Beiträge von Brix

    Brix wartete geduldig und betrieb ein wenig belangloses Gespräch mit Uland und Ferun, während er Sonnwinn einen eierigen Ball mit dem Fuß zurückstieß, wann immer der Junge ihm die Kugel wieder entgegen schoss. Auf Sivs Worte hatte er sonst nichts mehr erwidert. Brix konnte nur ansatzweise nachempfinden, wie das für sie sein musste. Für ihn selbst wäre eine solche Situation nichts gewesen. Er hätte sich wie das fünfte Wagenrad gefühlt, auch wenn er gewusst hätte, dass er das Rad war, das am besten in Schuss war und am meisten gebraucht wurde. Er führte Befehle aus, das war im Grunde auch schon alles. Natürlich, er dachte nach, das konnte ihm auch niemand verbieten. Und wenn ihm etwas auffiel, dann machte er das deutlich. Auf diese Weise war er maiordomus geworden, und die meisten Sklaven akzeptierten das, auch wenn aufmüpfige und uneinsichtige Exemplare nicht nur unter ihnen, sondern auch unter den Aureliern zu finden waren. Bisher jedoch war er ganz gut damit geahren.


    Eine gute halbe Stunde später waren verstohlene Tränen fortgewischt und ein paar tüchtige Umarmungen ausgetauscht. Brix hatte Sivs Bündel genommen, das war selbstverständlich für ihn. Immerhin trug sie selbst Finn. Auch Brix verabschiedete sich noch einmal, wenngleich auch nicht zum letzten Mal, und dann verließen sie die Wohnung der Germanenfamilie, die Siv über einige Wochen hinweg bei sich aufgenommen hatte, um recht schweigsam nach Hause zurückzukehren.

    Brix und Siv waren durch den weniger pompösen Seiteneingang des Hauses herein gekommen. Der Germane trug Sivs Bündel und Siv ihr Kind, und damit war für alles gesorgt. Sie schwiegen beide, ud jeder hing wohl den eigenen Gedanken nach. Siv würde dasselbe Zimmer erhalten, in dem sie Finn zur Welt gebracht hatte, und darin auch die Wiege vorfinden, die Brix zurückgehalten und nicht verkauft hatte. "Du kannst natürlich nach wie vor mit uns essen", sagte Brix gerade zu Siv und meinte damit die übrigen Sklaven. Mit den Aureliern würde sie vermutlich schwerlich an einem Tisch sitzen dürfen. In jenem Moment wurden Schritte laut, und Brix verlangsamte seinen Schritt ein wenig. Aufmerksam sah er der Geräuschquelle entgegen und blieb schließlich stehen, als er vollkommen unerwartet Celerinas schlanke Gestalt entdeckte. Unpassender hätte die Rückkehr Sivs natürlich nicht ausfallen können. Brix warf Siv einen Blick zu, der deutlich machte, dass wie zwiespältig er selbst dieser Situation gegenüber stand. Er hoffte nur, dass Siv nicht gleich in der ersten Stunde mit Corvinus' Ehefrau aneinanderstoßen würde.


    Neben dem impluvium waren die beiden Germanen stehen geblieben, und Brix wusste nicht recht, ob er die beiden Frauen allein lassen oder dort bleiben sollte. Nur für den Fall der Fälle. Schließlich wusste er auch nicht, was Celerina wusste. Und er musste sich eingestehen, dass er schon länger nicht mehr ganz durchblickte, was diese verworrenen Konstruktionen anbelangte.

    Das erklärte natürlich so einiges. Uland war Zimmermann, und wie es sich für einen Germanen gehörte, wollte er seine Kundschaft nicht einfach hängenlassen. Er vollendete, was er angefangen hatte. Da war er genau wie Brix. "Werd ich machen. Wir sehen uns dann ja auch noch mal, denk ich." Brix' Augenmerk fiel auf Sonnwinn, und er grinste den Jungen kurz an. "Ja, das stimmt wohl. Und es hätte vermutlich den Vorteil, dass ihr auf einem Wagen mitfahren könnt, nehme ich an." Für Ferun und die Kinder in jedem Falle besser als zu laufen oder einen Wagen zu mieten - oder gar zu kaufen. Soweit Brix informiert war, besaßen die vier zudem nicht einmal ein Pferd, doch das konnte sich auch geändert haben in der Zwischenzeit.


