Beiträge von Brix

    Brix schloss die Tür hinter sich und deutete auf den Stuhl, auf dem letztens noch Vilja gesessen hatte. "Ich werde dir alles erklären, was du wissen willst", sagte er und ging um den kleinen, klapprigen Tisch herum, um sich auf den schlichten Stuhl zu setzen, der dahinter stand. "Ich bin Brix, der maiordomus. Du weißt, was das ist?" fragte er Aedan, obwohl er davon ausging, denn der junge Gallier sprach gut Latein. "Hier gibt es einen kleinen Stall, aber domina Celerina hat etwas anderes für dich im Sinn. Das bereden wir aber später. Eben das war Cimon. Er ist der..." Ja, was genau war er eigentlich? Leibsklave oder Leibwächter oder Bote oder alles in einer Person? Irgendwie schien er alles mal zu machen. "...custos corporis von Titus Ursus. Wir haben hier zwei Senatoren derzeit, einer davon ist Ursus, der andere ist Marcus Corvinus. Seine Frau hat dich gekauft", erklärte Brix zunächst mal dem Gallier und schüttete dann Wasser aus einem kleinen Krug, der einen feinen Riss am Henkel hatte, in zwei Becher. Einen davon schob er Aedan zu. "Das bedeutet, dass du ihr gehörst und tun solltest, was sie sagt. Selbstverständlich gilt das für die anderen Herrschaften ebenso, aber ihr Wort wird für dich immer mehr wiegen als das jedes anderen." Brix nahm einen Schluck aus seinem Becher. "Wie alt bist du eigentlich, Aedan?"

    Brix wartete, bis Charis selbst etwas sagen mochte. Er ahnte schon, worum es ging. Und als sie schließlich damit herausrückte, was sie bedrückte, sah er sich in seiner Vermutung bestätigt. Er schwieg noch einen Moment. "Ich weiß, Charis. Ich habe versucht, die Strafe zu verhindern", sagte er dann zu ihr. "Immerhin haben sie ihn nur auf die Plantage geschickt. Ihm wird es da gut gehen, besser, als wenn er hier geblieben wäre." Das war Brix' Meinung. Er glaubte, dass man Phraates das Leben zum Hades auf Erden gemacht hätte, wäre er hier in Rom gebieben. Corvinus hätte ihn sicherlich nicht länger in der Nähe seiner Frau geduldet, immerhin musste er davon ausgehen, dass sie ihm die Wahrheit gesagt hatte - und wer glaubte schon einem Sklaven? Und Brix verstand auch Charis' Verhalten, warum sie ihm nichts von der Unschuldigkeit ihres Liebsten erzählt hatte. Man stellte sich nicht offen gegen seinen Herrn, und Brix schätzte Celerina durchaus so ein, als würde sie ein solches Verhalten hart bestrafen. Man munkelte, dass die Peitsche im flavischen Haushalt bei weitem häufiger eingesetzt wurde als hier. Brix ließ Charis wieder los und sah schweigend auf den Kiesboden. Charis würde sie wohl am liebsten umbringen. "Die Wut wird vorbeigehen" sagte er leise. Er wusste, wovon er sprach, denn ihm war es einmal genauso ergangen. Brix kannte die ohnmächtige Wut, die einen bei jedem Tritt und Schritt begleitete und nicht weichen wollte.

    Brix hatte den neuen Sklaven hierher geleitet, immerhin war das die Aufgabe gewesen, die Celerina ihm aufgetragen hatte. Jetzt waren sie angekommen, und er band Aedan die Fesseln ab, denn auch das gehörte zu seinen Aufgaben. Kritisch hörte er die Worte des Neuen. "Wenn ich du wäre, Aedan, würde ich mir gut merken, dass du so besser nicht in Gegenwart der Herrinnen sprichst", kritisierte er ihn und sah ernst drein. "Cimon, du kannst gehen. Danke", sagte er freundlich, aber bestimmt. Wieso drohte er dem armen Neuling gleich? Vielleicht sollte er mit Ursus darüber reden. Brix war sich uneins, was das betraf. Einerseits wollte er neuen Sklaven einen bestmöglichen Einstieg bieten, andererseits musste definitiv auf bestimmte Regeln hingewiesen werden. Nur Cimons direktes Vorgehen empfand er als falsch, ebenso wie er dessen Selbstbewusstsein als falsch erachtete, was seinen Aufgabenbereich betraf. Es gab hier klare Vorgaben, und nicht nur jeder andere hatte sich daran zu halten, sondern auch Brix.


