Etwas überrumpelt hatte sich Catiena wenige Augenblicke nachdem sie das Atrium betreten hatte, in den Armen ihres Verwandten wiedergefunden. Für einen Moment war sie sprachlos, etwas, das man bei der jungen Frau selten antraf. Fast versagten ihre Arme ihr den Dienst. Eine Welle der Erleichterung durchflutete Catiena. Nicht nur, das Macer sie sofort in dieser Art begrüßte und damit in seiner Nähe annahm, sondern auch die plötzliche Befreiung von vielen Lasten, die sie seit ihrer Ankunft in Rom verspürt hatte, ließen sie genüßlich aufatmen. Natürlich hatte sie Freunde gefunden hier, wie Calvena, die sie im Stillen als ihre beste Freundin bezeichnete, doch waren viele Abende in der Casa - von den Sklaven einmal abgesehen - sehr still gewesen, belastet von der Erinnerung an den toten Octavier, welcher sich in sein Schwert gestürzt hatte. Nun war dies alles wie mit einem Schlag vorbei und die Casa schien Catiena mit einem Male noch viel heller und schöner - lebendiger. Sie hob ihre Arme an und legte sie um Macer, um seine Umarmung zu erwidern.
Selbst wenn sie diesen Mann kaum kannte, so war er ihr doch sofort symphatisch. Eine kleine Geste konnte so viel ausmachen. Für die Dauer der Umarmung schloss die Octavia die Augen und lächelte weich, bis sie sich wieder voneinander lösten und Macer mit einer einladenden Geste auf eine Sitzbank wies.
Ohne zu zögern kam Catiena der Aufforderung nach und ließ sich auf der Bank nieder, die Hände im Schoß zusammengefaltet. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete sie, wie auf Geheiß Macers einer der Sklaven davoneilte, um seiner Order nach Wasser und Wein nachzukommen.
Die junge Frau sah zu ihrem Verwandten auf und lächelte fröhlich. "Ja, Calvena hat viel von Dir berichtet, von Deinem Amt in Mantua und von eurer Freundschaft. Sie spricht nur in höchsten Tönen über Dich." Zur Bekräftigung ihrer Worte nickte Catiena und fuhr dann fort: "Ob ich aber so viel mehr weiß, das wage ich nicht abzuschätzen. Möchtest Du beginnen? Da kommt mir auch sogleich eine Frage in den Sinn: Hattest Du eine gute Reise?"
Beiträge von Octavia Catiena
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Ein Sklave war erschienen und hatte ihr gemeldet, dass man sie sehen wollte. Auf die Frage, wer es denn sei, der sie in die Gärten bat, hatte er zunächst Macer und dann einen Gast erwähnt. Einem Rufe Macers würde Catiena nie widersprechen und so hatte sie sich sofort auf den Weg gemacht, doch dieser Gast weckte ihre Neugierde umso mehr, war es doch bisher äußerst selten geschehen, dass sie Besuch in der Casa erhalten hatte.
Noch bevor sie die Gärten betrat, befestigte sie ihre Kleidung mit einer kleinen Schmuckspange aus Kupfer, um nicht zur Gänze unvorbereitet zu wirken. Ihre Gesichtzüge waren passend zu der mit Blumen bestickten, blauen Tunika entlang der Wimpern mit blauen Schminkakzenten versehen, sodass sie insgesamt - wie sie selbst fand - ein durchaus präsentables Aussehen aufwies. Vielleicht war es ein wichtiger Gast für Macer und sie hatte sich vorgenommen, ihm auf seinem Weg die Karriereleiter hinauf zu helfen - und sei es nur durch eine stimmungserhellende Optik.
Als sie die Gärten schließlich erreichte und die zwei Männer erblickte, hoben sich unwillkürlich ihre Augenbrauen. Der Gast war ein Mann mit markanten und herben Gesichtszügen, wie sie fand. Er hatte etwas soldatisches an sich, in jedem Fall aber hinterließ er den Eindruck von Kompromisslosigkeit. Durchaus faszinierend, aber vielleicht mit Vorsicht zu genießen. Da sie keine weiteren Informationen hatte, trat sie mit einem offenen Lächeln auf die beiden Männer zu und verneigt sich höflich, zunächst gen Macer, dann gen des Gastes, "Willkommen in der Casa Octavia", begrüßte sie ihn, ohne den Männern zu nahe zu treten, da sie in ein Gespräch vertieft schienen. -
Die Sonne schien durch das offene Fenster und erzeugte ein fröhliches Schattenmuster auf dem Boden, verspielt vom Blattwerk einer auf dem Fensterbrett stehenden Pflanze, dem Catiena verzückt mit den Augen folgte, während ihre Zofe ihre langen, braunen Haare kämmte. Gelegentlich schloss die junge Frau die Augen und genoss die langsamen Bewegungen des Kamms. Es war ein Gefühl, dass sie an die Fürsorge ihrer Mutter erinnerte, die sich um die Pflege der Haare ihrer Tochter oft persönlich gekümmert hatte, sei es es aus Liebe oder aus Langeweile gewesen. In jedem Fall fühlte sich Catiena stets in gewisser Weise geborgen, so auch heute.
Dies Heute war indes kein gewöhnlicher Tag, sofern sie denn überhaupt in der Lage war, einen Tag als 'gewöhnlich' zu bezeichnen. Hierfür war sie noch nicht lange genug in Rom, wie sie fand. Zwar hatten die Tage eine gewisse Routine entwickelt, doch ihrer Neugierde ob der Entdeckung neuer Feinheiten und dem Kennenlernen neuer Bekanntschaften hatte dies keinen Abbruch getan. Heute würde sie wieder jemanden kennen lernen, den sie theoretisch kannte, praktisch aber keine Erinnerung besaß: Faustus Octavius Macer.
So viel schon hatte Catiena von ihm gehört, das ihr Herz ob der bevorstehenden Begegnung regelrecht zu rasen begann vor Aufregung. Würde er sie akzeptieren? Immerhin war dies sein Haus und er konnte sie wieder auf das Land zurück schicken. Sie mahnte sich zur Ruhe. Calvena hatte so oft in guten Worten von Macer geredet, es würde schon gut gehen.
Wie, als wäre es ein Wink des Schicksals, betrat in diesem Augenblick ein Sklave das Zimmer, welches Catiena bisher für sich beansprucht hatte, und verneigte sich. "Entschuldige die Störung, Domina, Du wirst im Atrium erwartet. Faustus Octavius Macer ist soeben eingetroffen und wünscht Dich zu sehen."
Der Verstand der jungen Frau machte einen Sprung und mit einem Mal war sie hellwach und von jedem Gedanken an die Heimat befreit. Sie klatschte freudig in die Hände und wunk eiligst ihrer Zofe, sie solle ihr die Sandalen anlegen und ihr die gelbe Palla reichen, wie überhaupt den Schmuck. Die etwas betagtere Dame ließ sich von dem Gebaren Catienas nicht aus der Ruhe bringen, sondern kam nach und nach ihren Wünschen nach. Nachdem die Sandalen an ihren kleinen Füßen befestigt, die Palla um ihre schmalen Schultern gelegt und eine dünne Kette aus Silber hinter ihrem Hals geschlossen worden waren, stand Catiena eiligst auf und beeilte sich ins Atrium zu kommen. Ihre weiße Tunika, deren Saum eine gelbe Färbung aufwies, flog förmlich um ihren Körper, während sie eiligen Schrittes durch die Casa eilte, den Sklaven im Schlepptau. Erst kurz vor dem Ziel hielt sie inne, holte tief Luft und trat schließlich ein.
Ihr Blick fiel auf einen gutaussehenden jungen Mann, in dem sie sofort die Züge eines Octaviers erkannte. Er war von großer, hagerer Gestalt, ohne jedoch schlacksig zu wirken. Irgendwie hatte Catiena ihn sich markanter vorgestellt, sein Gesicht wirkte so ebenmäßig, das es schon fast etwas feminines hatte - aber nur fast. Besonders seine blauen Augen fielen ihr auf und entlockten ihr unwillkürlich ein weiches Lächeln.
Die junge Frau tat einige Schritte auf Macer zu und spürte sofort, das von ihm jener Ehrgeiz und jenes Selbstbewusstsein ausging, das junge Männer auf dem Cursus Honorem ausmachte. Höflich verneigt sich Catiena vor ihm: "Willkommen zuhause in Rom, Faustus Octavius Macer. Ich bin Octavia Catiena, wie Du vielleicht schon vernommen hast. Ich freue mich sehr, Dich endlich hier begrüßen zu dürfen." -
Priscas Vorhaben glückte und Catienas Röte entwich ihren Gesichtszügen, machte einem Lächeln platz, das Erleichterung und Amüsement gleichermaßen ausdrückte. Vergessen waren nun auch die Gedanken an die Geschehnisse in der Casa, die sowohl sie als auch ihre Freundin Clavena bedrückten - wenn sie bei der Germanica auch nicht wusste, wie sehr dies Vergangenes wiederbelebt hatte.
