Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Wie von Duccius Vala schriftlich angesucht, hatte Livianus den ehemaligen Aedilis in der heutigen Sitzung gleich zwei Mal auf die Rednerliste gesetzt. Den noch ausständigen Bericht über seine vergangene Amtszeit, hatte der Consul dabei zeitlich als ersten Punkt der heutigen Sitzung angesetzt. Da es an ihm lag die Sitzung davor noch zu eröffnen, erhob er sich kurz und wandte sich an die anwesenden Senatoren.


    "Geschätzte Kollegen! Ich wünsche euch allen einen guten Morgen und erkläre die heutige Sitzung des Senats für eröffnet. Als ersten Punkt der heutigen Agenda hören wir den Bericht des zuletzt aus dem Amt geschiedenen Aedilis Plebis Titus Duccius Vala.


    Duccius Vala bitte."


    Mit einer einladenden Geste in Richtung des Ducciers überließ er ihm das Auditorium und setzte sich wieder.

    Erinnert mich etwas an eine Staffelübergabe. Ein Urgestein kommt, dass andere geht. Viel ist ja nicht um zwischen deiner und meiner Anmeldung. So wie selbst erlebt, bin ich aber guter Hoffnung, dass auch dir das IR irgendwann abgeht und du den Weg eines Tages mit frischer Energie zurück finden wirst.


    Auch ich danke für die netten Jahre und Erinnerungen an die, wenn auch schon länger zurückliegend, immer lustigen IR-Treffen, sowie die gemeinsamen Abenteuer und Geschichten, die unsere IDs miteinander erleben durften. Mein Dank auch als Spieler für dein wirklich herausragendes Engagement und all das, was du in diesen Jahren für das IR getan und geleistet hast.


    Vielen, vielen Dank für Alles und wie einer unserer berühmten Landsmänner zu sagen pflegte:


    "Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!"

    "Ich danke dir für dein Angebot und nehme es natürlich mit Freuden an. Alleine durch deine Anwesenheit kann ich mir einem neuen Ruhepol innerhalb dieser Mauern und einer großen Stütze in meiner Arbeit sicher sein."


    Im nächsten Moment betrat ein Sklave das Atrium und gab Livianus zu verstehen, dass das Zimmer für den Gast endlich bereit war. Livianus nickte dankend und wandte sich wieder an Archytas.


    "Was hältst du davon, wenn du erst einmal dein Zimmer beziehst, dich ein wenig von deiner Reise erholst und wir uns danach noch einmal treffen. Ich habe jetzt noch einen kurzen Termin mit einem Senator und möchte dir danach endlich meine Nichte vorstellen und dir unsere Hausbibliothek zeigen, von der ich dir in Hispania so viel erzählt habe. Ich werde dir Bescheid geben lassen, wenn der Senator wieder gegangen ist. Der Sklave wird dir in der Zwischenzeit dein Zimmer zeigen."

    Livianus war etwas irritiert, dass Vala nicht auf seine Nachfrage betreffend der Aurelier einging, doch ließ er es vorerst dabei bewenden und antwortete stattdessen auf die gestellte Gegenfrage betreffend seines Programms.


    "Nun… der Erfolg eines Consuls hängt wohl auch immer mit der Aktivität und dem Interesse des Senats zusammen. Ich selbst habe mir einige Punkte vorgenommen, doch ob ich sie Tatsächlich auch umsetzen kann wird sich zeigen.


    Zum einen habe mir Gedanken über die Abläufe im Senat gemacht. Einige Sitzungen und auch meine Kandidatur haben mir gezeigt, dass es mitunter vorteilhaft wäre, eine Zusammenfassung aller Verfahrensregelungen zu haben, nach denen Sitzungen und Versammlungen des Senats abzulaufen haben. Die internen Senatsrichtlinien erscheinen mir dabei sehr lückenhaft und unfertig. Der Codex Universalis geht beispielsweise nicht näher auf die Rechte und Pflichten des Princeps Senatus ein.