    Über Sivs Verneinung indes war Brix doch erstaunt. Er hätte angenommen, dass sie gepackt hatte und abmarschbereit war, aber offensichtlich war dem nicht so. Er zog die Brauen nach oben und bedachte Siv mit einem langen, fragenden Blick, sagte aber auch dazu nichts weiter. Es gab dafür nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder, sie hatte nicht so bald mit seinem Erscheinen gerechnet - oder sie hatte gar nicht damit gerechnet. Zeit hatte sie hier schließlich genug, also zählte diese Ausrede nicht. Wortlos zog sich Brix einen Stugl vor und setzte sich dann doch. "Gut", meinte er. "Ich warte, bis du fertig bist." Was durchaus auch als Aufforderung zu verstehen war. Siv machte allerdings erst einmal keine Anstalten. Brix sah sie einen Moment irritiert an, auch ihrer Frage wegen, und dann warf er einen Blick zu Ferun und Uland, bevor er ihr antwortete. "Ich bin hier, um dich abzuholen. Es gibt ein Zimmer für dich. Du bist jetzt eine freie Frau, Siv. Wenn du nicht mitwillst, musst du nicht. Du kannst auch zurück nach Germanien gehen", erwiderte er aufgeräumt, denn es hörte nicht nur Siv zu.

    "Das weißt du nicht mit Bestimmtheit", wandte Brix ein. natürlich bestand die Gefahr. Insbesondere dann, wenn Charis das Schweigen nicht mehr aushielt und ihr Gewissen erleichtern musste. "Das bleibt deine Entscheidung. Du weißt, dass ich mich da nicht einmischen werde. Du musst es für dich entscheiden", erwiderte er. Sicherlich waren weder der Senator noch seine Gattin auf den Kopf gefallen. Und gab es da nicht ein Sprichwort, das besagte, dass alles ans Licht kam, wenn nur genügend Zeit vorhanden war?


    Charis und Brix schwiegen gemeinsam. Sie saßen einfach da und starrten in den Nachthimmel hinauf, bis Charis das Schweigen brach. "Zatalkasi? Komischer Name",, erwiderte Brix auf Charis Information hin. Das klang seltsam auf der Zunge. "Vielleicht sitzt er jetzt auch irgendwo und schaut sich diesen Stern an." Zugegebenermaßen eine ziemlich romantische Vorstellung, und Brix war eigentlich niemand, der sich mit solcherlei Gedanken die Zeit vertrieb. Aber er hatte das Gefühl, dass Charis diese Vorstellung helfen würde, und deswegen hatte er sie geäußert. Bei ihren darauffolgenden Worten dann wurde er allerdings hellhörig. Er dachte augenblicklich daran, dass sie sich das Leben nehmen wollte. Dementsprechend vorsichtig tastete er sich auch an diese Idee Charis' heran: "Und an was hattest du da gedacht?"

    "Genau. Manchmal kommen Gäste, da bleibt immer etwas Leckeres übrig für uns", freute sich Niki und bestrich das zweite Stückchen mit der Paste. Sie warf Aedan einen Seitenblick zu und grinste, als sie seinen fast schon gierigen Blick sah. Im Handumdrehen war sie auch mit der dritten Scheibe fertig und schob dem Neuen das Holzbrettchen hin. "Hier. Am besten isst du langsam." Sie schmunzelte gutmütig, wischte sich die Finger an einem Tuch ab und schenkte Aedan dann etwas zu trinken ein. Die Äpfel lagen ebenfalls vor ihm. Brix grinste nur. Niki war ihm bei der Antwort zuvor gekommen, und er fand das nicht weiter schlimm. "Ach, Leibwächter..." Niki warf kurz Brix einen fragenden Blick zu, der sicher auch Aedan nicht entging. Sie erzählte besser nichts von Phraates, nicht am ersten Tag. "Na dann wünsch ich dir gutes Gelingen", fügte sie ein wenig lahm hinzu.