"Es ist nicht meine Meinung", erwiderte Catiena auf die Worte der Aurelia hin mit einer sanften Stimme, um in keinster Weise maßregelnd zu wirken. "Sie wurde mir gegeben. Doch womöglich", in die Gesichtszüge der Römerin schlich sich ein fast frech zu nennendes Grinsen, was so gar nicht zu ihrer sonstigen Haltung passte, "hoffe ich gar, diese Gerüchte mögen stimmen, denn umso aufregender wird es hier in Rom." Sie sah Prisca aus offenen und ehrlichen Augen an. In ihrem Hinterkopf kreisten noch einige Gedanken um die Worte zu einer privaten Therme, die angesprochen worden war und von einem kretischen Stier, was - wie Catiena fand - sehr anrüchig und damit ungeheuer aufregend klang, doch sie überging es dezent, um sich nicht womöglich fälschlicherweise angesprochen zu fühlen. "So werde ich denn meine Meinungen und Ansichten nicht verbergen", versprach sie weiter, "denn ein wenig Spott zur Belustigung an der richtigen Stelle vermag ich ohne weiteres zu ertragen." Völlig entspannt nun erwiderte sie das Zwinkern jener Frau, deren beeindruckende Präsenz sie noch immer fesselte, die mit einem Male jedoch noch mehr ganz so autoritär wirkte, sondern vielmehr von Verständnis und Weisheit geprägt - etwas, das Catiena keinesfalls mit Alter assoziierte.
Das Geräusch schneller Schritte lenkte schließlich die Aufmerksamkeit der Octavia für einen Moment hin zur Mitte des Raumes. Erstaunt und mit einem stillen Lachen auf den Lippen sah Catiena Serrana nach, als diese aus der Taverne rannte, um ihre Neugierde zu stillen. Sofort fragte sie sich, ob sie gleichermaßen gehandelt hätte. Natürlich wäre sie sofort nachsehen gegangen, doch wäre sie gerannt? Sie wusste es nicht, doch sie schloss es keineswegs aus. Wahrscheinlich, denn in solchen Augenblicken spielte die Gravitas keine Rolle, es kam lediglich auf den Moment an und das man diesen auskostete. Schon für diesen Gedanken hätte ihre Großmutter womöglich zu einer drakonischen Strafe ausgeholt, doch sie war nicht hier und den Styx überquerte man nicht zweimal.
Catiena stieß schließlich doch ein leises Lachen aus, bevor sie sich der Dame mit der bemerkenswerten roten Mähne zuwandte, die sich und ihre Freundin nun vorstellte. Beide hatten klangvolle Namen, sowohl in der Familie als auch für sich selbst. Insbesondere fiel ihr auf, das sie beide in dieser Form nie zuvor vernommen hatte, umso exotischer und schöner klangen sie. "Es ist keine Entschuldigung vonnöten, zuviele Freunde sind hier, als das man sich zugleich den Fremden widmen könnte. Octavia Catiena", antworte sie und ließ ihren Worten ein strahlendes Lächeln folgen. "Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Calliphana, Chaerea." Sie nickte beiden bei der Aussprache ihrer Namen zu. "Euer Geschenk scheint ja von beson..."
Weiter kam Catiena nicht, denn in diesem Augenblick kam Serrana zurück in die Taverne mit einem Ausdruck auf ihren weichen Gesichtszügen, der mehr als nur Freude und Überraschung ausdrückte. Es war schiere Überwältigung. Und als ausgesprochen war, was vor der Türe stand, konnte Catiena dies sehr gut nachvollziehen. Ein Hengst, sie wiederholte die Worte in Gedanken; welch wunderbares Geschenk. Es war nicht nur die Anmut des Tieres, sondern auch seine Bedeutung, sein Wert. Ein Pferd stand in gewisser Weise für Unabhängigkeit, für schnelle Bewegung, was mehr konnte man von einem Leben als erwachsene Frau erhoffen? -
Catiena stand einfach nur da. Ihr Blick lag auf dem am Boden liegenden Körper, folgte dem Griff des Dolches, der aus dem Hals des Mannes ragte und mit beachtlicher Kraft hineingestoßen worden war. Die feingliedrigen Hände der jungen Römerin begannen inwillkürlich zu zittern, entgegen der Versteifung, welche vom Rest ihrer selbst Besitz ergriffen hatte. Blut, so viel Blut. Die Klinge musste eine der Hauptschlagadern durchtrennt haben. Nie hätte die Octavia vermutet, dass diese Menge an Blut sich im Körper eines Menschen befinden konnte, doch sie sah es vor sich. Der durchdringende, rote Farbton begann bereits dunkler zu werden, hin zu einem dunklen Weinrot, an den Rändern gar ein häßliches Braun und Schwarz. Ja, es war schwarz, getrocknet, verdorrt - wie der Tod selbst. Das es sich um Selbstmord handelte, erfasste ein winziger Teil von Catienas Verstand, soweit dieser einen solchen Ablick zu beurteilen in der Lage war. Sie war noch nie in ihrem jungen Leben mit etwas konfrontiert gewesen, was dem auch nur annähernd gleich kam; und doch war es nun geschehen. Natürlich, es hatte tote Sklaven gegeben, es war ihr berichtet worden, aber dies war etwas anderes. Hier lag ein Mann ihres Standes, ein Mensch, der gewaltsam und wohl durch eigene Hand aus dem Leben geschieden war - und dies in einem Blutbad.
Punkte begannen vor Catienas Augen zu tanzen, wechselten sich ab zwischen dunklen Grautönen und dem Blitzen von Sternen. Ihr schien fast, als würde ihr gesamtes Umfeld verschwimmen, unwirklich zu werden, sich in etwas Abstruses verwandeln. Dafür war sie nicht nach Rom gekommen. Sie hatte Aufregung, Abenteuer, Freude gesucht, keine Auseinandersetzung mit dem Tod. Gerade erst war sie eingetroffen und nun...
Calvenas Worte drangen in Catienas Gedanken vor und zogen sie für einen Augenblick wieder aus ihren Überlegungen heraus. Beinahe verwirrt schüttelte sie den Kopf und sah die Germanica an, mit bebenden Lippen. Mit einer Hand griff sie nach dem Arm der jungen Frau, doch sie verfehlte ihn und begann zu straucheln. "N.. Nein", begann die Octavia mit bebender Stimme und schüttelte den Kopf. "Aber..., aber ich...", sie schluckte schwer, "... ich erkenne.. erkenne die Gesichtszüge wie... wieder. Er ist ein.. ein Octavier."
Die Worte fühlten sich so schwer an wie Stein, drangen langsam zu Catienas Bewusstsein vor. Ein Verwandter von ihr, von dem man nicht gewusst hatte, dass er zuhause war, hatte sich das Leben genommen, just in jenem Augenblick, da sie in der Casa eintraf. Es war eine Überraschung der schrecklichsten Art. Catiena bedauerte in diesem Augenblick zutiefst, den Göttern nie die notwendige Aufmerksamkeit zukommen gelassen zu haben. Dies musste ihre Strafe sein oder - noch schlimmer - ein Omen ob dem, was sie für sich und andere durch ihre Ankunft in der ewigen Stadt ins Rollen gebracht hatte. Sie fühlte ihre Knie weich werden, die Punkte vor ihren Augen stiegen in Zahl und Größe.
Das Calvena dem Sklaven aufgetragen hatte, die Cohortes Urbanae zu holen, war ihr bereits völlig entglitten. Heiser stammelte sie leise: "Die libitinarii..., das Lustrum", dann gaben ihre Beine nach und Catiena fiel, ihres Bewusstseins vor Erschöpfung und Schrecken über die Erkenntnis des Omens beraubt, haltlos zu Boden... -
Catiena hörte ihrer Gegenüber aufmerksam zu, als diese über die Eigenarten und insbesondere die Gefahren von Rom sprach. Beiläufig aß sie ein Stück Brot, in der anderen Hand hielt sie noch Käse, doch sie nahm das Essen kaum wahr. Viel zu sehr war sie davon gefesselt, was die Germanica ihr erzählte. Das Rom ein Pfuhl des Verbrechens war, hatte sie geahnt, doch dass es so schlimm war, das sich eine römische Bürgerin nicht ohne Geleitschutz auf die Straße wagen konnte, fiel ihr doch schwer zu glauben. Aber wenn Calvena es sagte, musste es so sein. Ein Schauer lief ihr über den Rücken bei der Vorstellung, was mit ihr geschehen konnte, wenn sie in die schmierigen Hände eines skrupellosen Ausländers geriet. Unwillkürlich stellten sich ihre Nackenhaare auf, doch sie verdrängte die Gedanken gewaltsam und bemühte sich stattdessen, sich eine Karte von Rom vorzustellen, besonders der Elendsviertel. Die Subura war ein berüchtigter Ort und die junge Octavia hatte nicht vor, sich dort aufzuhalten. Schon der Gestank der engen Gassen, gefüllt mit aus den Fenstern geworfenem Unrat, musste schier unerträglich sein, vom Verfall der Insulae und der Atmossphäre der Bordelle ganz abgesehen.
Je intensiver Catiena darüber nachdachte, desto abschreckender wurde der Gedanke. Eine kleine Spur Neugierde, die eine der hervorstechendsten Eigenschaften der jungen Frau war, verblieb, war aber nicht ausreichend, sie nur annähernd der Idee nahe zu bringen, sich persönlich von der Subura überzeugen zu wollen.