    Ich habe darüber nachgedacht den Princeps Senatus zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Verlaufs einer Sitzung auch konkrete Mittel zur Verfügung zu stellen, die er dazu einsetzen kann. Einiges ist bereits jetzt Gewohnheitsrecht, doch es gibt nichts Schriftliches dazu. Ich denke da an Mittel wie beispielsweise einen Ordnungsruf, dem Entzug des Wortes, die Unterbrechung oder die Vertagung einer Senatssitzung.


    Mit dem Kaiser habe ich zudem die Aufarbeitung der Jahre unter Salinators Einfluss vereinbart. Während der Palast das Ganze intern aufrollt, werde ich mich um die Senatsthemen kümmern. Beschlüsse, Sitzungsprotokolle, erlassene Gesetze, die Arbeit der Magistraten… All das soll noch einmal aufgerollt und gesichtet werden. Auch die Ernennungen der Senatoren und Magistrate in dieser Zeitspanne muss überprüft werden. Es soll in Zukunft keine bösen Überraschungen aufgrund irgendwelcher vescularischer Überbleibsel geben. Es wurde auch schon teilweise damit begonnen.


    Und natürlich die fast schon obligatorisch gewordene Durchsicht und Überarbeitung der verschiedenen Gesetzestexte. Es gibt immer noch die eine oder andere Stelle im Codex, die bestimmte Handlungen vorschreibt, allerdings keine Konsequenzen vorsieht, wenn diese unterlassen wird."






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    Natürlich wusste Livianus nur zu gut, dass Archytas nicht an das Elysium glaubte, doch war er, anders als die meisten Römer der Einstellung, dass man jedem seinen Glauben lassen sollte. Und so würde auch er sich nicht verbiegen, um es seinem Freund Recht zu machen und von Seelenwanderung zu sprechen, die er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Wichtig war letzten Endes nur, dass jeder für sich einen Weg fand, um die Trauer über den Tod eines so nahen Verwandten zu bewältigen. Da Archytas das Thema wechselte, ließ der Decimer es ebenfalls dabei bewenden. Die Frage, die er gestellt bekam, war doch nicht weniger anspruchsvoll, als eine Diskussion über das Leben nach dem Tod. Livianus seufzte und erneut sah man ihm an, wie sehr er in den letzten Tagen mit sich und der Welt gehadert haben musste.


    "Nun, ich weiß gar nicht wo ich da beginnen soll. Es ist wahrlich viel passiert mein Freund. Zu viel, wie mir in den letzten Tagen scheint."


    Und so begann Livianus dem Griechen alles zu erzählen. Von seiner Rückkehr nach Rom und der Freilassung seines bis dahin gefangengehaltenen Sohnes, seiner Kandidatur für das Consulat und den Vorwürfen, denen er sich dabei aussetzen musste, von seinem Wahlsieg und seiner Audienz bei Palma, bis hin zum Bruch mit Serapio, wobei er die Details über das Gespräch mit Serapio und die Mordanschuldigungen gegen den Kaiser und einige hochstehende Persönlichkeiten des Reiches sicherheitshalber ausließ. Als er mit seinen Erzählungen endete, sah er bedrückt zu Boden. Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, doch Archytas saß immer noch da und hörte aufmerksam zu.


    "Manchmal habe ich das Gefühl, das Ganze wächst mir über den Kopf. Einerseits bin ich am Höhepunkt meiner politischen Karriere angelangt und sollte mich glücklich und stolz fühlen, nun Consul des römischen Reiches zu sein. Andererseits stehe ich vor dem Scherbenhaufen meiner Familie, habe meinen Sohn verloren und muss mich mit einem kriegs- und entscheidungsmüden Senat herumschlagen. Mir scheint die Götter stellen mich einmal mehr auf die Probe."

    Livianus nickte.


    "Da ist etwas Wahres dran Duccius. Ich bin in jedem Fall gespannt darauf, wie sich die Patrizier verhalten und wie sie bei diesem Thema zukünftig agieren werden. Wenn du Recht hast, können sie nicht mit der Unterstützung Palmas rechnen und den Weg über den Consul haben sie sich bekanntlich selbst blockiert. Die Frage ist, wie wichtig ihnen die Steuerfreiheit letztendlich ist. Ich gehe davon aus, dass vor allem die älteren ranghohen Patrizier sehr unter der Besteuerung ihres Vermögens leiden. Es ist bestimmt kein angenehmes Gefühl bei jedem regelmäßigen Besuch des Steuereintreibers ein gutes Stück seines jahrelang angehäuften Geldberges schwinden zu sehen."


