Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Der Anstand hätte geboten, dass die beiden jungen Männer sich zur Begrüßung erhoben, als der Hausherr das Triclinium betrat, doch Livianus deutete auf dem Weg zur freien Kline mit einer eindeutigen Geste, dass sie auf ihren Plätzen bleiben sollten. Dann machte er es sich selbst auf der Liege bequem, während er Vala sehr salopp auf sein Geständnis antwortete.


    "Ich danke dir Duccius. Hätte ich die Wahl verloren, müsste ich es dir übel nehmen, aber da ich sie dennoch gewonnen habe und du als ein Klient von Vinicius Hungaricus gute Gründe für deine Entscheidung hattest, werde ich ausnahmsweise Nachsicht walten lassen.


    Ich bin dir dennoch zu Dank verpflichtet, denn immerhin hast du mit Erfolg unseren jungen Aquila unterstützt. Er hat sich ausgezeichnet geschlagen im Senat. Du dürftest ein guter Lehrmeister für ihn gewesen sein."


    Als Livianus schließlich eine bequeme Position gefunden hatte, trat auch schon ein Sklave und reichte ihm einen Becher mit erwärmtem Honigwein, den der Decimer oft in den kalten Jahreszeiten bevorzugte.

    Verspätet platzte Livianus in das geplante Essen mit Aquila und dem amtierenden Aedilis Duccius Vala, von dem er bisher sehr viel gehört, aber noch keine Gelegenheit gehabt hatte, ihn persönlich kennen zu lernen. Dies sollte sich heute ändern und er war bereits sehr gespannt darauf, mit dem Held von Vicetia das eine oder andere Wort zu wechseln. Von Seiana und Aquila hatte er bisher nur Gutes über den Mann gehört. Serapio sah das Ganze wohl etwas anders. Dennoch hatte sich Livianus vorgenommen möglichst unvoreingenommen an die Sache heranzugehen. Er betrat daher mit einem entschuldigenden Lächeln das Triclinium.


    "Salvete. Bitte entschuldigt meine Verspätung. Ich hatte noch ein Gespräch mit Senator Cossutius Geminus und wie ihr vielleicht wisst ist er jemand, der sich sehr gerne reden hört."

    Livianus strich sich kurz durch seinen Bart und wägte seine Worte ab, ehe er weitersprach. Seine Stimme blieb dabei sachlich und ruhig, so dass die folgenden Worte wie eine trockene Feststellung über das Wetter klangen. Er erwiderte dabei Palmas Blick und sah den Cornelier direkt und sehr ernst an, der die tatsächlichen Geschehnisse in seiner Antwort mehr als nur heruntergespielt hatte.


    "Ich danke dir für deine offenen Worte. Auch ich möchte dir diese Offenheit entgegenbringen. Ich bin froh, beide wieder sicher innerhalb der Mauern unserer Casa zu wissen, kann aber die Verhaftung meiner Nichte und den Zustand, in dem mein Adoptivsohn aus dem Kerker entlassen wurde keinesfalls gutheißen. Meine Nichte ist mir gegenüber sehr verschlossen was ihre Haft betrifft und ich kann nur erahnen, was sie durchmachen musste, weggesperrt in einer finsteren Zelle und der Willkür einfacher Soldaten ausgeliefert, die in ihr nicht mehr als einen Staatsfeind sahen. Mit meinem Adoptivsohn Serapio konnte ich jedoch mittlerweile ein ausführlicheres Gespräch führen. Über die Gefangenschaft und auch über seine Arbeit als Praefectus Praetorio."


