Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    ‚Kling‘… Gedanklich stellte sich Livianus vor wie es sich anhören musste, wenn die langanhaltende Stille vom widerhallenden Klang einer Fibula unterbrochen wurde, die man bei dieser Gelegenheit auf den Boden des Senats fallen ließ.


    Es war nicht das erste Mal, dass sich der Senat uninteressiert bei einem Thema zeigte, das keinen verbalen Schlagabtausch oder die Möglichkeit der Diffamierung oder Herabwürdigung anderer bot. Vermutlich gab es auch einen Vorgeschmack darauf wie ruhig es hier in Zukunft wieder werden könnte, nachdem die Amtszeit des Decimers ihr Ende gefunden hatte. Livianus räusperte sich.


    "Kann ich der Stille eine Zustimmung entnehmen oder gibt es doch noch Wortmeldungen dazu?"

    Nach den letzten Worten des Iuliers kehrte für einige Zeit Stille ein und Livianus sah nachdenklich in die Gesichter der vor ihm stehenden Magistrate. Um es seinem jungen Verwandten Aquila, der sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu Wort gemeldet hatte, zu ersparen den älteren Decima ebenso vor den Kopf zu stoßen, traf er schließlich eine Entscheidung.


    "Unter diesen Umständen werde ich von der Verleihung aller Diploma absehen und sie wieder zurückziehen."


    Seiner stoischen Miene war dabei keine Gefühlsregung zu entnehmen, die man in irgendeine Richtung deuten konnte, auch wen ihm diese ganze Angelegenheit sichtlich bewegte. Er wandte sich schließlich von den drei jungen Magistraten ab und sah zu den restlichen Magistraten, die gespannt darauf warteten, wie es nun weiterging und ob der Consul noch etwas zu sagen hatte. Doch ihre Neugier wurde vermutlich enttäuscht, als der Decimer lediglich ein


    "Bitte labt euch am reichhaltigen Buffet. Ich wünsche euch allen einen netten Abend."


    in den Raum warf und sich dann aus dem Mittelpunkt des Geschehens zurückzog.


    Wie bei den meisten Auspizien und auch schon bei jenen, die Livianus bei seinem Amtsantritt einholen ließ, war auch heute nichts den Zufall überlassen worden. Während alle Versammelten mit ihren Blicken den Himmel absuchten stieg nach einer kurzen Wartezeit ein für heute ausgewählter Taubenschwarm auf einer Seite des Blickfelds auf und flog schnurstracks zur anderen, wo er wieder aus dem Blickfeld der Anwesenden verschwand. Die Tiere machten zum Glück alles richtig und wie von Livianus und den Auguren erwartet und so konnte der Magister Agurum sich erneut den Magistraten und den Consuln zuwenden.


    "Aves addicunt. Iuppiter, der Beste und Größte selbst ist mit eurem Opfer einverstanden und die Göttin Concordia wird es in seinem Namen annehmen."


    Anschließend wandte sich der Magister wieder zu Livianus, der zufrieden nickte und lächelnd erwiderte.


    "Ich danke dem Iuppiter Optimus Maximus für dieses eindeutige Zeichen. Damit steht dem Opfer für das Wohl des Römischen Volkes nichts mehr im Wege und wir werden uns nun zum Forum Romanum begeben, um es zu zelebrieren."


    Damit war das kurze, aber traditionsreiche Schauspiel auch schon wieder beendet. Livianus dankte dem Magister und den Mitgliedern des Collegium Augurum für ihre mühevollen und gelungenen Vorbereitungen und wandte sich dann den Magistraten des Cursus Honorum zu, um mit ihnen gemeinsam hinunter zum Forum Romanum zu marschieren und den Festtag zu eröffnen.

    Das Ganze grenzte an eine Lächerlichkeit die Livianus sichtlich aufwühlte.