    Brix zeigte nicht die geringste Furcht vor Septimas Ausbruch. Mochte Ursus hinter dieser Entscheidung stehe, so stand zumindest das außer Frage. Er mochte entscheiden können, was in dem Bereich des Hauses passierte, das er mit Septima bewohnte, doch wenn eine der Katzen entwischte und sich an einem ungeeigneten Ort erleichtert, war es Brix' Problem und nicht das von Ursus. Doch die domina schien so weit einfach nicht denken zu können. Brix machte ihr daraus keinen Vorwurf, er nahm es schlichtweg hin, blieb jedoch an Ort und Stelle stehen. Die Tiberia hatte ihm nichts zu sagen. Er war weder unhöflich ihr gegenüber gewesen noch hatte er sich ungebührend verhalten, was durchaus rechtfertigte, dass er mit erhobenem Haupte der Frau nachsah, die nicht weiter denken konnte als sie eine Sonnenuhr zu werfen vermochte. Kaum war sie verschwunden, machte Brix indes kehrt und notierte diese Katzensache auf der Wachstafel der Dinge, die er am kommenden Morgen mit Corvinus besprechen wollte.


    Letztlich war es denn nur Glück, dass die Katzen in ihrem Pferch blieben und nicht im Haus herumstreunten, oder aber es war Cimon zu verdanken, der zum Katzenhüten abkommandiert worden war. Es gab keinen Vorfall, bei dem jemand außerhalb des winzigen Sklavenzimmers Cimons über eine Katze oder deren Hinterlassenschaft gestolpert wäre, und mit dem Auszug des Senators samt seiner Frau waren schließlich auch die Katzen verschwunden, sodass kein Grund zum Ärgernis bestand. Sicherlich wäre es auf der Reise ein Problem, auf kleine Katzen aufzupassen, doch hier im Hause waren sie schließlich ebenso wenig gut aufgehoben wie in einem Reisewagen oder gar einem Militärkastell.


    ~ finis ~

    Die Selbstverständlichkeit, mit der Siv ihm einen Platz anbot, sollte Brix nicht überraschen, tat es aber dennoch. Sie wirkte befangen und nervös, wie er fand, und er half ihr, indem er es nicht weiter beachtete. "Danke, das ist nett. Aber ich habe heute noch ein paar Dinge zu erledigen", wandte er stattdessen ein und lächelte freundlich in die Runde, bis sein Blick wieder auf Siv und dem Kleinen lag. Sie stillte ihn gerade, und Brix fühlte sich unangenehm an früher erinnert. Er räusperte sich und beschloss, zunächst Ferun und Uland sein Mitbringsel zu übergeben. Es handelte sich hierbei um einen Lederbeutel samt klimperndem Inhalt, sowie einen Brief, in dem sich der Senator dafür bedankte, dass die germanischstämmige Familie Siv aufgenommen hatte. "Uland, ich soll dir das hier geben und dir ausrichten, dass der Senator dich vor eurer Abreise in jedem Falle noch zu einer salutatio erwartet." Brix deponierte den Lederbeutel auf dem gefurchten Esstisch. Er enthielt eine sicherlich willkommene Hilfe für die letzten Reisevorbereitungen. "Wann wollt ihr eigentlich los?" fragte Brix.


    Als er dann wieder zu Siv sah, lächelte er kurz. Finn krallte sich mit seinen kleinen Fingern in ihre Kleidung, um den Kontakt zur mütterlichen Brust auf keinen Fall zu verlieren. Dabei sah er Siv mit seinen großen Kinderaugen immer wieder regelrecht staunend an. "Hast du schon gepackt?" wollte er von ihr wissen. Viel würde sie vermutlich nicht haben, aber das Wenige musste schließlich auch von A nach B gebracht werden.

    Brix stieg die Stufen hinauf. Dass die dritte knarrte, wusste er, also übersprang er diese. Kurz darauf klopfte er an die Tür und wartete. Drinnen waren Schritte zu hören, dann öffnete Uland die Tür. "Brix?" grüßte er verwundert und mehr fragend als einladend. Trotzdem machte er seinem Landsmann die Tür auf und winkte ihn hinein. Sonnwinn sprang um Ferun herum, die am Herd stand, und de Kleine saß auf dem Boden und spielte mit ihrer Puppe. "Heilsa Uland. Ferun", grüßte Brix und suchte nach Siv, die er kurz darauf auch entdeckte. "Heilsa Siv", grüßte er auch sie. Uland schloss die Tür hinter sich und Brix. Sonnwinn hatte Brix inzwischen erfasst und zog eine Flunsch. Sie alle wussten, dass sein Besuch bedeutete, dass er Siv mitnehmen würde.

