Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Wie der Zufall es wollte, kam der Octavier gerade in der Basilica an, als sich der Decimer nach seinen Verbleib erkundigte und sich darüber zu ärgern begann, dass wohl auch der Scriba nicht genau sagen konnte, wo sein Arbeitgeber abgeblieben war. Als er jedoch von dem jungen Mann auf das Eintreffen des Curators hingewiesen wurde uns sich in Richtung Eingang umdrehte, verflog dieser Ärger rasch wieder. Vor allem als er einen freundlich grüßenden Victor erblickte, der etwas abgehetzt wirkend auf ihn zugestapft kam.


    "Save Victor! Wir haben uns länger nicht gesehen."


    Dies bezog sich vor allem auf das persönliche Treffen. Denn zweifellos hatte der Decimer des Octavier im Senat hin und wieder zu Gesicht bekommen, doch hatte es Victor nach dem Ende des Bürgerkriegs verstanden sich rar zu machen und so war er auch meist nach den selten besuchten Senatssitzungen dem Trubel so schnell wieder entschwunden, dass man ihm von Angesicht zu Angesicht kaum habhaft werden konnte.


    Das sich Victor dabei besonders Livianus entzog war nicht verwunderlich, war das letzte das der Decimer von ihm hörte, dass er im Auftrag seines ehemaligen Patrons, des Usurpators Vescularius Salinator, Untersuchungen gegen Livianus leitete und ein Gutachten erstellt hatte, dass ein damaliges Urteil gegen den Decimer wegen zweifachen Rechtsbeugung bestätigte. Aus Livianus Sicht bis heute ein abgekartetes Spiel, dass den Decimer in Misskredit bringen sollte. Doch der Bürgerkrieg lag nun bereits länger zurück und davor waren die beiden Männer eigentlich sehr gut miteinander ausgekommen, hatten eine Zeit lang sogar eine fast freundschaftliche Beziehung gepflegt. Livianus war daher auf dieses erste Treffen nach dem Bürgerkrieg sehr gespannt gewesen, blieb jedoch vorerst eher formell.


    "Nun, als neuernannter Praefectus Urbi wollte ich lediglich sehen, wie es um die Cura Viarum steht und das persönliche Gespräch mit dem verantwortlichen Curator suchen. Ich nehme doch an, dass du von meiner Ernennung gehört hast?"

    Nach der Ansprache der beiden neuen Factioobersten folgte ein kurzer, aber dafür umso kräftiger Applaus. Livianus lächelte zufrieden und setzte sich.


    "Gut, nachdem die Formalitäten nun abgeschlossen sind, sehe ich es ganz so wie unser geschätzter Tiberius. Wir sollten über die Zukunft der Aurata reden."


    Der Decimer räusperte sich kurz bevor er weitersprach.


    "Um eines gleich vorweg zu nehmen. Über die Finanzierung zukünftiger Vorhaben oder Verpflichtungen neuer Fahrer braucht sich die Factio keine Gedanken machen. Soweit mir bekannt ist, sind unsere Kriegskassen einigermaßen gut gefüllt und unabhängig von meiner Wahl - daher habe ich es vorher auch nicht erwähnt - habe ich beschlossen diese Kassa mit einer nicht ganz unerheblichen Summe zu unterstützen. Lasst uns also gleich konkreter werden."


    Livianus ging zwar in seiner Aussage auf die konkrete Summe nicht ein, doch da seine Familie und er, vor allem in seiner Heimat Hispania, zu den Großgrundbesitzern zählten und er nun auch eines der bestbezahltesten Ämter des Reiches inne hatte, sollte die Factio in den nächsten Tagen mit einer Spende im hohen vier- bis fünfstelligen Bereich bedacht werden. Während sich einige Factiones, wie etwa das Dauerfeindbild der Aurata, die Veneta, mit vor allem reichen und prominenten, daher zahlungskräftigen Mitgliedern rühmen konnte, war die Aurata seit jeher die Factio des kleine Mannes von der Straße gewesen. Derart großzügige und hohe Unterstützungen kamen daher nur sehr selten aus den eigenen Reihen und Livianus hoffte damit, zukünftige und wegweisende Entscheidungen für die Factio zu erleichtern. Er sah daher wieder zu Ledidus.


