Leider fehlt mir die Zeit. Bitte vorerst wieder ins Exil.
Beiträge von Thabit
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Erleichtert atmete der junge Ägypter innerlich auf, als er die erlösenden Worte hörte. Er durfte also hier bleiben. Mit einem kräftigen zustimmenden Kopfnicken bestätigte er die damit verbundene Auflage des Decimers, der alten Pontia einen Brief zu schreiben. Noch am heutigen Abend wollte er sich hinsetzen und den Brief verfassen. Und es war schön zu sehen, dass auch das Lächeln wieder zurück in Serpaios Gesicht gefunden hatte.
Dann ging es auch schon los. Der Tribun zählte auf, wofür Thabit von nun an zuständig war. Die Rüstung pflegen, das Pferd versorgen und Botengänge. Thabits Latein hatte sich in den letzten Wochen tatsächlich verbessert. Kein Wunder, redete doch kaum einer im Castellum in einer anderen Sprache. Und das beste an der ganzen Sache – er bekam ab sofort Lohn dafür. LOHN!! Das erste Mal in seinem jungen Leben, dass Thabit ehrliches Geld verdiente. Sein Grinsen wurde breiter und seine Brust schwellte etwas an bei diesem Gedanken. Im nächsten Moment erinnerte sich der junge Ägypter jedoch daran, dass Ravdushara vorhin erwähnt hatte, der schöne schwarze Hengst seines Herrn hätte die letzte Nacht nicht überlebt. Sein Grinsen verschwand daher wieder und er sah Serapio kurz fragend an. Hatte ihm der Sklave etwa auch hier ein Märchen aufgebunden? Wenn, dann war es ein sehr pietätloser Scherz gewesen. "Ravdushara hat vorhin erwähnt, dass dein Pferd die letzte Nacht nicht überlebt hat, Herr." fragte er daher etwas zögerlich nach, während Serapio etwas zu Essen auftischte. Essen! In der ganzen Aufregung hatte er überhaupt nicht gemerkt, dass sich sein Bauch das eine oder andere Mal schon lautstark bemerkbar gemacht hatte. Er hatte Tatsächlich einen mächtigen Hunger und ließ sich daher nicht zwei Mal bitten. Kaum standen Brot, Käse und Oliven vor seinen Füßen griff er auch schon zu und biss ab. Auf ein Danke hatte er ganz vergessen, dafür fiel ihm auf das dieses Brot etwas zäh war, doch zum stillen seines Hungers reichte es alle Mal. Während er das Essen gierig hinunterschlang, sah er wieder zu Serapio, der ihm noch eine Antwort auf seine Frage schuldig war.
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Schon nach den ersten paar Worten des Decimers zog Thabit leicht den Kopf ein. Die Wahrheit war nun raus und er musste mit den Konsequenzen leben – wie auch immer diese aussahen. Doch die waren dem jungen Ägypter allemal lieber, als er hätte Serapio deswegen angelogen. Das hatte dieser einfach nicht verdient und es hätte ihr bisher gutes Verhältnis zueinander bestimmt langhaltig beschädigt. Als Serapio gleich Anfangs erwähnte, dass Pontia sich trotz der Nachricht sorgen machen könnte, wollte Thabit schon vorschlagen, dass der Decimer einfach einen Brief nach Nikoplois schicken sollte. Dann würde sie sich bestimmt nicht mehr sorgen. Doch Serapio sprach gleich weiter und so lag es Thabit fern, ihn bei seiner Moralpredigt ins Wort zu fallen. Als dieser als nächstes erwähnte, dass auf diesem Feldzug Menschen starben, sah der junge Ägypter wieder auf. Meinte er das ernst, oder übertrieb er jetzt ein wenig, um Thabit Angst einzujagen. Natürlich war die Wüste nicht unbedingt ein friedfertiger Ort und auch das eine oder andere wilde Tier gab es hier draußen, vor dem man sich in Acht nehmen musste. Allerdings nur wenn man alleine war und das war bei diesem Auflauf an Soldaten nicht wirklich der Fall.
Erst jetzt realisierte der Junge wieder, wie verwüstet das Lager aussah. Nach Ravdusharas aufgeflogenen Schauermärchen von kopflosen Reitern, hatte er das total verdrängt. Bisher hatte er sich auch keinerlei Gedanken gemacht, was die Soldaten überhaupt in dieser Gegend zu suchen hatten. Nun wurde ihm tatsächlich ein klein wenig mulmig zu Mute. Doch als schließlich das Wort „zurückschicken“ fiel, war er wieder ganz bei der Sache. Sofort ließ er den Harnisch los und warf sich vor Serapio auf den Boden "Nein! Bitte! Bitte lass mich hier Herr! Ich möchte hier bei dir bleiben" um im nächsten Augenblick auch schon wieder hochzuspringen und nach den Harnisch zu greifen. "Schau! Ich kann mich auch nützlich machen und dir helfen" deutete er auf den halbpolierten Brustpanzer. Mit den Worten "Ich werde auch vorsichtig sein und auf mich achtgeben. Ich werde dir bestimmt keine Last sein! Bitte lass mich hier!" endete die fast herzzerreißend wirkende Szene, bei der Thabit sein vollstes schauspielerisches Talent ausgeschöpft hatte, nur um Serpaio zu überzeugen. Zum Abschluss gab es auch noch große Augen und ein zuversichtliches Lächeln, dass noch als Draufgabe mit in die Waagschale geworfen wurde, die nun über bleiben oder zurückgehen entscheiden sollte.