"Danke", antwortete sie Calvena, "vielleicht komme ich auf Dein Angebot zurück, sollte ich je in die Verlegenheit kommen, einem Manne angedacht zu werden, dessen einzige Leistung es ist, mich anzuwidern." Sie kicherte leise, wobei sie den Käse auf den Tisch legte und ihre Hand vor den Mund hielt. Anschließend seufzte sie zufrieden und ließ auch die Reste des Brotes dem Käse folgen. Sie legte die Hände in ihren Schoß und schloss für einen Augenblick die Augen. Catiena fühlte sich wohl. Sie war gesättigt, ihr Durst war gestillt. Sie war in Rom, fühlte eine angenehme Erschöpfung ihren Körper ergreifen und nicht zuletzt - und dies war das Wichtigste - sie hatte eine Freundin gefunden. Es fehlte nur noch ein heißes Bad.
"Oh, das werde ich.", lächelte sie Calvena an und lachte. "So ich denn die Zeit finde, werde ich ein kleines Fest organisieren und ich hoffe, Du wirst mein Ehrengast sein. Nichts Großes, eine kleine Runde, ein gutes Essen, etwas Unterhaltung. Aber was rede ich, zunächst sollte ich mich erst einmal mit der Casa vertraut machen." Catienas Lachen wurde herzlicher, als sie sich über ihren eigenen Tatendrang amüsierte.
Sie wollte sich gerade weiter nach Calvenas Verlobten und seinem Status als Soldaten erkundigen, als ein Sklave gehetzt den Raum betrat. Überrascht hob Catiena die Augenbrauen und sah ihn an. Noch während er sprach, weitete sich ihr Blick vor Entsetzen. Eine Leiche hier im Haus? Wer sollte das sein? Doch nicht etwa...
Unwillkürlich begann sie am ganzen Körper zu zittern und ihre feingliedrigen Hände gruben sich in den Stoff ihrer Tunika. Sprachlos starrte sie Calvena an. Ihre Blässe war einem Kalkweiß gewischen, sie musste ebenso erschrocken sein wie sie selbst. Erleichtert hörte sie, wie die Germanica die Initiative ergriff und erste Schritte einleitete. Catiena fühlte sich derart unter Schock stehend, dass sie kaum zu einer Regung fähig war. Mit dem Tod war die junge Frau bisher noch nie konfrontiert gewesen.
Sie öffnete ihre verkrampften Hände wieder etwas und atmete tief durch, erhob sich von ihrem Platz, nur um irgendetwas zu tun. "Wer..., wer...", begann sie stotternd und schluckte ihre Worte unter. "Ge... Gehen wir nachsehen?" Catiena sah Calvena furchtsam an. -
Catiena richtete ihre Aufmerksamkeit auf Serrana, jener jungen Frau, welcher dieser Tag geschuldet war in seiner Bedeutung. Sie nickte auf ihre Worte hin, wohl etwas zu übereifrig, als sei ihr diese Information keine wirkliche Neuigkeit, sondern lediglich eine Wiederholung von Bekanntem. Dies war es auch, hatte Calvena der Octavia doch bereits auf dem Weg zu der Taverne erzählt, das Serrana wie sie ein Kind des bäuerlichen Landlebens war. Dennoch vernahm sie es mit Freude, hatte sie so doch nicht mehr den Eindruck, allein auf der Flur der Unwissenden zu stehen was das Leben in Rom betraf. Wie Serrana es scheints einst getan hatte, würde auch sie sicher bald lernen, was es hieß, in dieser größten Metropole der Welt heimisch zu sein. So lauschte sie dem Geburtstagskind mit offener und ehrlicher Neugierde.
Ein Lächeln überflog die weichen Gesichtszüge Catienas schließlich, während sie zu einer Antwort ansetzte: "Ja, das bin ich. Und zu sagen, dass es mir fehlen würde, bin ich noch weit nicht lange genug von dort fern gewesen. Vielmehr ist mir die Eintönigkeit der Beschäftigung am Hof ein Gräuel gewesen. Nichts, womit ich mich nicht hätte arrangieren können, meiner Mutter gefällt es vortrefflich, mir jedoch...", die junge Römerin öffnete ihre gefalteten Hände und unterstrich ihre Geste mit einem leichten Schulterzucken, "kam es aufgrund der Geschichten aus der Stadt ausgesprochen langweilig vor. Mir fehlt einfach der Vergleich. Vielleicht ändert sich meine Einstellung, wenn ich einige Erfahrungen in Rom gemacht habe; deshalb bin ich hier."
Catiena zog ihre Hände wieder zusammen, nachdem sie einen Schluck genommen hatte aus ihrem Becher. Der Wein war von kräftigem Geschmack. Ein wenig zu trocken für ihren Gaumen, der eine kräftige Süße gewohnt war, doch dem Honigwein hatte sie sich nun lieber enthalten. So gut dieser auch mundete, hatte er doch die Eigenart, ihre Zunge viel zu schnell zu lösen, wie auch ihre Sinne nicht länger unter ihrer Kontrolle zu belassen.
Kaum, dass sie den Becher wieder abgestellt hatte, wandte sich die junge Frau an Septima. Das ihre letzten Worte dem Grund gegolten hatten, weshalb sie nach Rom gekommen war, passte gut als Anknüpfpunkt. So schien es, dass Catiena trotz der kurzen Unterbrechung in einem Redeschwall fortfuhr zu berichten und die Fragen der anwesenden Damen zu beantworten. Sie selbst fühlte sich dabei gefragt, ein Gefühl, dass ihr fast in Gänze neu war. Man war neugierig ob ihrer Person und wollte Dinge ihre Gedanken und Wünsche betreffend wissen, nicht lediglich die Augen der Optik wegen auf sie richten. Natürlich hatten ihre Eltern sich für sie interessiert, aber das war etwas anderes. Sie kannten sie. Hier war sie gleichwertig - in gewisser Weise; ein Teil von ihr war noch immer bestrebt, keinesfalls den Eindruck von zu viel Erhabenheit zu erwecken.
"In Empfang genommen hat mich Calvena", antwortete Catiena und richtete wiederholt ihre bernsteinbraunen Augen dankbar auf die Germanica, der sie nicht nur den Einlass, sondern auch die erste Einführung in das Stadtleben verdankte. "Sie verwaltet in Abwesenheit der Gensmitglieder die Casa. Und sie kommt dieser Aufgabe mehr als gut nach. Ohne sie hätte ich wohl meinen Heimweg wieder antreten müssen." Das es kurz nach ihrer Ankunft in Rom zu einem mehr als unangenehmen Zwischenfall gekommen war in der Casa, verschwieg sie redlich, um die Stimmung nicht zu trüben. "Ich bin Calvena daher zu doppeltem Dank verpflichtet. Besonders, weil sie mir hilft, mich in Rom zurecht zu finden und erste Kontakte zu knüpfen, so wie heute. Auch wenn ich ein wenig beschämt bin, so viel Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, da dieser Tag doch Serrana in Gänze gilt."
