Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Livianus ließ seinen Blick noch einmal über die beiden Schreiben schweifen, ehe er den Männern antwortete.


    "Ich verstehe es auch nicht ganz. Ich fürchte da hat jemand absichtlich in alten Unterlagen gegraben bis er einen Fehler gefunden hat, den er nun gegen mich ausspielen kann. Es tut mir leid, dass ihr beide da mit hinein gezogen wurdet. Soweit ich es einschätzen kann geht diese Sache in erster Linie gegen mich. Dennoch schlage ich wie gesagt vor, dich schnellstmöglich nach Rom zu begeben und mit meinen Bruder Mattiacus in Kontakt zu treten."

    Mit einer Gegenfrage hatte Livianus nicht gerechnet und auch das Cara einen Schritt zurück trat irritierte ihn für einen kurzen Moment. Hatte er etwas Falsches gesagt oder war er mit seiner Frage gar zu weit gegangen? Erst als er sich diese Frage stellte merkte er wie töricht es gewesen war die junge Iulia mit so unbedachten Aussagen auf eine Spur zu locken die er eigentlich vermeiden wollte. Er besann sich daher und antwortete rasch auf die gestellte Frage, die ihn ebenso unvorbereitet erwischte, wie vorhin seine Frage an Cara.


    "Ja, ich habe eine Tochter. Sie wird etwa in deinem Alter sein. Doch leider war es mir bisher nicht vergönnt sie kennen zu lernen. Sie lebt bei ihren Großelter mütterlicherseits in Britannien und mein Verhältnis zu meinen ehemaligen Schwiegereltern ist nicht gerade das Beste."


    Weiter wollte Livianus nicht mehr ins Detail gehen. Es war ihm bereits unangenehm genug derart offen über diese Angelegenheit zu sprechen, doch hatte er nicht vor Cara zu belügen. Dies wäre alles andere als ein guter Start gewesen. Auch das Eingeständnis, dass die Iulia ungefähr das Alter seiner Tochter hatte, war etwas unangenehm für den Legaten. Er sorgte sich, dass es umso mehr dazu führen könnte, dass Cara in ihm einen alten Mann sah und sich letztendlich tatsächlich einfach nur der Entscheidung ihrer Familie fügen könnte, sofern es zu einer Heirat kam. Eine Vorstellung, die ihm nicht gerade behagte, da er es sein Leben lang vorgezogen hatte das Herz einer Frau zu erobern und nicht aufgrund familiärer oder politischer Interessen zu agieren. Als Senator konnte er sich das auch leisten, war er dadurch schließlich an der Spitze der römischen Gesellschaftsschicht angekommen. Eine junge Frau wie Cara hingegen hatte da wohl wesentlich weniger Freiheiten und musste sich, so wie bereits angedeutet, notfalls für ihre Familie aufopfern. Nun wo er bereits damit begonnen hatte, sah es der Decimus als günstigen Zeitpunkt an, Cara über seine Familienverhältnisse aufzuklären.


    "Ich war bereits einmal verheiratet. Es liegt jedoch schon lange zurück. Ihr Name war Aemilia und sie entstammte dem Geschlecht der Didia. Wir waren beide noch recht jung und dachten damals, dass wir noch das ganze Leben vor uns hatten. Als ich in den Krieg zog ging sie zu ihren Eltern nach Britannien. Wie ich später erfuhr starb sie dort auf dem Kindbett. Sie hat mir einen Sohn und eine Tochter zur Welt gebracht, Mein Verhältnis zu den beiden ist nicht besonders gut."


    Man konnte deutlich merken das es Livianus nicht leicht viel mit der jungen Frau, die er eigentlich noch als Fremde betrachtete, über diesen sehr intimen Geschichten aus seinen Leben zu sprechen. Es war daher auch nicht verwunderlich, dass er seine Erzählung hier auch wieder abbrach.


    "Doch lass uns wieder über etwas anderes sprechen."


    Damit lag es wieder bei Cara ihm auf seine zuvor gestellte Frage zu antworten, oder gänzlich das Thema zu wechseln.

