Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Livianus wusste zuerst gar nicht wo er anfangen sollte. Es war so viel passiert, seit Vater Tarraco verlassen hatte.


    Mit irgendeiner Geschichte begann er letztendlich und erzählte seinen Vater dann fast zwei Stunden lang die wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit. Über Maximian, über Meridius und Iulia, über Magnus und Eleonora, über Evana und viele andere Dinge.

    Livianus lauschte gespannt den Worten von Falco.


    „Ich verstehe sehr gut dein Problem mit dem Nachwuchs. Ich habe viele junge Soldaten sterben sehen, die zur Legion kamen und nach Rum und Erfolg strebten.“


    Nachdenklich schüttelte er den Kopf.


    „Stimmt es, dass die Cohortes Urbanae zurzeit ohne Kommandanten ist?“

    Livianus sah grinsend zu Aemilia, als sie statt ihm die Antworten gab.


    „Ich nehme auch einen Becher mit Wasser. Danke! Viel kann ich dir ja nun nicht mehr über mich erzählen.“


    Er lachte.


    „Du bist Kommandant der Vigilis, nicht wahr? Wie ist es, eine römische Stadteinheit zu kommandieren?“

    Livianus nickte Falco dankend zu und wartete, bis sich Aemilia gesetzt hatte, bevor er selbst neben ihr Platz nahm.


    „Danke Senator! Was meinen Vater betrifft, muss ich dir Recht geben – zu meinem Bedauern.“


    Er schmunzelte.


    „Ich habe ihm schon oft gesagt, dass andere Herren in seinem Alter bereits ihren wohlverdienten Ruhestand genießen. Aber er ist einfach nicht von der Arbeit fern zu halten und will davon nichts hören. Zuerst in der Verwaltung von Hispania, dann im Palast und jetzt auch noch als Praefectus Annonae.“


    Livianus schüttelte den Kopf.


    „Ich weiß nicht, ob sich das in seinem Alter auf die Dauer noch verträgt. Aber was soll´s! Er hört ja ohnehin nicht auf mich oder meine Brüder.“

    Livianus merkte sofort, dass Aemilia näher zu ihm kam und konnte sich auch denken warum. Er machte einen kleinen Schritt nach vorne und streckte Falco die Hand entgegen.


    „Senator Falco! Es ist mir eine Freude dich kennen zu lernen. Ich bin Livianus, der Sohn des Praefectus Annonae Decimus Mercator.“

    Während des Weges zur Loge gingen Livianus einige Gedanken durch den Kopf und er bekam von den Menschenmassen, durch die sie sich drängten, fast nichts mit. Oben angekommen, sah er erwartungsvoll zu Aemilia, als sie sich noch einmal vor dem Logeneingang zu ihm wandte.


    „Gerne!“ :)


    Aemilia ging voran und die beiden betraten die Loge.

    Livianus wusste nicht recht und war hin und her gerissen. Auf der einen Seite war er froh über diesen tollen Tag mit Aemilia und dachte eigentlich, dass sie ihn auch weiterhin zu zweit verbringen würden. Zum anderen wollte er keinen Fehler begehen und nun alles versauen, weil er vielleicht falsche Schlüsse aus seinen Gefühlen zog. Der Tag war noch lange nicht vorüber und er hatte bisher so viel gelacht und sich amüsiert, wie schon lange nicht mehr. Er war froh bei ihr zu sein und nickte Aemilia aufmunternd zu.


    „Dann lass uns zu ihm gehen.“

    Livianus lies sich von Aemilias Sticheleien nicht aus der Fassung bringen sonder nahm sie mit Humor.


    „Das kann sein, aber euer Wagen wird auch nicht wirklich weiter kommen!“


    Er lachte und sah hinauf zu dem Mann, der Aemilia zuwinkte.


    „Ja, ich sehe ihn. Didius Falco…… er ist Senator und Kommandant der Vigilis, nicht war? Ich würde ihn gerne mal kennen lernen.“


    Er lächelte sie an und sah ihr in die Augen.