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Nachdem der Legionär zu Thabits Erleichterung doch wieder gegangen war, hatte er eine ganze Weile am Harnisch des Tribuns gearbeitet, als erneut der Zelteingang beiseite geschlagen wurde. Wer es dieses Mal wohl wieder war fragte sich der junge Ägypter und blickte auf. Diesmal war es endlich Serapio. Welch ein Glück! Und zu Thabits Verwunderung wirkte er zwar überrascht, aber keineswegs Böse ihn hier in seinem Zelt anzutreffen. "Herr!!" Sofort ließ der junge Bursche den Harnisch Harnisch sein und hatte nur noch Augen für Serapio, der sich hinunter beugte und ihm auf die Schulter klopfte. Er war sogar froh Thabit zu sehen. Ach! Die Götter meinten es wohl gut mit ihm. Jegliche Schuldgefühle und selbst das schlechte Gewissen, das ihn den Weg hierher das eine oder andere Mal gequält hatte waren mit einem Schlag verflogen. Nur noch Euphorie war zu spüren. Bis zu dem Zeitpunkt, wo der Decimer die alte Pontia ansprach. Da verschwand Thabits breites und überschwängliches Grinsen wieder aus seinem Gesicht. "Pontia?!" fragte er ertappt nach und sah auch sofort Schuldbewusst zu Boden. "Nunja Herr…." Es half nichts. Er musste mit der Wahrheit herausrücken. Schließlich würde er auch irgendwann wieder zurück nach Nikopolis kommen und da war es gut den Decimer als Verbündeten zu haben, wenn Pontia ihn in die Finger bekam. "Die hat es mir eigentlich nicht erlaubt. Ich bin ausgerissen um dir zu folgen." Sein Kopf war weiter Richtung Boden geneigt, doch seine Augen blinzelten durch ein Büschel Haare hindurch wieder zu Serapio. "Aber ich habe ihr eine Nachricht hinterlassen, damit sie sich nicht sorgt" setzte er noch schnell entschuldigend nach. Ob das reichte? Er hoffte nur, dass er nun keinen Ärger bekam oder gar zurückgeschickt wurde. Wie gern wollte er hier bleiben und gemeinsam mit Serapio große Abenteuer erleben.
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Thabit zog hinter seinem Rücken eine Grimasse, als Ravdushara das Zelt wieder verließ und richtete den Putzzeugkasten, den der Skalve durch seinen Fußtritt verschoben hatte. Ein Gefühl der Genugtuung breitete sich in ihm aus, denn irgendwie kam es ihm schon so vor, als hätte er sich endlich einmal gegen den älteren Sklaven durchgesetzt. Ja, er fühlte sich wie der Gewinner dieses kleinen Disputs. Zweifellos ein wirklich angenehmes Gefühl! Doch dann wurde ihm wieder gewahr, welche Aufgabe Ravdushara ihm übertragen hatte. Ob er es nun gern machte oder nicht, letztendlich tat er es für den Decimer und nicht für seinen Skalven. Also machte er sich an die Arbeit, begann ganz nach Ravdusharas Anweisung damit den restlichen Sand zu entfernen und nahm schließlich den Bimsstein zur Hand. Kaum hatte er damit begonnen, den zwischen seinen Beinen eingeklemmten Harnisch damit zu bearbeiten, wurde Zelteingang erneut beiseite geschlagen. Hatte Ravdushara etwas vergessen oder hatte er etwa doch noch die Grimasse von vorhin aus dem Augenwinkel gesehen? Das könnte Ärger bedeuten! Aufgeschrocken wie eine junge Antilope sah der Ägypter hastig und mit großen Augen Richtung Eingang. Nein…. Innerlich atmete er vorerst durch. Es war nicht der Sklave, der eintrat sondern ein Legionär. Was er wohl wollte? Bestimmt war er auf der Suche nach Serapio. Kaum hatte Thabit diesen Gedanken zu Ende gedacht, wurde sie auch schon mit einer gleichlautenden Frage bestätigt. "Salve….." antwortete er zögerlich und bearbeitete weiter nervös den Harnisch. Natürlich hatte er sich mittlerweile an den Anblick der vielen Soldaten gewöhnt, doch im Castellum hatte ihn nie einer angesprochen. Vermutlich hielten ihn die meisten für einen Sklaven und hatten daher kein Interesse an einem Gespräch. Davor hatte er es eher vermieden einem Soldaten über den Weg zu laufen, schließlich waren sie meist nur auf der Suche nach ihm, wenn man ihn einmal mehr beim Klauen auf einen der Märkte erwischt hatte. In den meisten Fällen handelte es sich bei seinem erbeuteten Diebesgut lediglich um Essen, denn von irgendetwas musste er ja leben. Doch die Händler verstanden bei solchen Dingen keinen Spaß und die Legionäre wussten derartige Vergehen auch schmerzvoll zu vergelten.
Dieser Legionär sprach ihn jedoch an und noch während Thabit überlegte, wie und was er antworten sollte, sprach er sogar weiter. Die Blicke des jungen Ägypters folgten denen des Legionärs auf den Harnisch zurück. Ein wenig Fett für die Lederriemen. Das hatte Ravdushara wohl vorhin bei seiner kurz ausgefallenen Erklärung vergessen. Und schon folgte die nächste Frage. Thabit spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, als ihn der Legionär nach seinem Namen fragte. Und als wäre das nicht genug Aufregung gewesen, setzte sich Typ, den er ungefähr in Ravdusharas Alter schätzte und der damit ebenfalls älter als Thabit war, auch noch neben ihn.
Etwas erschrocken rückte Thabit samt Harnisch zwischen den Beinen ein Stück beiseite, seinen Blick nach wie vor nach unten auf diesen gerichtet. Warum um alles in der Welt setzte sich der Legionär zu ihm? Dies war doch das Zelt des Decimers, eines Tribuns. Oder hatte ihn dieser verdammte Sklave schon wieder reingelegt? Nein. Der Legionär hatte doch vorhin nach Serapio gefragt. Es musste also sein Zelt sein. Aber der Legionär hatte den jungen Ägypter noch nie hier gesehen. Vielleicht hielt er ihn für einen Dieb? Doch welcher Dieb würde die Dinge reinigen, bevor er sie stahl, beruhigte sich Thabit gleich wieder. Nein! Er durfte keine Angst mehr haben und musste sein altes Leben endlich hinter sich lassen. Früher jagten ihn die Legionäre vielleicht, doch heute arbeitete er für einen - noch dazu für einen Tribun. Thabit atmete also tief durch und sah wieder - immer noch etwas verschreckt wirkend - auf. Eigentlich sprach dieser Legionär in einem recht netten Tonfall und so antwortete auch er immer noch etwas zögerlich "Ich bin Thabit. Ich bin mit dem Nachschub gekommen und……. arbeite für den Tribun…… Aber er ist gerade nicht hier." Sehr intelligent Thabit, rügte er sich innerlich selbst. Das Serapio gerade nicht da war, sah der Legionär selbst. Er hatte schließlich auch Augen im Kopf. Nunja. Vielleicht wollte er ja nur das wissen und ging nun wieder.