    "Worauf ich hinauswollte geschätzter Aurelius ist die Tatsache, dass selbst die Schola Atheniensis Diploma….. per Definition ein Arbeitszeugnis, dass man sich zu Hause in den Schrank legt und gegebenenfalls stolz seinen Besuchern zeigen kann….. für einen bestandenen MUSIKKURS verleihen darf und ihr nun tatsächlich einem amtierenden Consul, …..ganz gleich ob nun in diesem Fall ich oder irgendeine andere Person….. dem höchsten Amt das unser politisches System zu bieten hat, aberkennen wollt ein solches Arbeitszeugnis an verdiente Magistrate zu verleihen.


    Ist das wirklich euer ernst? Was darf eurer Meinung ein Consul denn überhaupt noch, wenn nicht einmal eigenständig ein gutes Arbeitszeugnis ausstellen? Ob dies nun in den letzten Jahren genutzt wurde oder nicht. Das ist Angelegenheiten der Consuln davor und keine Glücksache. Wenn der LAPP in Germania Inferior seinem Princeps Praetorii eine Diploma verleiht, kann sich der Princeps Praetorii aus Belgica auch nicht beschweren und sagen, dass er wohl besser nach Germania Inferior gezogen wäre oder der Princeps dort eben mehr Glück hatte. Lächerlich."

    Unerwartet und fast schon väterlich wirkend, legte Livianus kurz seinen Arm um die Schultern des wesentlich jüngeren Senators, der tatsächlich vom Alter her sein Sohn sein konnte und der es offenbar eilig hatte. Er wandte sich gemeinsam mit dem Senator fast verschwörerisch wirkend von den restlichen Senatoren ab und nahm den Arm wieder von ihm, ehe er im Vergleich zum restlichen Senat leiser, aber doch für sein Gegenüber deutlich hörbar zu sprechen begann.


    "Senator Aurelius. Während der Recherchen meiner Schreiber über die vergangenen Jahre und den unterschiedlichsten Amtshandlungen und Vorgängen im Senat ist eine sehr unangenehme Sache zum Vorschein gekommen. Offensichtlich sind in den Kriegswirren einige Protokolle verloren gegangen. Unter anderem wohl auch jenes in dem verzeichnet ist, dass du deinen Treueeid als Senator abgeleistet hast.


    Ich persönlich bin von deiner Rechtschaffenheit überzeugt und kann das alles nur auf die unglücklichen Umstände des Bürgerkriegs zurückführen. Jedoch wäre es vielleicht besser diesen Eid noch einmal nachzuholen. Nicht das es bei zukünftigen Wahlen vielleicht noch thematisiert wird und man dir diesen unglücklichen Umstand zum Verhängnis macht."

    Livianus seufzte und fuhr sich ermüdet über das Gesicht bevor er sich erhob und erneut das Wort ergriff.


    "Senator Duccius. Würdest du mir bitte die Ehre erweisen und mir noch einmal die Definition einer Diploma in Erinnerung rufen. Also worum genau handelt es sich bei einem solchen Schriftstück.


    Und, wenn du ebenfalls so freundlich wärst, uns mitzuteilen ob du selbst stolzer Besitzer einer oder gar mehrerer Diploma bist und wofür die sie erhalten hast?"

    Freundliche lächelte der Consul noch und nickte zuversichtlich, als der Tiberius darum bat ein paar Worte sprechen zu dürfen. Doch kaum ein paar Sätze gesprochen, versteinerte sich das Lächeln des Decimers wieder und er sah den Vigintivir mit fassungsloser Mine an. Während bereits lautes Murmeln aufkam und manche der älteren Magistrate den Kopf schüttelten, rang Livianus um Worte.


    "Ich kann dir nicht folgen Tiberius. Von welchem persönlichen Vorteilsstreben sprichst du? Wie ich dir vor einiger zeit bei unserem Treffen in deinem Officium berichtet habe, hat sogar der Palast von deiner guten Arbeit Kenntnis genommen und war dir vor allem für deine Pflichtbewusste Haltung in Bezug auf die Verunglimpfungen des Princeps äußert dankbar. Bereits damals bei meinem Gespräch mit dem Procurator a libellis hat er mich darum gebeten, dich mit einer Auszeichnung zu bedenken, da sonst andernfalls er zum Princeps gegangen wäre, um eine Diploma für dich zu fordern."