Catiena lächelte verlegen und zugleich entschuldigend in Richtung der Iuna. Ihre Verlegenheit steigerte sich noch weiter, als sie die Frage von Prisca vernahm. Ihre Wangen und ihre Nasenspitze verfärbten sich unwillkürlich in einem hellen Rotstich, der unter ihrer leicht gebräunten Haut indes nur jemandem auffiel, der genau darauf achtete. Die Octavia sah einen Augenblick zu Boden und nutze die Zeit, um sich eine Antwort zurecht zu legen. Doch sie musste gestehen, so recht wollte ihr keine einfallen. Sie hatte diese Worte stets von ihren Eltern gehört und von einem älteren, römischen Ehepaar, das einen Hof in der Nähe bewohnte und als Nachbarn desöfteren zu besuch kam. Vielleicht konnte sie ein treffendes Beispiel geben? Ja, das schien Catiena der richtige Weg. Und da die Frage an alle gerichtet war, konnte sie sich womöglich auch schnell aus der Affäre ziehen. Immerhin warf sie den Anwesenden indirekt beinahe Sittenlosigkeit vor. Sie sollte besser darauf achten, was sie sagte: "Man sagt, zu Zeiten der Republik sei alles noch .. mit mehr Rücksicht auf das persönliche Ansehen in der Öffentlichkeit geschehen. Intrigen gehören zum öffentlichen Leben dazu, doch...", Catiena rang nach Worten, "man habe sich weniger gehen lassen bei Festen und die Gravitas stärker gewahrt, da man mehr auf Stimmen angewiesen war denn dieser Tage und auch weniger Zeit für.. Unfug hatte." Mit jedem weiteren Wort, das über ihre Lippen kam, fühlte sich die Octavia mehr und mehr wie ein Moralapostel, dabei wusste sie nicht einmal, wie man in Rom tatsächlich lebte. Am Ende war es nur das Gerede alter Leute, die sich nach ihren Tagen der Jugend sehnten. Sie hoffte innigst, man möge es ihr nicht verübeln. Catiena öffnete den Mund, um noch etwas hinzu zu fügen und so ihre Aussage etwas zu relativieren, doch in diesem Augenblick betrat ein weiterer Gast die Taverne. Ein Stein der Erleichterung fiel der Römerin vom Herzen, während sie den Neuankömmling musterte. Die rotbraunen Haare der jungen Frau fielen Catiena sofort ins Auge. Welch wundervolle Farbe, solch ein Geschenk vergaben die Götter selten. Das Gesicht, welches sie schwungvoll umrahmten, wurde von einem Paar grüner Augen eingenommen, deren Glanz sie unmittelbar an Smaragde erinnerte. Neugierig lauschte Catiena den Worten der jungen Frau, deren Namen sie bald zu erfahren hoffte. So klein kann das Geschenk kaum sein, wenn es vor der Taverne aufbewahrt werden muss, dachte die Octavia augenblick und in ihrem Inneren spürte sie Spannung aufsteigen ob dem, was dort kommen mochte. -
"Oder um Auseinandersetzungen zu vermeiden und sich Stimmen anderer Familien zu kaufen", platze es Catiena heraus als Erwiderung auf Calvenas Worte, die häufig wahre Motivation einer Ehe betreffend. Sie nickte zustimmend und lächelte dann entschuldigend für ihren fast schon einen Ausbruch zu nennenden Satz. Es endlich einmal ausgesprochen zu haben war eine Wohltat gegenüber dem beharrlichen Schweigen auf dem heimatlichen Hof. Sie seufzte fast unhörbar und schüttelte unwillig den Kopf, schob danach einmal mehr ihre widerspenstige Strähne hinter das schmale Ohr. Im Grunde ging die Octavia nicht davon aus, sich je zu verlieben. Dies Gefühl war ihr - von elterlicher Zuneigung abgesehen - auch derart fremd, eine Sage aus Gedichten und Erzählungen, dass es nicht geifbar, fast abstrakt wurde. Catiena empfand die Vorstellung der völligen Hingabe für eine Person zwar überaus romantisch, doch ihr Verstand konnte und wollt es vielleicht auch nicht in Gänze akzeptieren. In ihrem Herzen hatte sie für sich bereits die Entscheidung getroffen, ihr Leben einem anderen Ziel zu widmen: Der Aufregung der Information. Pikantes Wissen konnte erfüllend sein und die Welt war so groß, dass es nicht endlich schien, was man alles entdecken konnte. So würde sie nicht enttäuscht werden in der Hoffnung auf etwas, dass sie womöglich nie erhielt oder das es gar überhaupt nicht gab, sondern nur eine Idee der kreativen Sehnsucht war.
"Ich werde mich einfach vom Schicksal und der Entscheidung meiner Familie führen lassen", antwortete sie abschließend wahrheitsgemäß. "Zu wenig Einfluss habe ich darauf und am Ende gibt es doch Dinge, die einem bei näherer Betrachtung wichtiger erscheinen mögen. So zum Beispiel", Catiena lachte leise und unterstrich die Bedeutung der folgenden Worte für sie selbst: "das Leben und Miteinander so vieler Menschen. Es gibt immer Neuigkeiten und das Beobachten des Seins allein vermag so aufregend zu sein."
Ich klinge wie eine Priesterin, schoss es der Octavia durch den Kopf. So wollte sie es nicht beenden, also fügte sie noch rasch hinzu: "Aber wer weiß schon, welche Gelegenheiten sich in Rom bieten..."
Catiena unterbrach sich und entschied, dass dies Thema viel zu ernst und tiefgreifend für eine erste Unterhaltung war. Sie wollte Rom genießen und nicht philosophieren. So verdrängte sie ihre Gedanken an Liebe und Ehe und verlieh ihren Augen unbewusst einen neugierigen Glanz, als Calvena auf ihren Verlobten zu sprechen kam. Beeindruckt hörte die junge Römerin zu, umso mehr, als sie von der Sondergenehmigung erzählt bekam. "Mir war nicht bewusst, dass solch eine Erlaubnis vonnöten ist", erwiderte Catiena überrascht. "Möchte man sich der reinen Loyalität des Soldaten gewiss sein oder liegt der Grund gar darin begraben, dass man um des Mannes Kraft fürchtet?" -
Catiena lächelte und nickte zustimmend, als Calvena die Verantwortung für sie ansprach. Erst jetzt wurde ihr wirklich gewahr, was es noch bedeutete, das die Casa verlassen war. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig, niemand beaufsichtigte sie oder gab ihr Anweisungen. Das konnte sich im Großen kaum auswirken, würde doch ihr Vater sicher Nachricht davon erhalten, wenn sie sich in Rom öffentlichen Exzessen hingab, aber es mochten Kleinigkeiten sein, die ihr nunmehr das Leben versüßten. Und sei es etwas derart triviales, wie am Morgen niemandem die Aufwartung machen zu müssen, sondern sich erst dann aus dem Bette zu erheben, wenn die Sonne einen dazu regelrecht aufforderte. Frühstück ohne die Notwendigkeit des Auftritts vor der Gemeinschaft. Das Gefühl der Vorfreude, das Catiena fast verlassen hatte, als sie die Neuigkeit der Leere des Hauses vernommen hatte, kehrte mit unverminderter Stärke zurück. Eine Gelegenheit zur Selbstfindung, wie sie vielleicht nie wieder kehren würde. Das Lächeln in ihrem Gesicht wurde größer, für jemand Außenstehenden ohne erkenntlichen Grund. Sie nickte beflissentlich gen ihrer Gesprächspartnerin und nahm sich eine weitere Olive, um ihren noch immer präsenten Hunger weiter nieder zu ringen.
Beeindruckt und mit offenem Staunen und wohl auch Neid lauschte sie indes der Germanica. "Zwei Senatoren", wiederholte sie leise. "Ja, es wird vornehmlich um Politik gehen. Wenn Männer die Wahl haben entscheiden sie sich entweder für Frauen oder Macht." Catiena grinste schelmisch. "Und je älter sie werden desto mehr tendiert es zu letzterem." Ihr Grinsen wurde zu einem leisen Kichern, dann lenkte sie wieder ein. "Gerne würde ich Dich zu den Thermen begleiten. Oh, so viel hörte ich von ihnen und doch erhielt ich nie die Gelegenheit dazu. Unser Hof war zu weit entfernt, als das eine Reise um des Badens willen gelohnt hätte. Und der Tiberis war zu kalt." Die junge Frau schüttelte sich demonstrativ. "In der Thermen wird also viel erzählt, ja? Das macht mich umso neugieriger. Vielleicht kannst Du mir dann auch etwas von Deinem Verlobten berichten. Ein Centurio der Prätorianer...", Catiena ließ den Satz offen, doch die Betonung ihrer Worte unterstrich deutlich ihre Bewunderung nicht nur für diese Stellung, sondern auch für den Mann dahinter und über ihn Calvena. "Ein Mann des Militärs?", fragte sie. -
Die Freude, welche Serrana über das kleine Geschenk empfand, übertrug sich auch auf Catiena, was sich in einem fröhlichen Lächeln widerspiegelte, dem sich ein Hauch Erleichterung beifügte. Sie hatte schon befürchtet, in den Präsenten der anderen Damen unter zu gehen, doch es erwies sich als unbegründet. Nicht der tatsächliche Wert spielte die entscheidende Rolle, sondern der Gedanke dahinter, so erschien es der Octavia. Und derer hatte sie sich reiflich gemacht, soweit sie das konnte. Beeindruckt betrachtete sie die wundervoll gearbeiteten Tuniken von Calvena, das Köfferchen mit dem herrvoragend ausgestatteten Ensemble aus Kosmetika und nicht zuletzt die Flakons, die Serrana von einer Dame überreicht wurden, die man ihr kurz darauf als Aurelia Prisca vorstellte. Aurelia, den Namen hatte sie bereits vernommen, schon außerhalb von Rom. So unauffällig, aber zugleich so eingehend wie möglich betrachtete sie die Frau. Sie besaß ein scharf gezeichnetes Gesicht von schier absoluter Ebenmäßigkeit, dem eine ganz eigene, würdevolle Schönheit innewohnte. Den Augen besaßen einen Glanz, der schon fast etwas Stechendes hatte, ohne indes unangenehm zu wirken, kündigte er doch nur von einem wachen Verstand und angemessenem Stolz. Catiena war unwillkürlich beeindruckt von ihrer Präsenz, die sie in gewisser Weise als Autoritär empfand, ohne jedoch erdrückend zu wirken. Man mochte ihr sicher widersprechen, aber Empfindungen waren selten rational. Ganz anders hingegen nahm sie Tiberia Septima wahr, die man ihr ebenfalls namentlich vorstellte. Es gelang Catiena nur schwer, sie einzuschätzen. In gewisser Weise fiel ihr das Adjektiv "frech" in den Sinn, doch ohne eine negative Behaftung. Vielmehr unterstrich es die Lebenslust und die Energie, welche die Octavia der Dame anrechnete. Besonders bemerkenswert empfand Catiena die großen Augen Septimas, die jeden Blick zwangsläufig auf sich zu ziehen schienen. Betont wurden sie noch von der hellen Haut, die beinahe noch weißer wirkte als jene Calvenas - jedoch nur beinahe. Ein scharfer Kontrast indes stellten die vollen, roten Lippen da. Einem Mann mochten sie eine Ablenkung sein, Catiena indes, welche sichere andere Maßstäbe der Bewertung anlegte, waren sie lediglich eine weitere Unmalung ihrer Schönheit.