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Erleichterung kam in dem jungen Ägypter auf, als Ravdushara sich doch dazu entschloss ihm zu zeigen, was er zu tun hatte. Zuerst fiel Thabits Blick auf den Rüstungsständer, auf den der Sklave deutete. Den selbstherrlichen Tonfall überhörte er dabei. Das war also ein Paludamentum. Thabit hatte es zwar bereits das eine oder andere Mal gesehen, aber bisher nicht gewusst wie es hieß. Zusätzlich fragte er sich bei dieser Gelegenheit, ob es tatsächlich sinnvoll war, einen so herrlichen und kostbaren Umhang mit auf einen Feldzug zu schleppen. In Nikopolis wäre er sicher besser aufgehoben gewesen. Doch die Römer hatten einen Faible für derart pompöse Gewandungen, selbst wenn sie damit in den Krieg zogen. Soweit kannte sich Thabit mittlerweile aus. Als Ravdushara schließlich den Harnisch vom Ständer nahm, der vermutlich nicht minderkostbar war, und nach einem Kästchen griff, folgte der junge Ägypter ihm mit seinen Blicken, bis der Sklave sich schließlich zu ihm setzte. Aufmerksam hörte Thabit zu und beobachtete dabei jeden Handgriff des Skalven. Sand weg, Bimsstein darüber, Paste, Lappen, Öl notierte er sich gedanklich mit. Hoffentlich merkte er sich das auf die schnelle und in passender Reihenfolge. Für einen kurzen Moment wirkte das Verhältnis zwischen den beiden fast normal. Doch kaum war Ravdushara mit seinen kurzen Ausführungen fertig, sprang er auch schon wieder auf und herrschte Thabit an. Dieser entgegnete selbstverständlich trotzig "Natürlich! Nun geh schon deine ach so wichtigen Botengänge erledigen. Ich komme schon alleine zu recht" und klemmte währenddessen demonstrativ den Harnisch so gut es ging zwischen seine Beine. Bevor er mit der Arbeit begann, sah er jedoch noch einmal zu Ravdushara auf und meinte mit einem etwas überheblichen Unterton in der Stimme "Ist sonst noch etwas?" Eigentlich wollte er nie mit Ravdushara streiten, aber oft hatte er das Gefühl das der Sklave es nicht anders verstand. Und immerhin wollte er sich nicht dauernd wie der letzte Dummkopf behandeln lassen. Er musste lernen sich gegen den älteren Kraftprotz durchzusetzen.
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Für mich auch bitte
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Thabit sah an sich hinunter. Etwas schmächtig war er vielleicht tatsächlich, doch wenn er wollte, dann konnte er durchaus mitanpacken. Und was hieß hier vierzehn?! Phhaa!!! Er war bereits siebzehn Jahre, doch ehe er das richtigstellen konnte, winkte Ravdushara wieder ab und redete einfach weiter. Es gab also Arbeit und der Sklave machte tatsächlich den Eindruck, als würde er den jungen Ägypter miteinbinden. Thabit atmete zufrieden durch, auch wenn es ihm eigentlich lieber gewesen wäre, Serapio vorher zu Gesicht zu bekommen. Doch ihm blieb nichts anderes über, als vorerst auf Ravdushara zu hören, schließlich kannte er sich hier nicht aus, und so trappelte er dem Sklaven einfach hinterher.
Als sie im Zelt des Decimers ankamen, erkannte Thabit sofort den einen oder anderen persönlichen Gegenstand wieder, der Serapio gehörte. Ravdushara hatte ihm also zumindest einmal in das richtige Zelt geführt – bei dem wusste man schließlich nie, was ihm einfiel. Sofort viel ihm auf, dass es auch im Zeltinneren etwas verbrannt roch. Kaum hatte sich Thabit ein Plätzchen gesucht um sich etwas vom anstrengenden Fußmarsch der letzten Stunden auszuruhen, begann der Sklave auch schon damit ihn für diverseste Arbeiten einzuteilen. Die Paraderüstung polieren? Thabit hatte noch nie etwas poliert. Und was beim Jupiter war ein Paluda..was? Schuhe putzen, Zelt reparieren, usw. "Aber……." Thabit kam nicht einmal dazu irgendetwas zu erwidern. Der Sklave sprach einfach weiter und weiter. Die Liste schien fast kein Ende mehr zu nehmen und dementsprechend verdattert sah der junge Ägypter zu Ravdushara auf. Und nun auch noch zu guter Letzt Vorwürfe, er hätte ihm aufgehalten und Zeit gekostet. Das sah diesem Möchtegernmaiordomus wieder ähnlich. Thabit war bereits in Nikopolis mehrmals aufgefallen das Ravdushara sich gerne unter den anderen Sklaven in den Mittelpunkt drängte, aber wenn es um Arbeit ging, immer viiieeel zu beschäftigt war um mitzuhelfen. Als der Sklave schließlich auch noch Anstalten machte sofort wieder gehen zu wollen, nahm sich Thabit doch noch ein Herz. "Warte Ravdushara! Ich….. Ich kenne mich mit all dem doch nicht aus. Erkläre mir zumindest wie man eine Paraderüstung poliert." Der Ägypter wollte keinesfalls riskieren, dass er dabei etwas falsch machte und Serapio sich vielleicht auch noch wegen ihm vor seinen Männern und Kammeraden blamierte. "Und was ist überhaupt eine Paluda…dings? Komm schon! Du kannst mich hier doch nicht einfach so sitzen lassen." Zumindest beim Schuheputzen konnte er nichts falsch machen, dachte er zumindest. Aber das Zelt nähen? Das stellte ihm schon wieder vor ein größeres Problem. Fragend und fast hilflos und überfordert wirkend, sah er sich im Zelt um und schließlich wieder zu dem Sklaven.
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Der junge Ägypter hing förmlich an den Lippen des Sklaven, als dieser von den Vorgängen der letzten Nacht zu berichten begann. Ravdushara war auch eine Art Meister des Geschichtenerzählens. Er brachte die nötige Spannung mit ein, auf die ein naiver Junge wie Thabit natürlich sofort ansprang. Die unheilvolle Stimme tat dabei natürlich ihren Rest. Kopflose Reiter, riesige Hyänen und monströse Reiszähne - die Augen des Ägypters wurden mit jedem Moment größer und größer. Er hätte es zwar vor Ravdushara niemals zugegeben, doch allein bei der bildlichen Vorstellung dieser Geschichte, begann Thabit sich ein klein wenig zu fürchten und merkte dabei deutlich, wie sich die Poren seiner Haut aufstellten, als Ravdushara die länger der Zähne mit seinen Fingern demonstrierte.
