Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Livianus öffnete die Türe ein wenig und steckte seinen Kopf mit einem Lächeln auf den Lippen durch den Türspalt.


    "Hallo Meridius. Verzeih mir die Störung. Ich wollte nur fragen ob bei dir alles in Ordnung ist? Du wirkst in letzter Zeit so angespannt. Ich bin ein wenig besorgt."

    Livianus sah Crassus mit nachdenklicher Mine an.


    "Die Befürchtung habe ich leider auch, Crassus. Aber ich hoffe dennoch, dass sie heute aushalten. Wir müssen weiter. Wir wissen nicht was uns an unserem Ziel erwartet. Vielleicht hat sich der Aufstand schon weiter ausgebreitet. Und wenn dies der Fall ist, dann können wir uns keine Verzögerungen leisten. Es sind gute Männer. Sie haben lange genug für diesen Ernstfall trainiert und sind gut ausgebildet. Sie werden schon durchhalten. Ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann und sie mich nicht enttäuschen werden."


    Livianus sah sich um. In den Gesichtern der Männer spiegelte sich zwar der Unmut über den Regen wieder, aber auch die Entschlossenheit ihren Auftrag bedingungslos zu Erfüllen. Dann wandte er sich wieder zu Crassus.


    "Ich glaube wir sollten einer deiner Reiter vorrausausschicken. Wir müssen wissen was uns erwartet. Wir marschieren im Moment ins Ungewisse. Was hältst du davon?"

    Der Lagerplatz war abgebaut und die II. Cohorte stand in Reihe und Glied, bereit zum Abmarsch. Wie vom Tribunen befohlen ging Centurio Livianus an die Spitze der Cohorte und mit dem lauten Befehl


    "Milites!!
    aequatis passibus!!
    pergite!!!"


    setzte der Centurio die Cohorte wieder in Bewegung.

    Es war früh am Morgen und der Tag brach gerade herein als Centurio Livianus den Cornicen anwies, die Männer mit einem lauten Signal aus seinem Cornu zu wecken.


    Der laute monotone Ton des Hornes hallte über den Lagerplatz, auf dem sich wenige Minuten später Hunderte von Legionären tummelten. Einige gingen zum nahegelegenen Bach um sich zu erfrischen, andere waren dabei ihre Frühstücksration zu essen die ebenfalls gerade verteilt wurden und wieder andere begannen bereits ihr Marschgepäck herzurichten.


    Der Pilus Prior lies die Centurionen bei sich sammeln um den Ablauf bis zum Abmarsch zu besprechen. Die Zelte mussten wieder abgebaut und das benutzte Material wieder verstaut werden. Er wies sie noch einmal eindringlich darauf hin, dass der Abbau des Lagers schnell zu geschehen hatte um keine unnötige Zeit dabei zu verlieren. Die Marschetappe war zwar für den heutigen Tag kürzer geplant im Vergleich zum Vortag, aber man konnte nie wissen ob es nicht zu anderen Verzögerungen kommen würde.


    ".... Also dann! In 1 1/2 Stunden ist die Abmarschbereitschaft hergestellt und das Komplette Material wieder verstaut."


    Mit diesen Worten beendete Livianus seine Befehlsausgabe und die einzelnen Offiziere gingen wieder zu ihren Centurien um für den reibungslosen Ablauf der eben erhaltenen Befehle zu sorgen.


    Danach machte sich Livianus auf den Weg zu Decurio Crassus der wahrscheinlich gerade bei seiner Ala die nötigen Befehle zu Abmarsch gab um sich mit diesen Kurz abzusprechen. Er sah ihm bei seinem Zelt stehen und ging auf ihn zu.


    "Guten Morgen Crassus! Meine Männer sind in 1 1/2 Stunden abmarschbereit. Wie sieht es bei euch aus?"

    Centurio Livianus schaute auf die Karte.


    „Ja, Tribun. Wir sollte es auf jeden Fall Morgen bis nach Celsa schaffen. Die Männer sind noch sehr ausgeruht und dort am Fluß können sie sich nach der Anstrengung etwas frisch machen. Das ist sicher Motivation genug. Erst wenn wir nahe am Ziel sind, sollten wir kürzere Etappen einplanen. Wir wissen ja nicht was uns dort erwartet und in diesem Fall sollten die Männer nicht ausgelaugt sein.“


    Dann sah er wieder auf.


    „Bisher haben wir auch keine Probleme. Der Abmarsch vom Castellum funktionierte reibungslos und die Männer halten die Marschlinie. Ich habe mich vorher mit den anderen Centurionen besprochen. Sie berichten von keinen besonderen Vorkommnisse in den einzelnen Centurien außer ein paar Blasen oder Scheuerwunden bei den Soldaten. Naja, wir haben einige Grünschnäbel dabei. Ich habe sie angewiesen dafür zu sorgen das die Männer heute Nacht genug schlaf bekommen.“


    Livianus machte eine kurze Pause.


    „Ich habe auch die anderen Centurionen angewiesen für die Einteilung Nachtwachen zu sorgen.“

    Livianus war gerade damit beschäftigt die Zelte der Legionäre zu überprüfen, als er den Tribun rufen hörte. Er blickte auf und suchte aus welcher Richtung der Ruf kam. Als er den Tribun erblickte kam er auf ihn zu.


    "Ja, Tribun!"