    Immer noch fassungslos schüttelte Livianus den Kopf über das Verhalten des jungen Magistraten, dass er beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte. Diese Verleigung war von langer Hand geplant und abgesprochen und keine plötzliche Eingebung des Consuls.

    Am heutigen Morgen hatte sich Livianus tatsächlich dabei erwischt, dass er die Tage bis zum Ende seiner Amtszeit gezählt hatte. Ob es mit den bereits gewählten und feststehenden Nachfolgen zu tun hatte oder mit einer Tabula, die ihm ins Haus geflattert war, konnte er nicht eindeutig festmachen. Kurz nach der Veröffentlichung einiger vorgenommener Auszeichnungen an Magistrate seiner Amtsperiode war bereits besagte Nachricht eingetroffen. Vermutlich hatte der Duccier dabei nicht den Vorsatz, den Magistraten zu ihrer Diploma zu gratulieren, andererseits war es Sache des Consul, wem er ein erfolgreiches Arbeitszeugnis ausstellte. Da es jedoch keinen Grund gab der Bitte des duccischen Senators nicht nachzukommen, hatte den Punkt auf die heutige Liste gesetzt.


    "Senatoren,


    wie ihr vermutlich alle gesehen und gelesen habt, habe ich in meiner Funktion als Consul und oberster Magistrat einige Magistrate für ihre Arbeit mit einer Diploma ausgezeichnet. Senator Duccius hat das Bedürfnis geäußert uns etwas zu dieser Verleihung mitteilen zu wollen."


    Damit deutete der Consul auf den angesprochenen Senator und räumte in gespannter Erwartung den Platz.

    "Bevor wir uns jedoch dem angenehmen Teil des Abends widmen, muss ich noch einmal eine offizielle Amtshandlung vornehmen. Ich möchte mein Recht als Consul nutzen und heute Magistraten auszeichnen, die sich in ihrer Amtszeit besonders durch ihre Leistungen und ihr Engagement hervorgetan haben. Besonders freut mich, dass es sich dabei um drei junge Magistraten handelt, die im Gegensatz zu mir erst am Anfang ihrer Karriere stehen und dadurch bereits jetzt aufzeigen, dass in naher Zukunft weitaus mehr von ihnen zu erwarten ist und wir ihre Namen nicht zum letzten Mal hören werden. Solche Männer braucht Rom und der Senat. Ich kann ihnen nur gratulieren.


    Ich bitte daher Vigintivir Marcus Iulius Dives, Vigintivir Lucius Tiberius Lepidus und Vigintivir Marcus Decimus Aquila zu mir, um ihnen eine Diploma für ihre engagierte Arbeit als Magistraten des Cursus Honorum zu überreichen."


    Unter Applaus und Beifallsbekundungen der versammelten Magistraten, vor allem der jungen Amtskollegen der Betroffenen, die sich sichtlich mit ihnen mitfreuten und stolz darauf waren, dass es welche aus ihren Reihen getroffen hatte und nicht die ohnehin schon oftmals vielfach ausgezeichneten Honoratioren der höheren Ämter, wartete Livianus darauf, dass die Aufgerufenen Vigintiviri zu ihm kamen, um ihre Diploma entgegenzunehmen.

    Livianus trat nach vorne aus den Reihen der Magistraten, in deren Mitte er gestanden war und erhob feierlich seine Stimme


    "Ich wünsche gemäß den Traditionen unserer Vorväter den Willen des Iuppiter Optimus Maximus zu erfahren, ob es ihm gefällt, dass wir, das römische Volk, das nach den schweren Zeiten des Bürgerkriegs heute voller stolz die Wiederherstellung des allumfassenden Friedens im gesamten Imperium Romanum ausrufen können, in einem Opfer an Concordia, Göttin der Eintracht, für das Wohl des Volkes bitten."