    Den letzten Satz sagte Livianus nicht ohne einen belustigenden Unterton in der Stimme verbergen zu können. Aus irgendeinem Grund stellte er sich dabei recht Bildhaft Flavius Furianus vor, wie er auf seinem angehäuften Berg voller Sesterzen saß und verzweifelt versuchte die kaiserlichen Steuereintreiber mit einem Besen fernzuhalten. Im nächsten Moment war er auch schon von den Sklaven abgelenkt, die endlich die Vorspeise hereinbrachten. Da es trotz eines fast leeren Magens und daraus resultierendem starken Hungergefühl nicht sonderlich vornehm war, sich sofort über das servierte Essen zu stürzen, wartete Livianus mit einem etwas gezwungen Lächeln darauf, dass sich der duccische Gast zuerst nahm. Um diese Zeit zu überbrücken und seinen knurrenden Magen abzulenken, stellte er eine weitere Frage, die ihm Zusammenhang mit dem eben gehörten stand.


    "Plebejische Offiziere haben Palma vielleicht zum Kaiser ausgerufen, doch waren nicht auch die Aurelier sehr stark am Erfolg des cornelischen Feldzuges beteiligt? Ich kannte ihn zwar bei meiner Kandidatur noch nicht, doch habe ich mich mittlerweile ein wenig über Aurelius Lupus informiert. Er ist doch nach der Rückeroberung Roms von Palma sogar als Klient angenommen worden. Eine sehr hohe Ehrung für einen so jungen Mann, der vor und nach dem Bürgerkrieg kaum in Erscheinung getreten ist."






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    Die Erklärungen seines zukünftigen Tiros klangen sehr einleuchtend und Livianus nickte daher zwischendurch verständnisvoll. Das mit dem Gepäck konnte er sich bildhaft vorstellen. Wie Paetus zuvor bereits bestätigt hatte, war sein Vater nicht gerade jemand, der sich gern von seinen Dingen trennte. Waren es nun Schriftstücke, Bücher oder die beim Essen erwähnten Oleanderbüschen, die er vermutlich auch auf die Karren gepackt hätte, wenn es möglich gewesen wäre.


    "Wir danken alle den Göttern, dass ihr diese Tortur unbeschadet überstanden habt. Was ist eigentlich aus Aurelius Ursus geworden? Ich habe gehört er wurde bei der Schlacht um Vicetia schwer verletzt. Da mein Verhältnis zu den Aureliern aber im Moment nicht gerade das Beste ist, konnte ich nicht näher nachfragen. Habt ihr etwas von ihm gehört?"











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    Es war nicht so, dass Livianus die Gesellschaft des Peregrinus nicht immer genossen hatte, doch er hoffte, dass das heutige Gespräch nicht die ganze Nacht dauern würde, so wie einige, die sie in Hispania geführt hatten. Die Tage als Consul waren oft lange und arbeitsreicht und verlangten dem in die Jahre gekommenen Decimer doch einiges ab. Doch es tat gut die mittlerweile vertraut gewordene Stimme und das unverkennbare Lachen des Griechen wieder durch die Räume hallen zu hören. Während Archytas von seiner Reise nach Syracusae berichtete, musste er kurz an die vielen Stunden zurückdenken, die sie bereits im Gespräch verbracht hatten. Doch als sich plötzlich der Gefühlszustand seines Gastes mit einem Schlag änderte, wurde Livianus wieder hellhörig.


    "Es tut mir leid das zu hören mein Freund. Mein herzliches Beileid. Ich hoffe dein Vater konnte seine letzten Stunden ruhig und frei von Schmerzen verbringen. Bestimmt hat er sich gefreut, dich noch einmal sehen zu können, bevor er in das Elysium übergegangen ist."


    Livianus legte dabei freundschaftlich seine Hand auf Archytas Schulter, als Zeichen seiner Anteilnahme und Verbundenheit.