    „Aber nicht heute…..wenn es dich nicht stört.“

    Livianus musste schmunzeln, als er hörte, wie Aemilia voller Euphorie das Gespann der Praesina anfeuerte. Unweigerlich musste er sich nun wieder an ihre erste Begegnung in Hispania erinnern. Auch damals, beim Wagenrennen in Tarraco war sie durch ihre ungestüme Art, die Wagenlenker anzufeuern, aufgefallen - damals stand sie allerdings in der Kaiserloge zusammen mit anderen wichtigen Persönlichkeiten des Reiches, von denen sie einige Kopf schüttelnde Blicke auf sich zog. Heute waren die beiden aber mitten in der Zuschauermenge und keiner würde sich über eine kleine Popa mokieren, die ihrer Euphorie freien lauf lies und dies auch lauthals Kund tat.


    Als sie sich jedoch gefährlich weit über die Brüstung lehnte trat Livianus einen Schritt näher an sie rann, um sie im in Griffweite zu haben.


    „Ein Gelber ist anscheinend gar nicht dabei?“


    Plötzlich hörte er eine Stimme Aemilias Namen rufen.

    Livianus lachte und fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht.


    „Sehe ich tatsächlich schon so verlebt aus!“


    Dann lehnte er sich ein wenig über die Brüstung, um die Kurven besser einsehen zu können. Mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen sagte er mit einem kleinen spitzfindigen Hinterton:


    „Ich fürchte der ist irgendwo im hinten Feld abgeblieben. Da wird wohl auch das Daumenhalten nichts mehr nützen.“

    Verlegen kratzte sich Livianus am Hinterkopf.


    „Ja….Ähm…. Ich hätte dich auch ungefähr auf dieses Alter geschätzt.“


    Dann grinste er sie verschmitzt an. Irgendwie war im klar, dass sie ihn absichtlich in diese Situation gebracht hatte um zu sehen, wie er darauf reagierte. Wie ein Geschenk der Götter war plötzlich Aufregung in der Menge zu hören und Livianus richtete seinen Blick auf die Bahn.


    „Schau! Da tut sich was an der Spitze!“

    Es war bestimmt Sinnlos Vater zu winken, da er die beiden in dieser Menschenmenge ohnehin nicht ausmachen konnte. Livianus widmete sich also wieder völlig seiner Begleitung.


    „Ich! Ähm… Ich habe das 30 Lebensjahr hinter mir. Und du?“


    Livianus war gespannt. Er war ziemlich schlecht im einschätzen vom Alter anderer Leute.


    „Dein Vater lebt in Britannien? Was macht er dort? Ist er Soldat?“

    In letzter Sekunde erreichten Aemilia und Livianus die vorderste Reihe der Zuschauerränge um den Start mitzubekommen. Etwas außer Atmen und noch nicht ganz bei der Sache schaute Livianus zu den Gespannen.


    „Wo ist der Goldene?“


    Livianus lachte.


    „Ich denke wir beide werden nicht dem gleichen Fahrer die Daumen halten!“


    Er lies seinen Blick über die Tribünen schweifen.


    „Da oben sitzt Vater! Siehst du ihm!“


    Er zeigte mit der Hand auf einer der Logen.

    „Gut! Dann nehmen wir uns einen kleinen Wegproviant mit. Ich bin schon gespannt auf das Rennen.“


    Der Bedienstete serviert ab und kehr kurze Zeit später mit einem kleinen Päckchen zurück, dass er auf den Tisch stellt. Livianus kümmert sich um die offene Rechnung und sieht anschließend erwartungsvoll zu Aemilia.


    „Kann es los gehen?“

    Irgendwie war das Gespräch etwas festgefahren. Beide hatten allem Anschein nach eine bewegte Vergangenheit hinter sich und bei beiden hatte dies tiefe Narben hinterlassen. Vielleicht würde irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem sie sich alles anvertrauen konnten. Doch nun war es noch zu früh. Livianus versuchte aufmunternde Worte zu finden.


