutlich verärgern, vor allem da sich deren Begeisterung für Frisuren und Schminke ja in deutlichen Grenzen hielt. Naja, man konnte halt nicht alles haben...
    Bei Narcissas nächster Frage erhellte sich ihr Gesicht noch mehr.


    "Oja, bitte!" sagte sie ganz aufgeregt. "Wenn ich mich heute schon verwandle, dann auch richtig"

    Irgendwie hatte Serrana das Gefühl, etwas falsches gesagt zu haben. Zwar lächelte Narcissa wieder und sprach auch ganz normal mit ihr, aber irgendwie schien sich die Stimmung im Peristylium ein kleines bisschen verschoben zu haben, ohne dass Serrana den Grund dafür erkennen konnte. Sie seufzte innerlich. Das war ja wieder mal typisch für sie: so ein wundervolles Treffen und sie machte wieder etwas falsch und zerstörte damit die wundervolle Atmossphäre, die bislang zwischen ihr und ihrer Cousine geherrscht hatte.....
    Bevor sie aber einen zweiten Anlauf nehmen konnte um vielleicht etwas ins Reine zu bringen, war ihre Frisur plötzlich fertig und Phila hielt ihr Spiegel hin, damit sie sich betrachten konnte.
    Sie warf einen etwas ängstlichen Blick hinein und erstarrte förmlich. Das sollte wirklich sie sein? Sie sah ja richtig echt aus, wie eine wirkliche Dame der Gesellschaft und gar nicht so mausig wie sie sich selbst immer empfunden hatte...


    Sie spürte, wie ihr plötzlich die Tränen kamen, aber es gelang ihr noch gerade rechtzeitig sie zurückzuhalten. Dann wandte sie sich Narcissa zu.


    "Ich kann gar nicht glauben, dass ich das sein soll. Die Frisur sieht wirklich wunderschön aus." Am liebsten hätte sie noch stundenlang in den Spiegel geschaut. "Oh, Narcissa, ich danke dir so sehr, und dir natürlich auch, Phila" sagte sie und drehte sich mit strahlendem Gesicht zu der jungen Sklavin um.

    Serrana war in diesen Augenblicken derartig euphorisch durch das Gespräch über ihre Ausbildung und ihre Freundin Calvena sowie die schöne gemütliche Stimmung mit ihrer Cousine und nicht zu vergessen ihre immer weiter entstehende Frisur, dass sie Narcissas Stimmungswechsel zunächst gar nicht mitbekam.


    "Ja, da hast du recht." nickte sie auf Narcissas Feststellung. "In meiner ersten Nacht in Rom habe ich mich noch furchtbar allein gefühlt und mir so sehr jemanden gewünscht, mit dem ich hätte reden können. Daheim in Nola habe ich auch kaum Freundinnen gehabt, weil die immer Angst vor Großmutter hatten und mich nie besuchen wollten...
    Ich hätte wirklich nie gedacht, dass ich wirklich so schnell jemanden kennenlernen würde...So gut kennen wir uns eigentlich noch nicht, aber das spielt komischerweise gar keine Rolle"


    Jetzt sah sie Narcissa etwas genauer an und runzelte die Stirn. Ihre Cousine sah auf einmal wieder genauso unglücklich aus, wie kurz vor ihrem Aufbruch im Garten der Casa Iunia. Diesmal überlegte Serrana nicht erst lange, sondern griff sofort Narcissas Hand, nachdem die ihren Weinkelch abgesetzt hatte.


    "Aber ich habe auch nie damit gerechnet, dass ich so schnell jemanden aus meiner Familie treffen würde und noch dazu jemanden mit dem ich mich so gut verstehe. Bislang war Großmutter Laevina die einzige lebende Verwandte, die ich noch hatte, aber jetzt hab ich dich, ist das nicht schön?"

    Als Arvinia den Namen ihres künftigen Mannes nannte, begann ihr Gesicht vor Freude zu strahlen und Serrana lächelte automatisch mit.


    "Oh wie schön", sagte sie aufrichtig. "Ich freue mich sehr für dich , dass du so ein Glück gehabt hast und werde natürlich niemandem etwas darüber erzählen. Weißt du denn schon, wann die Hochzeit stattfinden wird?"

    "Danke, das ist sehr lieb von dir." antwortete Serrana glücklich. "Ich werde sogar ein bisschen Geld verdienen, natürlich ist es nicht viel, aber ich werde damit über die Runden kommen, und das ist die Hauptsache."


    Als Calvenas Name fiel, begann Serrana automatisch zu lächeln und sie erinnerte sich an ihr erstes Zusammentreffen auf den Trajanischen Märkten.