    Livianus kam nicht umher die neugierigen Blicke der jungen Frau zu bemerken, als sie gemeinsam das Atrium betraten. Vor einer der kleinen Statuetten blieb sie sogar einen Moment lang stehen und betrachtete sie. Es war das Abbild von Livianus verstorbener Frau Aemilia, dass er nach ihrem Tod anfertigen hatte lassen. Auch er verharrte einen Moment ruhig und betrachtete das Abbild, ehe Cara wieder das Wort ergriff und sich dem Decimer zuwandte. Livianus schmunzelte, da ihm die erste Antwort der jungen Frau äußerst Naiv erschien und er ihr sofort erwiderte


    "Für Kinder mag ein Winter mit viel Schnee etwas wunderbares sein, für einen Soldaten ist es alles andere als erfreulich."


    Damit war für ihn auch alles gesagt, was dazu gesagt werden musste. Als Tochter eines Soldaten der sich bis zum Lagerpräfekt hochgedient hatte, war es Cara bestimmt bewusst, dass das Leben in einem Legionslager nicht immer einfach für die Männer war und vor allem der Winter stark an ihnen Zehren konnte. Die nächste Antwort hingegen kam wieder äußerst überraschend und der Decimer wusste sie im ersten Moment nicht wirklich einzuschätzen. Zum einen klang der Satz ein wenig auswendig gelernt und zu schön um wahr zu sein, zum anderen deutete ihr verschmitztes Lächeln darauf hin, dass er vielleicht nicht ganz so ernst gemeint war, wie es geklungen hatte.


    "Deine Familie soll dir also den Weg weisen? Ich verstehe. Nun das ist eine sehr ehrenvolle Einstellung, die man heute nicht mehr oft bei einer jungen Frau in deinem Alter findet. Die meisten ziehen es vor selbst über ihre Zukunft zu entscheiden und ihren weiteren Weg auszuwählen."


    Welche der beiden Frauentypen Livianus bevorzugte, erwähnte er selbstverständlich nicht. Dennoch fragte er interessiert und ein wenig verwundert nach.


    "Du würdest dich also jeder Entscheidung deiner Familie fügen? Ganz ohne Widerspruch?"

    "Salve meine Herren!"


    Livianus nahm das Schreiben entgegen und legte es auf seinen Schreibtisch. Danach kramte auch er erneut seinen Brief hervor, den er vom Prätor erhalten hatte und legte ihn direkt daneben.



    Ad
    Marcus Decimus Livianus
    Legio II Germanica
    Mogontiacum, Germania



    Salve Marcus Decimus Livianus,


    hiermit muss ich dich darüber in Kenntnis setzen, das Anklage gegen dich erhoben wird. Der Quaestor Principis Faustus Octavius Macer klagt dich der Rechtsbeugung, wie im ersten Absatz des Paragraphen 112 beschrieben, in den Fällen der Adoptionen des Appius Quintilius Promotus und des Faustus Decimus Serapio an.


    Der Prozess gegen dich wird ANTE DIEM XIII KAL AUG DCCCLX A.U.C. (20.7.2010/107 n.Chr.) in der Basilica Ulpia in Rom eröffnet. Aufgrund deiner Position als Legatus Legionis in Germania kannst du dich natürlich auch durch einen Advocatus vertreten lassen.




    KAESO ANNAEUS MODESTUS



    Nun war alles klar. Es ging wohl genau um diesen Fall. Welch Zufall das sich die Wege aller Beteiligter hier bei der Legio II in Germanien wieder vereinten. Der Legat überflog die beiden Schreiben noch einmal kurz und sah dann wieder zu den beiden Männern auf.


    "Ich sehe was euch zu mir führt. Auch ich habe ein Schreiben vom amtierenden Praetor erhalten und wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass man mich wegen dieser Sache in Rom anklagen wird."


    Der Decimer strich sich über die Stirn. Er machte heute irgendwie einen müden Eindruck, doch sein Verstand arbeitete auch in solchen Situationen meist messerscharf. Er griff nach hinten in sein Regal und zog ein dickes Bündel Papyrus hervor, in dem er sofort zum Blättern begann.