    „Ich fürchte, dass ich auch nicht unbedingt der beste Unterhalter bin….“


    Er lächelte Aemilia an.


    „Was hältst du davon, wenn wir zu den Wagenrennen schauen?“

    Livianus schaute nachdenklich in seinen Becher und nahm dann einen großen Schluck.


    „Ich weiß es nicht! Die Götter wollten diese Verbindung anscheinend nicht. Aber ich habe damit abgeschlossen…. lass uns über etwas anderes reden.“


    Livianus lächelte Aemilia an.


    „Wie sieht es bei dir aus? Was gibt es über dich zu erzählen?“

    Zuerst versuchte auch Livianus den Themenwechsel anzunehmen.


    „Wenn das so ist, dann gerne! Verschieben wir die Stadtführung einfach. Ich denke, wir werden uns nun ohnehin öfter sehen und solange ich nicht gewählt bin, habe ich Zeit genug.“


    Dann jedoch beschloss er das Gesprächsthema über Evana wieder aufzunehmen – er hatte zuvor noch nie wirklich mit jemanden darüber gesprochen. Es musste endlich einmal raus.


    „Wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich nicht, was mit ihr ist…… Es mag vielleicht komisch für dich klingen, aber sie war meine Sklavin. Ihr Name war Evana. Ich hatte mich in sie verliebt und wir verbrachten eine sehr schöne Zeit miteinander – auch wenn sie sehr kurz war. Irgendwann stand ein Flavier in der Türe und meinte, dass sie seine vermisste Tochter sei. Das war dann das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Sie entschloss sich, ihre Familie kennen zu lernen und ich ging nach Rom. Ich denke nicht, dass ich noch einmal etwas von ihr hören werde, jetzt wo sie ihre Freiheit wieder hat. Ihr Leben hat nun eine starke Wendung genommen und sie muss nun ihren eigenem Weg folgen. Das habe ich mittlerweile eingesehen.“

    Livianus lachte.


    „Moment – lass mir Zeit zum Antworten! Also alles der Reihe nach.
    Ja, ich war schon im Krieg. Ich habe unter meinem Cousin Meridius beim Ibereraufstand in Hispania gekämpft. Und ja, ich musste dort auch Menschen töten.“


    Näher wollte er nicht darauf eingehen. Als er dies sagte, kamen einige Erinnerungen in Livianus hoch, doch er lies sich nichts anmerken und sprach weiter.


    „Bevor ich zu meinem Vater nach Rom kam, lebte ich in einem Offiziershaus im Castellum der IXten. Ich bin aber einstweilen ganz nach Rom gezogen, da ich noch nicht weiß, was die Zukunft bringt.“


    Bei der nächsten Frage wurden seine Gedanken wieder etwas trauriger, doch Livianus versuchte Aemilia auch diese zu beantworten.


    „Verheiratet bin ich nicht – war ich auch noch nicht. Ich dachte zwar, dass ich die Richtige bereits gefunden hatte, doch wie es aussieht, hat sie sich anders entschieden.“


    Er seufzte, setzte dann aber wieder ein aufmunterndes Lächeln auf.


    „Das ich Mercators Sohn bist, hast du auch richtig erkannt und Wagenrennen mag ich auch. Schließlich haben wir uns ja zum ersten Mal bei einem gesehen – oder sagen wir besser, ich habe dich gesehen. Finden hier nicht im Moment große Wagenrennen statt?“

    Livianus war froh, als das Essen serviert wurde und er endlich seinen knurrenden Magen beruhigen konnte. Aufmerksam lauschte er Aemilias Worten. Bei ihrer letzten Frage musste er etwas schmunzeln.


    „Genau genommen bin ich immer noch Soldat! Ich bin Tribunus Angusticlavius in der Legio IX Hispania - zurzeit allerdings beurlaubt, da ich an den CH-Wahlen teilnehme um für das Amt des Quaestor Consulum zu kandidieren.“


    Zwischendurch nahm er immer wieder einen Schluck oder machte einen kleinen Bissen.