Erst als der Sklave lauthals zu lachen begann, dachte Thabit noch einmal über die letzten Worte nach. Kleine Schlammkröten? – sehr witzig! Einmal mehr war er Ravdushara auf den Leim gegangen. Denn neben Thabits Umbenennung in „kleine Kröte“ schien das erzählen von an den Haaren herbeigezogenen Geschichten ein weiteres großes Hobby zu sein, dessen sich der Sklave in Thabits Gegenwart erfreute. Manchmal wusste er schon nicht mehr, was er noch glauben konnte und was nicht. Erneut spiegelten sich daher Wut und Enttäuschung in Thabits Augen wider. "RAVDUSHARA! Du bist so ein Idiot!" schrie er dem Sklaven an, während dieser sich immer noch köstlich über seinen kleinen Scherz amüsierte und sich lachend auf die Schenkel klopfte. Die beschwichtigenden Worte trugen nun auch nicht wirklich viel dazu bei, Thabits rasenden Puls zu senken. Hätte er auch nur den leisesten Ansatz einer Chance gegen Ravdushara, der körperlich wesentlich besser gebaut und daher auch weitaus stärker als er selbst war, wäre er ihm in diesem Augenblick am liebsten an die Gurgel gegangen. Doch so konnte er nur trotzig seinen Kopf schütteln und noch einmal enttäuscht, mehr zu sich selbst als zu dem Sklaven wiederholen "Du bist wirklich ein Idiot."
Erst als Ravdushara endlich mit der Wahrheit herausrückte, beruhigte sich Thabit wieder ein wenig. Serapio ging es also gut. Den Göttern war dank! Kurz stand ihm daher ein Ausdruck von Freude ins Gesicht geschrieben. Doch als der Junge vom Tot des Pferdes hörte, traf es ihm dafür umso schwerer. Zum einen wusste er, dass dieses Pferd dem Herrn sehr viel bedeutet hatte und zum anderen hatte man ihm doch in Aussicht gestellt als Pferdebursche für Serapio zu arbeiten. Was brachte nun ein Pferdejunge, vor allem hier im Feldlager, wenn es kein Pferd mehr gab, das er versorgen konnte? Ravdusharas Frage, warum er überhaupt hier war, konnte er sich in diesem Moment daher selbst nicht beantworten. Während er seinen Blick nach unten senkte, meinte er daher kleinlaut "Ich dachte….. Ich dachte, dass ich dem Tribun irgendwie nützlich sein könnte."
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Der junge Ägypter musste nicht lange durch die Zeltreihen irren, da hörte er bereits eine ihm wohlbekannte Stimme hinter sich. Doch bereits an ihrem Klang erkannte er, dass es sich nicht um Serapio handelte, sondern um seinen Leibwächter Ravdushara. Und wie immer, hatte dieser nicht besonders freundliche Worte für Thabit über. "He! Kleine Kröte! Was machst du denn hier?!" äffte er die Stimme innerlich nach und verzog auch kurz dabei sein Gesicht zu einer Grimasse. Der Kopf des Jungen schnellte daher herum und seine dunklen Augen funkelten Ravdushara böse an. Nicht das Thabit sich einbildete, er könnte der muskelbepackten Kampfmaschine damit Angst einjagen, aber dennoch ging ihm diese feindselige Art des auf den Geist, mit der Ravdushara ihm begegnete. Und natürlich immer nur dann, wenn Serapio oder die alte Pontia gerade nicht in unmittelbarer Umgebung war und es hören konnte. Andernfalls würden sie diesem Mistkerl bestimmt ordentlich die Leviten lesen. Doch waren sie da, konnte selbst der Sklave die Freundlichkeit in Person sein. Für so viel Muskelmasse eigentlich ein schlauer Kerl, wie Thabit bereits des Öfteren feststellen musste. "Verdammt Ravdushara! Ich hab dir doch schon gesagt du sollst mich nicht immer so nennen!" fauchte Thabit den Muskelberg an, der sich jedoch aus Sicht des jungen Ägypters wenig beeindruckt davon zeigte. Er entschloss also, es auf sich beruhen zu lassen. Was sollte er sich auch mit diesem Typen hier herstellen. Es gab wichtigeres – in etwa wo Serapio abgeblieben war und ob es ihm gut ging. “Sag mir lieber wo Serapio ist und was hier letzte Nacht los war?"
Ravdushara machte nicht gerade einen aufgeregten oder traurigen Eindruck. Daher ging Thabit davon aus, dass Serapio nichts geschehen war. Dennoch nagte es ihn ihm und so fragte er sicherheitshalber nach. “Ihm geht es doch hoffentlich gut, oder?" Erst jetzt erkannte Thabit, dass in dieser letzten Frage wieder ordentliches Konfliktpotenzial lag. Hoffentlich fühlte sich dieser eingebildete Kerl nicht wieder in seiner Ehre als Leibwächter verletzt. Immerhin war ja der große Ravdushara da, um auf seinen Herrn aufzupassen und ihm mit seinem Leben zu verteidigen…blablabla. Nein. Wäre Serapio tatsächlich etwas passiert, würde der Sklave hier wohl kaum seelenruhig herumspazieren. Doch nun musste Thabit einmal abwarten, wie die Antwort ausfiel.
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Einige Monate waren bereits vergangen und einiges in Thabits Leben hatte sich von Grund auf verändert, seitdem er Cercidas und seinen Männern auf den alexandrinischen Märkten entkommen war, auf seiner Flucht einem römischen Offizier das Leben gerettet und von diesem schließlich sogar aufgenommen worden war. Decimus Serapio, jener angesprochene Offizier, hatte den damals verletzten jungen Mann in das Lazarett des Castellums gebracht, ihn dort ärztlich versorgen lassen und schließlich bis zu seiner vollständigen Genesung bei sich aufgenommen. Es glich fast einem Wunder und sein Leben seitdem einer dieser Geschichten, die die alten Weiber in den Dörfern ihren Kindern und Enkelkindern erzählten, vom süßen Leben der reichen Römer. Serapio konnte man durchwegs zu dieser Gruppe Menschen zählen. Er hatte einen hohen Posten als Tribun bei der römischen Legion, wohnte in einer geräumigen Villa im Castellum, hatte dort Sklaven und Untergebene und schien auch zu allem Überfluss nicht schlecht dabei zu verdienen. Ganz abgesehen davon, dass Thabit bereits von Haushälterin Pontia gehört hatte, Serapio wäre zudem noch im sogenannten Ordo Senatorios, eine Art oberste Standesschicht der Römer, und zudem ein Eques des römischen Reiches. Alles in allem schien Thabit das große Los mit der Rettung dieses Römers gezogen zu heben. Denn auch nachdem er sich von seinen Verletzungen erholt hatte, jagte man ihn keineswegs davon, sondern bot ihm sogar an als Pferdebursche für diesen Decimer zu arbeiten. Bei all dem was Thabit bisher vom „süßen Leben“ dieser Römer gesehen hatte, fiel ihm die Entscheidung zuzusagen nicht sonderlich schwer. Zudem trug zu dieser Entscheidung auch die Haushälterin Pontia entschieden bei - eine resolute ältere Dame, die sich dem tapferen kleinen Ägypter gegenüber seit seinem Auftauchen sehr mütterlich gezeigt hatte. Und so begann Thabits neues Leben, fernab der lauten und verdreckten Straßen und Viertel Alexandrias, wo er jeden Tag aufs Neue sehen musste, wie er an etwas Essbares gelangte und wo er sein nächstes Nachtlager aufschlagen konnte. Es dauerte jedoch kürzer als er ursprünglich gedacht hatte....