    Der Decimer ließ den letzten Satz kurz im Raum stehen und ließ offen, wie weit seine Informationen mittlerweile tatsächlich reichten. Alles in allem war ihm dieses Thema wohl ebenso unangenehm wie vermutlich dem Cornelier selbst, doch es gehörte ein für alle Mal aus der Welt geräumt, wenn es wieder eine aussichtsreiche Zukunft für die Decimi geben sollte. Als designierter Consul war er zudem in der Position, seine Meinung vor Palma ohne Angst vor Repressalien oder schwerwiegender Folgen aussprechen zu können. Es ging daher hier wohl eher darum Fronten abzustecken. Nachdem Palma seinen Standpunkt klar gemacht hatte, war es auch an Livianus, offen seine Gedanken auszusprechen.


    "Anders als mein Sohn bin ich jedoch politisch erfahren genug und in einem Alter, wo man manche Vorgänge pragmatischer sieht, wie verwerflich und niederträchtig sie auch sein mögen und auch offener dafür ist dem Friedens willen Kompromisse einzugehen.


    Ich habe gehört, dass du seit dem Ende des Bürgerkriegs bemüht bist moderater und nachsichtiger mit den Anhängern des Vesculariers umzugehen. Auch wenn es sehr bedauerlich ist, dass dies nicht bereits für meine Familie gegolten hat, so denke ich, dass es ist im Sinne aller Beteiligten und vor allem der Stabilität des Reiches dienlich ist, wenn ich auch in diesem Falle Kompromissbereit bin.


    Wie ich unter Beweis gestellt habe, bin ich durchaus noch selbst in der Lage für das Ansehen meiner Familie zu sorgen und die Sache mit dem Vertrauen…. die wird wohl beide Seiten noch lange belasten. Was ich mir jedoch wünsche…. "


    Livianus ballte dabei seine Hände zu Fäusten um zu zeigen wie wichtig ihm dieser Punkt war und seinen nachfolgenden Worten Nachdruck zu verleihen. Er dachte dabei an seine Kandidatur im Senat, wo die Patrizier, allen voran Aurelius Lupus, der Klient Palmas, wie ein Rudel hungriger Wölfe über ihn hergefallen waren. Es war nun an Palma seine Jagdhunde zurückzupfeifen, wenn er tatsächlich einen funktionierenden und stabilen Senat wollte.


    "….wirklich wünsche.…ist, dass mein Sohn und meine Nichte von dir rehabilitiert werden. Erst dann, so hoffe ich, werden die Anfeindungen deiner Anhänger und Klienten gegen mich und meine Familie endlich ein Ende finden."

    Mit versteinerter Miene saß Livianus zurückgelehnt da, die gefalteten Hände vor seinem Mund, der Blick starr ins Leere gerichtet. Cornelius Palma, Tiberius Durus, Aurelius Lupus, Flavius Gracchus, Vinicius Lucianus, Vinicius Hungaricus, Flavius Furianus. Diese Gesichter dieser Männer drehten sich wie eine endlose Spirale vor seinem geistigen Auge. Konnte das wirklich der Wahrheit entsprechen? War es nicht nur die bloße Einbildung eines jungen Mannes, der nach seiner Gefangenschaft mit der Vermischung von Realität und Fiktion kämpfte und vielleicht sogar seinen Verstand verlor? All diese Männer, abgesehen vom Aurelier allesamt Consulare bzw. namhafte und ehrbare Honoratioren des Reiches, verwickelt in einen heimtückischen Giftmord an der kaiserlichen Familie? Konnte er sich tatsächlich so getäuscht haben? War dies der Grund dafür, warum gerade einige diese Männer so standhaft und entschieden versucht hatten sein Consulat zu verhindern? Livianus schluckte und nahm die Hände von seinem Mund.


    "Es sind schwerwiegende und weitreichende Vorwürfe die du gegen diese Männer aussprichst mein Sohn."