    "Oja, das sind wir, und ich bin so froh darüber." begann sie zu erzählen. "Sie hat mich auf dem Markt angesprochen, weil ich mich ein bisschen kindisch benommen habe..." der Gedanke war ihr immer noch ziemlich peinlich. "Und dann hat sie mich beraten, als ich den hier gekauft habe." sie zeigte Narcissa ihren schmalen goldenen Armreif mit dem Blütenmuster, den sie seit diesem Tag hütete wie ihren Augapfel, da er ihr persönlicher Glücksbringer geworden war. "Sonst hätte ich wahrscheinlich eine alte verstaubte Schriftrolle gekauft und mich tagelang in der Bibliotheca vergraben..."


    Bei dem Gedanken an das damalige Treffen wurde ihr ganz warm ums Herz und sie strahlte noch ein bisschen mehr.


    "Danach haben wir ganz lange miteinander geredet und uns alles mögliche erzählt, und jetzt könnte ich mir Rom gar nicht mehr ohne sie vorstellen. Ich bin so froh, dass Calvena damals meine Großmutter noch nicht kannte, sonst hätte sie wahrscheinlich einen weiten Bogen um mich gemacht und ihren Onkel Avarus gewarnt, damit er die Casa Germanica belagerungssicher verrammelt...."

    Als Narcissa sie auf eine mögliche Laufbahn als Priesterin ansprach, erhellte sich Serranas Miene sofort und sie begann zu strahlen.


    "Was für ein Zufall, dass du dieses Thema ansprichst. Calvena und ich waren vor ein paar Stunden beim Pontifex Tiberius Durus und der hat uns gestattet, in den Cultus Deorum einzutreten. Morgen beginne ich mit meiner Ausbildung als Priesterin der Minerva und ich freue mich schon sehr darauf"


    Serrana hätte zu gern gewusst, wie sie mittlerweile aussah, aber ganz offensichtlich war Phila immer noch mit ihrem Haar beschäftigt. Sie würde sich also noch etwas gedulden müssen.


    "Weißt du, diese Ausbildung ist das erste, das wirklich nur mir gehört, und das wird mich auch niemand mehr wegnehmen können, ganz egal wie meine Zukunft auch verlaufen mag. Und darauf bin ich sehr stolz."

    Ad Caecilia Cara



    Salve liebste Cara,


    es ist eine gute Idee gemeinsam zum Brunnen zu gehen, und ich freue mich schon sehr auf deine Gesellschaft. Ist es nicht wundervoll, dass wir beide jetzt mit all den anderen Frauen zu den Spielen gehen? Dabei ist es noch gar nicht solange her, dass wir kaum eine Menschenseele in dieser Stadt kannten.


    Ich danke dir auch sehr für dein Angebot in bezug auf die Cena. Im Moment scheint alles nach Plan zu laufen, aber es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass man in der Nähe so nette Hilfe hat.


    Ich werde Tiro meine Antwort direkt mit auf den Weg geben und kann den großen Tag kaum noch erwarten.


    liebe Grüße,


    Serrana

    Der Mann ihrer Träume? Das war nun wirklich eine schwere Frage und Serrana musste einen Moment lang überlegen, um eine passende Antwort zu finden.


    "Oh, wie soll ich das erklären...." sie stockte kurz. "Ich hoffe, dass ich irgendwann jemanden finden werde, dem ich wirklich wichtig bin. Ich selbst, weißt du, nicht meine Gens oder meine Familie...Die Gefahr, dass mich jemand meines Geldes wegen haben möchte, besteht ja zum Glück nicht.." fügte sie ein wenig bitter hinzu.


    "Und ich möchte mich in seiner Gegenwart wohl fühlen und sicher. Ich hab mein ganzes bisheriges Leben immer nur Angst gehabt, und ich will, dass das endlich aufhört. Wenn diese beiden Sachen einträfen, wäre ich schon sehr glücklich. Alles andere ist nicht so wichtig..."
    Ob das für ihre Cousine überhaupt Sinn machte? Schließlich hatte die ganz andere Erwartungen an ihr zukünftiges Leben.


    "Und wenn es so jemanden nicht gibt, dann bleibe ich eben allein. Das wäre mir allemal lieber als meine gesamte Ehe in getrennten Räumen zu verbringen so wie meine Großeltern."

    Serrana nahm erfreut die allgemeine Aufbruchstimmung zu Kenntnis und beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und auch endlich nach Hause zu gehen, um ihren Brummschädel zu kurieren. In einiger Entfernung sah sie Adula, die gerade Ausschau nach ihr hielt und winkte ihr zu, damit sie ihr aus dem Becken half und ihr beim Ankleiden helfen konnte. Dann drehte sie sich noch einmal den verbliebenen Damen zu und lächelte.