    Der Magister Augurum nickte und der ganze Tross bestehend aus Magistraten des Cursus Honorum und Auguren trat nun vor den Tempel. Der Magister nahm den Lituus und zeichnete ein großes Kreuz in den Himmel, um damit die eventuell auftauchenden Zeichen als positiv oder negativ deuten zu können. Mit fester und lauter Stimme sprach er in Richtung Himmel


    "Oh Bester und Größter! Wir rufen Dich an, zeige uns Deinen Willen! Bist du einverstanden mit dem Opfer deiner geliebten Stadt Roma, die allen Streit und alle Feindseligkeiten begraben, keine Legionen im Felde hat und auch keinen Konflikt mit anderen Völkern oder Nachbarn austrägt. Wir bitten dich um ein Zeichen!"

    Die Wahlen waren trotz zahlreicher Enthaltungen und eines daraus resultierenden deutlichen Beteiligungsrückgangs im Vergleich zu den letzten Wahlen des Cursus Honorum erfolgreich beendet worden und alle Stimmen waren ausgezählt. In der Senatssitzung des darauffolgenden Tages konnte also über die Ämtervergabe diskutiert werden. Livianus verlas die Liste der Wahlsieger, beginnend mit den Consuln des kommenden Amtsjahres, über die Praetoren mit Titus Duccius Vala, der seine Wahl zum Praetor Urbanus knapp gewonnen hatte.


    Über die weiteren, designierten Magistrate kam er schließlich...
    "zu den Vigintiviri: Es wurden gewählt [...],
    Caius Flavius Scato, der erbeten hat, bei den IIIviri monetales dienen zu dürfen.


    Der Senat hat jetzt zu entscheiden, ob dieser Bitte stattgegeben wird."

    Es war sehr löblich, dass Vespa sich über die Geschichte der Gens Decima informiert hatte, doch Livianus hatte bei seiner Frage eher die nähere Vergangenheit angesprochen. Es war für seine zukünftige Frau nicht uninteressant zu wissen welche Rolle seine Familie während des Bürgerkriegs gespielt hatte, dass sein Adoptivsohn Serapio unter dem Usurpator gedient und bei Cornelius Palma in Ungnade gefallen war. Auch das Livianus selbst nicht gerade zu den Unterstützern Palmas zählte und dementsprechend auch nicht die Gunst des neuen Princeps genoss, währe vermutlich erwähnenswert gewesen. Doch ehe der Decimer darauf eingehen konnte, wechselte die junge Aelia unerwartet das Thema. Sie war wohl eine Frau, die nicht gerne um den heißen Brei herumredete und wusste was sie wollte. Freilich erleichtere dies auch für Livianus die Situation und er konnte so direkt auf ihre Frage eingehen.


    "Es gibt keinen bestimmten Grund. Oder eigentlich sollte ich sagen es gibt mehrere Gründe. Zum einen natürlich das langjährige gute Verhältnis zu deinem Onkel, meinem Patron und seiner Familie. Dein Onkel hat mich immer unterstütz. Ich verdanke ihm viel und wäre heute vermutlich nicht da, wo ich mit Stolz behaupten kann zu stehen. Zum anderen natürlich auch die Freundschaft, die mich mit Balbus verbunden hat. Schon unsere Väter waren befreundet und man könnte sagen wir sind in Hispania Tür an Tür aufgewachsen. Mit beiden Familien verbinde ich sehr viele wesentliche Stationen meines Lebens. Auch wenn ich es Balbus nie direkt versprochen habe, wie könnte ich nun in einer solchen Situation anders handeln, als mich um seine Lieben, dich und deinen Sohn zu kümmern, euch in mein Haus und in meine Familie aufzunehmen.


