Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Neben seinem Besuch bei Aelius Quarto und dem Procurator a libellis, hatte Livianus vor, auch beim Procurator a rationibus vorstellig zu werden. Es ging dabei um sein Ausscheiden aus dem Exercitus und einige andere finanzielle Angelegenheiten, die er mit dem hohen kaiserlichen Finanzbeamten abklären wollte. Er ließ sich daher melden und wartete in der Zwischenzeit geduldig vor dem Officium, bis man für ihn Zeit hatte.

    Livianus nickte nur, als Balbus ihm erneut um seine Verschwiegenheit bat. Mit der anschließenden Aussage des kaiserlichen Beraters fing er jedoch nicht wirklich viel an. Sein Blick und auch der Ton in seiner Stimme wurden daher eindringlicher, ohne jedoch unfreundlich zu sein.


    "Wie steht es denn nun um die Gesundheit des Kaisers? Ist sein Leben in Gefahr?"

    "Diese Frage ist für mich leider nicht einfach zu beantworten, schließlich habe ich keine Vergleichsmöglichkeiten."


    Er machte hier kurz eine Pause, um sich die Bilder und Eindrücke der Audienz noch einmal in Erinnerung zu rufen.


    "Er ist krank, dass hat man ihm angesehen. Er versucht es jedoch sehr gut zu verbergen. Ich habe, so wie du selbst, lange genug mit vielen Menschen zu tun gehabt und dadurch ein einigermaßen gutes Gespür entwickelt. Bei meiner Ankunft musste ich einige Zeit warten, bis man mich zur Audienz gebeten hat. Man sagte mir, dass man den Kaiser nicht in seiner Mittagsruhe stören wolle. Ich glaube, dass man einen guten Teil dieser Zeit dazu verwendet hat, um dem Kaiser auf die Audienz vorzubereiten….. wenn du verstehst."


    Livianus machte damit die Andeutung, das man die angeschlagene Gesundheit des Kaisers vor Besuchern geschickt zu verschleiern versuchte. Ein wenig rotes Puder für eine gesunde Wangenfarbe, die Auswahl passender Kleider, die Vorbereitung des Raumes. All das konnte man einsetzen um eine optische Täuschung herbeizuführen.


    "Es war weder so, dass sich der Kaiser für mich erhob, noch das er große Gesten machte. Als ich den Raum betrat, saß er bereits auf seinen Platz, der nicht nah genug an meiner Position war, um ihn genauer betrachten zu können. Zwischendurch musste er immer wieder Husten, auch wenn er es zu unterdrücken versuchte. Die Audienz dauerte auch nicht besonders lange, wenn man die Gründe dafür in betracht zieht."


    An dieser Stelle brach er seinen Bericht vorerst ab und seufzte Kopfschüttelnd.


    "Ich weiß nicht...."

    Livianus versuchte seinen leichten Anflug von Überraschung zu verbergen, der ihm gerade überkam. Der Praefectus Urbi wirkte von Beginn an Freundlich und Kompetent. Natürlich reichte dies nicht aus um einen Mann zu kennen, geschweige denn in ihn hinein zu sehen, jedoch hatte er nach all dem Gehörten etwas anderes erwartet. Der Senator versuchte daher die Fragen des Stadtpräfekten ebenso kompetent und wahrheitsgetreu zu beantworten.


    "Auch meine erste Reaktion viel so aus. Umso mehr hat es mich verwundert, dass sich der aegyptische Statthalter dieser Sache nicht direkt angenommen hat, sondern die Angelegenheit auf Rom abwälzen möchte.


    Über die Iunia selbst kann ich dir leider nichts sagen. Sie ist mir unbekannt. Meine Familie ist zwar seit Generationen mit der Gens Iunia verbunden, jedoch kenne ich vorrangig die Familienzweige aus Hispania und Rom.


    Auch während meines kurzen Aufenthalts in Aegyptus habe ich sie nicht kennen gelernt. Mir ist damals auch nichts Ungewöhnlich aufgefallen. Praefectus Germanicus Corvus ist kein Unbekannter im Reich und daher ging ich bisher auch immer davon aus, dass er dieser Aufgabe gewachsen ist. Umso mehr überrascht es mich nun von dir zu hören, dass es bereits seit einiger Zeit nicht zum Besten in dieser Provinz steht. Während meines Aufenthalts habe ich nichts davon mitbekommen."


    Livianus schüttelte nachdenklich den Kopf.


    "Ich halte es für Unklug einem vom Kaiser ernannten Legionspräfekten den Prozess hier in Rom zu machen. Die Klägerin, den Angeklagte und die Zeugen nach Rom zu laden……"


    Wieder schüttelte der Senator den Kopf und machte eine kurze Gedankenpause.