    "Leider muss ich gestehen, dass an dieser Sache tatsächlich etwas dran sein könnte. Als Praetor habe ich in eurem Fall lediglich den damals verhinderten Praetor Peregrinus vertreten, der eigentlich für eine solche Adoption zuständig wäre. Vielleicht hätte er sofort die richtigen Entscheidungen getroffen. Ah! Hier haben wir es ja.


    Die Lex Germanica Servitium. In Paragraph zwei steht geschrieben, dass ein Libertus nicht römischer Bürger werden kann. Dieses Recht darf er aber für seine Nachkommen beantragen, so diese nach der Freilassung geboren wurden.


    Es ist leider ein sehr schwammiges Gesetz und sieht keinerlei Unterscheidungen vor ob ein ehemaliger Sklaven das Bürgerrecht nun verliehen bekommt oder adoptiert wird. Der neue Praetor bezieht sich wohl auf dieses Gesetz und fechtet die Adoption nun an, da im Zuge dieser der ehemalige Libertus auch zum Bürgerrecht gelangt ist.


    Hmmmmm."


    Dann sah Livianus wieder zu den beiden Männern auf.


    "Mein Vorschlag wäre, dass dein Adoptivsohn unverzüglich nach Rom aufbricht und mit meinem Bruder Decimus Mattiacus über die Sache spricht. Ich habe ihn erst vor einigen Tagen einen Brief zukommen lassen und ihn um meine Verteidigung vor Gericht gebeten. Zum einen hat er dadurch mehr Informationen über diesen Fall und zum anderen kann er auch deinem Sohn rechtlichen Beistand leisten, sofern ihr das wünscht. Vielleicht kann man sich vor Gericht einigen."

    Im Atrium waren die Sklaven gerade dabei die Ahnenmasken der Gens Decima aufzuhängen und einige Statuen aufzustellen, die einen wichtigen Bezug zur Gens oder zur Vergangenheit des Legaten hatten. Livianus hatte sich diese wertvollen Gegenstände, die erst vor wenigen Tagen eingetroffen waren, gesondert nachschicken lassen.


    "Wie du siehst ist hier allgemein noch einiges zu tun um das Praetoium etwas wohnlicher zu gestalten, aber ich muss auch zugeben, dass ich mir bisher kaum Zeit für diese Dinge nehmen wollte. Ich überlasse das meiste meinem Maiordomus. Er kennt mich und meine Familie schon seit vielen Jahren und ist ein zuverlässiger Mann.


    Doch nun habe ich so viel über mich erzählt. Ich möchte auch dich ein wenig kennenlernen. Was gibt es über dich, dein bisheriges Leben und deine Zukunftspläne zu erzählen?"

    "Grundsätzlich muss ich gestehen, dass ich mich hier sehr wohl fühle, auch wenn viele diese Provinz derzeit als ein Abstellgleis für unliebsame Senatoren bezeichnen. Mogontiacum ist zwar nicht Rom, aber ich genieße dennoch die Ruhe und die Entfernung zur Politik und zum Machtgeplänkel der Senatoren in Rom.


    Ansonsten habe ich Germanien bisher als schöne und abwechslungsreiche Provinz erlebt. Der Winter hier kann für einen Römer zwar unerträglich kalt werden, doch dafür ist der Sommer einigermaßen angenehm und erträglich. Wenn ich zurückdenke an die zahlreichen heißen Sommertage die ich vor allem in meiner Jugend in Hispania erlebt habe, so ist es hier selbst an warmen Tagen noch kühl. Mein letzter Einsatz in Germanien war nicht sonderlich lange. Ich wurde damals vom Kaiser nach Rom berufen und hoffe nun mehr Zeit zu haben, um Land und Leute noch besser kennen zu lernen. Germanien ist mir jedenfalls allemal lieber als Parthia, das kannst du mir glauben."


    Livianus lächelte Cara fröhlich an. Sein letzter Satz war zwar von viel Sarkasmus geprägt, denn jeder Ort war besser als sein Gefängnis in Parthia, doch er war froh mittlerweile wieder darüber lachen zu können und nutzte dementsprechend auch jede Gelegenheit dazu. Dann deutete der Legatus in Richtung Atrium, das sich hinter den nächsten Durchgang befand.


    "Das Atrium kennst du ja bereits, aber dennoch können wir kurz durchgehen um zum Triclinum zu kommen."