    Das Palma Einsicht zeigte und auch in Aussicht stellte, vakante Ämter in näherer Zukunft nach zu besetzen, stimmte Livianus zuversichtlich. Ganz bestimmt war es eine Aufwertung des Ordo Senatorius, wenn die Bürger Roms Senatoren nicht nur beim Betreten und Verlassen der Curia Iulia beobachten konnten, sondern sie auch im alltäglichen öffentlichen Leben in den unterschiedlichsten Funktionen warnahmen. Der Decimer konnte dem Princeps durchaus zustimmen, dass es nicht hilfreich war die Erstbesten auf die derzeit vakanten Ämter zu setzen, doch vielen ihm auf Anhieb einige gute und unbescholtene Senatoren ein, die sich für den einen oder anderen Posten eigneten. Doch wie bereits im Laufe des Gesprächs festgestellt, konnte und wollte er sich nicht direkt in die Vergabe der Ämter einmischen. Ganz anderer Meinung war er jedoch im Bezug darauf, wie diese Männer zu solchen Ämtern kommen konnten und es war ihm unklar, wie sich Palma dies genau vorstellte. Doch Nachfragen kostete bekanntlich nichts.


    "Das System der Patronage hat sich seit Jahrhunderten bewährt und es ist die ureigene Aufgabe eines Patrons für seine Anhängerschaft einzutreten und sie, wenn möglich, auch in solchen Belangen zu fördern und zu unterstützen. Es als einfache Vetternwirtschaft abzutun, halte ich für verkehrt. Natürlich sollte man bei der Besetzung von Ämtern und Posten in erster Linie auf die Eignung des jeweiligen Kandidaten achten. Doch wie sollte es überhaupt erst zu Verschlägen kommen, wenn nicht durch einen Patron, der sich für seinen treuen Klienten einsetzt und seinen Namen, auf welchem Weg auch immer, auf eine Liste möglicher Kandidaten bringt. Es kann doch nicht darauf hinauslaufen, dass sich ranghohe Eques und Senatoren in Zukunft persönlich im Kaiserpalast um ein Amt bewerben müssen? Ich bin daher sehr neugierig darauf, wie diese neuen Wege aussehen werden. Wie werden Besetzungen von Ämtern und militärischen Posten in Zukunft ablaufen?"


    Bewerbungen waren zweifellos ein neuer, interessanter Ansatz, doch es würde das traditionelle System der Patronage vollkommen auf den Kopf stellen und in weiterer Folge wohl dazu führen, dass sich ranghöhere oder wohlhabende Klienten die Frage stellen musste, wozu sie überhaupt noch einen Patron brauchten, wenn dieser nicht mehr im Stande war ihre Karriere zu fördern oder ihren Namen auf eine Besetzungsliste für diverse Ämter und Posten zu bringen. Andererseits war vielleicht genau das in Palmas Sinne. Der Einfluss vieler ranghoher Persönlichkeiten des Reiches baute auf ihre Anhängerschaft, die sie sich mitunter mühsam über Jahrzehnte hinweg aufgebaut hatten. Die Klienten wiederrum vertrauten darauf, das ihr Patron auch weiterhin für sie eintrat und ihrer Karriere förderte. Konnte der Patron dies nicht mehr, so verlor er schlimmsten Falls seine Klienten und damit auch seinen Einfluss. Livianus war gespannt zu hören, wie sich Palma den Ablauf derartige Besetzungen in Zukunft vorstellte.





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    "Das kann ich verstehen. Auch ich bin kein Freund von Seereisen wie du weißt."


    Natürlich war auch nachher noch ausreichend Zeit um ein wenig zu plaudern. Doch um seinem Gast die Zeit zu vertreiben, bis die Sklaven das Cubiculum für ihn vorbereit hatten, deutete Livianus auf eine Sitzgelegenheit und begann ein Gespräch.


    "Möchtest du dich ein wenig setzen, während die Skalven das Zimmer vorbereiten? Es wird bestimmt nicht lange dauern. In der Zwischenzeit berichte mir doch, wie es dir ergangen ist, seit sich unsere Wege in Hispania getrennt haben?"

    "Sehr gut."