Kurz vor Thabits vollständiger Genesung herrschte Hektik und Aufregung im Haus des Tribunen und dem restlichen Castellum. Meldungen trafen ein, dass im Grenzland zum Reich von Meroe brutale Überfälle irgendwelcher Wüstenreiterstämme stattfanden. Gerüchte sagten sogar, bei diesen Banditen würde es sich um kopflose Monster handeln. Und so kam es, dass die Legion sich aufmachte diesem Treiben ein Ende zu setzen. Natürlich hatte all das Bitten und Flehen nichts geholfen, seinen neuen Herrn begleiten zu dürfen. Pontia hatte das letzte Wort und entschied, dass Thabit bei ihr in Nikopolis bleiben musste. Er war ihrer Meinung nach noch nicht gesund genug und zudem war eine solche Mission viel zu gefährlich für einen Jüngling wie ihn. Selbstverständlich sah der junge Ägypter das vollkommen anders. Vor allem als er erfuhr, dass Ravdushara, der Leibsklave Serapios, sehr wohl seinen Herrn auf diesen Feldzug begleitete. Doch letztendlich beugte Thabit sich der scheinbaren Allmacht der Haushälterin und blieb zurück in Nikopolis während Serapio und die Legion auszog und mit Schiffen der Classis nilabwärts in den äußersten Süden der Provinz vordrang.
Doch der junge Thabit hielt es selbstverständlich nicht lange aus in der Villa herumzusitzen und der alten Pontia bei diversen Arbeiten zur Hand zu gehen, während Ravdushara und sein Herr gerade die vermeintlich größten Abenteuer ihres Lebens erlebten. Zumindest war dies in Thabits Vorstellung so. Und entgegen Pontias Diagnosen, hielt er sich auch keinesfalls noch zu schwach für ein wenig Abenteuer. Also riss er eines Tages aus, hinterließ Pontia einen Abschiedsbrief – schließlich sollte sie sich nicht unnötig sorgen – und schloss sich einem kleinen Legionstross an, der sich auf den Weg nach Syene machte, um die dortigen Truppen mit Nachschub zu versorgen. Doch Syene war nicht das endgültige Ziel dieser Reise, denn von dort startete ein beschwerlicher Marsch durch die Wüste Richtung Feldlager der Legio XXII, dass irgendwo im Nirgendwo des Zwölfmeilenlandes lag.
Als der Legionstross eines morgens endlich eintraf, bot sich Thabit ein schauderhaftes Bild von Verwüstung. Bereits von weiten konnte man eine Rauchfahne über dem Lager erkennen und legte im Marschtempo zu. Thabit dachte es wäre von den Lagerfeuern der Nacht und konnte nicht verstehen, warum der Offizier auf dem letzten Stück dieses ohnehin anstrengenden Marsches noch einmal einen Zahn zulegen wollte. Als man ankam, wurden die schlimmsten Befürchtungen war. Sichtlich geschockt sah sich der junge Ägypter um - abgebrannte Zelte, verletzte Soldaten und die deutlichen Spuren einer Schlacht. In der Nacht zuvor hatte es wohl einen Überfall gegeben. Während die abgeklärten Soldaten, die auf den ersten Blick erkannt hatten, dass das Gefecht bereits seit Stunden beendet war, in aller Ruhe begannen den mitgebrachten Nachschub abzuladen und der Offizier sich auf den Weg machte, dem Präfekten Meldung zu erstatten, ließ Thabit alles liegen und stehen, um sich umgehend auf die Suche nach Serapio zu machen. Sein Blick viel dabei auf eine nahegelegene Sanddüne, an der gerade einige Tote verscharrt wurden. Hoffentlich war der junge Herr noch am Leben.......
Sim-Off: Ich hoffe es ist für die Militärs ok, dass ich mir einen kleinen Nachschubstross erfunden habe, um so ins Lager zu gelangen
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Kann man mich bitte wieder freischalten?
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Während Thabit, sich vollkommen hilflos fühlend, den Fremden anstarte und abwartete was er nun vor hatte, wurde er plötzlich auf eine weitere Person im Raum aufmerksam, die er bisher überhaupt nicht bemerkt hatte. Es war der römische Offizier, der Cercidas niedergestreckt hatte. Der Pulsschlag des Jungen beruhigte sich wieder ein wenig und auch seine verkrampfte Haltung am Kopfende des Bettes löste sich langsam. Er wusste nicht so recht warum, doch dieser Römer sah aus, als könnte man ihm vertrauen. Mit großen Augen starrte er den Mann an, musterte seine Rüstung und dann sein Gesicht. Er war nicht so alt wie der andere. Vielleicht zehn Jahre älter als Thabit. Die wenigen Worte Latein die er kannte halfen nicht dabei zu verstehen, was die beiden Männer anfangs miteinander sprachen. Erst als der Römer begann griechisch zu sprechen, verstand Thabit. Er war also in Nikopolis, der Garnisonsstadt der Römer. Nicht gerade der Ort, an den sich ein junger Ägypter hinwünschen wollte, doch den Worten des Mannes der sich als Tribun Decimus Serapio vorstellte, war auch zu entnehmen, das man Thabit kein Leid zufügen wollte und er hier in Sicherheit war. Ganz im Gegenteil wollte man ihm sogar helfen. Ein kurzer verängstigter Blick zum Medicus ließ den Jungen jedoch weiter daran zweifeln.