    "Komm mit mir, Aedan", sagte Brix und deutete in Richtung des kleinen Raumes, der ihm als Arbeitsraum zur Verfügung gestellt worden war. In den gemeinsamen Unterkünften war es nicht immer möglich, in Ruhe zu arbeiten. Brix wartete, bis Aedan sich in Bewegung setzte, dann würde er hinter ihm her gehen. Die Reinigung des Sklaven konnte warten, und Brix hatte auch nicht den ganzen Tag Zeit, um entsprechend Celerinas Weisungen den Neuen zu instruieren.

    Brix sah seine Herrin nur fragend an. Was ihm zustand? Sie meinte doch gewiss nicht das Geld. Wer führte denn ein kleines Vermögen mit sich durch Rom spazieren? Brix hielt dementsprechend Celerina die offene Hand hin, um den Siegelring oder sonst etwas von ihr zu erhalten, der dieses Geschäft besiegeln würde. Nachdem er es erhalten hatte, machte er sich auf, um den Sklaven vorn abzuholen.


    Er macht seine Zeichen und das seiner Herrin, versicherte dem Händler nochmals, am späten Nachmittag einen Boten mit der ausgemachten Summe zu erhalten, und regelte alles weitere. Auf sein Geheiß hin verzichtete man auf Ketten und legte dem Sklaven lediglich Seil um die Handgelenke, um eine eventuelle Flucht zu erschweren. Brix war sich noch nicht sicher, wie er mit dem jungen Mann umgehen sollte. Dann bedeutete er Aedan, ihm zu folgen, und gesellte sich wieder zurück zu Celerina und den anderen. Mareis ungezogenes Verhalten fiel ihm erneut auf, als das Mädchen beinahe gleichzeitig mit ihm wieder bei den Herrschaften ankam. Brix war der Meinung, man sollte mit ihr darüber reden, dass sie sich - zumindest in der Öffentlichkeit - wie eine Sklavin zu verhalten hatte und nicht wie ein Plebejermädchen ohne Kindermädchen. Aber das war seine persönliche Meinung, und Septima war ihre Herrin, die darüber zu befinden hatte. Wenn sie dieses Verhalten billigte, war es eben so. Aber ob das gut war für den Ruf der Tiberia, war fragwürdig.

    Ganz offensichtlich wollte niemand sonst den Sklaven haben, was Brix durchaus verwunderte. Es war bisher gar nicht nötig gewesen, ein weiteres Gebot abzugeben. Und doch zog sich die Auktion nun in die Länge. Entweder hatte der Händler eine masochistische Freude daran, den Sklaven zappeln zu lassen, oder aber er erhoffte sich noch ein höheres Gebot. Brix wartete, und alle anderen vermutlich auch.

    Die Eingangstür quietschte. Das hatte Leone ihm am Vortag mitgeteilt, doch Brix fand erst jetzt die Zeit, sich darum zu kümmern. Mit Öl bewaffnet war er eben an Dina vorbei auf dem Weg zur porta, als er Septima und den Nubier sah, nickend grüßte und dann weiter ging. Bis er ein Maunzen hörte, ein ziemlich hohes, das auch eher ein Fiepen war. Er blieb stehen und sah sich verwundert um. Dabei fiel sein Blick auch auf Cimon, der sich etwas vor den Bauch gebunden hatte. Brix schwante nichts Gutes. Er machte kehrt und näherte sich langsam den beiden, wollte Septima jedoch nicht ins Wort fallen und schwieg daher ersteinmal, als er die beiden erreicht hatte und stehen blieb. Cimon hatte Katzen dort drin, im Stoff vor seinem Körper, wie Brix feststellte.

    Brix saß eine ganze Weile neben Charis und hatte inzwischen begonnen, ihr langsam über den Rücken zu streichen, um sie zu trösten. Er sagte nach wie vor nichts, sondern ließ sie weinen. Manchmal war es einfach besser, angestaute Fluten hinauszulassen, statt sie zurückzudrängen. Und Charis war nicht die einzige, die weinte, weil eine Ungerechtigkeit stattgefunden hatte. Brix hatte schon manches Mal die Funktion des Tröstenden übernommen, auch wenn er natürlich nicht immer mitbekam, was 'seine Leute' für Probleme hatten.