    Nicht das Livianus geglaubt hatte Archytas hätte das Zeichen des decimianischen Gastrechts verloren oder verlegt. Doch es war gut zu sehen, dass er es bei sich trug. Zum einen war es Tür- und Toröffner zu allen Häusern der Gens Decima, denn jedes Familienmitglied hatte die Pflicht den Besitzer einer solchen Tessera unter sein Dach aufzunehmen, und zum anderen war es bei manchen Gelegenheiten bestimmt nicht das Schlechteste, einen Nachweis bei sich zu tragen der jedem zeigte, dass man den amtierenden Consul seinen Freund nennen konnte. Wobei gerade das letzte eine Tatsache war, von der Archytas noch nichts wusste. Doch alles der Reihe nach.


    "Meine Sklaven werden dir sofort ein Zimmer vorbereiten."


    Er sah sich zu einem der Haussklaven um, der mitgehört hatte und sofort verstand, was sein Herr von ihm erwartete. Während sich der Sklave sofort an die Arbeit machte, wandte sich Livianus wieder seinem Gast zu.


    "Ich hoffe deine Reise nach Rom war nicht all zu beschwerlich. Das Wetter zu dieser Jahreszeit kann mitunter unangenehm sein."

    Livianus nickte verständnisvoll.


    "Das hast du vermutlich Recht. Doch es hat keinen Sinn nun groß darüber zu theoretisieren. Zuerst einmal muss die Wahl abgewartet werden. Danach wird man sehen."


    Es war wohl wirklich das beste zuerst den Ausgang der Wahlen abzuwarten und dann gegebenenfalls noch einmal auf Macer zuzukommen, als hier weiter zu theoretisieren und dem Consular seine Zeit zu rauben. Livianus entschied sich daher das Gespräch an dieser Stelle zu beenden und nickte Macer dankend zu.


    "Also gut. Dann will ich dir nicht weiter die Zeit rauben. Ich nehme an du wolltest dich vorhin auf den Heimweg machen. Ich danke dir jedenfalls für deine offenen Worte und für die Unterstützung des jungen Aquila."






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    Livianus blieb lange Zeit still und erwiderte nichts auf die weiteren Erklärungen und Ausführungen seines Sohnes. Man sah ihn jedoch an, dass er diese Zeit brauchte, um seine Gedanken zu ordnen. Einiges, das er zuvor nicht verstanden hatte, wo ihm schlichtweg die Zusammenhänge gefehlt hatten, schien langsam einen Sinn zu ergeben. Natürlich hatte er noch unzählige Fragen. Doch nun wo er bereits all dies wusste stellte sich letztlich nur eine entscheidende Frage. Was sollte er mit diesem Wissen anfangen? War es ihm tatsächlich von Nutzen oder eher eine weitere Last? Schließlich sah er wieder nachdenklich auf und räusperte sich, ehe er seinem Sohn antwortete.


    "Wahrheit, Lüge… Ehre, Unehre… letzten Endes wird die Geschichte von den Siegern geschrieben. Das war schon immer so und wird vermutlich auch immer so sein. Es ist durchaus kein Nachteil für mich, all dies zu wissen. Doch so wie du bereits richtig gesagt hast. Dieses Wissen aktiv zu nutzen und etwas daraus zu machen….. das wird wohl nicht möglich sein.


    Ich weiß es ist nicht einfach dies einzusehen Faustus, aber es wird wohl das Beste sein, wenn auch wir mit dieser Ungerechtigkeit leben lernen. Du warst lange genug Soldat und hast dich in den höchsten Kreisen der Gesellschaft bewegt um zu wissen, dass in Rom einzig und alleine Macht zählt. Und diese Macht liegt nun in den Händen Palmas. Ob wir damit nun glücklich sind oder nicht. Wir haben keine Legionen, wir haben keine Unterstützer, wir haben nichts, dass wir Palma entgegenhalten können. Im Gegenzug aber, könnten wir mit einer falschen Entscheidung oder einem unüberlegten Schritt Alles verlieren. Unsere Familie, unsere Freunde, unser Vermögen und unser Ansehen.


    Uns bleibt einzig und alleine die Möglichkeit offen dieses Wissen zu bewahren und auf einen Moment zu warten, wo wir es nutzen können, um irgendwann Gerechtigkeit walten zu lassen. Doch ob dieser Moment jemals kommt oder nicht, dass wissen nur die Götter."