    Und natürlich meine liebe Vespa…… du bist eine wunderschöne und intelligente Frau, die auch aufgrund der vielen Schicksalsschläge der vergangenen Jahre mit einer reichen und für eine Frau deines Standes und Alters ungewöhnlichen Lebenserfahrung gesegnet ist. Eine Eigenschaft die weitaus mehr zu mir und meiner vielleicht oft missverstandenen Haltung und Lebensgestaltung passt, als der oberflächliche Lebensstil der meisten anderen römischen Frauen. Das ist wohl ein weiterer Grund für mein Interesse und meine Absichten. Nach dem Tod meiner Frau, der schon so lange zurück liegt, war es mir nicht vergönnt eine Frau kennen zu lernen, die meinen vielleicht übertriebenen Ansprüchen gerecht geworden wäre. Und zu guter Letzt natürlich auch die Traditionen, die von einem Mann meiner Stellung einen gewissen Lebensstil fordern. Du siehst, meine Beweggründe sind vielfältig, doch ich hoffe, sei Treffen bei dir auf Verständnis und vielleicht auch auf Einklang. Und ich hoffe, dass wir, wenn wir uns näher kennengelernt haben, vielleicht eines Tages auch mehr sein können als die Witwe eines verstorbenen Freundes, oder der Klient des Onkels."

    Das Atrium war festlich geschmückt und die meisten Magistrate hatten sich bereits in der Casa Decima eingefunden, als der Consul eintrat und nachdem er ein paar Hände geschüttelt hatte, die Aufmerksamkeit durch ein deutlich hörbares räuspern auf sich zog.


    "Meine lieben Freunde, geschätzte Kollegen!


    Herzlich Willkommen in der Casa Decima Mercator! Ich möchte euch für eure kommen danken. Unser Amtsjahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu und so habe ich mir erlaubt, euch in Form dieses kleinen Empfangs meinen Dank auszudrücken. Meinen Dank für die gute Zusammenarbeit, für eure Tatkraft und für euer Vertrauen, dass ihr mir in diesem Jahr entgegengebracht habt. Ich denke wir können mit stolz auf ein anspruchsvolles und auch arbeitsintensives Jahr zurückblicken, dass einige Veränderungen mit sich, das aber auch gleichzeitig dem Imperium neue Stabilität und Ordnung gebracht hat.


    Für das leibliche Wohl ist gesorgt……" Livianus deutete auf das auf der rechten Seite des Atriums aufgebaute reichhaltige Buffet. "…. und hier herüben wird mein guter alter Freund, der griechische Gelehrte und Philosoph Archytas später für alle Interessierten eine kleine Diskussionsrunde zur Politiktheorie leiten." Bei diesen Worten deutete er auf die linke Seite des Atriums, wo einige Klinen und Beistelltische aufgestellt waren.


    "Ich wünsche euch einen netten und geselligen Abend in dieser freundschaftlichen Runde."

    Nachdem alle Magistraten eingetroffen waren, machte sich der Tross nach einem Zeichen des Consuls auf, das eigentliche Auguraculum zu betreten. Im Inneren wartete bereits die versammelte Augurenschaft, um die Magistrate des Cursus Honorum zu begrüßend. Stellvertretend für die eine Seite schritt der Consul nach vorne. Für die Auguren trat der Magister Augurum auf Livianus zu und begrüßte ihn sehr freundschaftlich. Nach dem Austausch einiger kurzer Grußworte wurde es auch schon wieder formell und die Auguren nahmen ihre übliche Aufstellung ein. Die Sonne hatte den Horizont bereits zur hälfte überschritten und ein dämmriges Licht umhüllte die Anwesenden, als sie sich in Richtung Himmel wandten.



    Der Worte des Magister Augurum hallten durch den Tempel, als er Livianus die rituell wirkende Frage stellte


    "Consul Decimus. Das Collegium Augurum hat sich auf dein Geheiß versammelt. Was ist dein Begehr?"