    Sein ernster Blick und dieser sonore Ton seiner etwas verlegten Stimme verrieten die Gewichtigkeit und die Last der entscheidenden Frage, die nun nachkam. Denn erst wenn diese Frage geklärt war, konnte er sich dazu hinreißen lassen näher auf die einzelnen Punkte aus Serapios Erzählungen einzugehen. Sie machte den gravierenden Unterschied aus zwischen brisanten Informationen die erneut die Stabilität des römischen Reiches ins Wanken bringen und unter Umständen einen Kaiser zu Fall bringen konnten, oder einer zusammengestrickten und unglaubwürdigen Geschichte, die im schlimmsten aller Fälle auch den Untergang der Hauses Decima bedeuten konnte.


    "Hast du stichhaltige Beweise, die diese Anschuldigungen untermauern? Und ich spreche dabei von mehr als einem Geständnis, dass unter Folter erzwungen wurde."

    "Das ist doch selbstverständlich. Du scheinst ein kluger junger Mann zu sein und bist immerhin der Sohn meines Patrons. Ich verdanke deinem Vater und seiner Familie einiges und bin daher auch froh über die Möglichkeit, es in irgendeiner Art und Weise zurück zu geben."


    Livianus klopfte dem jungen Aelier auf die Schulter, während die beiden Männer gemächlich einen Schritt vor den anderen setzten und sich immer weiter in Richtung Stadtzentrum bewegten. Angespornt von den Erzählungen Paetus begann auch er ein wenig in alten Erinnerungen zu schwelgen.


    "Auch ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich zum ersten Mal Rom besucht habe. Ich war damals ein junger Probatus der Legio IX und durfte meinen Vetter, den Triumphator Decimus Meridius als dessen Leibwache zur Hochzeit von Vinicius Hungaricus und seiner damaligen Verlobten Corn……"


    Livianus stockte plötzlich in seinem Redefluss. Nach einer kurzen Schrecksekunde realisierte er, das es in seiner Erzählung um Paetus Mutter ging. Vermutlich wusste der junge Mann, dass Adria vor der Heirat mit seinem Vater eine Verbindung mit Hungaricus hatte. Aber vielleicht auch nicht.


    "….einer Cornelia nach Rom begleiten."


    Den Rest der Geschichte ließ er sicherheitshalber weg und kam stattdessen zum eigentlichen Punkt seiner Erzählung.


    "In der Zwischenzeit bin ich jedenfalls weit herumgekommen und habe viel gesehen. Sogar Alexandria habe ich für wenige Tage kennengelernt, was einem Senator eigentlich verboten ist, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls ist wahrlich nichts zu vergleichen mit Rom. Doch ich kann dir versichern es wird auch Zeiten geben, an denen du froh sein wirst der ewigen Stadt den Rücken kehren zu können oder es dir zumindest wünschen wirst."

    Interessiert verfolgte Livianus die Unterhaltung zwischen seinem Patron und dem jungen Patrizier, wobei man den längeren Monolog des angehenden Vigintivir wohl schon eher als zweite Wahlrede bezeichnen konnte. Viel interessanter war jedoch zu sehen, dass aus den übrigen Reihen der Senatoren keinerlei Wortmeldungen kamen. Er selbst hatte bereits in der ersten Sitzung mehr als deutlich gemacht, dass er eine Abstimmung einer neuerlichen Vorladung des Kandidaten vorgezogen hätte. Es war daher nicht verwunderlich, dass er sich selbst bisher zurückgehalten hatte und in diesem Fall der Entscheidung seines Patrons beugte.


    Aber irgendwie entpuppte sich diese Sitzung wie erwartet. Kostbare Zeit verging während die sonst so streitbaren Senatoren keine Anstalten machten sich an der neuerlichen Befragung des designierten Vigintivirs zu beteiligen. Bedauerlicher Weise nicht einmal die, die sie gefordert hatten. Vielleicht war manchen von ihnen dieses Thema einfach nicht mehr prestigeträchtig genug um sich damit weiter zu beschäftigen. Bei anderen wiederum war sich Livianus ohnehin bereits ziemlich sicher, dass man immer nur mit einer Wortmeldung rechnen konnte, wenn es etwas zu streiten oder zu intrigieren gab. Da auch der amtierende Consul keine Anstalten machte die Senatoren zu weiteren Fragen aufzurufen oder eine Abstimmung einzuleiten erhob sich schließlich Livianus um die Versammlung aus dem vermeintlichen Schlaf zu reißen. Nicht aus Überzeugung, aber auf Grund der Verpflichtung und Loyalität gegenüber seinem Patron nickte er zustimmend.