    Als Charis einfach nicht aufhören wollte zu weinen, legte Brix ihr die Hand auf die ihm abgewandte Schulter und zog sie einfach zu sich heran. Seine Barthaare kitzelten sie vielleicht etwas an der Stirn, als er sie zu sich zog, und ihre einfachen Tuniken raschelten leise bei der entstandenen Bewegung, aber Brix glaubte, dass Charis sich besser fühlen würde, wenn sie einfach jemanden hatte, der ihr zuhörte. Dass es um Phraates ging, ahnte er schon.

    "Wenn das dein Wunsch ist, Herrin", sagte Brix schlicht, als er Celerina ansah, und gab sich Mühe, seine eigene Meinung dabei nicht zu deutlich herauszukehren. Er hatte bereits davon abgeraten, diesen Sklaven zu erwerben, und er würde sich nicht ungefragt wiederholen. Brix war nicht umsonst zum Hausverwalter geworden, er hatte sich diesen Posten durch Loyalität und Gehorsam verdient. Er war dennoch ein Sklave, und er konnte Situationen für gewöhnlich gut einschätzen. Diese Situation schätzte er wie folgt ein: Die Zwillinge boten aus Trotz mit, und Celerina, weil sie das letzte Wort haben wollte. Am Ende würden sie eine Menge Ged für einen weitgehend unnützen Sklaven ausgeben. Nur Septima konnte er noch nicht einschätzen. Sie hielt sich bisher zurück und würde vielleicht im letzten Moment zuschlagen wollen, was auch nicht unbedingt klug wäre. Doch Brix tat, was man von ihm verlangte. Er konzentrierte sich auf die Versteigerung, hörte jedoch auch mit einem Ohr bei dem Grüppchen zu, das sich inzwischen gebildet hatte.

    Brix hätte ohne weiteres diese Aufgabe jemand anderem übertragen können. Aber das tat er nicht. Seitdem er der maiordomus war und damit Mathos Aufgaben übernommen hatte, waren so einige Dinge umstrukturiert und neu geordnet worden, aber diese eine Sache hielt er wie sein zweifelhafter Vorgänger. Brix ging abends selbst durch das Haus, verschloss die Türen und ließ die Hunde heraus. So machte er das auch an diesem Abend. Er sah zuvor überall noch nach dem Rechten. Ein kurzer Blick aus der Küche in den Hof, dann wollte er sich schon zurückziehen und abschließen, als er ein Schluchzen hörte. Brix hielt inne und öffnete die Tür wieder. Fast unsichtbar im Dunkel sah er Charis auf einer Stufe hocken, die von hier aus in den Garten führte. Er runzelte verwundert die Stirn, hängte den Schlüsselbund wieder an seinen Gürtel und trat hinaus ins Mondlicht. Langsam ging er zu ihr und setzte sich wortlos neben sie. Er sagte nichts, sondern legte ihr nur tröstend eine Hand auf den Rücken.

    Brix nickte nur, seufzte lautlos, als Flora aus Trotz direkt noch einmal bot und informierte die Zwillinge auf dem Weg zu Celerina und Septima, dass man sich offenbar gegenseitig überbot. "Wenn ich dich darauf hinweisen darf, dass es ungünstig ist, gegeneinander zu bieten, domina? Celerina beabsichtigt ebenfalls, diesen Gallier zu erwerben. Vielleicht sollte man sich absprechen." Und nicht selbst wie ein Marktschreier das Gebot verkünden, sondern das einen Sklaven machen lassen, wie es sich für eine Dame gehörte. Aber diesen Kommentar verkniff sich Brix. Und dann waren sie bei den anderen angelangt.

    Brix sah Celerina nur an, erwiderte allerdings nichts auf ihre Worte hin. Im Grunde mochte er nichts wissen, andererseits jedoch ahnte er eine ganze Menge. Dazu trugen Charis' Erzählungen bei, aber auch eigene Eindrücke und Erinnerungen an die Dinge, die andere Sklaven aus der villa erzählt hatten. Brix hatte, was das betraf, ein gutes Gedächtnis und ein offenes Ohr für vieles.