    "Ich werde mich jetzt auch verabschieden, aber ich freue mich schon sehr auf unser baldiges Wiedersehen. Es hat mich sehr gefreut, dich kennenzulernen, Calliphana." sagte sie lächelnd an ihre neue Bekanntschaft gewandt. Dann wandte sie sich an Narcissa:


    "Wenn es dir recht ist, komme ich bald bei euch in der Casa Decima vorbei, damit wir über die Cena sprechen können. Schön, dass du es geschafft hast, so kurzfristig hierher zu kommen"


    Schließlich war noch ihre Freundin Cara an der Reihe. " Mach's gut Cara, vielleicht können wir ja noch etwas für die Spiele ausmachen, das würde mich sehr freuen"


    Mittlerweile war Adula am Becken angekommen und half ihr aus dem Wasser. Serrana spürte, dass sie ausgesprochen wacklig auf den Beinen war und war froh, ihre starke Sklavin an der Seite zu haben, die sie direkt und unauffällig etwas stützte, als sie mit ihr gemeinsam das caldarium verließ.
    Sie hatte sich wirklich noch nie so sehr auf ihr Bett gefreut...

    "Ich bin auch sehr froh, dass du hier und nicht mehr in Germanien oder Athen bist" sagte Serrana aufrichtig und drückte Narcissas Hand. Mittlerweile war sie mit ihren Zuneigungsbezeugungen schon ein wenig mutiger, ihre Cousine schien sich ja nicht daran zu stören.


    "Dein Vater weiß wahrscheinlich gar nicht, was er an dir hat, und irgendwann wird er sicher mal sehr stolz auf dich sein." Bei ihrem letzten Satz schwang ein wenig Wehmut mit, denn eine derartige Erfahrung würde sie niemals machen können. Andererseits hatte sich ihr Vater schon nicht für sie interessiert, als sie noch klein gewesen war, da würde es heute kaum anders sein, selbst wenn er noch am Leben gewesen wäre.
    Serrana musste schmunzeln, als sie wieder die Worte "reich, erfolgreich und gutausehend" aus Narcissas Mund hörte. Wer wünschte sich so etwas denn nicht...obwohl sie persönlich dem von Narcissa so geringeschätzten "nett" durchaus eine größere Bedeutung zumaß.


    "Oho, ein Senator, du willst aber hoch hinaus" sagte sie dann und kicherte ebenfalls, wenn auch aus ganz anderen Gründen als Narcissa.
    "Aber ich bin mir sicher, du wirst deinen wichtigen und ehrgeizigen Mann früher oder später finden. Von denen gibt es hier in Rom sicher eine ganze Menge..."

    Sie hätte stundenlang so dasitzen und sich frisieren lassen können. Phila ging zwar sehr routiniert aber auch sanft zu Werke, und Serrana, die mit körperlichen Zuwendungen in ihrem Leben bislang nicht gerade verwöhnt worden war, empfand die leichten Berührungen auf ihrem Kopf und in ihrem Nacken als sehr angenehm und genoss sie mit geschlossenen Augen und einem glücklichen Lächeln auf den Lippen.


    Im Verlauf von Narcissas Erzählung siegte dann aber doch die Neugier und sie öffnete die Augen wieder um ihre Cousine anzusehen. Die Familie war scheinbar doch größer, als sie gedacht hatte.


    "Und dieser Verwandte hat sich wirklich Brutus genannt?" fragte sie und musste kichern. "Das ist aber wirklich eine gewagte Namenswahl...." Dann wurde sie jedoch wieder ernst, als sie über Narcissas und Silanus Geschichte nachdachte.


    "Das klingt alles so traurig" sagte sie dann mitfühlend. Dass Narcissa Silanus nicht um Geld bitten wollte, konnte sie gut verstehen, sie selbst war zwar nicht annähernd so selbstbewusst, aber stolz war sie auch. Bevor sie Laevina nach deren grausamen Drohungen auch nur einmal um Geld bat, würde sie lieber für den Rest ihres Lebens die öffentlichen Latrinen schruppen.


    "Es klingt wirklich so, als würdet ihr nicht besonders gut zueinander passen." Sie sah Narcissa nachdenklich an. Ihre Cousine war schon ein sehr besonderer Mensch, das war Serrana schon nach kurzer Bekanntschaft mit ihr klar. Da musste ein Mann wahrscheinlich schon einiges wegstecken können... dachte sie schmunzelnd.