    Als der Scriba den Legaten darüber unterrichtete, dass Centurio Quintilius Valerian mit einem zweiten Mann hier sei, um über eine Angelegenheit zu sprechen die seine Praetur betraf wurde Livianus hellhörig. Quintilius? Natürlich! Livianus traf es wie ein Blitz. Dunkel konnte er sich wieder daran erinnern, dass es Valerian war, der damals bei ihm vorgesprochen hatte. Sofort kramte er das Schreiben des Praetors hervor und sagte dem Scriba, dass er die beiden Männer eintreten lassen sollte.

    "Das mit deinem Vater wusste ich nicht. Präfekt der Secunda meinst du, ja? Dann ist es wohl ein Wink des Schicksals, dass du nun wieder hier im Lager deines Vaters bist. Meinst du nicht?"


    Das Caras Vater früher als Lagerpräfekt der Legio II diente, war für Livianus vollkommen neu. Er würde es hier nicht breittreten, doch faste der Legat bereits jetzt den Entschluss sich später die Akten dieses Mannes ausheben zu lassen. Er war kein grundsätzlich neugieriger Mensch, doch er war gerne gut Informiert, ganz gleich ob es mit seinem Posten oder seinem Privatleben zu tun hatte. In diesem Fall betraf es sogar ein wenig von beiden. Der Decimer deutete auf zwei weitere Türen.


    "Hier drinnen ist das Scriptorium und ein größerer Besprechungsraum, in den ich meine Offiziere zur Befehlsausgabe laden kann, sofern es nicht gleich in der Principia passiert. Meistens nutze ich den Raum aber eher für private oder persönliche Gespräche. Ich denke diese ganzen Räume werden dich eher weniger interessieren."

    Als Cara sich wieder in Richtung Tor wandte, ging Livianus ihr voraus in Richtung seines Officiums, das gemeinsam mit dem großen Besprechungsraum und den Schreibstuben durch einen breiten Gang direkt mit dem Peristylium verbunden war. Er hatte kurzfristig entschieden sich diesen Teil des Hauses als erstes vorzunehmen und dann wieder in Richtung des Wohnbereiches zu gehen. Alles in Allem konnte man das Praetorium in drei große Bereiche aufteilen - den Wohnbereich mit den Gemächern, dem Bad, dem Speisezimmer und dem Hausaltar, den Verwaltungsbereich mit den Besprechungsräumen, dem privaten Officium des Legaten sowie einigen Schreibstuben und schließlich den Wirtschaftsbereich des Praetoriums in dem die Unterkünfte der Sklaven, die Küche und die diversen Wirtschaftsräume ihren Platz fanden.


    "Bisher hatte ich tatsächlich kaum Zeit für einen Stadtrundgang, allerdings kenne ich Mogontiacum bereits von früher. Ich war vor vielen Jahren mit der Legio IX in Germanien stationiert und hatte bereits damals die Gelegenheit einiges von dieser Provinz zu sehen.


    Dort vorne ist mein Officium."


    Er sah kurz in Richtung des Gangs und ging weiter.


    "Und du bist wohl auch nicht zum ersten Mal hier in Germanien, wenn deine Mutter hier in Mogontiacum lebt? Ich wusste bisher nicht, dass es auch hier in Germanien einen Iulischen Familienzweig gibt."


    An
    Marcus Decimus Mattiacus
    Casa Decima Mercator
    Roma, Italia



    Mein Lieber Bruder!


    Zurzeit haben sich die Götter wohl gegen mich verschworen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass eine Hiobsbotschaft die Nächste jagt. Zuerst möchte ich dir mitteilen, dass mittlerweile auch ich zusätzlich zu deinem Schreiben eine Nachricht von der Administratio erhalten habe, indem man mich über die Absage deines Tribunats informiert. Da hat bestimmt Salinator seine Finger im Spiel.