    Niki klatschte in die Hände. "Na!" rief sie. "Dann wollen wir da mal Abhilfe schaffen, was?" Sie zwinkerte Aedan zu und kramte in ein paar Töpfen herum. Aus einem mit Leinen abgedeckten Kasten nahm sie ein Brot, aus der Speisekammer holte sie zwei rotbackige Äpfel, dann schnitt sie drei dicke Scheiben ab und hantierte weiter herum, während sie sich mit Aedan unterhielt. "Ach was. Wenn du Hunger hast, kannst du immer herkommen. Und wenn ich mal nicht da bin, nimm dir einfach was. Aber kein frischgebackenes Brot, das ist für die cena bestimmt." Aedan würde sicher auch genug Köpfchen besitzen, um nicht gerade das beste Fleisch herunterzuschlingen, also sparte sich Niki diese Erwähnung. Brix grinste nur und nickte dazu. "Wir essen abends nach der cena", erklärte er dem Neuling. Insbesondere nach Festessen gab es dann auch bei den Sklaven ein Schmausen sondergleichen. "Was sollst du für die Flavia machen?" erkundigte sich Niki, während sie eine schmackhaft riechende Kräuterpaste auf Aedans Brotscheiben schmierte.

    Das war interessant. Brix verstand allerdings den Sinn dahinter nicht. War da Eifersucht im Spiel? Oder wollte er sich nur versichern, dass seine Geschenke ihre Wirkung nicht verfehlten und gewisse Dinge geheim blieben? Brix wollte diese Sache eigentlich im Raum stehen lassen. Und was sollte er dazu auch sagen? Er erkannte keinen rechten Sinn dahinter. Nur Charis schien deswegen sehr besorgt zu sein. "Wer sagt, dass sie es erfahren muss?" versuchte er, ihr einen anderen Weg aufzuzeigen. Was man nicht wusste, machte einen nicht heiß. An diesem Sprichwort war viel Wahres.


    Brix war ein Mann, der gern und ohne zu zögern sein letztes Hemd hergab - sofern es einer guten Sache diente. Er war sanftmütig und hatte einen scharfen Verstand. Doch alte Wunden schmerzten frisch, wenn sie aufgerissen wurden, und Charis streute mit ihrer Frage Salz hinein. Der Ton ihrer Stimme verriet zwar etwas anderes, aber Brix bekam dennoch einen harten Zug um die Mundwinkel und ließ einige Momente verstreichen, ehe er antwortete. Und er ersparte Charis die Einzelheiten. "Sie sind verbrannt", sagte er schließlich aufgeräumt und war froh, dass Charis von sich aus das Thema wechselte.


    "Hm", machte Brix nachdenklich und runzelte die Stirn. "Wir erhalten regelmäßig Post aus Sardinien, und wir schreiben regelmäßig zurück. Du könntest ein paar Zeilen schreiben und ich werde dafür sorgen, dass er sie erhält. Sonst glaube ich nicht, dass du viel tun kannst. Wenn du dem Senator die Wahrheit erzählst, wird er Phraates - sofern er dir überhaupt glaubt - kaum zurückholen. Er wird eher den Richtigen bestrafen lassen, und ich glaube nicht, dass er dann dasselbe Schicksal teilt wie der Parther", überlegte Brix laut. "Ganz zu schweigen von Celerinas Reaktion." Sie würde Charis wohl hassen und ebenfalls bestrafen lassen. Brix schüttelte den Kopf. "Du kannst nichs tun, Charis. So leid mir das tut."

    "Am besten fragst du sie das selbst. Ich könnte mir denken, dass sie Trautwini oder Cimon dazu heranziehen will, aber du liegst ganz bestimmt nicht falsch, wenn du sie vorher fragst, an wen sie tatsächlich gedacht hat", bekräftigte Brix nickend. Aedan dachte mit, das war schon mal ein gutes Zeichen, auch wenn Brix der ganzen Sache nach wie vor skeptisch gegenüber stand.


    "Nun ja, mir ist es gleich. Ich kann sie fragen oder du holst ihre Erlaubnis ein. Es wird vermutlich ohnehin noch ein Gespräch darüber geben. Über organisatorische Dinge, meine ich. Wie du sie fragen sollst, kann ich dir nicht empfehlen. Am besten bist du ehrlich, Aedan. Das währt am längsten und macht immer den besten Eindruck. Frag sie gerade heraus, egal was dir auf dem Herzen liegt." Brix zuckte mit den Schultenr. Zumindest er war damit bisher am besten gefahren. "Wir sollten nur nicht mehr so lange damit warten. Vor der Blüte sollten wir den schon noch schneiden."