Die junge Römerin ließ sich schließlich zusammen mit den Anwesenden an dem langen Tisch nieder. Ihre Füße dicht zusammen gestellt, ihre Hände zunächst gefaltet, noch immer als Zeichen ihrer Nervösität, die sich nur langsam zu lichten begann, griff sie schließlich nach den Krügen, welche die Magd gereicht hatte und begann sich ihren viertelsgewässerten Wein in einen Becher zu füllen. Sie hoffte im Stillen, das Getränk möge sie etwas beruhigen und vielleicht lockern. Weshalb sie derart unruhig war, erschloss sich ihr nicht völlig. - Im Grunde schon, sie wollte es jedoch nicht einmal sich selbst gegenüber eingestehen, das sie annahm, der Gesellschaft rhetorisch und in der Würde nicht gewachsen zu sein.
Catiena kam nicht dazu, sich dieser Gedankengänge weiter anzunehmen, als sie schon angesprochen wurde. Septima richtete das Wort an sie und erkundigte sich nach ihren Verwandtschaftsverhältnissen zu Macer. Die gleiche Frage wie bei Calvena. Innerlich musste sie grinsen. Macer schien eine beeindrucke Persönlichkeit zu sein, wenn alle stets sofort auf ihn zu sprechen kamen. "Vielen Dank, Septima, ich fühle mich wirklich geehrt, hier zu sein. Und um Deine Frage zu beantworten, ich bin seine Cousine", antwortete sie sofort und stellte sich schon mit diesen Worten in gewisser Weise hinter ihn. "Aber es ist viel zu lange her, ihn gesehen zu haben. Ich fürchte fast, er wird mich kaum erkennen. Allerdings ergeht es mir da nicht anders. Zu viel Zeit ist vergangen, das ich ihn sah, bevor meine Erinnerung wirklich anfing, einprägsam zu werden. Nicht nur äußerlich, sondern auch der Charakter...", sie stoppte sich und gemahnte sich selbst, nicht in einen Redeschwall auszubrechen, bevor sie hinzufügte: "Wir werden uns einfach neu kennen lernen müssen."
Sie lächelte und wandt ihren Kopf leicht, um nun einer Frage Aurelia Priscas ihrer Aufmerksamkeit zu widmen, die gänzlich anderer Natur war. Catiena hob ihre Stimme etwas, einerseits in einem Hauch von Stolz, derart offen empfangen zu werden, aber auch, um niemandem ihre Antwort vorzuenthalten: "Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Prisca. Calvena hat mir schon viel von Dir berichtet - wie von allen hier." Catiena lächelte zutiefst dankbar gen der Germanica, die sich ihrer angenommen hatte. "Bisher habe ich meine Heimat einen Hof im Norden Roms genannt, zwei Tagesmärsche entfernt am Ufer des Tiberis. Eine schöne Landschaft, doch weit Abseits der lebendigen Zivilisation. Es war... ruhig dort." Catiena nickte, um ihre Worte zu unterstreichen. "Daher kann ich zu meinem Bedauern auch wenig Neues berichten. Das Leben auf dem Land läuft sehr geregelt ab, die Abwechselung ist schön, aber kontrolliert. Mein Vater spricht oft davon, dass nur ein Bauer oder ein Soldat ein wahrer Römer sei. Er hat sich für ersteres entschieden, wenn die Arbeit auch natürlich die Sklaven verrichten. Er erwähnte einige neue Techniken im Anbau von Feldfrüchten, aber ich habe dabei kaum zugehört. Aber ich kann wohl sagen, dass man prophezeit, die Ernten in den nächsten Jahren würden sehr gut ausfallen." Ein wenig fühlte sich Catiena hilflos, das sie nur solch im Grunde kaum Nennenswertes zu berichten hatte, aber sie schluckte es unter und sprach einfach weiter: "Was ich über Rom zu sagen weiß, ist nur, das man auf dem Land davon spricht, dass es langsam wieder zu einer Einkehr guter Sitte kommen soll." -
Catiena kam es fast ein wenig surreal vor, aber nur fast. Bis vor wenigen Tagen noch hatte sie auf einem Hof auf dem Land gelebt und nun war sie in Rom auf dem Weg zu einer Taverne, wo sie im Kreise hochgeborener Damen einen Geburtstag und einen Abschied vom Dasein einer Junggesellin feiern würde. Als Calvena, die ihr seit der Ankunft in der Stadt als Vertraute zur Seite stand, ihr eröffnet hatte, dass die Feier in einer öffentlichen Taverne stattfinden würde, war Catiena sehr überrascht gewesen. Sie hatte mit einer Villa, einer Casa oder einer angemieteten Räumlichkeit gerechnet. Nicht, dass sie etwas gegen die Lokalität hatte, es war ihr lediglich sehr ungewohnt erschienen. Vielleicht eine neue Mode in Rom - wenn es jemand nicht wissen konnte, dann wohl sie.
Stunden, eine ganze Nacht - oder waren es mehrere? - hatte sie überlegt, welches Präsent sie der Dame machen konnte, dem dieser Tag und diese Feier gewidmet waren: Iuna Serrana. Das sie dieser noch nie begegnet war, machte eine Wahl nicht leichter, doch nach ausgiebiger Suche auf den Märkten der Stadt war Catiena am Ende doch fündig geworden. Eine Möglichkeit, eine Freude zu machen, die sowohl ihr selbst gefiel, wie auch ihre Mittel nicht sprengte...
Aufgeregt und mit klopfendem Herzen lauschte sie auf dem Weg zur Taverna Apicia den Worten Calvenas und nickte gelegentlich eifrig, um zu verdeutlichen, dass sie ihr zuhörte. Angesichts der Bedeutung des Tages hatte Catiena ihre braunen Haaren in Kleinstarbeit zu feinen Locken verarbeiten lassen und sich für das Tragen einer in dezentem gelb gefärbten Tunika entschieden, deren Saum von einem wellenförmigen Muster geziert war.
"Ich freue mich schon sehr darauf, sie alle kennen zu lernen", antwortete sie Calvena auf ihre Ausführungen ihre Freundinnen betreffend. Wirklich folgen können hatte Catiena ihr nicht, zuviele Hochzeiten, zuviele Querverweise, doch nun kannte sie einige Namen und so mancher hatte einen mehr als edlen Klang. In Catienas Augen blitze es gespannt auf, doch zugleich war es nicht schwer, ihr ihre Nervösität und Aufregung anzusehen, besonders, als ihre Begleiterin die Vestalin erwähnte. Sie fiel schließlich in das Lachen Calvenas mit ein und schmunzelte. "So bilde ich denn den Gegenpol. Ich hoffe nur, ich werde mir all diese Namen merken können in so kurzer Zeit." Sie kicherte leise, um ihr Lampenfieber zu überspielen, als die Taverne schließlich in das Blickfeld beider Frauen geriet. Die Fassade war einladend, kunstvoll gestaltet und auch das Innere, welches Catiena kurz darauf erblickte, entsprach durchaus ihrem Geschmack. Dezente Akzente gepaart mit einem künstlerischen Sinn für Ordnung und Reinlichkeit. Ideal...
Zusammen mit Calvena schritt sie auf einen langen, gedeckten Tisch zu, an dem bereits eine junge Frau saß, deren Gesichtszüge so feminin weich gezeichnet waren, wie Catiena es zuvor noch nicht gesehen hatte. Sie wartete geduldig, wenn auch mit klopfendem Herzen, bis Calvena sie vorstellte. Lächelnd trat sie einen Schritt auf Serrana zu: "Es ist mir eine Freude, Deine Bekanntschaft zu machen und ich gratuliere Dir auf das Herzlichste zu Deinem Geburtstag. Auch möchte ich mich bedanken, das ich hier dabei sein darf. Calvena hat Recht darin, dass es in der Casa Octavia sehr still ist und gerade eine Gelegenheit wie diese versüßt einem viele Augenblicke."
Catiena verneigte den Kopf dankend und zog schließlich ihre Hand hervor, in welcher sich ein kleines, in Leinen eingewickeltes Päckchen befand. "Ich hoffe, Dir hiermit eine kleine Freude machen zu können."
Sie reichte Serrana das Päckchen, in dessen Inneren sich eine Spange zum Fixieren einer Tunika oder Stola befand, gefertigt aus Kuper mit silbernem Überzug. Die Darstellung eines Weinblattes zierte die Oberfläche des schimmernden Metalls.
Catiena trat einen Schritt zurück und stellte sich unwillkürlich halb hinter Calvena, um in ihrem Schatten nicht allzu auffällig zu wirken. Schon wenige Augenblicke später kamen weitere Gäste. Allen schenkte Catiena ein freundliches Lächeln und nickte ihnen zu. Eine der Damen führte einen bullig aussehenden Sklaven mit sich, der sie für einen Augenblick beinahe zusammen zucken ließ, bis sie sich gewahr wurde, dass die Gladiatoren noch weitaus beeindruckender aussehen konnten - aus der Nähe.