    Interessiert beobachtete Livianus, wer aller an dieser Auktion teilnahm und ließ sich in und wieder von seinem Scriba über die Personen informieren, die der Scriba oftmals besser kannte, als der Consul selbst. So sah er interessiert zu einem Mitbieter, der von seinem Scriba als Germanicus Aculeo, seines Zeichen Procurator Annonae und Stammgast auf den Sklavenmärkten Roms, identifiziert wurde. Auch einige Patrizier beteiligten sich an der Versteigerung. Noch während er sich Gedanken über sein nächstes Gebot machte, wurde er von einem neuen Mitbieter aus den Gedanken gerissen, der die 1000 Sesterzen Marke deutlich überbot. Es war schwer abzuwägen ob diese Sklavin einen solchen Preis wirklich wert war. Immerhin übersteig er bereits bei weitem das Durchschnittsgehalt der meisten Anwesenden. Doch der Consul ließ sich ebenfalls zu einem neuen Angebot hinreißen und gab seinen Scriba ein Zeichen.


    "1500 Sesterzen für den Consul."

    "Um eines klarzustellen. Mich treiben weder persönliche Gründe noch habe ich grundsätzlich ein Problem mit einer Überarbeitung der Berichtspflicht. Andernfalls würde ich anders reagieren und mich nicht um konstruktive Diskussionseingaben bemühen. Was mich jedoch stört ist ein gesetzlich verankerter Schnellschuss, der letztendlich mehr Fragen aufwirft, als er beseitigt. Und aus meiner Sicht ist das hier der Fall. Man ist bisher weder auf meine Fragen eingegangen, noch wurde auch nur eine davon beantwortet.


    Wir sollen zustimmen den mündlichen Bericht von der Rostra in den Senat zu verlegen, sollen aber erst nach der Verabschiedung des Gesetzes über die Gründe dafür sowie Vor- und Nachteile reden. Wir sollen die Berichtspflicht für alle Magistrate wesentlich erweitern, bleiben ihnen aber schuldig, wie diese im Detail auszusehen hat. Wir schreiben den Magistraten vor, neben den mündlichen auch einen schriftlichen Bericht zu liefern, haben aber bisher immer noch nicht geklärt, welche Auswirkungen es hat, wenn ein Magistrat, wie in der Vergangenheit schon oft passiert, überhaupt keinen Bericht abliefert. Ich sehe auch nach wie vor nicht, dass man den Begriff Res Gestae mit einem mündlichen Bericht gleichsetzen sollte, nur weil es in den letzten Jahrzehnten der Fall war. In den letzten Jahrzehnten war eben nur ein mündlicher Bericht gefordert. Wenn nun ein schriftlicher Bericht dazu kommt, dann wird das Res Gestae dementsprechend erweitert.


    Aus meiner Sicht ist es gut und wichtig sich diesem Thema anzunehmen und sich Gedanken darüber zu machen. Allerdings halte ich nichts davon, sich bei einem so umfangreichen und wichtigen Thema nur einen einzigen der vielen zusammenhängenden Punkte herauszupicken und nur dort etwas auf die Schnelle gesetzlich festzulegen, ohne sich über die Auswirkungen Gedanken gemacht zu haben. Ein solches Thema muss man ganzheitlich betrachten. Und erst wenn ein Konzept besteht, dass sich mit dem Thema und den verschiedenen Zusammenhängen auseinandergesetzt hat und aus mehr besteht, als einen einzigen Satz den man mal so nebenbei in einen Gesetzestext einfügt, dann kann man über Gesetzesänderungen abstimmen. Dann ist vielleicht nicht nur dieses eine Gesetz, sondern auch weitere davon betroffen. Doch darüber haben wir uns bisher noch gar nicht den Kopf zerbrochen. Wir greifen zuerst grundlegend in ein Gesetz ein und machen uns danach Gedanken über die mögliche Umsetzung.


    Bin ich denn wirklich der einzige, der bei dieser Vorgehensweise Bedenken hat?"

    http://img16.imageshack.us/img16/1551/ephialtesianitor.jpg






    Ephialtes


    Da am heutigen Abend ein reges kommen war, nickte der Ianitor nur, als zwei weitere Gäste des Hausherrn eintrafen und machte eine einladende Geste in Richtung Eingang. Aufgrund der Größe der heutigen Abendgesellschaft, hatte man sich entscheiden die Veranstaltung im Atrium stattfinden zu lassen, da dies der einzige Raum mit passendem Fassungsvermögen war.