    Anschließend erhob er sich. "Gut, Aedan. Dann komm mal mit, ich zeige dir die Küche und wo du dich waschen kannst. Und wenn du noch Fragen hast, kannst du sie gerne stellen. In Ordnung?" Brix ging an dem Gallier vorbei zur Tür und hielt sie ihm auf. Anschließend schloss er sie hinter ihnen beiden. Der Weg zur Küche war recht einfach, die Tür nur angelehnt. Brix öffnete sie und erntete einen fragenden Blick von Niki, die gerade mit zwei Gehilfen irgendetwas schnippelte. Dann musterte sie Aedan neugierig. "Das ist Niki, unsere Köchin. Niki? Aedan ist ein neuer Sklave von Celerina", verkündete er, und die Griechin nuschelte kurz etwas auf Griechisch. Sie wischte sich die Hände an einem Tuch ab und kam zu Aedan, um ihm die Hand zu geben. "Chaire, Aedan!" grüßte sie fröhlich, während Brix ein kurzes Gespräch mit den zwei Helfern Nikis anfing. "Sag mal, hast du Hunger?"

    "Es liegt mir fern, dir zu widersprechen, domina, aber es ist meine Aufgabe, dich darauf hinzuweisen, dass diese Tiere nicht mit jenem Tier zu vergleichen ist, das Flavia Celerina ihr Eigen nennt. Bestimmt tragen sie Flöhe und anderes Ungetier im Fell. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dein Mann oder der Hausherr es billigen werden, wenn Cimon sich um eine Handvoll Katzen kümmert. Im Haus." Es war Brix gleichgültig, ob Septima ihm diese Dreistigkeit nun persönlich krumm nahm oder nicht. Er hatte dafür zu sorgen, dass hier alles seinen Gang ging, und zwar reibungslos. Das war seine Aufgabe hier, und die nahm er ernst. Septimas Ansicht, niemandes Meinung hören zu wollen außer der ihres Mannes, fand er ein wenig naiv, aber er hätte sich lieber die Zunge abgebissen, statt es ihr gegenüber laut zu sagen.

    Doch Brix ließ sich nicht einfach ignorieren. Ihm selbst wäre es gleichgültig gewesen, doch er wusste, dass andere dies anders sehen mochten, und diese anderen hatten nicht nur mehr zu sagen als er selbst, sondern übten gewissen Einfluss auf die Herrschaften aus. Er ging also hinter Septima her, als diese hinfort marschierte, bis er gleichauf war mit ihr. "domina", sagte er. "Auf ein Wort. Ich werde deine Entscheidung bezüglich dieser...Tiere nicht in Frage stellen, aber sie sind, nun ja, Ungeziefer, und ich denke nicht, dass es im Ermessen der Senatoren ist, Ungeziefer im Haus zu halten. Insbesondere Katzen, Herrin. Ihre Hinterlassenschaften stinken fürchterlich." Abgesehen davon, dass sie die Möbel im Zimmer des Nubiers wohl auch zerkratzen würden, doch das waren nur Dinge von geringem Wert, wie sie jeder Leibsklave hatte.

    "Das stimmt, Aedan. So gesehen hat man keine Wahl. Es ändert sich nur der Grund, aus dem man die Peitsche dann bekommt. Weil man nicht gehorcht hat oder weil man gehorcht hat." Brix lächelte schief. Phraates hatte sie bekommen, obwohl er unschuldig gewesen war. Und er hatte das mit respektablem Schweigen ertragen.