    "Ich stimme Consular Aelius zu und……"


    Nein, er sah dieses Mal davon ab den Vorschlag einer Abstimmung auszusprechen, da sich sonst womöglich der eine oder andere wieder zu einer allzu überstürzten Entscheidungsfindung gedrängt fühlen konnte.


    "……. unterstütze daher seine Vorschlag den Kandidaten zu den Quattuorviri viis in urbe purgandis zu entsenden."


    Dananch setzte er sich wieder.

    "Ich verstehe dich, denke aber die Sorgen vor zu komplizierten Verfahren sind unbegründet. Da der Senat ohnehin seine Zustimmung geben muss, werden die Senatoren bestimmt sehr genau darauf achten, sich in ihren Rechten nicht selbst zu sehr zu beschneiden. Ich gehe davon aus man wird zu einen guten Konsens finden.


    Was die Aufarbeitung der kurzen Ära des Vesculariers betrifft so danke ich dir für deine Unterstützung. Ich werde deiner Kanzlei selbstverständlich etwaige Ergebnisberichte aus den Untersuchungen immer umgehend übermitteln lassen. So sollte doppelte Arbeit vermieden werden."


    Es folgte eine kurze Gedankenpause des Decimers, ehe er sich erneut räusperte und ruhig und sachlich weitersprach.


    "Wo wir gerade bei diesem Thema sind….. Auch was mich und meine Familie betrifft sehe ich einen gewissen Klärungsbedarf. Wie du weißt waren nicht alle Senatoren mit meiner Kandidatur einverstanden und haben die Rolle meiner Familie während dieser Zeit massiv verurteilt. Was mich persönlich betrifft, so musste auch ich mir mittlerweile eingestehen, dass es ein Fehler war, mich damals nach diversen Konfrontationen mit Salinator und dem Senat stur von Roma abzuwenden und den Geschehnissen einfach ihren Lauf zu lassen. Es war nicht so, dass ich tatenlos zugesehen habe. Es war eher so, dass ich allen Informationen aus dem Weg gegangen bin, die dieses Thema und die Vorgänge in Rom betrafen. Hätte ich damals anders auf die Anfeindungen des Vesculariers reagiert, hätte womöglich auch die nähere Geschichte meiner Familie einen anderen Verlauf genommen.


    Auch wenn die Rollen meiner Nichte und vor allem die meines Adoptivsohnes Serapio in diesem Zeitraum eine sehr kritische Betrachtungsweise erfordert, so hat der Großteil des Senats dennoch meine persönliche Integrität nicht angezweifelt und mir sein Vertrauen ausgesprochen. Die Decimer, vor allem meine Generation, gehörten seit jeher zu den engsten Anhängern und Vertrauten des ulpianischen Kaiserhauses und auch wenn wir nicht dem Stand der Patrizier entstammen, so war ich bisher der Meinung, dass wir uns über einen langen Zeitraum einen herausgehobenen Stellenwert im Reich erarbeitet haben, auf den nur eine Hand voll anderer Gentes zurückblicken können. Ich möchte daher auch dich offen Fragen wie du zu mir und meiner Familie stehst?"

    Vielen Dank für die Info mit der Lex Minicia. Das war mir nicht bewusst.