    "Aber warum stört es dich denn so, dass er nett ist? Das ist doch eigentlich etwas schönes, zumindest in meinen Augen... Wie sollte ein Mann denn sein, damit du es mit ihm aushältst?"

    Serrana zuckte im ersten Moment überrascht zusammen, als plötzlich jemand ihre Haare öffnete und begann es auszubürsten. Adula war das eindeutig nicht, die ging deutlich ruppiger zu Werke, auch wenn sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirklich Mühe gab und versuchte, ihrer Herrin dabei nicht wehzutun.
    Sie warf einen Blick nach hinten und sah Phila, die sie und Narcissa abwartend ansah.


    "Oh, macht sie mir jetzt die Haare? Das ist ja ganz toll, und dabei ist heute ein ganz normaler Tag..." sagte sie aufgeregt zu ihrer Cousine.
    "Eigentlich ist mir die Frisur ganz egal, ich werde in jedem Fall besser aussehen als vorher!"Glücklich drehte sie sich wieder um und genoss Philas kundige Handbewegungen.
    In dieser Hochstimmung wurde sie auch ein wenig mutiger und beschloss Narcissa doch noch zu Silanus zu befragen.


    "Sag mal,..." begann sie ein wenig zögerlich. "Du hast mir doch eben erzählt, dass Silanus dir das Geld für die Cena nicht geben würde. Warum sollte er das denn nicht tun? Habt ihr euch vielleicht gestritten oder ist er aus irgend einem Grund böse auf dich?" Für ihre Verhältnisse war diese Fragerei schon ganz schön indiskret, und Serrana bekam mal wieder rote Ohren.

    Das war natürlich eine ganz hervorragende Idee. Hier in der Casa Decima könnten Serrana und Narcissa vor den Spielen ihre Körperpflege von anderen unbeobachtet erledigen, und sie musste sich nicht wieder Sorgen machen, sich auf irgendeine Weise zu blamieren.


    "Wenn es keine zu großen Umstände macht, komme ich zum Baden auch gern hierher". sagte sie erfreut. Es war schon beeindruckend, über welche Fähigkeiten Narcissas Leibsklavin offenbar verfügte. Sie konnte zwar im Unterschied zu Adula vermutlich kein Feld im Handumdrehen alleine pflügen oder aufdringliche Sklaven zusammenschlagen, aber von derartigen Qualitäten konnte man in Rom als Frau ja leider auch nur allzu selten profitieren....


    Die nächste Bemerkung ihrer Cousine überraschte sie dann allerdings sehr.


    "Du bist wirklich auch noch nie bei den Ludi gewesen?" fragte sie erstaunt. "Das hätte ich nie gedacht... aber dann freue ich mich um so mehr darauf. Was möchtest du denn am liebsten sehen?"

    Ad Caecilia Cara



    Salve liebste Cara,


    es ist eine gute Idee gemeinsam zum Brunnen zu gehen, und ich freue mich schon sehr auf deine Gesellschaft. Ist es nicht wundervoll, dass wir beide jetzt mit all den anderen Frauen zu den Spielen gehen? Dabei ist es noch gar nicht solange her, dass wir kaum eine Menschenseele in dieser Stadt kannten.


    Ich danke dir auch sehr für dein Angebot in bezug auf die Cena. Im Moment scheint alles nach Plan zu laufen, aber es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass man in der Nähe so nette Hilfe hat.


    Ich werde Tiro meine Antwort direkt mit auf den Weg geben und kann den großen Tag kaum noch erwarten.


    liebe Grüße,


    Serrana

    Narcissas Angebot ihr den Stoff für ihr Kleid zu besorgen war wirklich verlockend. Dann hätte Serrana endlich mal etwas schönes für sich, das sie hinterher nicht wieder abgeben musste.
    Sie fand das zwar von ihrer Seite aus ein wenig unverschämt, aber Narcissa machte nicht den Eindruck, als würde sie sich viele Gedanken darum machen.


    "Das ist wirklich ein sehr liebes Angebot" sagte sie dankbar. "Wenn du dich um den Stoff kümmerst, kann ich mir auch sicher sein, dass er die richtige Farbe haben wird. Und wenn du wirklich Lust hättest, nochmal mit mir in die Thermen zu gehen würde ich mich freuen."
    Ein Besuch dort vor den Ludi war auf jeden Fall notwendig, und Serrana würde sich sehr über Begleitung freuen, da sie sich dort nach wie vor nicht allzu gut auskannte. Ein wenig neugierig sah sie hinter Phila her, als die sich plötzlich entfernte. Was hatte Narcissa denn jetzt vor?