    "Nein. Das wäre alleine durch die Position der Beteiligten nicht möglich. Ebenso müsste man schließlich den Praefectus Aegypti vorladen, um ihn zu dieser Angelegenheit zu befragen."

    Livianus richtete seine Toga Praetexta zurecht, um möglichst unnötige Falten zu vermeiden und nahm dann Platz.


    "Nun, ich war vor wenigen Tagen beim Kaiser und wollte dir berichten bzw. hören was es neues gibt."


    Von Anfang an war die Stimme des Senators wesentlich leiser als sonst. Gerade so laut, dass Balbus ihn verstehen konnte, jedoch keiner, der eventuell vor der Türe des Officiums stand oder an ihr vorbei ging. Zugleich hoffte er, dass der Eindruck den er bei dem jungen Notarius hinterlassen hatte, auch dafür sorgte, dass die beiden einige Zeit ungestört blieben.

    Sedulus und seine Klienten mussten nicht lange auf Livianus warten, der neben seinen Bruder und einigen anderen Familienangehörigen auch einen Tross an Klienten hinter sich herzog. Man konnte fast glauben, dass sich seine Klientenschar seit seiner Rückkehr nach Rom und der Ernennung zum Praetor deutlich erweitert hatte. Solche aufmerksamen Beobachter hatten nicht ganz Unrecht. Es schien, als wre Livianus Stern derzeit wirklich wieder am aufgehen.


    Die plötzliche Ansammlung von großteils namhaften Bürgern Roms auf beiden Seiten zog natürlich auch ziemlich rasch die neugierigen Blicke der umherstehenden oder gehenden Passanten auf sich. Viele traten Näher und waren gespannt, was hier vor sich ging bzw. nun folgen würde. Livianus ließ sich davon weder irritieren noch einschüchtern, sondern trat stattdessen mit einer freundschaftlichen Geste, die das entgegenstrecken beider Hände beinhaltete, auf den Germanicer zu.


    "Senator Sedulus. Es freut mich."

    Livianus nahm die ganze Szene nach Außen hin mit großer Gelassenheit zur Kenntnis. Lediglich ein kurzes Schmunzeln huschte über seine Lippen, ehe er die letzten Schritte auf die Türe zuging, das verriet, dass er sich durchaus über solche Aufmerksamkeiten freute. Dann betrat er das Officium des Procurators. Mit einem Kopfnicken begrüßte er Prudentius Balbus, der bereits auf ihn wartete.


    "Salve Procurator. Ich danke dir, dass du mich wieder einmal so kurzfristig empfängst."

    Livianus wollte die Gelegenheit im Palast zu sein nutzen und auch gleich einen weiteren wichtigen Mann Roms aufzusuchen, um den es jedoch allem Anschein nach zurzeit recht Ruhig geworden war. Er ließ sich bei Aelius Quarto melden und wartete, ob dieser anwesend war und sich für den überraschenden Besucher Zeit nehmen wollte. Kontakte gehörten zudem gepflegt und auch wenn sich Livianus und Quarto nie besonders nahe standen, so konnte man sie auch nicht als Gegner bezeichnen. Zudem war der Senator äußerst gespannt wie der Consular und Bruder des Kaisers die Lage in Rom und die Situation rund um den Kaiser einschätzte. Von Balbus wusste er ja bereits, dass Quarto keineswegs mit allen Entscheidungen seines Bruders einverstanden schien und auch dessen Stellvertreter, den Praefectus Urbi, nicht besonders viel abgewinnen konnte. Doch der Decimer wollte sich selbst überzeugen, wie es um Quarto und seine Gesinnung stand.

    Von der Palastwache wurde Livianus direkt zum Officium des Procurator a libellis begleitet. Dort wartete er vorerst geduldig, bis man ihn angemeldet hatte. Ohne Zweifel würde Balbus den Senator empfangen, schließlich wusste dieser, dass Livianus vor wenigen Tagen den Kaiser auf seinem Landsitz getroffen hatte und daher bestimmt die eine oder andere Neuigkeit zu berichten wusste.