    Centurio Livianus ging in der Mitte des Zuges und war doch etwas verwundert darüber, dass alle so fleißig am einteilen SEINER Legionäre waren. War er nicht der Pilus Prior der II Cohorte? Ja, das war er! Also hatte er direkt nach dem Tribun die Befehlsgewalt über die Cohorte? Ja, das musste dann auch so sein! Als der Optio vorbeikam fragte er ihm welche Befehle der Tribun gegeben hätte. Optio Vocatus berichtete das die Ala einen Platz für ein Lager ausgewählt hatte und das anscheinend der Decurio seit neuesten die Legionären der Cohorte befehligte und die ersten ganz vorne schon zum Aufbau des Lagers einteilte. Livianus stellte sich noch einmal innerlich die Frage ob das nicht sein Job war. Tja, das musste wohl so sein. Der Optio berichtete weiter, das der Decurio sollte sich im Zelt des Kommandanten melden. Livianus schaute verdutzt.


    "Von mir hat er nichts gesagt?"


    "Nein Centurio!" Antwortete der Optio.


    Livianus ärgerte sich innerlich maßlos das man die Ranghierarchie nicht einhielt. War es doch das wichtigste um auch im Kampf die Truppen unter Kontrolle zu halten. Er versuchte sich jedoch nichts anmerken zu lassen.


    Er ging nach vorne und begutachtete den Lagerplatz. Wenigstens dieser sah halbwegs in Ordnung aus. Die ersten Männer waren auch schon damit beschäftigt die Zelte aufzuschlagen. Als der gesamte Zug eingetroffen war dauerte es einige Zeit bis der Lagerplatz stand. Zelt auf Zelt in Reihe und Glied.



    Nun ja, das war geschafft. Mal sehen wie es weitergehen würde.

    Livianus beobachtete das Treiben der Ala. Crassus hatte anscheinend alles gut unter Kontrolle. Es tat Livianus zwar sehr leid Crassus als Optio verloren zu haben, aber er war ein fähiger Soldat und somit war ihm von Anfang an klar gewesen, dass es nicht lange dauern würde bis er sein eigenes Kommando erhält. Und nun war er der Decurio der Ala. Da viel ihm ein, dass er ihm noch nicht einmal gratuliert hatte. Naja. Sie waren jetzt ohnehin einige Zeit unterwegs. Da würde sich schon Gelegenheit bieten. Die Reiterei rauschte an ihm vorbei Richtung Ende des Zuges. Als Crassus folgte winkte ihn der Centurio mit seinem Vitis zu sich.


    „Crassus! Gibt es schon weitere Befehle vom Tribun?“

    Livianus musterte den Optio von oben bis unten. Irgendwie machte er einen sehr ausgebrannten Eindruck, aber auf eine merkwürdige Art und Weise war er eine imposante Erscheinung. Man merkte an seinem mutigen und entschlossenen Blick, dass er sicher viel gesehen hatte und auch schon einigen Feinden gegenüber gestanden haben musste. Livianus wusste nicht genau warum, aber er war dankbar dafür, dass das Schicksal diesen Optio genau vor diesen Einsatz unter sein Kommando gestellt hatte. Immerhin hatte Livianus noch keine Gefechtserfahrung und es war sozusagen seine Feuertaufe. Obwohl er vom Rang über dem Optio stand, hatte er bereits großen Respekt vor diesen Mann gewonnen. Er hatte das Gefühl, er könne ihm im Kapf ohne weiteres sein Leben anvertrauen. Und dieses Vertrauen war beim bevorstehenden Einsatz auch gut. Hoffentlich würde er sich nicht täuschen.


    Er klopfte den Optio auf die Schulter.


    "Ich werde wieder nach vorne gehen. Es ist gut euch dabeizuhaben, Optio Vocatus."


    Mit diesen Worten erhöhte er sein Schritttempo und ging wieder Richtung Spitze des Zuges.

    Livianus blickte Meridius mit einem sanften lächeln auf den Lippen an.


    "Meridius, was sagst du da? Du weißt genau das du kein Patriarch bist. Und das sich keiner von uns unterdrückt oder bevormundet fühlt. Wir können uns keinen Pater Familiae vorstellen der besser wäre als du. Ich denke wir sind eine der angesehensten Familien im Imperium und in Hispania und das haben wir vor allem dir zu verdanken."


    "Was die Factio betrifft. Du weißt ich interessiere mich nicht für Politik – ich bin Soldat und habe für die Politiker nicht viel übrig. Aber du weißt auch, dass wir deine Familie, voll und ganz hinter dir stehen egal welche Entscheidung du triffst. Ich bin natürlich nicht so mitten im geschehen wie du, aber mir sind auch schon einige Dinge über Senator Anton zu Ohren gekommen, die mich stutzig machen. Also wenn du es für richtig hältst Konsequenzen aus den Machenschaften und Intrigenspiel des Senators zu ziehen, dann werden wir ebenfalls hinter dir stehen."


    "Denkst du darüber nach die Factio zu verlassen? Wie sieht es mit dieser neuen Factio Purpurea aus?"

    Centurio Livianus marschierte an der Spitze der Cohorte, immer wieder mit dem Blick nach hinten gerichtet. Dahinter marschierten die Legionäre in Viererreihen. Als Centurio hatte er es wesentlich besser als seine Männer, da sein Zelt und seine Ausrüstung von einem Lasttier hinter seiner Centurie nachgezogen wurde. Sein Blick schweifte auch immer wieder nach vorne um die Vorhut der Ala im Auge zu behalten.


    Im Großen und ganzen hatte der Abmarsch aus dem Castellum sehr gut funktioniert. Es gab davor keine längeren Wartezeiten und die Moral der Truppe war dementsprechend hoch.


    Obwohl es recht früh am Morgen war standen hin und wieder einige Bauern und Sklaven auf den Feldern, die verdutzt Richtung der marschierenden Truppe starrten. Kein Wunder, waren es doch ein paar hundert Männer samt Reiterei die sich hier ihren Weg über die Straßen bahnten.