Voller Vorfreude hatte Septima die Schriftrolle entgegen genommen, die ihr ein Sklave gebracht hatte. Das Siegel war von den Iuniern, somit konnte dieses Schreiben nur von ihrer Freundin Serrana sein. Mit fliegenden Kleidern stürmte Septima in das Tablinum, wo sie ihre Korrespondenz zu erledigen pflegte, und brach das Siegel. Gierig verschlagen ihre Augen die Worte und hin und wieder schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Es tat gut ein Lebenszeichen einer ihrer Freundinnen in Händen zu halten. Kaum hatte sie zu Ende gelesen, begann Septima den Brief ein zweites mal zu lesen. Anschließend legte sie das Pergament auf den Tisch und griff nach einem neuen Stück Pergament, Feder und Tinte.
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Iunia Serrana
Casa Germanica
Roma
Meine liebe Freundin,
ich danke dir von Herzen für deine schnelle Antwort auf meinen Brief und werde Gleiches mit Gleichem vergeten. Es freut mich sehr zu lesen, dass die Ehe mit Sedulus all deine Erwartungen zu erfüllen scheint und du dich nicht scheust, gemeinsam mit ihm Orte aufzusuchen, an denen ihr euer Eheleben genießen könnte. Was ihr beide am ersten Tag eurer Ehe im Balneum getrieben hat, möchte ich auf jeden Fall persönlich von dir erfahren, weshalb ich dich umgehend unterrichten werde, sollte ich nach Roma reisen.
Die Zurückhaltung deiner Großmutter könnte auch in einem Gespräch mit deinem Gemahl begründet sein. Hast du Sedulus mal danach gefragt? Immerhin ist es seine Aufgabe, dich vor allem Übel zu beschützen, sogar wenn es aus der eigenen Familie zu kommen droht. Ich bin mir sicher, jetzt, wo du mit einem Senator verheiratet bis, wirst du dich gut mit deiner Großmutter arrangieren.
Von deiner Schwangerschaft, mit als erste zu erfahren, macht mich unglaublich Stolz und ich gratuliere dir und Sedulus von ganzem Herzen. Bei der Gelegenheit sollte ich dir berichten, dass ich mich ebenfalls in anderen Umständen befinde. Ursus und ich wissen es schon seit unserer Abreise aus Roma, jedoch hatte ich Angst irgendwem davon zu erzählen, denn die Gefahr, dass Kind in der ersten Zeit gleich zu verlieren, erschien mir viel zu groß. Ich hoffe du bist mir deswegen nicht böse, doch ich weiß, ich hätte es nicht ertragen allen von meiner freudigen Empfängnis zu berichten und bei einem womöglichen Verlust des Kindes die ganze Trauer in den Gesichtern derer zu lesen, die es bereits erfahren hatten. In meinen Gebeten wirst du ab sofort einen festen Platz haben, liebe Serrana, denn ich werde für den guten Verlauf deiner Schwangerschaft, einer unkomplizierten Geburt und eines gesunden Knabens für dich beten. Bitte richte auch Sedulus meine Glückwünsche aus. Das habt ihr ganz wunderbar gemacht.
Wenn es deine Zeit und dein Umstand zu lassen, so weißt du, dass ich mich über jedes politische Ereignis, von dem du mir berichten kannst, sehr freuen werde. Hier in Mantua ist leider nicht besonders viel los. Doch so bleibt mir mehr Zeit für lange Briefe an gute Freunde.
Solltet ihr, Sedulus und du, und wenn es sich nicht vermeiden ließe, auch gerne deine Großmutter, uns hier in Mantua besuchen kommen, so seit ihr auf das aller herzlichste eingeladen. Ich sage dir Serrana, beim Anblick der vielen Soldaten im Castellum, wird auch dir ganz anders werden. Dein Mann wird das bereits kennen, doch kann ich dir aus eigener Erfahrung berichten, dass ein Truppenappell der gesamten Legio I einfach unglaublich ist. Es gäbe hier viel für dich zu sehen und ich bin mir sicher, Sedulus würde dich gerne im Castellum herum führen. Von unserer Seite aus steht einem Besuch von euch nichts im Wege. Du siehst, ich lasse nichts unversucht, um euch nach Mantua zu locken.
Mögen die Götter, insbesondere Iuno, dich und dein ungeborenes Kind fleißig beschützen.
In freundschaftlicher Liebe
Septima
Die Feder wurde bei Seite gelegt und Septima las den gesamten Brief noch einmal, während die Tinte trocknete. Nur kurz griff sie nach einem Becher mit verdünntem Saft, um einen Schluck daraus zu nehmen. Sie empfand tatsächlich tiefe, freundschaftliche Liebe für Serrana. Wie viel Zeit sie zwischen den Schwangerschaften wohl trennten? ‚Da fehlt nur noch Calvena und das Trio wäre komplett.’ schmunzelte Septima in sich hinein. Sie würde gleich hier sitzten bleiben und einen zweiten Brief an ihre Freundin Calvena verfassen.
Septima rollte den ersten Brief zusammen, erwärmte das Siegelwachs über einer Kerze und drückte anschließend ihren Ring auf den roten Klecks vom Pergament.