    Die Geschehnisse um Marei bekam Brix weitgehend direkt mit. Er runzelte nur missbilligend die Stirn. Marei erinnerte ihn in vielerlei Hinsicht an Tilla. Auch sie hatte sich stets gern im Mittelpunkt bewegt. Er hoffte, dass das Sklavenmädchen sich diesbezüglich noch ändern mochte, denn sonst konnten auch ihre neuen Besitzer ihr ebenso schnell überdrüssig werden wie das bei Celerina der Fall gewesen war. Und Brix ging davon aus, dass es keinen anderen Grund für dieses vermeintlich lieb gemeinte Geschenk an das frischgebackene Ehepaar gegeben hatte als jenen, Marei loszuwerden. Aber er mochte die Kleine dennoch, denn sie erinnerte ihn an seine Kinder, und zudem mochte er Kinder ohnehin.


    "Ich kümmere mich darum, domina", sagte er und ließ die beiden Damen und Marei allein mit seinem überaus griesgrämigen Landsmann. Schnell bahnte er sich einen Weg durch die Menge und war bald bei den Zwillingen angelangt. "domina Narcissa, domina Flora, Tiberia Septima und Celerina stehen dort drüben und lassen fragen, ob ihr euch nicht zu ihnen gesellen wollt", erklärte er den beiden.

    Brix hätte um ein Haar aufgestöhnt. Allein die Antwort des Sklaven zeugte schon von wenig Intelligenz, und gerade als Leibwache musste man Situationen gut beurteilen und Gefahren einschätzen können. Dass seine Herrin den Sklaven allerdings haben wollte, offensichtlich um jeden Preis, hätte er nicht im Ansatz vermutet. Nicht nach dessen Antwort. "domina, ich würde dir empfehlen, diesen Sklaven nicht zu kaufen. Er scheint mir deinen Ansprüchen nicht zu genügen", versuchte er es auf andere Weise, indem er Celerina verborgen umschmeichelte. Brix selbst antwortete nicht auf die Rückfrage. Er war niemandem Rechenschaft schuldig, abgesehen von seinen Herrschaften. Von denen jetzt eine weitere dazu kam. Brix nickte der Tiberia zu. "domina", sagte er. Baldemar befand sich bei Septima, wie Brix bemerkte. Auch ihm nickte er kurz zum Gruß zu, ehe er sich erneut an den Sklaven wenden wollte. Doch Celerina antwortete bereits auf die gestellte Frage, sodass Brix letztenendes schwieg und abwartete.

    So langsam konnte Brix Charis' Äußerungen nachvollziehen. Die Flavia schien einen schwierigen Charakter zu haben. Brix war nur froh, dass seine Aufgaben ihn nur selten in die Nähe der Hausherrin brachten. Zumindest war das bisher so gewesen, doch wer wusste, wie das zukünftig werden würde? Alle Barbaren aus dem Norden waren also blond, ihrer Meinung nach. Brix enthielt sich seiner. Er war klug genug dazu. In seinem Dorf hatte es nicht nur Blonde gegeben, und es waren bei weitem nicht alle Nordländer blond. Doch wenn die Flavia das anders so, dann würde er nicht widersprechen.


    Und dann überraschte sie ihn vollkommen. Er sollte eine Frage stellen. Irgendeine, keine näher spezifizierte. Brix runzelte im Ansatz die Stirn und überlegte. Dann räusperte er sich. "servus, meine Herrin wünscht von dir zu erfahren, wie du in die Sklaverei gelangt bist!" rief er dann dem stämmigen Kerl empor, nicht weil Celerina das wissen wollte, sondern weil es ihn selbst interessierte. Er würde eine bessere Einschätzung zum Charakter des Mannes abgeben können, wenn er dessen Hindergrund kannte.