Schließlich bedankte sich der Decimer sogar bei Thabit, der nicht wirklich verstand wofür. Alles war viel zu schnell gegangen im Hafenviertel und er konnte sich kaum daran erinnern, was tatsächlich geschehen war. Als der Tribun nach Schmerzen fragte, wurde Thabit erst wieder bewusst, dass man ihn dort verletzt verletzt hatte. Cercidas hatte ihn wohl mit irgendeinem Schwert oder Dolch erwischt. Erschrocken griff er sich an die mittlerweile verbundene Stelle und zuckte ein wenig zusammen. Der leichte Druck auf die Wunde verstärkte den Schmerz nur noch. Vorsichtig strich er sich darüber und begutachtete den Verband. Die Frage des Offiziers war also berechtigt und als Thabit wieder zu ihm aufsah, nickte er zögerlich aber bejahend. Nun kam auch wieder der Medicus an sein Bett und hielt den Jungen einen Becher hin. Unweigerlich zuckte dieser wieder zusammen und schob sich erneut ein Stück an das Kopfende des Bettes zurück. Dieser Mann glaubte doch nicht etwa das Thabit so dumm war sich vergiften zu lassen. Von diesen Römern hörte man die schrecklichsten Dinge. Sie folterten ihre Gefangenen auf grausamste Weise und nagelten sie schließlich sogar an Kreuze, die sie dann öffentlich Aufstellten und sich daran belustigten. Grausame Barbaren waren sie, die das einst stolze Aegypten unterjochten und die Bevölkerung ausbeuteten. Nein! Er war bestimmt nicht so dumm sich von diesen Männern vergiften zu lassen. Er rümpfte daher nur die Nase und presste argwöhnisch seine Augen aneinander. Sollte dieser Mann ihn zwingen wollen dieses Gebräu zu trinken, würde er ihn nötigenfalls die Hand abbeißen.
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Nach dieser plötzlichen Unmacht in der staubigen Seitenstraße des Hafenbezirks kam Thabit irgendwann wieder zu sich. Noch bevor er die Augen öffnete wurde ihm trotz seiner anfänglichen Benommenheit sofort bewusst, dass er nicht mehr auf der Straße befand, die er in seiner letzten Erinnerung noch deutlich vor sich sah. Was war da doch gleich passiert? Ach ja! Er hatte den sich zwischen Cercidas und den römischen Offizier geworfen und dann? Dann war es Dunkel geworden. Doch Cercidas ging zu Boden. Das hatte er noch deutlich gesehen, ehe er selbst das Bewusstsein verloren hatte. Dieser Mistkerl hatte endlich das bekommen, was er auch verdient hatte. Nie wieder würde er die Leute im Hafenviertel terrorisieren und auch Thabi war endlich sicher. Zumindest hoffte er das. Doch wo bei allen Göttern war er nun? Dieser Geruch, die Geräusche… es war bestimmt nicht mehr das Hafenviertel. Das hätte er selbst im Schlaf erkannt. Die Gerüche der verschiedenen Gewürze die dort gehandelt wurden und der salzige Duft des Meeres drangen dort in jedes Haus und in jede Ecke. Die lärmenden Karren auf den staubigen kleinen Gassen und die lauten Rufe der Händler, wenn sie versuchten ihre Waren an den Mann zu bringen hallten durch das ganze Viertel. Nein! Das hier war gewiss ein anderer Ort. Und es roch seltsam, sehr seltsam.
Langsam öffnete Thabit seine Augen. Zuerst nur das eine und auch nur zu einem ziemlich schmalen Spalt. Als er nicht wirklich etwas erkennen konnte, beschloss er auch das andere zu öffnen. Als erstes erblickte er eine Wand über sich. Er lag also in einem Raum und er spürte ein halbwegs weiches Bett unter sich. Doch was war das? Er war doch nicht etwa?! Doch, er war fast nackt! Lediglich den Lendenschurz hatte er noch an. Alles andere hatte man ihm vermutlich ausgezogen. Verdammt! Wo war er hier?!
Dann, als wäre er nicht schon verwirrt genug, blickte er plötzlich in ein fremdes Gesicht, das sich über ihn beugte und ihn begutachtend musterte. Es war klar zu erkennen ein römisches Gesicht. Ein Römer mittleren Alters, der auch gleich darauf seine Hände auf das Gesicht des Jungen legte und begann ihn abzutasten und seine Augenlieder mit seinen Fingern weiter auseinanderzuziehen. Hatte man ihn etwa in ein römisches Gefängnis gesteckt? Vollkommen panisch vor Angst stemmte sich Thabit mit beiden Armen gegen die äußeren Bettkanten und schob sich Richtung Kopfende des Bettes. Bloß weg von diesem Fremden, der wohl irgendetwas mit ihm vor hatte. Der Junge wollte schon schreien, doch der Schock war einfach zu groß und so verzog er nur ängstlich sein Gesicht, bevor er sich abwandte und die Augen schloss. Vielleicht war alles nur ein übler Traum und er wachte gleich wieder daraus aus. Zumindest wünschte er sich dies mehr als alles andere in diesem Moment.
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Fast als wollten die Götter, dass der Junge Cercidas röchelndes Ende mitbekam, öffneten sich für einen kurzen Moment wieder seine Augen und er sah diesen verfluchten Verbrecher, durchbohrt von der Klinge des Legionärs und mit schmerzverzerrten Gesicht zu Boden sinken. Das war nun hoffentlich sein Ende! Ein kleines, kaum merkliches zufriedenes Lächeln umspielte Thabits Lippen, ehe ihn wieder die Dunkelheit einhüllte und er erschöpft die Augen schloss. Der Junge atmete noch, war jedoch nicht mehr bei Bewusstsein und verlor weiterhin Blut.
Unterdessen merkten Cercidas Männer, dass ihr Anführer das Zeitliche gesegnet hatte und nahmen nun sichtlich geschockt ihre Beine in die Hände. Ohne einen Anführer waren sie nur noch hilflose Lakaien, die weder den nötigen Mut aufbrachten selbst Entscheidungen zu treffen, noch so enden wollten wie Cercidas. Hilflos wie der Körper einer Schlange, der man den Kopf abgehackt hatte. Sie ließen ihre Waffen fallen und flohen in alle Richtungen, in der Hoffnung den römischen Soldaten entfliehen zu können.
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Thabit verfolgte den Kampf von Anfang an aus dem Hintergrund. Nachdem ihn der Legionär aus dem Gefahrenbereich gezogen hatte, ging der junge Ägypter hinter einem Wasserfass in Deckung und ließ nur noch seine großen neugierigen braunen Augen hervorblitzen. Dieser Legionär war anscheinend sogar der Anführer der Patrouille, den kurz zuvor hatte er seine merklich befehlsgewohnte Stimme durch die enge Gasse hallen lassen. Wie nannten die Römer solche Männer doch gleich noch mal? Citurien oder so. Thabit hatte dieses Wort schon einmal irgendwo hier in Alexandria aufgeschnappt.