    "Salve! Bitte tretet ein. Es befinden sich bereits Gäste im Atrium. Der Consul wird jeden Moment erscheinen."





    IANITOR - GENS DECIMA

    "Ich kann deine Bedenken durchaus nachvollziehen..." räumte Livianus nachdenklich ein, der eigentlich nicht wirklich damit gerechnet hatte, für seinen Sohn wirklich ein großes Kommando herausschlagen zu können. Dennoch war es trotz aller Gräben für den Decimer nicht akzeptabel, dass der Kaiser eine Art Generalamnestie für alle ehemaligen Anhänger Salinators ausgesprochen hatte und sein Sohn der einzige sein sollte, für den eine solche nicht zählte. Ganz gleich wie seine Meinung über Palma war. Es gab vermutlich Tausender anderer, die ebenso dachten, nur eben keine Gelegenheit oder nicht den Mut hatten, ihren Unmut Luft zu machen. Er startete einen neuen Versuch.


    "Als Prafectus Praetorio stand Serapio nicht nur an der Spitze der Reichspräfekten sondern auch an der Spitze der römischen Gesellschaft. Wenn du ihm schon kein militärisches Kommando anvertraust, dann könntest du ihm zumindest eine Aufgabe anvertrauen, die seinem Status entspricht. Beispielsweise als Präfekt der Vigiles oder das Amt des Praefectus Annonae."


    Schon während er Palma erneut um einen Posten für seinen Sohn bat wurde dem Decimer klar, dass es wohl keinen Sinn hatte sich für Serapio stark zu machen und der Cornelier seine Meinung über ihn nicht mehr ändern würde. Auch eine Berufung auf all die großen und kleinen Taten, welche die Gens Decima im Laufe der letzten Jahrzehnte für das Imperium geleistet hatte, brachte wohl nicht viel.


    Livianus dachte stattdessen an das lange Gespräch mit seinem Sohn im Hortus der Casa Decima zurück und all die Dinge, die er dort erfahren hatte. Er hatte sich wirklich bemüht einsichtig, neutral und realistisch zu sein, doch Letzen Endes hatte Serapio Recht behalten. Es lag einfach nicht in der Natur des Decimers seine Hände in den Schoß zu legen und den furchtbaren Dingen ihren Lauf zu lassen, die ihren Anfang mit der Ermordung Valerianus genommen hatten. Ob es Palma sofort auffiel vermochte Livianus nicht zu sagen, da er sich Mühe gab seine stoische Mine beizubehalten, aber die Stimmung in seinem Inneren schwappte plötzlich in eine unvorhergesehene Richtung.


    "Ich muss einräumen, dass sich die Meinung meines Sohnes über dich wohl nicht wesentlich verändert hat. Die Gründe dafür sind dir wohl besser bekannt wie mir. Es ist mir auch nicht ganz klar wo die versuchte Ausgrenzung meines Sohnes enden wird. Bei ihm, bei seinen Klienten, seinen Freunden, seiner Familie? Ich bin sein Vater und amtierender Consul. Früher oder später ziehe ich es vielleicht in Erwägung ein Amt oder einen Posten anzustreben, die meinem Status als Consular gerecht wird. Eine Statthalterschaft oder ein großes Kommando. Wie wirst du dann reagieren? Wirst du dann auch mich brüskieren und mir ein Amt verwehren, weil du befürchtest ich könnte meine Macht und meinen Einfluss missbrauchen und mich gegen dich wenden? Auch ich habe Klienten und Freude. Sind diese ebenfalls von deinem Misstrauen betroffen?


    Sag mir Cornelius…. kannst du dir denn tatsächlich über jeden einzelnen in deinem Umfeld und in der Führungsebene des Reiches sicher sein, dass er nicht dieselben Gedanken über die Art und Weise deiner Machtergreifung hegt wie mein Sohn? Und wenn ja, kannst du dir wirklich sicher sein, dass es auch so bleibt?"