    "Bogenschießen!" Die Gallier. Die sponnen. Brix grinste kurz. "Naja, das wirst du hier nicht brauchen. Da brauchst du dich nicht zu sorgen. Alles andere klingt schon nicht schlecht. Du solltest Trautwini fragen, ob er mit dir zusammen seine Übungen macht. Oder Cimon. Sie sind beide Leibwächter, und mehr oder weniger erfahren." Wobei er im Grunde bei letzterem nur raten konnte. Brix hörte sich dann an, was Aedan an Fertigkeiten besaß. Hin und wieder nickte er, und als er schließlich den fragenden Blick auf sich ruhig spürte, lehnte Brix sich vor. "Also, Schmiedearbeiten sind nicht schlecht, aber hier für uns eigentlich nicht von Nutzen." Hufeisen waren bei Privatpferden unüblich, die benutzte man eher beim Militär, und auch da hatte man noch keine perfekte Lösung gefunden, die Bronzeschuhe an den Hufen zu befestigen. Und sie hatten hier weder eine Esse noch einen Amboss. "Was die Gartenarbeit betrifft, müsstest du dich umorientieren. Es klingt seltsam, aber die meisten Römer bauen in ihren Gärten keine Pflanzen an, sondern nutzen sie zur Entspannung. Er muss schön aussehen, sonst nichts." Brix hob eine Schulter. "Da bringst du mich auf etwas anderes. Der Garten in diesem Haus ist noch einmal besonders. Die Blumen und Pflanzen, die hier stehen, sind größtenteils sehr kostbar und brauchen eine besondere Pflege. Du solltest deswegen besser vorsichtig sein im Garten. Corvinus kann recht wütend werden, wenn etwas - oder jemand - seine Pflanzen beschädigt." Brix sah Aedan dabei ernst an, damit er merkte, dass er sich da keinen Spaß erlaubte. Als Germane hatte er zuerst auch nur gegrinst und das für einen Scherz gehalten, schnell aber die Wahrheit erfahren. "Es gibt momentan keinen Gärtner. Das...ändert sich eventuell aber bald." Er dachte an Siv.


    "Reparaturarbeiten fallen aber immer wieder mal an. Insofern gibt es sicher bald etwas, das du reparieren kannst. Bisher habe meistens ich das erledigt, aber wenn es jetzt vier Schultern gibt, auf die man die Arbeit verteilen kann, bin ich zufrieden." Brix grinste und dachte an Baldemar und den Baum. Warum nicht? "Da fällt mir auch schon etwas ein... Im Garten müsste ein Baum gestutzt werden. Dabei kannst du mir helfen. Sofern deine neue Herrin es dir erlaubt", fügte Brix hinzu.

    Brix runzelte die Stirn. Ob Aedan mehr hinter seiner Formulierung vermutete? "Das kann schon passieren. Du wirst dich dann kaum davonschleichen können. Allerdings sollte ich der Gerechtigkeit wegen wohl auch erwähnen, dass der letzte Sklave auf die Olivenplantagen verbannt wurde, weil der Hausherr es herausgefunden hat." Herausgefunden stimmte in dem Zusammenhang nicht ganz, immerhin hatte Celerina es ihm erzählt. Doch davon wusste Brix nichts.


    "Besser als bei diesem Sklaventreiber in jedem Falle", sagte er und lächelte. Wie viele Sklaven mochte Tranquillus schon gesehen haben? Mit Sicherheit mehr als jene, die die Aurelier besaßen. Wobei die Zahl Aedan doch etwas zu erschrecken schien. Brix musste kurz amüsiert lachen. "Die Aurelier haben so einige Betriebe und Ländereien. Dafür ist die Zahl fast noch zu gering. Allerdings stehen einige Häuser die meiste Zeit des Jahres leer", erzählte er. Und das Haus in Mantua war schließlich als Laevinas Mitgift an die Tiberier gegangen.


    "Gut. Flavia Celerina möchte, dass du ihr Leibwächter wirst. Das bedeutet, dass du an deiner Kondition und deiner Geschicklichkeit feilen solltest. Kannst du ringen, Aedan? Und mit einem Dolch umgehen?" Ihn nach dem Umgang mit einem Schwert zu fragen, machte keinen Sinn. Immerhin würde er als Sklave ohnehin nicht mit einem gladius ausgestattet werden, geschweige denn damit herumlaufen dürfen. Muskeln hatte Aedan ganz ordentliche, das wäre sicherlich auch nicht das Problem.


    Seine nächste Frage ließ Brix' Brauen nach oben schnellen. Es war, als hätte Aedan seine Gedanken erraten. "Natürlich", sagte er. "Erzähl mal."