    "Gibt es derzeit wirklich gute Fahrer, die wir verpflichten könnten und was würde uns das kosten?"

    Tatsächlich musste Livianus kurz darüber nachdenken, zu welchen Zweig der Familie der junge Mann gehörte, als er den Namen seines Vaters sagte. Doch da er einer der wenigen war, welcher die Familiengeschichte und den großen Stammbaum der Decimer noch halbwegs im Gedächtnis behalten konnte, klingelte es letzten Endes doch kurze Zeit später bei ihm.


    "Pinus, der Sohn meines Vetters Praetorianus! Natürlich! Ich erinnere mich. Dein Vater ist vor einigen Jahren gestorben und du bist bei deiner Mutter aufgewachsen. Nun mein Lieber! Dann Willkommen in Rom und in der Casa Decima Mercator. Selbstverständlich kannst du hier wohnen. Platz ist genug und ich werde die Sklaven sofort veranlassen, für dich ein Zimmer vorzubereiten. Aber bitte erzähle. Was führt dich nach Rom und wie geht es deiner Mutter? Ich hoffe gut?"


    Er deutete einem Sklaven, dass man Getränke herbeischaffen sollte und steuerte auf eine der Sitzgelegenheiten zu, die im Atrium augestellt waren.

    Auch der Decimer nahm wieder hinter seinem großen Schreibtisch Platz. Mit der Gegenfrage des Germanicers war zwar zu rechnen gewesen, dennoch musste sich Livianus das etwas bittere Lächeln sichtlich abringen, das darauf folgte.


    "Ein ganz schlechtes Thema, um ehrlich zu sein. Was soll ich dir sagen Sedulus. Mein Adoptivsohn Serapio hat mir und der Familie schon vor einiger Zeit den Rücken gekehrt und ist untergetaucht. Nur die Götter wissen wo er sich herumtreibt. Die Verlobung mit Vespa hält nun auch schon länger an, als mir lieb ist. Wobei natürlich das Consulat und nun die Ernennung zum Praefectus Urbi einiges dazu beitragen, dass ich kaum Zeit für sie und die Familie finde. Ich hoffe nur, dass sie es sich nicht noch anders überlegt. Und meine Nichte Seiana wohnt zwar noch unter meinem Dach, hat sich aber nach dem Verschwinden ihres Bruders nun vollkommen zurückgezogen. Ganz selten einmal bekomme ich sie kurz zu Gesicht oder kann ein paar Wörter mit ihr wechseln, ehe sie sich wieder in ihre Gemächer zurückzieht. Du siehst also, dass meine Karriere im Moment besser zu Laufen scheint, als mein Privatleben. Doch genug davon. Kommen wir wieder auf den Grund meiner Einladung zurück."


    Bei seiner letzten Bemerkung machte Livianus eine abweisende Handbewegung und seufzte. Er musste kurz darüber nachdenken was der Germanicer vorhin, außer der Frage nach seiner Familie, noch gesagt hatte. Als es ihm einfiel, konnte er sich ein diesmal ehrlicheres Schmunzeln nicht verkneifen.


    "Warum sollte ich nicht an dich denken? Nun da mich der Kaiser mit diesem Amt betraut hat, stehen mir, neben zahlreichen Aufgaben, auch sehr viele Möglichkeiten offen. Eine davon ist es gewiss, die mir unterstellten Ämter und Posten mit fähigen und verantwortungsbewussten Männern zu besetzen. Anders als Palma gehe ich lieber auf aus meiner Sicht vorstellbare Kandidaten zu, als abzuwarten, dass sich irgendjemand bei mir meldet. Und warum sollte ich nicht damit anfangen, diese in meinem direkten Umfeld, unter meinen Freunden und Vertrauten zu suchen. Ich schließe aus deinem Besuch, dass du erneut an einem Amt interessiert wärst?"