    Das war gewiss nicht das, was Serapio nun hören wollte, doch es schien aus Livianus Sicht das einzige zu sein, dass er dazu sagen konnte.





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    Livianus hatte den Peregrinus während der Zeit seines freiwilligen Exils in Hispania kennengelernt. Archytas war ein Gelehrter, den es auf einer ausgedehnten Studienreise in die westlichen Provinzen des römischen Reiches verschlagen hatte. Da der Decimer vom schier endlos zu scheinenden Wissen und der freundlichen Art des Mannes sehr angetan war, hatte er Archytas auch kurzerhand für einige Monate auf seinem Landsitz beherbergt. Bei ihrem Abschied, als Livianus nach Rom abgereist und Archytas sich wieder auf den Weg in seine Heimatstadt Tarentum gemacht hatte, gab Livianus das Versprechen ab, dass der Peregrinus in der Casa Decima immer willkommen war und sprach ihm das Gastrecht aus. Auf dieses Versprechen zielte die letzte wortgewandte Bemerkung Archytas nun wohl ab.


    "Das bist du mein Freund…." lächelte Livianus "… und ein willkommener Gast. Du wirst auch immer einen Platz in jedem unserer Häuser finden. Das Tesserae hospitales hast du doch noch, dass ich dir in Hispania gegeben habe?"

    "Auch" nickt Livianus zustimmend.


    "Ganz allgemein betrachtet sind die Senatoren, die seit deiner Inthronisierung auf einen militärischen Posten oder in ein senatorisches Verwaltungsamt berufen wurden doch sehr übersichtlich. Wenn meine Informationen richtig sind, so ist in Rom im Moment kein einziges senatorisches Curatorenamt besetzt und auch wichtige Schlüsselpositionen im Reich wie die Legaten der Legio I und II, als auch die des Statthalters von Germania Superior sind vakant."


    Auch einige vakante Ritterämter waren dem Decimer bekannt. Doch dies war kein Thema, für das er sich zuständig fühlte oder das er anzusprechen gedachte. Ihm ging es darum den Senatorenstand wieder zu seinem früheren Stellenwert zu verhelfen - als eine der wesentlichen Säulen des römischen Reiches und dessen fast unüberschaubaren Verwaltungsapparates, der dahinterstand.


    "Ich kann deine Zurückhaltung durchaus verstehen Cornelius. Es waren schwierige Zeiten und vieles muss sich erst der neuen Ordnung unterwerfen bis der normale Alltag auch wieder in die Köpfe der Leute einkehren kann. Allerdings wäre mein bescheidener Vorschlag in dieser Angelegenheit von Seiten des Palastes etwas mehr in die Offensive und auf in diesem speziellen Fall auf die Senatorenschaft zuzugehen. Auch wenn du als zweifacher Consular jedem Senator schon vor deiner Thronbesteigung zweifellos ein Begriff warst, so darfst du deine lange Abwesenheit aus Rom nicht unterschätzen. Viele aus unseren Reihen haben keine direkten oder auch indirekten Kontakte mehr in den Kaiserpalast geschweige denn zu dir persönlich. Ich denke das traditionelle System der Patronage hat durch den Bürgerkrieg einen starken Kahlschnitt erlebt und muss sich erst langsam wieder erholen. Die Zurückhaltung vieler, auch ranghoher Männer ist daher sehr verständlich. Auch ich muss gestehen, hätte ich nicht den Weg des Cursus Honorum gewählt, hätte ich derzeit trotz eines dreifachen Consulars als Patron wohl niemanden vorzuweisen, der dir so nahe stehen würde, um mich bei dir für ein senatorisches Amt ins Gespräch zu bringen. Und so geht es derzeit wohl den meisten."


    Livianus hoffte, dass Palma seinen Gedankengängen folgen konnte und letzten Endes Verstand, worauf der designierte Consul hinaus wollte. Er wollte dabei weder belehrend noch fordernd wirken. Sein Anliegen war lediglich ein wenig die derzeitige Lage aufzuzeigen, sofern Palma diese nicht schon längst selbst erkannt hatte, und diesbezüglich seine Vorschläge vorbringen.