Dann ging es los. Cercidas und seine Mannen stürmten auf die Legionäre zu und warfen sich gegen den blitzartig aufgebauten Schilderwall. Beim lauten Krach dieses Zusammenpralls zog Thabit erschrocken den Kopf ein und kauerte sich verkrampft gegen die Wand, neben der das Wasserfass stand. Isis! Wie konnte Cercidas nur glauben, dass er einen Hauch von Chance gegen diese Legionäre hatte, die gepanzert wie ein Skarabäus waren? Warum griff er überhaupt an? Thabit konnte es einfach nicht verstehen. Hätten die Männer sofort kehrt gemacht, hätten sie den Legionären ohne Probleme in dem engen Gassengewirr des Hafenviertels entkommen können. Sie kannten sich schließlich hier gut aus. Der junge Ägypter hörte wie Stahl auf Stahl prallte und dann wieder die laute Stimme des Citurien. Gepackt von neu aufkommender Neugierde streckte er seinen Kopf wieder hinter dem Wasserfass hervor. Cercidas und seine Mannen hatten den Schilderwall bereits durchbrochen und nun kämpfte Mann gegen Mann. Es war nicht schwer zu erkennen, dass die Römer von Anfang an die Oberhand in diesem ungleichen Kampf hatten. Ein lautes Scheppern ließ Thabits Blick wieder zu seinem Retter herumfahren, der mittlerweile sein Schwert verloren hatte und den Rückzug hinter die Reihen seiner Legionäre antreten wollte. Dem jungen Ägypter blieb fast das Herz stehen, als er sah das der Ketten schwingende Eubulus, einer von Cercidas übelsten Schergen, auf den schwertlosen Citurien los ging. Doch dieser hatte anscheinend schnell gelernt mit der neuen Situation umzugehen, denn der nächste Hieb mit der Kette landete im Leeren. Geschickt wich der Legionär aus und versetzte seinen Gegner einen Hieb mitten in die ….. Fantastisch! Thabit grinste über beide Ohren und riss freudig die Hände in die Luft "JA!!"
Im selben Moment merkte er jedoch, dass er seine bisher sichere Deckung aufgab und zog sich schnell wieder hinter sein Wasserfass zurück. Nun überschlugen sich die Ereignisse. Thabit beobachtete wie der Römer schwungvoll sein Dolch zog und ihn Eubulus in die Schulter rammte. Ja! Das geschah diesen Mistkerl recht. Hoffentlich verreckte er daran! Gerade als auch der junge Ägypter seine Aufmerksamkeit wieder dem restlichen Kampf widmen wollte sah er, dass Cercidas einen der Legionäre niedergerungen hatte und nun seitlich auf den Citurien zustürmte. Dieser beobachtete jedoch gerade seine Männer weiter vorne. Sah er den Angreifer rechtzeitig kommen? Thabit rechnete mit dem schlimmsten. Was sollte er tun? Ein Zuruf ging vermutlich im Kampflärm unter ganz abgesehen davon, dass Thabit ja nicht den Namen des Römers kannte. Nein! Er musste selbst eingreifen und diesen Römer vor dem Schlimmsten bewahren. Nun hieß es all seinen Mut zusammen zu nehmen. Mit einem kraftvollen Satz sprang er hinter seinem Fass hervor und lief auf Cercidas und den Legionär zu. Nur seiner katzenartigen Geschwindigkeit hatte er es zu verdanken, dass er die beiden gerade noch rechzeitig erreichte und sich Cercidas, der eben mit seinem Schwert zum Angriff ansetzte, direkt in die Angriffslinie warf. Alle drei prallten aufeinander - Cercidas auf Thabit und dieser wiederum auf den Citurien – und gingen zu Boden. Während Cercidas sich sofort wieder wütend und schimpfend aufrappelte, verspürte Thabit einen stechenden Schmerz unter seinem linken Arm. War er beim fallen etwa schlecht aufgekommen? Noch etwas benommen griff er auf die Stelle seine Rippen, von wo aus der Schmerz ausging und drückte leicht dagegen. Schmerz!!! Als er die Hand wieder vorzog, war sie voller Blut. Verdammt! Hatte Cercidas ihn etwa mit seinem Schwert erwischt? Es war alles so schnell gegangen. Er wusste nicht genau und ehe Thabit sich Gedanken darüber machen konnte, wurde ihm bereits schwarz vor den Augen. Er sank zu Boden und blieb regungslos liegen.
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Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Vom Regen in die Traufe wie man in manchen Provinzen so schön zu sagen pflegte. Verfolgt von Kriminellen hinein in eine römische Patrouille. Im wahrsten Sinne hinein. Immer noch dröhnte sein Kopf ein wenig als die lauten Worte des Soldaten durch die enge Gasse hallten. Thabit verstand sowohl das eine als auch das andere von dem was der verärgerte Soldat zu ihm sagte oder vielmehr erzürnt schrie – zumindest Bruchstückhaft. Er konnte zwar bestimmt keine Reden halten, doch hatte er im Laufe der Zeit sowohl genügend Griechisch als auch Latein aufgeschnappt, um sich damit in Alexandria durchzuschlagen. Als der Legionär schließlich sogar seinen Schwertknauf ergriff, zuckte der Junge zusammen und zog seinen Kopf ein. War das nun das Ende? Thabit wusste, dass mit den meisten römischen Soldaten nicht gut Kirschen essen war und sie nicht besonders freundlich mit den Einheimischen umgingen. Vor allem wenn es sich um Ägypter handelte.
Noch bevor er dem Legionär irgendetwas antworten oder ihn um Verzeihung bitten und um die Verschonung seines armseligen Lebens anflehen konnte, hatten ihn seine Verfolger eingeholt. Cercidas und seine Männer kamen um die Ecke gehetzt und schraken beim Anblick der Legionäre sichtlich zusammen. Mit einiger Mühe bremsten sie sich ein um nicht selbst in die Gruppe der Soldaten zu krachen und sprangen wieder einige Schritte zurück, um Abstand zwischen sich und die Gesetzeshüter zu bringen. Sofort viel auch auf das jeder von ihnen einen Gegenstand in der Hand hielt, der auf keine friedlichen Absichten deuten ließ. Zwei von ihnen hielten Knüppel in der Hand, ein weiterer eine Kette, zwei andere waren mit Messern bewaffnet und Cercidas selbst sowie ein weiterer seiner Männer waren mit Kurzschwertern ausgestattet. Er war dafür bekannt keinen Respekt vor dem Leben zu handeln und es war daher auch nicht wirklich verwunderlich, dass er das halbe Hafenviertel beherrschte.