    "Ich möchte zu Octavius Victor. Ist er hier?"


    Livianus stimmte klang sehr bestimmend und ernst, als er seine Frage an den sichtlich eingeschüchterten Scriba richtete. Gleichzeitig sah er an ihm vorbei in das Innere des Officiums, so als wolle er sich selbst davon überzeugen, das die nun folgende Antwort seines Gegenübers stimmte oder nicht.

    Der Decimer hatte nichts anderes als eine Zusage erwartet und war sich nun auch sicher, dass die beiden diese Wahl so gut wie in der Tasche hatten. Denn mit der Zusage von Lepidus als sein Stellvertreter zu fungieren, kamen zu seinen ohnehin schon vielen Befürwortern auch noch einige aus den Reihen der Patrizier hinzu. Wenn es nur bei den Wahlen zum Cursus Honorum auch sein einfach wäre wie hier, hätte sich der Decimer vermutlich sogar zu einer zweiten Kandidatur hinreißen lassen. Auch wenn er nach dieser Ansage nicht wirklich mit Gegenkandidaten rechnete, wollte er der Form halber nachfragen.


    "Gibt es noch weitere Kandidaten?"


    Die meisten der Anwesenden sahen sich nur neugierig um, doch eine Wortmeldung blieb wie erwartet aus. Livianus nickte.


    "Also gut. Dann würde ich vorschlagen, dass wir nun zur Abstimmung schreiten. Es gilt nun darüber abzustimmen, ob ihr mir und Tiberius Lepidus das Vertrauen aussprecht, in Zukunft die Aurata als Princeps und als Vicarius zu führen. Kollege Caedicius Frugi ist bitte so freundlich und übernimmt wie immer die Wahlleitung."


    Nachdem Caedicius Frugi den Vorsitz übernommen und den Ablauf erklärt hatte, wurde es wieder lauter im Saal. Während die einen ihre Stimme abgaben, führten die anderen Gespräche. Lediglich einige Hinterbänkler, die prinzipiell nie mitstimmten und auch einige, die tatsächlich ein Problem mit einem der beiden Kandidaten hatten, enthielten sich der Abstimmung. Doch ganz deutlich war zu sehen, dass die Mehrheit von ihrem Wahlrecht gebrauch machten. Es dauerte einige Zeit, doch nach dem erste Wahlgang und der anschließenden Auszählung der Stimmen, konnte von Caedicius Frugi ein klares Ergebnis festgestellt werden. Dieses lautete, dass die Mehrheit sich für das Gespann Decimus-Tiberius ausgesprochen hatte. Nach deiser Feststellung und der Abgabe des Vorsitzes erhob sich Livianus wieder.


    "Damit ist die Mehrheit deutlich für die Neubesetzung des Princeps-Amtes durch mich und die des Vicarius durch Lucius Tiberius Lepidus.


    Ich danke euch für euer Vertrauen und werde mich bemühen dem Gerecht zu werden."


    Dann sah Livianus zu Lepidus, der gewiss auch noch Worte des Dankes kundtun wollte.

    Der Neuankömmling musste nicht lange warten, da trat auch schon Livianus in das Atrium. Bereits als er ihm die paar Schritte entgegenkam, musterte er den jungen Mann von oben bis unten. Leider hatte sich der Sklave den Namen des Mannes nicht bis zum Officium des Consulars gemerkt, sodass er zwar nun wusste, ein vermeintliches Familienmitglied vor sich stehen zu haben, jedoch nicht, wo er dieses im Stammbaum einzuordnen hatte. Eine gewisse Ähnlichkeit war in der Tat zu sehen, doch er entschied sich dennoch vorerst für eine recht neutrale, wenn euch freundliche Begrüßung bis er selbst die Identität des Gastes festgestellt hatte. Die Familie war groß und über das ganze Reich verstreut. Viele Familienmitglieder hatte er seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, manche davon noch nie.