    "Mein Vorschlag wäre daher, dass der Palast in Anbetracht dieser besonderen Umstände aktiver auf Senatoren zugeht, die sich bereits bewiesen haben oder die den Anforderungen der vakanten Posten entsprechen. Mir ist durchaus bewusst, dass die von dir bereits angesprochene Vertrauensfrage dabei eine große Rolle spielt. Dieses Vertrauen wird jedoch auf beiden Seiten neu erwachsen müssen und kann durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen. Doch dazu muss man dem Ganzen erst einmal eine Chance geben."




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    "So ist es. Ich habe schon vor dem Bürgerkrieg mein Kommando über die Legio II zurückgelegt und bin nach Hispania gegangen. Manche würden es vielleicht als Glück bezeichnen, doch hat sich in meiner Abwesenheit vieles hier in Rom getan und verändert. Leider nicht immer zum Guten und im Interesse der Familie."


    Livianus seufzte kurz, wollte das Thema aber nicht weiter vertiefen. Vielleicht ergab sich später noch die Gelegenheit in aller Ruhe ein paar Wörter mit seinem Klienten zu wechseln. Doch nun standen bereits weitere Gratulanten hinter dem Iunier und warteten darauf, selbst mit dem Consul ein paar Wörter wechseln zu können.


    "Umso erfreuter hat mich meine Wahl zum Consul. Es ist wieder ein deutliches Lebenszeichen der Decimer und bringt der Familie wieder den notwendigen Aufschwung. Ich danke dir also für deine Glückwünsche und hoffe wir finden heute oder in der nächsten Zeit noch Gelegenheit miteinander ausführlicher zu reden."


    Er nickte seinem Klienten zu und wandte sich an seine Nichte Seiana, die mittlerweile auch zum Kreis Gratulanten getreten war, der sich mittlerweile um den frischgebackenen Consul und Iunius Silanus gebildet hatte.


    "Ich danke dir Seiana."


    Es folgte eine kurze Umarmung, die wesentlich wärmer und gefühlvoller ausfiel, als die zuvor mit Serapio. Als Livianus sich wieder von ihr löste sah er zu Silanus.


    "Du kennst meine Nichte Seiana?"


    Eine weitere Traube an Gratulanten hatte sich mittlerweile dazugesellt. Er sah daher noch einmal zu Seiana.


    "Mein treuer Klient Iunius Silanus ist auch erst vor kurzem wieder nach Rom zurückgekehrt. Wärst du so nett und könntest dich seiner annehmen während ich die restlichen Hände schüttle."

    "Da ist sicher etwas Wahres dran Senator. Allerdings darfst du dabei nicht vergessen, dass sie mit Cornelius Palma wieder einen der ihren auf den Thron verholfen haben. Bisher gibt sich unser neuer Princeps sehr neutral, allerdings ist mir zu Ohren gekommen, dass die Patrizier bereits mit einem Auge auf die erneute Durchsetzung ihre Steuerfreiheit schielen. Lasst uns also abwarten wie lange diese Neutralität bestand hat, wenn sie womöglich mit ihrem Anliegen am notwendigen Senatsbeschluss scheitern."


    Es war eine reine Annahme und ein Gedankenspiel des Decimers, da es genauso gut sein konnte, dass der Senat der Wiedereinführung der patrizischen Steuerfreiheit mehrheitlich zustimmte. Da sich bereits ein Hungergefühl in Livianus Magengegend ausbreitete, hielt er kurz Ausschau, ob Anzeichen zu erkennen waren, dass die Sklaven in Kürze mit dem servieren der Vorspeise begannen.






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    Archytas, der vom Ianitor in das Atrium geführt worden war, musste nicht lange warten, da trat auch schon Livianus durch eine der Türen ein und kam lächelnd auf den unerwarteten Gast zu.


    "Archytas! Du konntest dich also doch noch von deinen Büchern losreißen und nach Rom kommen. Fast hätte ich nicht mehr damit gerechnet. Es ist viel Zeit vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben."


    Bei seinem Gast angekommen reichte ihm der Decimer beide Hände zu einem freundschaftlichen Gruß.


    "Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?"