Die junge Römerin wandte sich schließlich der Schankmagd zu, einer dicklichen, untersetzen Frau und äußerte ihren Wunsch nach einem viertelsgewässerten Wein. -
Es war eine sehr gute Frage und Catiena musste sich eingestehen, in ihrem bisherigen Leben wenige Augenblicke einer Beantwortung geschenkt zu haben. Hatte sie Pläne? Sie musste es verneinen. Auf dem Land war man stillschweigend darüber hinweg gegangen, hatte kaum ein Wort über die Zukunft verloren. 'Verwaltung des Hofs' hatte stets ungenannt im Raum gestanden. Was blieb ihr auch sonst? Catiena war nicht übermäßig religiös, wenn sie auch fest an die römischen Götter glaubte in all ihren Formen und Ausprägungen. Sie neigte jedoch dazu, sie nur dann anzusprechen oder sich ihrer zu widmen, wenn es gerade zwingend notwendig war. In den Tagen ihrer Kindheit hatte sie oft gesagt, die Götter seien zu beschäftigt, um ihr zuzuhören. Ihre Mutter hatte stets gelächelt, der Vater so lange die Geduld bewahrt, bis er es an der Zeit fand, dass seine Tochter einmal wieder ihrer Schuld gegenüber dem höheren Wesen nachkam.
Letztendlich war jedes Gespräch und jeder Gedanke über die Zukunft einer Illusion geschuldet. Catiena wusste, was sie war: Ein Pfand. Eine Möglichkeit zum politischen Arrangement mit einer anderen Familie. Sie hatte sich nie besonders darum gekümmert, war es doch in vermeintlich weiter Ferne, das sie plötzlich vor dem Traualtar stehen würde. Sie hatte sich immer einen Teil ihrer kindlichen Unschuld bewahrt und damit einhergehend auch ihrer Naivität. Calvenas Frage brachte sie daher fast völlig aus dem Konzept. "Ich..., nun ich...", begann sie zögernd und griff nach ihrem Becher, als wäre dieser ein Halt, etwas, das ihr Sicherheit verleihen könnte. Bevor sie zu einer Antwort ausholte, die im Grunde verriet, das sie keine Ahnung hatte, entschied sie sich, eine offene Antwort zu geben, die noch genügend Spielraum für Interpretationen gab: "Ich bin nach Rom gekommen, um diese zu finden. Der Weg hierher war sozusagen der erste Schritt auf der Route meiner Pläne."
Sie lächelte entwaffnend und kam sich ob ihrer Worte zugleich ausgesprochen dumm vor. Um eine peinliche Situation zu vermeiden, fuhr sie direkt im Anschluss fort: "Ich bin neugierig ob dem Geschehen in der Welt. Politik mag einer Frau nicht in Gänze stehen, aber es ging immer eine gewisse Faszination davon auf mich aus, vielleicht ein Erbe meines Vaters. Womöglich wird es mir gegeben sein, Macer auf seinem Weg durch den Cursus Honorum zu unterstützen. Das wäre eine reizvolle Aufgabe und ein Grund mehr, mich auf seine Rückkehr nach Rom zu freuen." Das klang gut, beschloss Catiena, auch, wenn es ihr gerade erst in den Sinn gekommen war.
Der Blick der jungen Frau folgte Calvenas und sie bewunderte den Ring an ihrem Finger. Ein bemerkenswertes Schmuckstück, fein gearbeitet und von handwerklich hoher Kunst. Die Art, wie Calvena den Ring betrachtete, wie sie ihn trug, ließ für Catiena nur einen Schluss zu - sie musste nicht fragen, um ihn bestätigt zu bekommen. Und trotzdem sie mit den Worten zur Hochzeit gerechnet hatte, entzückte es sie förmlich und ein Gefühl des Neids beschlich sie tief in ihrem Inneren, welches jedoch von der folgenden Einladung hinfort gefegt wurde. Catiena starrte ihre Gegenüber förmlich an, bevor sie in die Hände klatschte und leise jauchzte. "Eine Hochzeit und Du lädst mich ein? Mir fehlen die Worte meiner Dankbarkeit angemessen Ausdruck zu verleihen. Ich fühle mich geehrt und werde natürlich kommen. Vielen Dank."
Ein kleiner Teil von Catiena hätte Calvena am liebsten umarmt, doch sie hielt sich selbstverständlich bescheiden zurück. So schnell würde sich eine Chance ergeben, in die römische Gesellschaft zu kommen und überdies eine..., nein, zwei prunkvolle Hochzeiten zu erleben. Das versprach ein rauschendes Fest, Emotionen und Aufregung. Schon jetzt fühlte die junge Frau das Kribbeln der Vorfreude sie erfassen. Calvena noch immer strahlend ansehend, sagte sie schließlich: "Fast hätte ich es vor Aufregung vergessen, Dir meine herzlichsten Glückwünsche zum Ausdruck zu bringen. Wer ist der Mann, der Fortuna danken sollte für Dich?" -
Catiena lauschte ruhig den Worten ihrer Gegenüber, während sie sich langsam eine Olive auf der Zunge zergehen ließ. Der Hunger in ihrem Magen beherrschte sie nach wie vor, doch sie schenkte diesem keine Beachtung, viel zu sehr war sie auf das Gespräch und Calvena fixiert. Auch, dass die Sklaven begannen, die Casa wieder zu einem Ort zu machen, dem Leben inne wohnte, nahm sie nicht weiter wahr. Stattdessen griff sie nach ihrem Wein und trank einen kleinen Schluck, was zu ihrer eigenen Überraschung ein leichtes Gefühl der Wärme in ihr aufsteigen ließ. Sie stellte den Becher wieder auf den Tisch und nahm sich an seiner statt ein Stück Brot, doch noch bevor sie hinein biss, setzte sie zu ihrer Antwort an auf die Frage nach der Verwandtschaft: "Lass mich einen Augenblick überlegen", begann sie und rief sich das Abbild eines Stammbaums vor ihr geistiges Auge. Einen langen Moment saß sie schweigend da, wiederholte in Gedanken Namen und legte Querverweise, wer mit wem in welcher Beziehung stand. Schließlich fuhr sie fort, wenn auch mit einer leichten Unsicherheit in der Stimme: "Mein Großvater, Cicero Octavius Anton, ist ein Bruder des Großvaters von Macer, Appius Octavius Magnus. Sodenn ich es richtig verstanden habe, bedeutet dies, dass er mein Großcousin ist." Nun war es an Catiena, entschuldigend zu lächeln. "Den Ordo Senatorius, ein Ziel, das zu erreichen man keinem ehrgeizigen Mann verdenken kann. Und ehrgeizige Männer gibt es in den Reihen der Octavier einige." Sie schmunzelte und biss nun in ihr Brot zusammen mit einem kleinen Stück des Käse.
Noch während sie beides unterschluckte, vollführte sie mit der Hand eine zustimmende Geste. "Und Du hast Recht, es wäre vernünftig gewesen, vor meiner Ankunft hier Briefkorrespondenz zu halten, sodass ich mehr gewusst hätte. Ich war jedoch zu ungeduldig gewesen. Und ein Bote wäre auch von Vorteil gewesen. Fast sehe ich mich zu einer Entschuldigung gezwungen...", sie lächelte strahlend, "aber nur fast, denn Fortuna stand mir bei und so konnte ich Deine Bekanntschaft machen."
In ihre braunen Augen mischte sich noch ein Ausdruck der Dankbarkeit und Catiena ließ ein kurzes Neigen des Kopfes folgen. "Ich danke Dir vielmals für Deine Hilfe und hoffe, mich eines Tages revanchieren zu können. Ich ahnte, das Rom anders ist, als ich es erwartete. Schon die die ersten Schritte durch das Stadttor ließen Bilder zergehen und doch veränderte sich nichts hin zum Schlechten, es wurde nur", Catiena suchte einen Moment nach dem richtigen Wort, "verändert, was ich erwartete. Enttäuschung indes ist mir fremd. Man muss die vielen kleinen Details wahrnehmen um den Zauber vollends zu verstehen. Und auf diese Erfahrungen hoffe ich in großer Zahl."
Vielleicht, so dachte sich die junge Frau, war es ein noch größerer Glücksfall, Germanica Calvena angetroffen zu haben, als sie es bisher gedacht hatte. Nicht nur, dass sie ihr die Türe geoffnet hatte, sie konnte womöglich weitere für sie aufschließen. Mehr, als dies so mancher ihrer Verwandten vermocht hätte. Nicht, weil diese nicht wollten oder konnten, sondern wer weiß schon, wen sie angetoffen hätte. Ein alter Mann wäre kaum zu begeistern gewesen für lange Ausflüge durch die Straßen der Stadt. Catiena nahm sich vor, die Hilfe in jedem Fall zur Gänze anzunehmen, sie konnte es brauchen; ebenso wie sie gedachte, sich erkenntlich zu zeigen. Wie, das wusste sie noch nicht, aber es würde sich etwas finden.
Die nächste Frage Calvenas empfand Catiena nicht als überraschend, hätte sie doch das gleiche gefragt, doch sie sammelte sich einen Augenblick, bevor sie antwortete. Wenn sie über sich selbst reden konnte, passierte es gelegentlich, dass sie in einen unkontrollierten Redeschwall geriet, den sie ihrer Gesprächspartnerin nicht antun wollte.