    Dass es in diesem Fall besonders schwierig ist wegen der patrizischen Herkunft will ich gar nicht anzweifeln und ich verstehe auch eure Argumente. Allerdings ist mir nicht ganz klar, warum es bei dem verlinkten Beispiel kein Problem dargestellt hat und nun doch eines sein soll. Denn wie Axilla gerade ausführlich erklärt hat, muss man zwischen Familie und Gens unterscheiden. Also selbst wenn die Adoption des angehenden Corneliflaviers irgendwann aufgelöst werden würde, wäre er zwar wieder ein Cornelier, aber nicht zwangsweise mit dem Kaiser verwandt und noch dazu in einer bereits existierenden Gens. Und wie man der Tabulariumsseite entnehmen kann, gab es schon früher aktive Cornelier, wenn auch nicht patrizische, wovon sich sogar einer in Exilium befindet. Zwar schon so lange, dass man nicht mehr mit einer Rückkehr rechnen muss, würde es allerdings trotzdem passieren, dann würde abgesehen vom Kaiser ohnehin noch ein Cornelier herumlaufen. Was also stört an dem Neuen der ebenso nur vielleicht irgendwann Cornelier werden könnte, wie der Exilcornelier vielleicht irgendwann doch wieder aktiv wird?


    Und gerade weil wir ein Rollenspiel sind, frage ich mich, warum wir bei Familienverbindungen oder Charaktere, die wie in diesem Fall in unsere IR-Geschichte bereits vor über 2 Jahren eingeführt wurde (siehe Link von Gracchus) plötzlich sagen – nein das geht nicht.

    "Eigentlich empfinde ich nicht viel anders als du. Jedoch habe ich vermutlich durch meine längere Abwesenheit den nötigen Abstand gewonnen, um nicht nur abwarten, sondern etwas bewegen zu wollen. Ich bin mit einem Groll aus Roma weggegangen und habe mir damals geschworen keinen Fuß mehr in den Senat zu setzen. Doch so wie du sagtest verändern sich die Zeiten und die Zeiten verändern die Männer. Ich hoffe also, dass man mir die Chance gibt meinen Beitrag an den großen Aufgaben zu leisten, die in den nächsten Jahren vor uns liegen.


    Wie sieht es mit dir aus? Was sind deine Pläne für die nähere Zukunft? Hat Palma deinen Posten als Kommandanten der Academia Militaris bestätigt? Wirst du sie überhaupt weiter führen oder hast du andere Ambitionen?"

    Titus Duccius Vala?! Es war doch nicht zu glauben. Schon wieder tauchte der Name in einem Gespräch auf, auch wenn dieses Mal in einem alles andere als positiven Zusammenhang. Hatte dieser Mann denn tatsächlich überall seine Finger im Spiel? Livianus löste sich aus der Umarmung und deutete seinen Sohn, dass er sich wieder hinsetzen sollte. Dann ging er ebenfalls zurück zu seinem Korbsessel und ließ sich erneut darauf nieder.


    "Du warst gerade bei deiner Rückkehr nach Rom und Tiberius Durus, sowie den weiteren Kreis der Verdächtigen. Bitte erzähle weiter Faustus."

    Livianus hörte seinem Patron aufmerksam zu. Es fiel ihm sichtlich nicht leicht über solche Dinge zu reden. Vielen Männern sagte man nach, im fortgeschrittenen Alter zu emotional und verweichlicht zu werden, doch unter diesen Umständen, war eine solche Reaktion nicht verwunderlich. Als der Aelier ausgesprochen hatte, nickte Livianus verständnisvoll.


    "Und wie stehst du zu Palma?" hakte er nach.

    Von der Casa Decima weg marschierten Livianus und der junge Aelier, der im kommenden Jahr sein Tirocinium bei ihm beginnen wollte, in Richtung Standzentrum. Ein konkretes Ziel hatte der Decimer dabei nicht. Er wollte sich lediglich die Beine etwas vertreten und den Spaziergang an diesem, für diese Jahreszeit ungewöhnlich milden Herbsttag genießen. Und natürlich wollte er die Gelegenheit nutzen den Sohn seines Patrons etwas besser kennenzulernen.