    Nun habe ich zusätzlich, als hätte ich nicht genug mit der Legio zu tun, eine Anklage vom amtierenden Praetor Annaeus Modestus zugestellt bekommen. Ein gewisse Faustus Octavius Macer klagt mich der Rechtbeugung an. Mich?! Kannst du dir das vorstellen? Und ausgerechnet jetzt, wo ich in Germanien bin. Da steckt bestimmt mehr dahinter. Es geht dabei wohl um meine eigene Amtszeit als Praetor und um zwei von mir durchgeführte Adoptionen. Zum einen die Adoption meines eigenen Sohns Serapio und zum anderen um die Adoption eines gewissen Appius Quintilius Promotus. Ich habe in diesem Amtsjahr gewiss hunderte von Fällen bearbeitet und kann mich nicht auf jeden einzelnen erinnern, so sagt mir auch dieser Quintilius Promotus nichts. Vielleicht kannst du in Rom mehr in Erfahrung bringen. Was die Adoption meines Neffen Serapio betrifft, so bin ich mir keiner Schuld bewusst. Es gibt kein Gesetz das es verbieten würde als amtierender Praetor selbst eine Adoption vorzunehmen.


    Selbstverständlich bist du hier bei mir in Germanien jederzeit herzlich Willkommen. Besonders jetzt, wo ich Besuch zweier junger Damen aus der Gens Iulia bekommen habe, dürfte sich der Aufenthalt hier für dich lohnen. Ich bitte dich jedoch bevor du nach Germanien kommst, meine Verteidigung in Rom zu übernehmen.


    In diesem Zusammenhang finde bitte heraus, was es mit diesem Appius Quintilius Promotus auf sich hat und wie dieser Octavius Macer auf die Idee kommt mich zu verklagen. Außerdem bitte ich dich mir Informationen über diesen Octavier zukommen zu lassen. Ich möchte meine Feinde kennen. Vielleicht kann dir mein Freund Lucius Iulius Centho eine Hilfe sein. Er dient zurzeit als Tribun bei der Cohortes Urbanae und hat damit gute Informationsquellen, die unter umständen von Vorteil sein könnten.


    Weiters habe ich ein wenig im Codex Iuridicialis geblättert und bemerkt, dass der gute Praetor wohl über das lesen des ersten Absatz des § 112 nicht hinausgekommen ist. Da sich die Anklage auf einen Vorfahl zur Zeit meiner Amtsperiode als Praetor bezieht, ist dieser Fall gemäß Absatz 2 vor dem Iudicium Imperialis zu verhandeln. Mach dies vor Gericht geltend. Damit ist der Praetor Urbanus nicht für diesen Fall zuständig.


    Des Weiteren bringe vor, dass mir als Angeklagter das Recht eingeräumt werden muss, selbst vor Gericht zu erscheinen. Da ich derzeit als Legatus Legionis in Germanien diene ist es mir zum einen nicht möglich einfach so meinen Posten zu verlassen, geschweige denn durch mein damit verbundenes Imperium die Stadtmauern Roms zu überschreiten. Hierzu muss vom Gericht eine Möglichkeit eingeräumt werden, gleichgültig ob ich letztendlich tatsächlich erscheine oder mich durch dich vertreten lasse. Damit kannst du unter umständen Zeit gewinnen * und deine Verteidigung in aller Ruhe aufbauen. Durch den lästigen und langwierigen Briefverkehr ist die Zeit zum Prozess leider sehr kurz bemessen. Hole bitte in diesem Zusammenhang auch Informationen ein, ob ich als Legatus Legionis mit Imperium nicht unter irgendeinem Schutz vor derlei Anklagen stehe. Es kann doch nicht sein, dass man beliebig hochrangige Statthalter oder Legionslegaten in ihrer Abwesenheit in Rom anklagen darf bzw. kann ich mir nicht vorstellen, dass der Kaiser besonders erfreut darüber sein wird, wenn man seine Legaten ständig nach Rom zitiert um sie vor Gericht zu solch unhaltbaren Vorwürfen rechtfertigen zu lassen.


    Bitte teile mir schnellstmöglich deine Erkenntnisse mit. Ich hoffe bald von dir zu hören. Anbei eine Abschrift der Klageschrift.


    Vale Bene,



    MARCUS DECIMUS LIVIANUS
    Senator



    Sim-Off:

    * = Ich bin in der Woche vom 19-25.07. im Urlaub.




