"Ich kann deine Bedenken durchaus nachvollziehen..." räumte Livianus nachdenklich ein, der eigentlich nicht wirklich damit gerechnet hatte, für seinen Sohn wirklich ein großes Kommando herausschlagen zu können. Dennoch war es trotz aller Gräben für den Decimer nicht akzeptabel, dass der Kaiser eine Art Generalamnestie für alle ehemaligen Anhänger Salinators ausgesprochen hatte und sein Sohn der einzige sein sollte, für den eine solche nicht zählte. Ganz gleich wie seine Meinung über Palma war. Es gab vermutlich Tausender anderer, die ebenso dachten, nur eben keine Gelegenheit oder nicht den Mut hatten, ihren Unmut Luft zu machen. Er startete einen neuen Versuch.
"Als Prafectus Praetorio stand Serapio nicht nur an der Spitze der Reichspräfekten sondern auch an der Spitze der römischen Gesellschaft. Wenn du ihm schon kein militärisches Kommando anvertraust, dann könntest du ihm zumindest eine Aufgabe anvertrauen, die seinem Status entspricht. Beispielsweise als Präfekt der Vigiles oder das Amt des Praefectus Annonae."
Schon während er Palma erneut um einen Posten für seinen Sohn bat wurde dem Decimer klar, dass es wohl keinen Sinn hatte sich für Serapio stark zu machen und der Cornelier seine Meinung über ihn nicht mehr ändern würde. Auch eine Berufung auf all die großen und kleinen Taten, welche die Gens Decima im Laufe der letzten Jahrzehnte für das Imperium geleistet hatte, brachte wohl nicht viel.
Livianus dachte stattdessen an das lange Gespräch mit seinem Sohn im Hortus der Casa Decima zurück und all die Dinge, die er dort erfahren hatte. Er hatte sich wirklich bemüht einsichtig, neutral und realistisch zu sein, doch Letzen Endes hatte Serapio Recht behalten. Es lag einfach nicht in der Natur des Decimers seine Hände in den Schoß zu legen und den furchtbaren Dingen ihren Lauf zu lassen, die ihren Anfang mit der Ermordung Valerianus genommen hatten. Ob es Palma sofort auffiel vermochte Livianus nicht zu sagen, da er sich Mühe gab seine stoische Mine beizubehalten, aber die Stimmung in seinem Inneren schwappte plötzlich in eine unvorhergesehene Richtung.
"Ich muss einräumen, dass sich die Meinung meines Sohnes über dich wohl nicht wesentlich verändert hat. Die Gründe dafür sind dir wohl besser bekannt wie mir. Es ist mir auch nicht ganz klar wo die versuchte Ausgrenzung meines Sohnes enden wird. Bei ihm, bei seinen Klienten, seinen Freunden, seiner Familie? Ich bin sein Vater und amtierender Consul. Früher oder später ziehe ich es vielleicht in Erwägung ein Amt oder einen Posten anzustreben, die meinem Status als Consular gerecht wird. Eine Statthalterschaft oder ein großes Kommando. Wie wirst du dann reagieren? Wirst du dann auch mich brüskieren und mir ein Amt verwehren, weil du befürchtest ich könnte meine Macht und meinen Einfluss missbrauchen und mich gegen dich wenden? Auch ich habe Klienten und Freude. Sind diese ebenfalls von deinem Misstrauen betroffen?
Sag mir Cornelius…. kannst du dir denn tatsächlich über jeden einzelnen in deinem Umfeld und in der Führungsebene des Reiches sicher sein, dass er nicht dieselben Gedanken über die Art und Weise deiner Machtergreifung hegt wie mein Sohn? Und wenn ja, kannst du dir wirklich sicher sein, dass es auch so bleibt?"