    "Also Paetus. Bis dein Tirocinium beginnt ist natürlich noch etwas Zeit. Ich dachte mir wir machen das Zeitgleich mit meiner Ernennung zum Consul. Jedoch wollte ich Gelegenheit nutzen, um dich schon davor ein wenig kennenzulernen und dich vorab ein wenig in die Vorbereitungen für mein Consulat einzubinden. Was kannst du mir also über dich erzählen? Du hast die meiste Zeit deiner Kindheit nicht in Rom verbracht. Ich nehme an du warst bei deiner Mutter auf einen eurer Landsitze? Wie geht es ihr eigentlich?"

    Generell finde ich es auch sehr schade, dass man hier die Regeln nicht ein wenig mehr lockert. Ich kann verstehen, dass man sie irgendwann einmal eingeführt hat, um nicht einer Flut an neuen Gentes gegenüber zu stehen. Aber ich denke die letzten Jahre haben gezeigt, dass wenig Interesse in diese Richtung besteht. Die Spieler orientieren sich ohnehin meist an etablierten bzw. aktiven Familien und suchen in erster Linie dort Anschluss. Den seltenen Ausnahmen, die wirklich eine eigene Familie gründen oder eine ausgestorbene Gens wiederbeleben wollen, könnte man da mittlerweile ruhig ein wenig mehr entgegen kommen.


    Es gibt ja leider auch einige alteingesessene Familien die im Laufe der Zeit ausgestorben sind. Will man sie wiederbeleben, bleibt nur der Weg über einen Peregrinus und eine fadenscheinige Geschichte, warum er zwar der Gens XY angehört, aber trotzdem das Bürgerrecht neu erwerben muss. Eine Integration in den bestehenden Stammbaum ist dadurch auch sehr schwierig. Man führt zwar dann den gleichen Namen wie frühere Familienmitglieder, kann sich aber nicht in ihre Geschichte integrieren und sie in diesem Sinne weiterführen. Vielleicht würde eine Lockerung der Regeln dazu führen, die Eine oder Andere, von diesen mittlerweile über 40 toten Gentes im Tabularium, wieder zu reaktivieren. Mir persönlich würde das besser gefallen als Peregrini die komplett neue Familien aus dem Boden stampfen, die dann oft sehr schnell nur zu einer weiteren Tabulariumsleiche führen.


    Zudem sollte man auch sehen, dass im Laufe der Zeit weitverzweigte Familienbande entstanden sind und ausgespielt wurden. Nicht nur zu NPC-Gentes sondern mitunter auch zu mittlerweile ausgestorbenen Gentes. Es wäre sehr schade wenn man vom Weiterführen eines bereits in Spielgeschehen integrierten Familienzweiges absehen muss, nur weil der Sohn, Enkelsohn, was auch immer der „falschen“ Seite der Familie angehört und stattdessen wo anders im Stammbaum, so wie Furianus sagte, dem 7ten Kind noch ein 8tes hinzufügt.


    Die Einführung einer Prämisse, dass eine bei Anmeldung bekanntgegebene Adoption niemals aufgelöst werden darf halte ich für unnötig. Was würde dagegen sprechen, wenn eine Bürger-ID nach einem bestimmten Zeitraum ebenso eine neue Gens gründen darf wie ein Peregrinus? Beispielsweise indem man eine Adoption durch einen NPC in dieser Gens ausspielt oder eben, so wie in diesem theoretischen Fall, durch Auflösung einer bestehenden Adoption. Glaubt wirklich jemand das würde dann wöchentlich vorkommen und jeder Spieler würde seine eigene Gens gründen wollen?


    Vielleicht kann man diesen Präzedenzfall als Anlass nehmen, die Spielregeln in diese Richtung noch einmal zu überdenken und sie eventuell den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Denn wie gesagt glaube ich, dass die ursprüngliche Begründung dieser Regel längst überholt ist bzw. sich die Komplexität der im IR ausgespielten Familienbande einfach darüber hinaus weiter entwickelt hat.