"Meinen Namen kennst Du ja", begann sie leise lachend. "Mein Vater ist Aulus Octavius Avitus, Mitglied des Ordo Senatorius, meine Mutter die Dame Furia Fausta. Beide waren sie nicht begeistert davon, dass ich so hastig aufbrach. Es war eine Entscheidung, die ich über Nacht traf. Schon lange wollte ich nach Rom, doch bisher gelang es meinen Eltern stets, mich davon abzuhalten. Sie sagten, die Stadt verändere einen, oft nicht zum Guten. Der Blick auf das Einzelne ginge verloren, auf das Schöne im Einfachen und Kleinen. Zuviel Angebot gäbe es in Rom, zu viele Verlockungen, die dazu führen, immer mehr und mehr zu wollen." Catiena zuckte etwas mit den Schultern und trank wieder einen Schluck. "Ich glaube Ihnen, aber mein Wille war stärker. Mit der Adresse der Casa brach ich auf. Es sind zwei Tagesmärsche vom Landhaus meines Vaters bis nach Rom. Ich verbrachte dort, bis auf die wenigen Besuche in sehr jungen Jahren, meine ganze Kindheit. Sie war unbeschwert, doch auch... in gewisser Weise langweilig. Eines Tages kennt man selbst die Geheimnisse des letzten Sklaven vom Hof, es gibt nichts Neues mehr. Vielleicht vernahm ich deshalb den Ruf des Forums so laut." Sie lachte wieder und beugte sich etwas vor zu Calvena, um in einem gespielt verschwörerischen Ton zu sagen: "Insgeheim fanden sie meinen Aufbruch wohl auch ganz gut. Mein Vater ob der Aussicht, dass ich die Welt kennen lerne, denn tief in seinem Herzen ist er ein Mann der Politik und meine Mutter sieht die Möglichkeit, dass ich mich in Rom binden könnte, noch bevor die Gens etwas arrangiert. Sie ist eine hoffnungslose Romantikerin." Catiena schmunzelte und lehnte sich wieder zurück, sah Calvena neugierig an. "Darf ich fragen, was Deine Tage in Rom füllt?" -
Catiena ließ sich von dem Sklaven in das nicht übermäßig prachtvoll, aber luxuriös eingerichtete Atrium der Casa Octavia führen. Mit sichtlicher Neugierde sog sie jedes Detail des Raumes in sich auf, beginnend von der Musterung des Bodens bis hin zur Zahl der aufgestellten Büsten. Ihr fiel sofort auf, dass dem ganzen Gebäude etwas fehlte. Es war die Essenz des Lebens, welches hier nicht pulsierte. Nicht nur die Tücher, die viele der Kunstwerke bedeckten und vor Staub schützen sollten, hinterließen einen Eindruck der Verlassenheit, sondern es war auch ein Gefühl der Leere, welches durch die Luft zu schweben schien. Hier wurde nicht gelacht, noch gestritten oder gar geliebt. Der Ort war wie erstarrt - und doch bewegte sich etwas, was nicht die Sklaven waren.
Die junge Frau wurde aus ihren Gedanken und Eindrücken gerissen, als der Sklave sie bat, Platz zu nehmen. Eine Aufforderung, der sie nur zu gerne nachkam. Kaum, da sie auf der steinernen Bank saß, spürte sie eine Welle der Entspannung durch ihre müden Glieder fließen. Die Aufregung, in Rom angekommen zu sein, wisch allmählich einem Gefühl der angenehmen Erschöpfung. Etwas ungehalten strich sie sich wieder ihre Haarsträhne hinter das Ohr und sah dem Sklaven nach, der davon eilte, um die Dame zu unterrichten, die in Abwesenheit ihrer Verwandten das Haus kontrollierte.
Catiena sah zu Boden und wippte leicht mit den Füßen, um zu testen, wieviel Gefühl sie noch in den Sohlen hatte. Nach kurzer Zeit empfand sie es als ausreichend, es war ja keine Weltreise gewesen. Mit flinken Bewegungen ihrer Hände befreite sie sich ein wenig aus dem Reiseumhang, löste seinen straffen Sitz für etwas mehr Bewegungsspielraum.
Es verging kaum die Zeit einiger Atemzüge, so schien es Catiena, da trat ein weiterer Sklave an sie heran und reichte ihr einen Becher Wasser. Behände ergriff sie das Gefäß und zwang sich, das klare, kühle Nass in langsamen Schlücken zu genießen. Zunächst benetzte sie ihre Lippen, ließ erste Tropfen ihre Kehle hinab rinnen, bis schließlich der Durst jede Vernunft und Gravitas hinfort spülte. Catiena stürzte sich den Inhalt des Bechers förmlich hinab und reichte ihn schließlich dem sie verdutzt ansehenden Sklaven zurück. "Einen weiteren Becher, Herrin?", fragte er zurückhaltend, doch die junge Frau schüttelte den Kopf. "Nein, das sollte vorerst genügen." Sie war sich fast sicher, dass es gleich weitere Getränke zur Auswahl geben würde und auch weitaus bessere als reines Wasser. Das Drängenste war bekämpft worden, nun würde sie ihrer Stimme ohne Anstrengung den gewohnten Klang verleihen können.
Der Sklave mit dem Becher zog sich stumm zurück; allein war Catiena indes jedoch nicht. Nur Augenblicke später kehrte der Ianitor zurück und teilte ihr nicht nur mit, dass die Dame Calvena sie empfangen würde, sondern erkundigte sich auch nach weiteren Wünschen. 'Ein Bad', platzte es ihr fast heraus, doch stattdessen wunk sie nur abwehrend mit der Hand und stellte einen Gesichtsausdruck vollster Zufriedenheit zur Schau, was den Sklaven veranlasste, sich wieder seiner Aufgabe an der Porta zu widmen.
Octavia Catiena hatte sich inzwischen erhoben, um angemessen der angekündigten Dame entgegen treten zu können, die auch nicht lange auf sich warten ließ. Ein herzliches und ehrlich gemeintes Lächeln glitt über ihre weichen Gesichtszüge, als die Dame sich als Germanica Calvena vorstellte. Da ihr eigener Name schon in der Begrüßung gefallen war, verzichtete sie indes auf eine weitere Vorstellung ihrerseits. Überrascht und in gewisser Weise auch mit Neid hatte Catiena die helle, ja fast weiße Haut Calvenas bewundert, die ihre natürliche Schönheit noch unterstrich. Sie selbst kam sich im Vergleich fast dunkelhäutig vor.
"Salve", erwiderte Catiena schließlich. "Ich bedanke mich für die herzliche Begrüßung. Es ist mir eine außergewöhnliche Freude, Deine Bekanntschaft machen zu dürfen. Als man mir an der Türe sagte, das kein Octavier in der Casa weile zur Zeit, befürchtete ich schon, meine Reise völlig umsonst getan zu haben, soweit man das bei Rom denn sagen kann." Sie lachte leise und wurde dann etwas ernster. "Ein Tribunat in Misenum? Ich fühle mich schrecklich uninformiert. Vermutlich weist Du gar mehr über meine Gens denn ich selbst." Das Schmunzeln in Catienas braunen Augen verstärkte sich wieder und sie nahm auf die Einladung hin Platz, strich in einer fließenden Bewegung ihre Tunika dabei glatt. Ihr Blick wanderte sehnsüchtig zu dem Essen und fast vermeinte sie ihren Magen grummeln zu hören, sie mahnte sich aber zur Zurückhaltung und ergriff zunächst lediglich eine Olive und ein Stück Käse.
"Nach Rom führt mich mein Wunsch, in dieser Stadt zu sein", begann sie schließlich ihre Antwort, "kein besonderes Anliegen. Viel zu lange war ich diesem Ort fern, ich kann mich an einen vorherigen Besuch nicht einmal bewusst entsinnen. Es war der Ruf des Forums, der mich hierher lockte." Catiena lächelte verlegen. "Das muss sehr verträumt klingen."
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich für einen Moment auf den Sklaven und sie trug ihm auf, den Wein zu 2/3 mit Wasser zu verdünnen. Dann sah sie wieder zu Calvena, wobei sich ihre Haltung zunehmend zu entspannen beginn, einerseits ihrer Erschöpfung wegen, als auch, dass ihr Gegenüber ihr sofort symphatisch erschien. Sie nickte zustimmend. "Ja, das würde ich gerne tun, so kann ich auch darlegen, dass ich mich darauf freue, ihn hier in Rom anzutreffen." Sie biss schließlich in den Käse und kaute genüßlich auf dem Stück herum. Wenn man wirklich Hunger hatte, war die einfachste Mahlzeit eine Wohltat. "Ich hoffe, ich komme nicht allzu ungelegen?", erkundigte sie sich. -
Überrascht sah Catiena den Sklaven an, die Enttäuschung in ihrem Gesicht kaum verbergen könnend. Niemand aus ihrer Gens war anwesend, das war eine unerwartete und äußerst unangenehme Eröffnung. Schon sah die junge Frau all ihre Hoffnungen zerplatzen, sich rasch der Gesellschaft anschließen zu können. Ein leises Seufzen von sich gebend, wurde sie sich erst nach einigen Augenblick der zweiten Aussage des Sklaven gewahr. Die Vertretung der Casa. Keinesfalls würde man das Haus nur der Kontrolle des Major Domus überlassen haben. Vielleicht ein glücklicher Zufall, just in diesem Moment eingetroffen zu sein. Sie nickte eifrig und verdrängte alle düsteren Gedanken, zu ihrem Lächeln zurückkehrend, das ihrer guten Laune Rechung trug.