    "Salve! Ich bin Decimus Livianus und du bist?"

    Nun da hatte der Decimer also gar nicht so schlecht geschätzt und einmal mehr war er davon überzeugt, dass so mancher Vater sich wünschte, sein Sohn hätte es in diesen jungen Jahren auch nur ansatzweise schon zu dem gebracht, was diese Sergia erreicht hatte. Und wie es aussah war sie bei weitem noch nicht an ihrem gewünschten Ziel angelangt. Der große Ehrgeiz der jungen Frau erinnerte den Decimer an vergangene Tage, in denen auch noch Frauen im Senat mitwirkten oder sogar zu Statthalterinnen aufsteigen konnten. Gewiss hätte sie sich damals wohlgefühlt und es vermutlich auch weit gebracht. Doch diese Zeiten waren vorbei und gewiss würde sie nichts mehr auf der Welt zurückbringen. Als Fausta von einem Geschenk sprach und dem Decimer große Freude darüber in Aussicht stellte, wurde Livianus wieder hellhörig.


    "Ein Geschenk?! Für mich? Damit habe ich nicht gerechnet."


    Auch wenn Verlegenheit fehl am Platze war, schließlich hatte er Fausta und ihren Gemahl wie eben von ihr auch erwähnt, selbst vor kurzem recht großzügig beschenkt, merkte man Livianus doch eine gewisse Nervosität an. Erneut ließ er seinen Blick über die Silhouette der vor ihm liegenden Sergia schweifen. Viel Platz für ein mitgebrachtes Geschenk bot ihr figurbetontes Kleid nicht wirklich, wie er erneut feststellte. Daher bedeutete Vorbereitung wohl, dass er noch darauf warten musste. Dennoch fragte er gespannt nach.


    "Nun hast du mich neugierig gemacht. Was ist es denn? Oder wann werden diese Vorbereitungen abgeschlossen sein?"

    Livianus nickte bestätigend, nachdem der Tiberier seinen Antrag vorgebracht hatte und auch die meisten der Anwesenden taten durch ähnliche Zeichen oder kurze Wortmeldungen ihre Zustimmung kund. Der Decimer selbst spielte bereits einige Tage mit dem Gedanken sich dieser Wahl zu stellen und war sogar schon diesbezüglich von anderen Factio-Kollegen dazu ermuntert worden. Das Rennfieber hatte ihn zweifellos wieder gepackt, sofern es ihn überhaupt je losgelassen hatte. Doch ob er neben seiner neuen Aufgaben als Praefectus Urbi und seinen Pflichten als Senator auch noch Zeit finden würde eine Factio zu leiten? Diese Frage hatte er für sich bisher noch nicht so eindeutig beantworten können. Natürlich waren nach dem Antrag des Tiberiers auch zahlreiche erwartungsvolle Blicke auf Livianus gerichtet, doch war er mittlerweile zu abgebrüht, um sich davon nervös machen oder beeinflussen zu lassen. Dennoch bat er mit einer Geste um Ruhe, als das aufkommende Gemurmel zu laut wurde.


    "Liebe Kollegen! Ich stimme Tiberius Lepidus zu und…….."


    Noch einmal kurz darüber nachgedacht, gab er sich doch einen Ruck.


    "…… wäre bereit mich der Wahl zu stellen. Allerdings wisst ihr, dass ich aufgrund meines neuen Amtes und meiner Verpflichtungen gegenüber dem Senat nur begrenzt Zeit für diese Aufgabe zur Verfügung stellen könnte. Ich währe daher sehr froh, wenn sich einer aus unseren Reihen finden würde, der bereit wäre, mir im Falle meiner Wahl als Vicarius zur Seite zu stehen."