    Kurze Zeit später stand Livianus selbst im Eingang und kam freundlich lächelnd auf den Aelier zu. Im Schlepptau war auch Ephialtes, der wieder seinen eigentlichen Arbeitsplatz beim Eingang bezog.


    "Aelius Paetus! Verzeih mir, dass du kurz warten musstest, aber ich habe meinen Sklaven angewiesen mich zu rufen wenn du kommst. Nachdem ich es bisher nicht geschafft habe aus meinem Officium zu kommen, würde ich einen kleinen Spaziergang durch die Stadt bevorzugen, wenn es dich nicht stört. Ein wenig frische Luft und eine ungezwungene Atmosphäre ist bestimmt ein guter Anfang um sich kennenzulernen."

    Livianus lächelte über die gewohnte Zurückhaltung und Bescheidenheit des jungen Decimers. Persönlich stand er gewiss erst am Beginn seiner Karriere, doch allein der Name seiner Gens reichte bereits in vielen Fällen als Tür- und Toröffner und war ein Garant für Verlässlichkeit. Natürlich spielte das Alter eine Rolle, doch konnte sich Livianus nicht vorstellen, dass man den Enkelsohn des Triumphators weniger ernst nehmen würde bei Verhandlungen, als jeden anderen Plebejer in dieser Position. Das ein Eques oder Senator zweifellos mehr her macht als Princeps war klar, doch oftmals in der Geschichte hatte sich gezeigt das solchen Männern schlichtweg die Zeit fehlte, sich wirklich gut um ihre Factio zu kümmern und den zahlreichen Aufgaben gerecht zu werden. Er nickte dennoch verständnisvoll.


    "Gut, wir werden ja sehen was bei der ersten Sitzung herauskommt. Halte mich bitte in jedem Fall auf dem Laufenden.


    Gibt es sonst noch etwas, dass du gerne besprechen möchtest?"

    "Der erste Punkt betrifft die Abläufe im Senat. Ich wollte erst mit einigen Senatoren über meine Ideen sprechen, aber wie gesagt habe ich vor die internen Senatsrichtlinien zu überarbeiten und im Zuge dessen expliziter auszuformulieren. Die letzten Sitzungen haben mir gezeigt, dass es bestimmt nicht schadet eine Zusammenfassung aller Verfahrensregelungen zu haben, nach denen Sitzungen und Versammlungen des Senats abzulaufen haben. Die bisher festgeschriebenen internen Senatsrichtlinien erscheinen mir diesbezüglich doch sehr lückenhaft und unfertig. Auch der Codex Universalis geht nur sehr allgemein auf die Aufgaben des Princeps Senatus ein, aber nicht mit welchen Mitteln er diese umsetzen kann.


    Ich hätte angedacht den Princeps Senatus zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Verlaufs einer Sitzung auch konkrete Mittel zur Verfügung zu stellen, die er dazu einsetzen kann. Manches gehört bereits zum Gewohnheitsrecht, jedoch wurde es bisher noch nie niedergeschrieben. Ich denke da an Mittel wie beispielsweise einen Ordnungsruf, dem Entzug des Wortes, die Unterbrechung oder die Vertagung einer Senatssitzung.


    Andererseits sollte den Senatoren die Möglichkeit eingeräumt werden auch selbst in diese Richtung aktiv zu werden und während der laufenden Sitzung Anträge einbringen zu können. Etwa um von ihnen aus eine Vertagung oder einer Unterbrechung einer Sitzung zu beantragen. Oder um zu einem Tagesordnungspunkt das Ende einer Debatte, die Durchführung einer Abstimmung oder die Bildung einer gesonderten Kommission zu beantragen.