Mit weit aufgerissenen Augen blickte Cercidas zu Thabit, der sich noch auf den Boden liegend und vor Angst schlotternd weiter in Richtung Legionär schob. Dies schien ihm vorerst die sichere der beiden Seiten zu sein. Sollte er diese ganze Sache überleben, so erwartete ihm bei den Legionären vielleicht das Gefängnis, doch bei Cercidas erwartete ihn bestimmt nur der Tod. Cercidas Blick erfasste nun den Anführer der Patrouille, der direkt hinter Thabit stand. Die Legionäre wirkten angriffsbereit und es machte den Anschein, als hätten sie hier auf ihn gewartet. Cercidas Blick verdunkelte sich und er kniff wütend seine Augen zusammen. Nun glaubte er verstanden zu haben, was hier gerade vor sich ging. Dieser Junge war anscheinend nur ein Köder der Römer gewesen. Er sollte ihn und seine Männer hier in den Hinterhalt locken, wo die Römer bereits lauerten um ihn gefangen nehmen zu können. Auf Grund seiner Machenschaften war er nicht besonders beliebt bei den Besatzern. Doch so nicht! Cercidas würde bestimmt nicht ins Gefängnis gehen! Es gab kein zurück mehr und Flüchten war vermutlich zwecklos, da dies bestimmt nicht die einzige Patrouille war, wenn es sich um eine Falle handelte. Sie mussten sich ihren Weg frei Kämpfen.
"IHR RÖMISCHEN SCHWEINE BEKOMMT MICH NICHT LEBEND!!!"
Cercidas allen voran stürzte die Gruppe lauthals schreiend und mit gezückten Waffen auf die Legionäre zu. Thabit kauerte sich hilfesuchend neben Serapio zusammen.
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Verdammt! Irgendwann hatte das geschehen müssen und heute war der Tag gekommen. Thabit hastete durch die engen Gassen des östlichen Hafenviertels und schrie immer wieder "Aus dem Weg!", "Achtung!" und "Lasst mich durch!" um nicht in einen der übrigen Passanten hineinzulaufen oder besser gesagt selbst umgerannt zu werden. Das schlimmste was passieren konnte war, das seine Flucht nun ein abruptes Ende fand und er auf seiner Nase landete. Vor der nächsten Ecke wandte er sich kurz um und hielt nach seinen Verfolgern Ausschau, die ihm zu seinem Schreck bereits dicht auf den Fersen waren. Cercidas und seine Männer. Dieser verdammte Gauner!
Der Händler Cercidas, der neben seinem normalen Gewürzgeschäft auch noch allerlei illegale Nebengeschäfte betrieb und mit der Zeit auch einige andere üble Gesellen um sich gescharrt hatte, machte ein finsteres Gesicht, als sich sein Blick mit dem von Thabit kreuzte. Er hatte den Jungen schon einmal beim stehlen erwischt und Thabit war bereits damals äußerst knapp mit einem blauen Auge davon gekommen. Er hatte die Worte des Händlers noch in guter Erinnerung. "Wenn ich dich noch einmal erwische wie du mir etwas klaust, dann reiße ich dir jeden Finger einzeln aus du kleine Ratte." Eine Drohung, die mehr als ernst zu nehmen war und ein Grund mehr, warum Thabit nun seine Füße in die Hand nahm und versuchte wieder einen größeren Vorsprung herauszuholen. Mit diesen Typen war nicht zu spaßen, doch die Verlockung war größer gewesen und der Junge hatte auch nach dieser Drohung einige Male versucht den Händler zu bestehlen. Doch diesmal war er erneut erwischt worden und hatte sich geschworen, dass es das letzte Mal gewesen war, sofern er diese Sache überlebte – und das hoffentlich unbeschadet.
"Weg da!" schrie Thabit vollkommen außer Atem einen Mann entgegen, der gerade mit seinem Handkarren voraus aus einer Seitengasse bog und den jungen Mann entsetzt dabei beobachtete, wie dieser geschickt über die Ladefläche und die darauf gestapelten Waren hechtete. Noch während er den Jungen verwundert hinterher schaute und den Kopf schüttelte, erreichten bereits die Verfolger den Wagen und bahnten sich auf wesentlich brachialere Art und Weise ihren Weg. Nicht nur der Mann, der seinen Wagen nicht mehr rechtzeitig aus dem Weg schaffen konnte, wurde einfach umgerannt, sondern auch sein Wagen wurde einfach beiseite gestoßen und seine Waren purzelten nach der Reihe auf den dreckigen Straßenboden.
Thabit bekam von all dem nichts mehr mit, hatte er ja bereits wieder einen Haken geschlagen und war hinter der nächsten Ecke verschwunden. Er hatte das Gefühl, dass er nun wieder ein wenig Vorsprung herausgeholt hatte, doch noch war er nicht in Sicherheit und die Gefahr hinter ihm immer noch fast zum Greifen nahe. Erneut kam eine Abzweigung in die der Junge möglichst eng einbog und plötzlich……
Whhaaaammm!!! Mit einem schmerzhaften Knall stieß Thabit gegen eine harte Oberfläche und landete ziemlich unsanft auf den Boden. Etwas benommen griff er sich auf den Kopf und richtete sich seine Mütze. Was war das denn? Er kannte die Straßen und Gasse des Fremdenmarktes, ja des ganzen Hafenviertels wie seine eigene Westentasche und hier, da war er sich ganz sicher, stand keine Wand. Zumindest gestern noch nicht. Und wer sollte hier schon innerhalb eines Tages eine Wand errichten. Verdammt tat das weh! Sein Kopf fühlte sich tatsächlich an, als wäre er gegen eine Steinwand gelaufen und er verspürte ein plötzlich aufkommendes unangenehmes Pulsieren. Als er seinen noch etwas schmerzverzerrten Blick wieder hob, sah er, dass es keine Wand war in die er da gelaufen war. Er schaute direkt auf eine gut gepanzerte Rüstung die das Symbol der römischen Legionen zierte.
[Blockierte Grafik: http://img144.imageshack.us/img144/2141/71320946.png]
Sim-Off: Reserviert
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