Ziemlich überrascht sah Livianus aus seinen Gedanken gerissen zwischen den beiden anderen Männern hin und her. Zuerst zu Serapio, der sich dafür stark machte, dass er selbst in seinem eben angebotenen Amt bleiben konnte und danach der Kaiser, der wiederum Serapio belehrte. Serapio war tatsächlich immer schon ein wesentlich besserer Offizier als Diplomat gewesen und es war nicht das erste Mal, dass er froh darüber war, dass sein Sohn keine Laufbahn in der Politik eingeschlagen hatte. Denn nach Jahrzehnten auf diesem oft glatten Parkett war dem alten Decimer durchaus bewusst, dass ein Schritt zurück oftmals in Wahrheit einen Schritt vorwärts bedeutete. In diesem Fall sah er die Möglichkeit dem Kaiser bei seinem sogenannten Dilemma entgegenzukommen und dafür vielleicht eines Tages seinerseits einen Gefallen einfordern zu können. Der Preis dafür war gewiss nicht klein, immerhin ging es um eines der höchsten Ämter die ein Senator in seiner langen Laufbahn erreichen konnte, doch vor Salinator war es nicht unüblich, dass das Amt des Stadtpräfekten in fast regelmäßigen Abständen neu besetzt wurde. Somit war es lediglich eine frage der Zeit, wann er seinen Platz hätte räumen müssen. Warum also nicht jetzt mit der Aussicht auf ein neues Amt und in Form eines Entgegenkommens, das unter Umständen eines Tages ebenso wohlwollend erwidert wurde. Er hob daher beschwichtigend die Hand und sah zuerst zu seinem Sohn.
"Ich bin mir sicher, dass der Kaiser bereits einen würdigen und fähigen Nachfolger an der Hand hat, der mein Amt reibungslos übernehmen wird. Ich bitte dich daher die Entscheidung darüber mir zu überlassen mein Sohn. Wie gesagt kommt die Frage meiner weiteren Berufung für mich nicht wirklich überraschend."
Dann wandte er sich dem Kaiser zu. Das schnelle Gegenangebot hatte ihm ein wenig überrumpelt, doch eine Entscheidung war eigentlich leichter getroffen als ursprünglich angenommen. Beide Ämter hatten ihren Amtssitz in Rom und beide waren mitunter mit Reisetätigkeiten innerhalb Italias verbunden. Es gab aus seiner Sicht nur einen großen Unterschied, den er gerne auch offen aussprach.
"Ich werde meinem Nachfolger bestimmt während der Zeit seiner Einarbeitung mit Rat und Tat zur Seite stehen, sofern er dies wünscht, doch ich könnte mich wohl nicht damit anfreunden darüber hinaus unter ihm als Curator zu dienen. Daher möchte ich das Angebot annehmen, mich in deinem Namen als Curator Rei Publicae um die Provinz Italia zu kümmern."
Damit war die Entscheidung - die letztendlich einzig und alleine Livianus persönlich betraf - getroffen und er hoffte mit einem vielsagenden Blick zu seinem Sohn, dass dieser es nun so auch hinnahm und akzeptierte. Die klare Entscheidung seines Vaters vor dem Kaiser erneut in Frage zu stellen, wäre trotz aller guten Absichten die Livianus darin erkannte, mehr als ungebührlich und entehrend für den alten Decimer.