"Ja, das möchte ich", krächzte sie und wurde wieder einmal an ihren Durst erinnert. Sie zwang sich, trotz ihrer staubtrockenen Kehle zu schlucken und ihrer weichen, hohen Stimme wieder den gewohnten Klang zu geben. "Ja, das möchte ich", wiederholte sie und fuhr fort: "Erkundige Dich, ob sie mich zu empfangen bereit ist."
Im Grunde ging Catiena davon aus, aber absoluter Sicherheit gab sie sich nicht hin. Sie trug zwar einen edlen Namen, war aber selbst niemand von Rang. Calvena..., in ihr wurde keine Erinnerung wach. -
Catiena vernahm die Schritte hinter der Tür bereits, bevor das leise knarrende Geräusch ertönte, mit welchem sich die Holztür in ihren Angeln in Bewegung setze. Unwillkürlich versteifte sie ihre Haltung etwas in Erwartung eines Verwandten, doch der Anblick eines Sklaven ließ ihre Anspannung der Ernüchterung weichen. Natürlich ein Sklave, wie kam sie nur auf den Gedanken, ein Mitglied der Gens persönlich könne die Tür öffnen.
Dennoch, ihre Haltung tadellos bewahrend, schenkte sie dem Mann ein seichtes Lächeln. Bereits an seiner Kleidung, seinem Auftreten, ja sogar dem Ausdruck in seinen Augen konnte man deutlich seinen Stand erkennen. Catiena war nie beste Menschenkennerin gewesen, doch manches, das man von Kindesbeinen aus lernte, verinnerlichte man fast bis zu einem Instinkt.
Sie setze zu einer Antwort an, als sie merkte, dass ihre Kehle staubtrocken war. Es musste eine kleine Ewigkeit her sein, da sie etwas getrunken hatte, die Aufregung über die Ankunft in Rom hatte sie ihren Durst vergessen lassen. Fast unhörbar räusperte sich, um ihre Stimme zurück zu gewinnen und sagte schließlich: "Mein Name ist Octavia Catiena und ich möchte meine Verwandten hier in Rom besuchen." -
Rom. Endlich war sie da. Hier, wo das Zentrum der Welt lag. Schon aus der Ferne hatte sie der Anblick der Stadt schier überwältigt. Eingerahmt von der mächtigen Stadtmauer, lag sie auf den sieben Hügeln, ein Monument der Macht, wie nur Römer es hatten entwerfen können.
Die letzten Schritte bis zum Tor war Octavia Catiena förmlich gerannt, der Vorfreude und Aufregung völlig erlegen, diesen Ort nun erreicht zu haben, den zu besuchen sie schon so lange entgegen fieberte. Sie hatte sich fest vorgenommen, jeden Tempel, jedes Theater und jedes öffentliche Gebäude zu besichtigen, zu dem sie Zugang haben würde. Doch noch wichtiger als dies waren die Menschen, mit welchen sie hoffte Umgang zu pflegen. Mächtige Senatoren, Männer des öffentlichen Lebens, welche die Geschichte dieser Tage schrieben. Und natürlich Offiziere der Legionen, welchen Catiena allerdings mehr der Erzählungen von fernen Ländern und aufregenden Abenteuern wegen gespannt entgegen sah. Doch waren es nicht nur die Männer, sondern auch die Damen, deren Bekanntschaft zu machen sie kaum abwarten konnte. Viel hörte man, von Intrigen und frivolen Lebenstilen, Empfängen in Villen, die jeden ihr bekannten Luxus überstiegen - das all dies nicht der Tatsache entsprechen mochte, sondern vielmehr einer Aneinanderreihung von Gerüchten entsprang, wusste die junge Frau natürlich, die man fast noch ein Mädchen nennen konnte, tief in ihrem Inneren. Doch war sie viel zu beeindruckt und erfüllt von Vorfreude, um dieser leisen Stimme irgendeine Beachtung zukommen zu lassen.
Beinahe wäre sie vom Stadttor auf direktem Wege zum Forum Romanum gegangen, jenem Puls des Imperiums, der für jeden Römer weit mehr war als nur ein Ort. Catiena hatte zahllose Stunden damit verbracht, sich erklären zu lassen, wie man das Leben auf dem Forum fühlen konnte, den Atem der Geschichte, Nachwehen großer Ereignisse - und natürlich auch das Heute. Die Stimmung auf dem Forum sollte die Stimmung im ganzen Imperium widerspiegeln, hatte man ihr gesagt. Sie würde es bald wissen, wie es um die Welt stand, doch vermutlich würde selbst der bevorstehende Untergang eben dieser ihre gute Laune nur mäßig trüben können.
Von einem letzten Funken Vernunft und auch streng anerzogenem Anstand getrieben, hatte sie sich schließlich bis zur Casa Octavia durchgefragt. Hier, so hoffte sie, würde sie bis auf weiteres eine Unterkunft finden, im Schoß ihrer Verwandten. Wer von ihnen dieser Tage in der Stadt weilte, das wusste sie nicht. Überhaupt war sie kaum vorbereitet, ihr Aufbruch mehr die Folge von Ungeduld denn Planung gewesen. Sie hatte Rom einfach sehen müssen. Und nun war es soweit.
Fast schon zögernd klopfte Catiena an das große Holztor, prüfte derweil noch einmal den Sitz ihrer hellbraunen Haare. Ihre grazilen Finger fanden eine lose Strähne, die sie rasch hinter das linke Ohr schob. Die lange Reise schien ihre Spuren hinterlassen zu haben, vermutlich sah sie erschöpfter aus, als sie sich fühlte. Mit einem Schmunzeln ob des Eindrucks, den sie hinterlassen musste, strich sie mit einer Hand über den ihren schmalen Körper umgebenden, hellbraunen Umhang und die darunter liegende, weiße Tunika. Es war in diesem Moment nicht wichtig, sie war in Rom, das war es, was zählte. Sobald sie Anschluss gefunden hatte, aufgenommen worden war in diese bewundernswerteste Gesellschaft der Welt, würde sie sich in Schale werfen können, um daran teil zu haben. Neugierig richtete sie ihre volle Aufmerksamkeit auf das Tor vor sich, ungeduldig wartend, wer ihr wohl öffnen würde... -
Ich bedanke mich vielmals, sowohl für das Lob, als auch für die Aufnahme in die Gens Octavia.
Allerdings muss ich gestehen, das sich mir noch entzieht, wo man auf das PN-System zugreift.
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Ich hätte dem Namensgenerator doch nicht den Vorschub gegenüber einem Durchsuchen der Namensliste geben sollten. :-/
Wie dem auch sei, würde ich dann bitten, den Namen "Cestia" durch "Catiena" zu ersetzen.
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Hallo allerseits,
somit stelle ich nun meine Anmeldung ein. Da ich im Vorfeld einige Stunden damit verbracht habe - gefühlt zumindest - mich mit dem Regelwerk, sowie anderen Anmeldungen auseinander zu setzen, hoffe ich, im Folgenden einige Fragen vorab beantworten zu können, um einen weitesgehendst reibungslosen Auflauf gewährleisten zu können.
Zunächst die von mir gewünschten - und freilich erhofften - Eckdaten meiner ID:
Stand: civis
Gens: Octavia
Name: Octavia Cestia
Wohnort: RomaIch habe in meiner Anmeldung bereits einen Gensnamen angegeben. Ich hoffe, in die Gens Octavia aufgenommen zu werden, falls nicht, so ändert die Spielleitung den Namen nachträglich, nehme ich an?
Jetzt einige Antworten auf Dinge, die so gefragt wurden:
Weiß ich, dass es ein auf Text basierendes Rollenspiel ist und habe ich damit Erfahrung?
- Ja, das weiß ich. Ganz ohne bunte Knöpfchen und graphische Elemente. Und Erfahrung habe ich einige, vornehmlich aus Chatrollenspielen, doch hoffe ich, den Erwartungen hier gerecht zu werden.Kann ich Latein und wieviel weiß ich über die römische Antike?
- Nein, ich kann kein Wort Latein, außer dem, was in den Asterixcomics stand. Historisch weiß ich, was Phoenix und N24 senden und in den SPQR-Romanen von J.M. Roberts steht. Basiswissen also.Was habe ich mit meinem Charakter vor?
- Eine junge Dame im heiratsfähigen Alter schwebt mir vor. Durchaus interessiert an der großen Politik, aber als Frau natürlich nur von der Zuschauertribüne aus.
Über Details das Aussehen, Religiösität und Vergangenheit betreffend habe ich noch fast keine, das möge man mir verzeihen.Zuletzt: Was kann man von mir erwarten?
- Ohne Versprechungen abzugeben, erwarte ich von mir, mehrmals in der Woche - womöglich auch 1x am Tag - posten zu können. Mit den richtig aktiven Spielern kann und möchte ich mich wohl auch gar nicht messen, aber so kann ich vllt. ein wenig zur Spielatmossphäre beitragen - und eben Spaß haben.So, genug geredet, die Anmeldung ist ohnehin schon länger als der Standard.