    Ad
    Marcus Decimus Livianus
    Legio II Germanica
    Mogontiacum, Germania



    Salve Marcus Decimus Livianus,


    hiermit muss ich dich darüber in Kenntnis setzen, das Anklage gegen dich erhoben wird. Der Quaestor Principis Faustus Octavius Macer klagt dich der Rechtsbeugung, wie im ersten Absatz des Paragraphen 112 beschrieben, in den Fällen der Adoptionen des Appius Quintilius Promotus und des Faustus Decimus Serapio an.


    Der Prozess gegen dich wird ANTE DIEM XIII KAL AUG DCCCLX A.U.C. (20.7.2010/107 n.Chr.) in der Basilica Ulpia in Rom eröffnet. Aufgrund deiner Position als Legatus Legionis in Germania kannst du dich natürlich auch durch einen Advocatus vertreten lassen.




    KAESO ANNAEUS MODESTUS



    Sim-Off:

    Familienwertkarte

    Einige Stunden nach dem Gespräch mit Lupus rief Livianus einen Scriba zu sich.



    Legatus Legionis
    Castra Legio sec.
    Mogontiacum
    ANTE DIEM VII KAL IUL DCCCLX A.U.C. (25.6.2010/107 n.Chr.)


    Salve Legatus Decimus,
    hiermit bitte ich um meine Versetzung zur Ala II Numidia.
    Meine Beförderung zum Centurio und anschließende Degradierung zurück zum Vexillarius und meine Enthebung des Amtes als Centurio Statorum sind der Grund für meinen Versetzungswunsch.
    Ich sehe meine Reputation in dieser Legion und dieser Civitas unverschuldet in Gefahr.
    Ich möchte dich bitten diesem zu entsprechen.


    M.Terentius Lupus,
    Vexillarius



    ----------------------------
    NICHT GENEHMIGT!
    MDL
    ----------------------------



    "Das Versetzungsansuchen des Vexillarius wird nicht genehmigt und ich mächte Tribun Octavius sprechen."


    Der Scriba nahm das Schreiben entgegen, nickte und machte sich auf den Weg um den Tribun bescheid zu geben.

    "Das wird sich bestimmt einrichten lassen."


    antwortete Livianus lächelnd, während Cara ihren Blick noch einmal über die Blumen schweifen ließ. Sie war liebreizend wie diese Blumen dachte sich der Decimer im selben Moment und für einen kurzen Augenblick vergaß er sogar, dass Cara vom Alter her locker seine Tochter sein konnte. Eine für ihn sonst äußerst wichtige Angelegenheit, da er zwar von vielen einflussreichen oder vermögenden Männern seines Alters wusste, die ein so junges Mädchen zu Frau genommen hatten, doch hätte er sich bisher nie selbst zu ihnen gezählt. Ein wenig ärgerte es den Decimer, dass Centho diese kleine Nebensächlichkeit nicht in seinem Brief erwähnt hatte. Doch wie alt wie sie eigentlich? Vielleicht sah sie ja jünger aus, als ihr tatsächliches Alter war. Er würde sie bei nächster Gelegenheit fragen. Nun war jedoch galt es zunächst ihre Frage zu beantworten, die Livianus aus seinen Gedanken riss.


    "Ich bin erst seit wenigen Wochen hier und habe das Kommando von Vincius Hungaricus übernommen, den derzeitigen Statthalter von Germanien. Ich hatte also selbst bisher kaum Zeit mich einzuleben oder das Haus etwas wohnlicher zu gestallten, wie du zuvor selbst festgestellt hast."

    Mit großer Freude nahm Livianus das Strahlen in Caras Augen wahr. Es schien als hatte sie ihn für einen Moment vollkommen vergessen, als sie gemeinsam das Peristylium betraten und die Iulia sofort ohne zu zögern auf die Blumenpracht zusteuerte. Livianus blieb beim Torbogen stehen und beobachtete ihre eleganten Schritte zwischen den Säulen hindurch und auf das prachtvolle Blumenbeet zu, dass fast die gesamte Mitte des Säulengangs ausfüllte. Hier unter freiem Himmel und im strahlenden Schein der Sonne entfaltete der Rotschimmer ihrer Haare seine ganze Intensität. Die junge zierliche Frau stand nun gesäumt von bunten Blüten wie die Statue einer römischen Göttin vor ihm. Ein Anblick der selbst Livianus kurz in Gedanken versinken ließ. Wie angewurzelt blieb er stehen und beobachtete wie Caras Blick von einer Blume zur nächsten wanderte, als kannte sie alle beim Namen. Schließlich besann er sich wieder und schritt ihr die wenigen Meter nach. Im gleichen Moment sah sie wieder zu ihm.