    Brix unterdrückte ein Seufzen. So manches Mal hatte er den Verdacht, dass die Aurelier das schlechteste Händchen für Sklaven schlechthin hatten. Celerina war zwar eine Flavia, doch offensichtlich war es ansteckend, sich ungeeignete Sklaven herauszupicken. "Er wäre wohl am ehesten im Stall einzusetzen oder für Reparaturarbeiten. Schau dir seine Hände an, domina", sagte Brix und nickte in die entsprechende Richtung. An Leibwächtern mangelte es jedenfalls nicht, was in einem Haushalt mit zwei und mehr Senatoren sicherlich auch keine Überraschung war. Natürlich stellten allerdings private Sklaven eine Art Statussymbol dar. "Wofür gedenkst du ihn einzusetzen?" Brix war nicht dumm, er konnte sich schon ausdenken, dass es hier um einen Ersatz für Phraates ging, wie auch immer geartet dieser sein würde. Ob ein neuer Sklave auch den leeren Platz in Celerinas Bett füllen würde - oder überhaupt sollte - wusste er nicht zu beurteilen. Es stand ihm aber auch nicht zu, deswegen schwieg er. "Er scheint aus dem Norden zu kommen", bemerkte er noch, allerdings mehr zu sich selbst als zu Celerina. Entweder hatte er die Herkunft des Mannes überhört oder der Sklavenhändler hatte sie nicht genannt.

    Brix war gebeten worden, die Hausherrin zum Markt zu begleiten. Er hätte eigentlich noch eine Menge zu tun gehabt, aber Celerina war recht eindeutig gewesen. Warum sie ausgerechnet ihn hatte mitnehmen wollen, wusste Brix nicht - zumindest noch nicht. Vielleicht wollte sie ihn näher kennenlernen, denn auch wenn die Flavia schon geraume Zeit im Haus der Aurelier lebte, hatten sie bisher so gut wie nichts miteinander zu schaffen gehabt. Aber er war ihr natürlich ohnehin geduldig gefolgt, gemeinsam mit Trautwini, der für ihre Sicherheit sorgte, und hatte alle Dinge, die sie auf dem Weg hierher erstanden hatte, in einen Korb gelegt. Den trug er nun locker über dem Arm, während Celerina vor dem Podest des Sklavenhändlers Halt machte, bei dem die Aurelier die meisten ihrer Sklaven zu kaufen pflegten. Sie schien Interesse zu haben. Brix zog seine Brauen zusammen.


    "domina, meinst du nicht, dass dieser Sklave eher etwas für eine Plebejerin wäre?" fragte er sie vorsichtig und wechselte den Korb vom einen zum anderen Arm. Immerhin wurde er als ungehobelt dargestellt.

    "Siebzehn und nichts erlebt im Leben!" Brix klang entsetzt, aber sein Lächeln strafte den Tonfall Lügen. "Na, mach dir mal keine Sorgen. Hier dürftest du genug erleben." Er schmunzelte und musterte Vilja nochmals. Sie wirkte nicht wie siebzehn, eher wie Mitte zwanzig. Und sie verneinte eben, griechisch sprechn zu können. Brix wirkte kurz enttäuscht, dann zuckte er mit den Schultern. "Na gut, wird Caecus eben weiter den Übersetzer spielen müssen", sagte er leichthin und griff dann Viljas Worte auf. "Was würdest du denn gern lernen?" fragte er sie, ohne zu ahnen, dass sie nicht daran glaubte, dass hier als Sklavin manches möglich war, was anderenorts unmöglich schien.


    Brix hörte sich Viljas Erzählung an und musterte sie noch, als sie bereits geendet hatte. Erst einen Augenblick später sagte er etwas dazu. "Sollte dich hier jemand schlagen, sagst du mir das bitte." Damit meinte Brix sämtliche Bewohner des Hauses, Herren wie Sklaven. "Und wenn du Streit mit jemandem hast, kannst du auch immer zu mir kommen." Brix lächelte. "Jedenfalls wirst du dich wohl umstellen müssen. Hier werden wir nicht geschlagen." Er dachte daran, dass er um ein Haar ausgepeitscht worden war. Und dass es Phraates dann getroffen hatte. Und schon taten ihm seine Worte gleich wieder leid und er nahm sie zum Teil wieder zurück: "Es sei denn, du begehst unverzeihliche Fehler", sagte er trocken, dann schüttelte er abschließend den Kopf. "Naja, gut. Schlafen wirst du bei den anderen Frauen. Ich zeige dir nachher die Räume und den Rest des Hauses. Also... Wenn du es gut anstellst, dann könntest du die neue Leibsklavin des Hausherren werden", offenbarte er ihr. Denn Brix ging davon aus, dass Corvinus sie gekauft hatte, damit sie Sivs Tätigkeiten übernehmen und sie damit ersetzen konnte.