    Diese Information war neu für Brix. "Er hat dich spionieren lassen?" fragte er seine Mitsklavin. Charis war ein Geschenk Corvinus' an seine Gattin gewesen. Noch vor der Hochzeit, wenn Brix sich da richtig erinnerte. Ob das alles nur den Zweck gehabt hatte, sie auszuspionieren? Das sah dem Senator nicht ähnlich, und deswegen verwunderte es Brix. Vielleicht allerdings war es an der Zeit, bestimmte Meinungen zu überdenken. Brix konzentrierte sich wieder auf Charis' Problem. "Ich kann dich verstehen Charis." Er zögerte kurz, hier weiterzureden. Näheres von seiner Herkunft wussten nur sehr wenige, Siv fiel darunter, und Niki. Brix ging sparsam mit diesen Informationen um, denn sie machten ihn verletzbar. "Weißt du, als ich gefangen wurde, damals, da habe ich mein Heim verteidigen wollen. Meine Frau und meine Kinder waren da schon tot. Ich dachte auch, dass es niemals vorbei gehen wird, und das ist es auch nicht. Vorbei. Ich höre ihre Schreie immer noch. Aber es ist besser geworden, Charis." Brix erzählte leise und gefasst. Zu weit lagen diese Ereignisse in der Vergangenheit zurück. Sie muteten fast wie ein schlechter Traum an. Brix legte ihr wieder einen Arm um die Schultern. "Kann ich irgendwas tun?" fragte er sie.

    Naja, das Becken im atrium war nun nicht sehr tief. Cimon würde es wohl bis zum Knie gehen. Genug, um jemanden zu ertränken, war das sicherlich, aber darin zu schwimmen wäre wohl ohnehin nicht möglich. Deswegen schmunzelte Brix nur bei Mareis Bemerkung und nickte auf Frijas Worte hin, dass sie ihre Herrin selbst fragen würden. Auf diese Weise würde ihm ein Gang erspart bleiben, und das konnte Brix nur recht sein. Brix sah zu Vilja hin. Sie war sehr still, vielleicht traute sie sich auch einfach nur nicht recht, sich zu integrieren. Brix würde ihr noch etwas Zeit geben. Wegen Mareis Worten zum Blumentragen musste er grinsen.


    "Gut, das war im Grunde auch schon alles, was ich sagen wollte. Hat jemand sonst noch etwas auf dem Herzen?" erkundigte er sich und schaute in die Runde. Einige schüttelten den Kopf, andere sahen einfach nur zurück. Brix wartete. Wenn niemand mehr etwas vorzubringen hatte, würde er Baldemar um ein kurzes Gespräch bitten. Das hatte er nicht vergessen.

    Er hatte also tatsächlich Katzen dort drinnen. Brix' Stirnrunzeln wurde noch ein wenig tiefer. Und die Herrin schien offenbar gewillt, diese Tiere im Haus zu halten. Was natürlich unsinnig war. Es gab nur eine Katze in diesem Haus, die von Celerina, und sie war eine direkte Nachfahrin der Ägypterkatzen. Brix war das gleich. In Germanien waren Katzen einfach da und fingen Mäuse, hier aber war das anders. Katzen galten in der Stadt sogar als Ungeziefer, sofern sie nicht entsprechend domestiziert wurden, wie beispielsweise die Katze der Herrin Celerina, die an eine Leine gelegt wurde. Und Katzen, insbesondere kleine, machten doch Dreck. Und vermehrten sich rasant. "Ich halte es für keine gute Idee, diese Tieren hier im Haus aufzunehmen", mischte sich Brix also ein, auch auf die Gefahr hin, dass er sich damit unbeliebt machte. Er hatte die Katzen nicht zählen können, aber mehr als zwei waren es offensichtlich schon.

    Sim-Off:

    Was soll das? Ich war schließlich darauf eingegangen in meinem Antwortposting...


    "Ein Leibsklave ist ein persönlicher Sklave. Einer, der sich voll und ganz um seinen Herrn kümmert, Tag und Nacht an seiner Seite ist und seine Wünsche erkennt, bevor der Herr selbst davon weiß. Es dauert lange, bis man sich eine solche Position erarbeiten kann, da hast du recht. Du kannst es versuchen. Allerdings musst du wirklich gut sein, Aedan." Brix lächelte kurz. Er selbst kam besser damit zurecht, kein Leibsklave zu sein. Ihm lagen Verwaltung und Verhandlungen viel mehr als alles andere, vom Werkeln einmal abgesehen. Denn Brix reparierte gern Dinge und war handwerklich nicht ungeschickt.