    "Im Moment kümmern sich meine Sklaven um das Peristylium. Leider habe ich bisher noch niemanden gefunden, der sich wirklich gut damit auskennt. Wer diesen wunderschönen Garten hier angelegt hat kann ich dir auch nicht sagen. Ich habe ihn von meinen Vorgängern geerbt."

    Beschäftigt mit ihren Kleidern also. Dann sollte sie auch die Zeit bekommen, die sie dafür benötigte.


    "Schon gut. Ich werde einen Sklaven nach ihr sehen lassen. Wenn sie möchte, kann sie ja auch etwas später zu uns stoßen."


    Damit war sein Gewissen vorerst beruhigt und wenn er sich es in diesem Augenblick ehrlich eingestand, dann war er nicht wirklich unfroh darüber, ein wenig Zeit alleine mit Cara verbringen zu können. Schließlich hatte er in den kommenden Wochen eine wichtige Entscheidung zu treffen und wollte sie bis dahin so gut wie möglich kennen lernen. Er setzte also daher wieder ein entspanntes Lächeln auf und folgte ihr auf den Gang. Wo wollten sie nun anfangen? Auf der einen Seite ging es in Richtung der Gemächer, auf der anderen kam man zum Peristylium, dem aus Sicht der Iulia bestimmt schönsten Ort des Praetoriums, da dort um diese Jahreszeit prachtvolle Blumen blühten und er damit einen ungewöhnlichen Kontrast zum restlichen eher unpersönlich wirkenden Gebäude darstellte. Livianus war noch zu kurz hier und hatte bisher kaum die Zeit gefunden, um seinem neuen Heim eine persönliche Note aufzudrücken. Das Praetorium hatte zwar keinen richtigen Hortus, dafür einen großen und gut gepflegten Säulengang, der einem Garten schon sehr nahe kam. Der Decimer entschloss sich daher dort anzufangen.


    "Gut. Dann lass uns im Peristylium beginnen."


    Erneut bot er der jungen Iulia mit einer einladenden Handgeste an vor zu gehen und deutete gleichzeitig in die Richtung des Säulengangs.

    Als Cara seinen Vorschlag annahm, wandte sich Livianus bereits zu gehen und schob den Vorhang beiseite um ihr den Vortritt zu lassen. Als sie jedoch plötzlich Corona ansprach wurde die Situation wieder ein wenig unangenehm für den Decimer. Er hatte sie bei all dem doch glatt vergessen. Schuldbewusst sah er Cara von der Seite an, als sie an ihm vorüberging. Wo war Corona? Hatte sie sich vielleicht ein wenig hingelegt? Ging es ihr nicht gut? Oder war sie nur mit auspacken beschäftigt? Livianus merkte wie das schlechte Gewissen sich meldete. Wie konnte er sich nur so ablenken lassen.


    "Ich hoffe es ist alles in Ordnung? Möchte sie uns vielleicht begleiten?"

    "Es gibt nichts zu entschuldigen. Diese Frage ist vollkommen verständlich. Diesem Haus fehlt tatsächlich eine weibliche Hand, da meine Frau vor vielen Jahren verstorben ist. Das Schicksal meinte es seitdem nicht besonders gut mit mir und daher bin ich bis heute alleine geblieben."


    Das Livianus sich nach Aemilias Tod von Trauer übermannt in die Arbeit gestürzt, schließlich mit dem verstorbenen Kaiser Iulianus in den Krieg gezogen und dort in Gefangenschaft geraten war, ließ er vorerst aus. Vielleicht hatte Cara ohnehin schon davon gehört oder gar gelesen. Die Zeitungsberichte der Acta waren in dieser Hinsicht oft äußerst Aufschlussreich.