    Marei hatte wohl ein Donnerwetter erwartet, aber Brix wusste, wie Kinder waren. Er versuchte deswegen, Marei viele Freiheiten einzuräumen. Er wusste, dass sie oft mit ihrer Puppe spielte, und bei solchen Gelegenheiten sagte er nichts, sondern sah darüber hinweg. "Das wäre super, Marei", bemerkte er deswegen auf lächelnd auf ihr Angebot, das Laub aufzusammeln. "Aber wegen des Karrens musst du bedenken, dass auf dem Markt sehr viele Leute unterwegs sein werden. Da kann so ein Karren hinderlicher sein als wenn man schnell ohne geht." Brix schmunzelte und zwinkerte Marei dann zu.


    Als Brix dann nacheinander die anderen ansah, bemerkte er auch Baldemars Blick. Was mit seinem Landsmann los war, konnte er sich nicht erklären. Sie hatten noch nicht besonders viel Kontakt gehabt, und es war schließlich noch nicht lange her, dass die Tiberia überhaupt hier eingezogen war. Brix blickte Baldemar nur fragend an, seufzte und nahm sich dann vor, noch einmal mit ihm zu reden. Er sah keinen Grund, warum Baldemar seine Bitte ausschlagen sollte, deswegen musste er herausfinden, was er damit für ein Problem hatte. Das wollte er im Anschluss an dieses Treffen machen, dann hatten sie es beide hinter sich. Deswegen ging Brix auch nicht vor versammelter Truppe darauf ein, sondern überging es vorerst. Frija zeigte sich da aufgeschlossener. Brix lächelte ihr erfreut zu. "Gut, Frija. Möchtest du sie fragen, ob sie dich vor den Floralia eine Weile freistellt oder soll ich mich darum kümmern?" bot sich Brix an. Kurz darauf erklärten sich auch Sofia und Arsinoe bereit, sich um die Kränze und Gestecke zu kümmern. Sofia, weil sie dann Frija als Neue ausquetschen könnte, und Arsinoe, weil sie Sofia mochte. Brix nickte beiden zu, als Vilja uch eintraf. "Ah, Vilja. Ich wollte dich noch den anderen vorstellen... Das ist Vilja. Und das hier sind..." Brix stellte der Reihe nach alle Anwesenden vor. "Vilja, vielleicht solltest du mit den anderen auf den Markt gehen, wenn sie die Blumen organisieren", sagte Brix zu ihr mit dem Hintergedanken, dass sie sich so vielleicht etwas näher kennenlernen konnten. Zwar schliefen sämtliche Sklaven in zwei nach Geschlechtern getrennten Unterkünften, sofern sie keine Leibsklaven waren und in eigens vorhandenen kleinen Räumen direkt neben den Schlafgemächern der Herrschaften schliefen - da war Brix keine Ausnahme -, doch Vilja war noch neu hier, und Septimas Sklaven im Grunde auch.


    Dann wandte sich Brix wieder Frija zu. Er erinnerte sich noch an die germanischen Gemüsegärten. Das war ein ganz anderes Kaliber als die römischen Gärten, die meistens nur als Statussymbol dienten. "Das macht nichts. Wir werden etwas anderes finden, wo du helfen kannst." Einen richtig guten Gärtner brauchten sie noch, nun wo Siv mit ihrem grünen Daumen nicht mehr hier war. "Cimon, wie sieht es aus, würdest du das impluvium reinigen, wenn wir anderen hier saubermachen?" fragte er den Nubier, der in letzter Zeit erstaunlich oft in den Ställen gesehen worden war. Gerade die Ställe waren eben ein Ort, der einerseits nur geringe Größe aufwies - immerhin war dies hier eine Stadtvilla - und andererseits so gut wie nie verlassen war. Die zwei Knechte schliefen sogar dort. Aber Brix verlor kein weiteres Wort darüber.