    Während er da saß und Aedan betrachtete, bemerkte er dessen Verunsicherung, als er die Peitsche erwähnte. In all den Jahren, die Brix nun hier war, hatte er selbst nicht einmal die Peitsche zu spüren bekommen. Einmal war er kurz davor gewesen, und das war gar nicht allzu lange her, doch hatte der Hausherr seine Entscheidung wohl überdacht, für nichtig und aufgehoben, denn Brix war nicht bestraft worden. Aedans Frage riss ihn aus diesen trüben Gedanken. Brix blinzelte und nickte dann schmunzelnd. "Diese tunica dort verbrennen wir", sagte er zu Aedan. "Du wirst vorerst normale Arbeitskleidung bekommen, und später zeige ich dir deine Schlafstätte. Du wirst gemeinsam mit den anderen, die keine Leibsklaven sind, eine Unterkunft teilen. Aber keine Sorge, sie ist mit großer Wahrscheinlichkeit bequemer als der Verschlag, in den Titus Tranquillus euch gesperrt hat." Brix lehnte sich ein wenig zurück.


    "Hier im Haus? Lass mich kurz nachdenken. Es müssten um die sechzig sein. Die Aurelier besitzen allerdings weit mehr. Die meisten arbeiten auf den Ländereien und in den Betrieben. Insgesamt müssten es etwa zweihundertfünfzig, dreihundert sein. Keine Sorge, das klingt viel, aber mit den meisten wirst du ohnehin nichts zu tun haben. Die wichtigsten stelle ich dir schon noch vor, sofern du sie nicht ohnehin selber kennen lernst. Hast du dazu noch Fragen? Ansonsten würde ich gern mit die über deine neue Herrin reden und deine neuen Aufgaben"

    Brix stutze kurz, dann musste er lachen. "Ziemlich reduziert, aber auch nicht ganz unwahr", gab er zur Antwort. "Ich bin mehr oder weniger dafür verantwortlich, dass alles rund läuft. Dass es keine Probleme gibt, untereinander, meine ich. Ich bin quasi der Hausverwalter. Aber das macht mich nicht besser oder schlechter, ich bin nach wie vor einer von euch", erklärte er Aedan und lächelte ihn an. Er selbst sah sich zumindest nicht als herausgestellt an, auch wenn seine Position natürlich einiges mit sich brachte, aber eben auch genauso viel abverlangte. Brix nickte. Der Junge war noch jung und lernfähig, man konnte sicherlich einiges aus ihm machen. Brix hoffte, dass Celerina ihn fördern und nicht so abservieren würde wie Phraates.


    "Du bekommst gleich etwas zu essen. Lass uns nur kurz den organisatorischen Teil durchgehen", erwiderte der Germane. "Ja, ich war dabei. Titus Tranquillus ist für sein...breit gefächertes Sortiment bekannt, aber nicht für seine, hm, Gastfreundschaft." Brix erinnerte sich an so manche Sklaven, die sie von Tranquillus erworben hatten. Die meisten waren in eher schlechter Verfassung gewesen, aber alle waren sie hungrig und dreckig und liefen zerlumpt herum, und Aedan stellte da, wie ihm schien, keine Ausnahme dar. Auch diesen Umstand würden sie später bereinigen, im wahrsten Sinne des Wortes. "Was dich hier erwartet, ist im Vergleich zu anderen Häusern der Stadt wohl ein besseres Los. Deine neue Herrin ist eine Flavia, und denen sagt man nach, dass sie ihre Sklaven gern etwas strenger behandeln. Im Allgemeinen solltest du allerdings nichts zu befürchten haben, wenn du dich anständig verhältst. Die Peitsche wird hier nur selten gebraucht, und nur bei schweren Vergehen." Zumindest war das bisher der Fall gewesen. Bis vor kurzem, als Phraates bestraft und fortgeschickt worden war. Brix sah den Neuling ernst an, lächelte aber durch seinen Bart hindurch, bis die Frage nach seiner eigenen Zeit hier ihn etwas aus der Fassung brachte. Damit hatte er nicht gerechnet. "Nein, wie Vieh wirst du nicht behandelt werden. Wenn du dich gut verhältst, kannst du es zu etwas bringen. Celerina hat derzeit keinen Leibsklaven", sagte er dann. "Oder du wirst freigelassen und kannst zurück nach Hause.... Ich selbst bin schon lange hier." Zu lange, dachte er sich manchmal. Aber zu Hause hatte er ohnehin nichts mehr, zu dem zurückzukehren sich lohnen würde.