    Er ließ seinen Blick dabei durch die Runde der Anwesenden schweifen und sah bei seinen letzten Worten sogar in ein paar erwartungsvolle Gesichter, blieb letztendlich jedoch bei Lepidus hängen.

    "Ja, der Wein stammt von einem unserer eigenen Familienweingüter. Ich schaue immer, dass ich von den besseren Jahrgängen einige Fässer nach Rom geliefert bekomme."


    Mit diesen Worten nahm er einen weiteren kräftigen Schluck und nutzte diesen kurzen Moment, um noch einmal über die Sachlage nachzudenken, ehe er auch auf die Frage seiner neuen Klienten einging.


    "Ich werde meine Kontakte spielen lassen und sehen was sich machen lässt. Ich glaube aber, dass es keine Schwierigkeiten geben sollte, die Standeserhebung möglichst Zeitnah zu arrangieren. Aus meiner Sicht gibt es nichts, dass dagegen sprechen würde und somit glaube ich auch nicht, dass der Palast Einwände haben wird."


    Sie hatte das nötige Vermögen, konnte einen bereits beachtlichen Werdegang nachweisen und, was noch viel wichtiger war, entstammte sie schon einem ritterlichen Zweig der Gens Sergia. Zwar war sie durch die Heirat mit dem Iulier bereits in den Ordo Senatorius aufgestiegen, doch war eine tatsächliche Ernennung zum Eques eine ganz andere und besondere Liga, in der man dann spielte. Livianus nickte daher noch einmal, um seine Aussage zu bekräftigen, ehe er lächelnd selbst eine Frage an seinen Gast richtete.


    "Ich weiß, man frägt Frauen normalerweise nicht nach dem Alter. Aber in jungen Jahren ist es wohl noch nicht so problematisch. Hast du das zwanzigste Lebensjahr denn überhaupt schon überschritten?"

    Ephialtes


    Der Türsklave kannte den jungen Mann zwar nicht, der sich als Angehöriger der Gens Decima vorstellte, doch er nickte und machte den Weg in das Innere der Casa frei.


    "Ich werde Consular Decimus sagen das du hier bist. Warte einstweilen im Atrium."


    Mit einer einladenden Gäste bat er den Neuankömmling herein, ehe er losging, um den Consular zu benachrichtigen.







    IANITOR - GENS DECIMA

    "Ja, das werde ich."


    Livianus nickte noch einmal bestätigend und deutete dem Tiberer dann, dass es nun losgehen würde und er sich auf seinen Platz begeben konnte. Er räusperte sich noch einmal und wandte sich dann an die versammelte Anhängerschaft.


    "Meine lieben Freunde! Ich denke wir können nun beginnen. Bitte nehmt eure Plätze ein."


    Dann wartete er einen kurzen Moment, damit alle seiner Aufforderung auch nachkommen konnten. Er selbst blieb auf seinem Platz stehen und sprach nach der kurzen Wartezeit weiter.


    "Ich begrüße euch zu dieser heutigen außerordentlichen Versammlung. Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, haben wir einiges zu besprechen und auch Entscheidungen zu treffen, die nun langsam aber sicher nicht mehr aufgeschoben werden können. In Absprache mit einigen anderen Sodalis habe ich daher die heutige Sitzung in Abwesenheit unseres Princeps einberufen.


    Einerseits muss ich euch gleich zu Beginn die bedrückende Nachricht überbringen, dass es nach wie vor keine neuen Erkenntnisse über den Verbleib unseres bisherigen Princeps Factionis Aurelius Ursus gibt. Legionäre aus seiner Einheit sind nach wie vor auf der Suche nach ihm, doch bisher leider erfolglos geblieben. Ich weiß so gut wie ihr, dass Aurelius Ursus plötzliches Verschwinden eine große Lücke hinterlassen und unsere Factio sehr getroffen hat. Wir haben ihm bisher seinen Platz in unseren Reihen freigehalten und werden dies auch in Zukunft tun. Doch da seine Rückkehr nach wie vor nicht absehbar ist, sollten wir uns heute die Frage stellen, wie wir mit der Situation des unbesetzten Princepsposten weiter umgehen wollen.