    Brix lächelte kurz, dann stützte er lässig einen Ellbogen auf den Schreibtisch und sein Kinn auf die abgewinkelte Hand. "Vilja", sagte er. Nicht unbedingt ein typisch germanischer Name. Sie wollte nichts essen, und Brix akzeptierte das. Er drang nicht weiter in sie, sondern nickte nur dazu. Durst hatte sie offensichtlich auch kaum, zumindest hielt sie den Becher so in den Händen, dass es auf ihn mehr wie eine Verlegenheitsgeste wirkte. Brix lächelte erneut und sah von Viljas Händen zurück in ihr Gesicht. Er sah sie aufmerksam an, während sie erzählte. Doch sie beendete ihre Geschichte schnell, schneller als er es erwartet hätte. "Das klingt jetzt so, als hättest du kaum etwas erlebt", bemerkte er und schmunzelte. "Wie alt bist du, Vilja?" fragte er freundlich. Brix wollte ihr den Anfang hier im Haus so leicht wie möglich machen.


    "Dann kannst du auch Griechisch?" fragte er weiter, und es hörte sich bereistert an, soweit es die Situation zuließ. "Ich wünschte, ich hätte die Zeit dazu, das auch zu lernen. Würde mir manchmal die Arbeit etwas erleichtern. So muss ich immer jemanden fragen, der den Übersetzer spielt." Brix grinste kurz, legte dann die beiden Hände auf die Tischplatte vor sich. "Und du warst seit deiner Geburt bei deiner Herrin in Griechenland? Wie war sie so? Bist du gut behandelt worden?" Nach ihrer Mutter fragte er besser nicht. Er wollte nicht gleich am ersten Abend tollpatschig in ein Wespennest stechen. Vielleicht lebte sie ja auch noch.

    Brix ließ sich umarmen und drückte auch Siv kurz an sich. Nicht zu fest, denn sie hielt Finn ja noch. Er strich ihr dabei zweimal kurz über den Rücken und ließ sie dann wieder los. Anschließend fuhr er Finn über das Köpfchen und lächelte noch kurz. "Bis die Tage, Ferun." Er zerwuschelte Sonnwinn das Haar und winkte Lioba grinsend zu, dann machte er sich auf den Heimweg. Was Brix dachte, behielt er für sich. Die unausgesprochenen Fragen in Sivs Augen hatte er nicht beantwortet. Das würde er auch beim nächsten Mal nicht tun, bis sie ihn danach fragte. Sofern sie das jemals tat vor ihrer Heimreise.

    "Wenn du damit über die Alpen kommst", bemerkte Brix und deutete an Siv herunter. Sie hatte zwar bestimmt auch ein paar wollene Tuniken, aber selbst im Frühjahr war es auf den Bergüässen schneidend kalt. Allein schon was Finn anging, glaubte Brix, dass Siv noch nicht wirklich nachgedacht hatte, wie sie ihn vor der Kälte schützen wollte. Der Germane sah Siv prüfend an und entschied sich dann, das Thema fallen zu lassen. Siv würde sich von ihm vielleicht belehren lassen, aber im Grunde wusste sie, dass das eine anstrengende Reise werden würde, deren Ausgang offen war. Sein Blick fiel auf Finn, als er daran dachte, was passieren mochte, wenn diese Geschichte ein schlechtes Ende nahm. Er wandte den Blick ab und sah wieder zu Ferun, die sich an ihrem Bottich zu schaffen machte.


    Brix nahm Lioba auf den Arm. Auch sie schien sein Bart zu faszinieren, auch wenn sie dabei deutlich vorsichtiger hantierte als Finn. Im Gegensatz zu ihn zupfte sie ihm allerdings auch an den Haaren. Er sah hinunter zu Siv, die gerade für Sonnwinn einen neuen Turm baute. In ihrem Blick schien so viel mehr zu liegen als sie letztenendes fragte. Brix erwiderte ihren Blick noch einen Moment, den Ferun zur Bekräftigung nutzte, dann antwortete er. "Ich würde wirklich gern", sagte er und sah dabei in die Runde. "Aber ich bin eigentlich schon viel zu spät dran. Zu Hause steht alles Kopf." Und bei dieser letzten Bemerkung sah er Siv an. Dann setzte er Lioba wieder auf den Boden neben Sonnwinn. "Ein andermal gern. Passt mir gut aufeinander auf. Und grüßt Uland von mir. Ich werd mich dann auf den Heimweg machen." Brix löste nun noch das Ledersäckchen mit dem Geld und reichte es Siv, die immer noch auf dem Boden saß und ganz von Sonnwinn vereinnahmt wurde. "Hier. Und denk noch mal über meine Worte nach", sagte er zu ihr.