    Dies in Verbindung mit einer im Anschluss vorgeschriebenen kurzen Abstimmung zu dem jeweiligen Antrag, die einen festgesetzten Prozentanteil an Zustimmung erreichen muss, sichert die demokratische Vorgehensweise im Senat. Wichtig dabei ist auch sicherzustellen, dass es kein Ungleichgewicht zwischen dem Vorsitzenden und dem Gremium gibt. Das sind nur einige Grundgedanken zu diesem Thema und sie gehören natürlich aufbereitetet und dem Senat präsentiert. Ich rechne daher nicht damit, dass diese Verfahrensregeln noch während meiner Amtszeit zum Einsatz kommen sofern es im Senat auf Zustimmung trifft und selbst dann stellt sich auch noch die Frage, ob es die internen Senatsrichtlinien erweitert oder in den Codex Universalis einfließt. Ich denke also, da liegt noch einiges an Arbeit vor mir, doch ich bin zuversichtlich, dass dem Senat geregelte Abläufe und festgeschriebene Verfahrensregelungen sehr gut tun würden.


    Ein weiterer, aus meiner Sicht nicht unwichtiger Punkt ist die Aufarbeitung der Jahre unter Salinators Einfluss. Dies betrifft nicht ausschließlich die Zeit seiner Herrschaft als Imperator sondern auch die Zeit davor, als er bereits als Praefectus Urbi, in Abwesenheit des Princeps, sehr viel Einfluss auf den Senat nehmen konnte. Ich möchte mir zu diesem Zwecke die Senatsprotokolle dieser Zeit ausheben und von einigen Schreibern und Rechtsgelehrten durcharbeiten lassen. Vielleicht gibt es ja Auffälligkeiten oder Altlasten, mit denen sich der Senat beschäftigen sollte, wie etwa die vorhin angesprochene Aufhebung der Steuerfreiheit für Patrizier.


    Weiters sollte man sich wohl auch näher mit den Personen beschäftigen, die während dieser Zeit im Cursus Honorum tätig waren oder in den Senat berufen wurden. Die meisten Anhänger Salinators sind zwar kurz nach seinem Sturz untergetaucht oder geflohen, doch unter Umständen gibt es noch den einen oder anderen, der unauffällig bleiben konnte und vielleicht noch unserer Aufmerksamkeit bedarf. Es gehört zudem die Rechtmäßigkeit der Abläufe in dieser Zeitspanne geprüft. Erfüllen beispielsweise die in diesem Zeitraum ernannten Senatoren alle Voraussetzungen für ihr Amt oder wurden sie von Salinator begünstigt, haben sie ihre Eide geleistet, gibt es Ungereimtheiten bei Entscheidungen der Magistrate, insbesondere der Prätoren, und so weiter. Es ist nicht abzusehen ob etwas Wesentliches dabei herauskommt, aber es kann bestimmt auch nicht schaden einen Blick darauf zu werfen.


    Und zu guter Letzt die für ein Consulat fast schon obligatorische Durchsicht und Überarbeitung der verschiedenen Gesetzestexte. Es gibt immer noch die eine oder andere Stelle im Codex, die bestimmte Handlungen vorschreibt, allerdings keine Konsequenzen vorsieht, wenn diese unterlassen wird. Es wäre also nicht verkehrt den Codex noch einmal auf solche Lücken zu durchforsten und sie gegebenenfalls auszuräumen."


    Livianus räusperte sich, da er durch diesen etwas längeren Monolog einen trockenen Hals bekommen hatte. Die wesentlichsten Vorhaben des Decimers waren wohl vorerst genannt, auch wenn er immer noch überlegte, ob er etwas vergessen hatte. Da während einer Amtszeit ohnehin bestimmt auch der eine oder andere auftretende Punkte die Agenda erweitern würde, war es wichtig etwas Platz nach oben zu lassen, auch wenn aus seiner Sicht die Agenda bereits jetzt sehr ambitioniert war.