    "Vielleicht auch mit ein Grund, warum ich den Göttern nicht mehr so nahe stehe wie früher."


    Dies war nun auch die verspätete Antwort auf die Feststellung der jungen Iulia, dass dieser Raum eher unbenützt wirkte. Der Decimer ließ seinen Blick dabei auch erneut kurz zum Altar schweifen, ehe er sich wieder ganz seinem Gast widmete und erneut das mittlerweile verschwundene freundliche Lächeln wieder in sein Gesicht trat. Für ihr junges Alter wirkte Cara außerordentlich Reif und sie hatte bisher ein gutes Gespür bewiesen. Beides Tatsachen, die Livianus sehr beeindruckten und die auch etwas seine bisherigen Bedenken betreffend ihres jungen Alters zerstreuten. Bisher hatte Cara einen wahrlich guten Eindruck auf den Decimer gemacht.


    "Wenn du möchtest, dann führe ich dich ein wenig durch die Räume."

    Erwischt. Sie hatte wohl ein sehr offenes Auge für das kleine Geheimnis des Legaten. Livianus machte ganz kurz ein ertapptes Gesicht, als Cara bemerkte, dass er nicht oft den Ara verwendete. Woran sie das wohl erkannt hatte? Schuldbewusst wurde sein Schmunzeln breiter und zu seinem Glück wechselte die junge Iulia auch sofort wieder das Thema, ehe er sich dafür rechtfertigen musste.


    Das ihr das Zimmer gefiel quittierte er mit einem wohlwollenden Kopfnicken. Als sie jedoch plötzlich zu zögern begann, wurde er wieder etwas hellhöriger. War etwas nicht zu ihrer Zufriedenheit oder hatten die Sklaven etwa bei den Vorbereitungen auf etwas Wesentliches vergessen? Gespannt wartete Livianus auf den nächsten Satz, der ihn tatsächlich für einen kurzen Moment sprachlos machten. Hier fehlte die Hand einer Frau? War das etwa eine Andeutung? Centho hatte doch geschrieben, dass er die beiden jungen Frauen nicht in die möglichen Heiratspläne einweihen wollte. Cara hatte die ganze Sache doch nicht etwa durchschaut? Bei diesem Gedanken verschluckte sich der Decimer auch sofort und musste sich mehrmals räuspern, um wieder weiterreden zu können.


    "Ähm…. Natürlich kannst du gerne ein paar Veränderungen vornehmen. Die einzigen Frauen die hier mit mir Leben sind unter den Haussklaven zu finden. Und du weißt – Sklaven sind meistens der Meinung ihrer Herren. Wenn du also möchtest, nur zu. Hat man dir überhaupt schon das ganze Haus gezeigt?"

    Livianus konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, als er in das erschrockene Gesicht der jungen Iulia sah. Sein Blick folgte kurz ihrer Hand, die sie sich ein wenig theatralisch an die Brust legte, ehe sie sich ganz vom Altar abwandte und auf ihn zu ging.


    "Verzeih mir. Ich wollte dich keinesfalls erschrecken."


    Der Decimer hatte sich keinesfalls angeschlichen – zumindest nicht aus seiner Sicht. Meistens war sein Schritt sogar im ganzen Praetorium zu hören, denn die genagelten Soldatenstiefel die er sonst die meiste Zeit trug, hallten ziemlich markant über den Steinboden der Casa. Da er sich jedoch heute für zivile Kleidung entschieden hatte, trug er zu seiner Toga die roten Schuhe eines Senators. Ebenso herausstechend wie diese Schuhe, hoben sich im selben Moment auch wieder Caras rote Haare von ihrer sonst eher hellen Haut ab. Im flackernden Schein der Kerzen wirkten sie wesentlich kontrastreicher als zuvor unter freiem Himmel und gaben ihr zusätzlich zu ihrem engelsgleichen Gesicht eine gewisse mystische Aura. Rote Haare. Livianus musste sich wieder losreißen und diesen kurzen Moment der stille brechen. Was sollte sie sonst noch von ihm glauben.


    "Es tut mir leid, dass ich so kurzfristig weggeholt wurde. Man benötigte einige Unterschriften von mir. Ich hoffe mit den Zimmern ist alles in Ordnung?"