    Andererseits haben wir beim letzten Rennen mit dem zweiten Platz unseres Fahrers Sotion ein bemerkenswertes uns sehr erfreuliches Ergebnis erreicht, dass durchaus einer Feier würdig ist und auf das es nun aufzubauen gilt. Unsere Factio hat damit gezeigt, dass mit ihr nach wie vor ganz vorne zu rechnen ist und sie auch in den nächsten Rennen zu einem ernstzunehmenden Gegner zählt. Eine Situation, die wir aus meiner Sicht nicht vergeben sollten."


    Livianus ließ eine kurze Pause, um seine bisherigen Worte auf die Versammelten wirken zu lassen, ehe er sich fragend an das Auditorium richtete.


    "Gibt es dazu Wortmeldungen?"

    Einige Tage nachdem dass Officium des Praefectus Urbi eine Nachricht an den Curator Viarum geschickt hatte, die bis dato unbeantwortet geblieben war, sah man den Stadtpräfekten persönlich durch die Basilica Iulia auf die Türe des curatorischen Officiums zustapfen. Wenn der Prophet nicht zum Berg kam, dann kam eben der Berg zum Propheten. So oder so ähnlich waren die Gedanken des Decimers, der bereits seine Vermutungen hatte, warum der Octavier sich so zierte, seinem neuen Vorgesetzten einen Besuch abzustatten.


    Da es gerade Mittag war, schien es dem Decimer nicht verwunderlich, dass die Tür zum Officium der Straßenplanung verschlossen war. Dies bedeutete aber nicht, dass auch tatsächlich niemand in den Amtsstuben saß und seine Mittagspause genoss. Kräftig klopfte der Stadtpräfekt an die Türe.

    Lächelnd ergriff Livianus, der ebenfalls hinter seinem Schreibtisch hervorgetreten war um seinen Gast zu begrüßen, fest die Hand des Germanicers und schüttelte sie beherzt. Auch wenn sich die beiden Männer in den letzten Monaten kaum gesehen hatten, geschweige denn ein Gespräch miteinander führen konnten, so sah sich Livianus mit den Germanicii und allen voran mit Sedulus, immer noch freundschaftlich verbunden. Natürlich hatte man sich hin und wieder im Senat gesehen und sich gegrüßt, doch vor allem sein Consulat hatte kaum genug Zeit für mehr gelassen.


    "Nana mein Guter, nicht so formell! Lass dich bitte nicht allzu sehr von meinem neuen Amt blenden. Ich bin immer noch der gleiche und immer noch freundschaftlich mit dir und deinem Haus verbunden. Also keine falsche Zurückhaltung. Nimm bitte Platz."


    Der Decimer deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und ging selbst wieder zurück zu seinem Platz, auf dem er sich niederließ.


    "Es freut mich, dass du meiner Einladung gefolgt bist Sedulus. Wie geht es dir und deiner Familie?"


    Da der Namen des Senator auf einer Liste stand, die der Cornicularius auf seinem Schreibtisch liegen hatte, nickte dieser nach einem kurzen Blick darauf.


    "Salve Senator! Einen Moment bitte, ich werde dem Praefectus sagen, dass du da bist."


    Danach erhob er sich und verschwand hinter zwei großen Flügeltüren, die zum Officium des Preafectus Urbi führten, um einen Augenblick später wieder heraus zu treten.


    "Bitte komm weiter, der Praefectus erwartet dich nun."


    Er hielt dabei dem Senator einladend die Türe auf.