    Der Senator war froh, dass es Sedulus Ausführungen nach nichts wirklich Ernstes war, dass die beiden Senatoren vielleicht zu wirklichen Feinden gemacht hatte. Das Letzte, dass er im Moment wollte, war in die Streitigkeiten zweier einflussreicher Senatoren oder derer gesamten Gens zu geraten. In einem solchen Fall hätte er sich vermutlich für eine der beiden Seiten entscheiden müssen und zum jetzigen Zeitpunkt hätte eine solche Fehde der politischen Rehabilitation des frisch ernannten Prätors mehr geschadet, als es ihm lieb gewesen wäre. So konnte er sich nun wieder ganz seinem Amt und seiner politischen Laufbahn widmen, die er die letzten Jahrzehnte über mehr als vernachlässigt hatte. Er sah zu seinem Bruder.


    "Gibt es sonst noch etwas, dass wir nun zu erledigen haben oder war es das von Seiten des Gerichts?"

    Livianus erhob und verneigte sich noch einmal und wurde dann von einem Bediensteten des Kaisers auf denselben Weg nach draußen begleitet, über den er zuvor gekommen war. Der Kaiser hatte zwar ebenso großes Interesse an der Geschichte des ehemaligen Feldherrn gezeigt wie der Senat, jedoch bei weitem nicht derart negativ und argwöhnisch reagiert wie er es bei manchen Senatoren erlebt hatte. Ob er mit diesem Kaiser jedoch ebenso freundschaftlich auskommen würde wie mit dem Letzten war im Moment äußerst fraglich. Er wusste noch nicht in wie weit die anderen früheren Klienten des verstorbenen Iulianus zum Beraterkreis seines Nachfolgers gehörten, ihm gegenüber hatte sich der Kaiser jedoch eher kühl verhalten. Nichts desto trotz hatte Livianus ihm seine Loyalität geschworen und wollte sich an diesen Schwur auch halten. Sein Ehrgefühl und seine immer noch starke Verbindung zu Iulianus verlangten diesen Schritt.


    Ein wenig verwundert hatte ihm jedoch die Tatsache, dass der neue Kaiser Livianus ausscheiden aus dem aktiven Dienst recht schnell und unspektakulär abtat. Natürlich war der ehemalige Feldherr nicht als Kriegsheld heimgekehrt, jedoch hatte er vor seiner Gefangennahme bis auf wenige Jahre im Cursus Honorum seit seinem zwanzigsten Lebensjahr ausschließlich als Soldat und Offizier gedient. Sich am Ende einer fast 3 Jahrzehnte überdauernden Karriere das Donativum bei einem kleinen Beamten des Kaiserhofs abzuholen und dann nach Hause zu gehen, war nicht ganz das, was sich der Decimer erwartet hatte. Doch so wie es aussah, war es genau das, was ihm nun erwartete. Es trübte durchaus ein wenig die Stimmung des Senators, als er schweigend die Audienzräume der kaiserlichen Villa verließ. Doch war Livianus ebenso zugleich bewusst, das der Kaiser ihm bei weitem nicht so gut kannte wie sein Vorgänger Iulianus und er genau genommen diesem Kaiser nie seine Treue als Soldat geschworen hatte. Noch dazu kam der schlechte Gesundheitszustand des Mannes, den er zwar fast schauspielerisch zu verbergen versuchte, der jedoch einen genauen Beobachter, wie dem Decimer, nicht verborgen blieb.


    Er hatte sich nun ein Bild gemacht und dem Kaiser bericht erstattet. Vorerst war das, dass einzige das er tun konnte. Nun war es an der Zeit wieder zurück nach Rom zu reisen und sich weitere Schritte zu überlegen, die Livianus wieder ein normales Leben und eine rasche Rückkehr in die Normalität ermöglichten.

    Livianus musterte Tiberius Durus unauffällig, als Sedulus in seine Richtung deutete. Dieser Durus war ihm im ersten Moment weder Positiv noch Negativ in Erinnerung. Er kannte ihn vom Senat, wusste dass er Collegium Pontificatum angehörte und dass er irgendwie mit Tiberius Vitamalacus verwandt war, der Livianus Stellvertreter und späterer Nachfolger als Legat der Legio I war. Als Mattiacus sich ebenfalls und dabei auch ziemlich überrascht über den Tiberier äußerte, konnte sich Livianus ein breites Grinsen nicht verkneifen.


    "Die fähigsten Juristen sind meist auch die Verschlagensten. Das solltest du am besten Wissen Mattiacus."


    Dann wandte er sich wieder ein wenig ernster an Sedulus.


    "Also nur kleinere Reiberein unter Politikern?"

    "Ich verstehe."


    Auch Livianus war nicht entgangen, dass ein weiteres Familienmitglied den Garten aufgesucht hatte, auch wenn er sich nur schwer vom strahlenden Lächeln der jungen Frau losreißen konnte. Vermutlich hatte es auch diesen Gartenbesucher aus denselben Gründen ins Freie getrieben, warum auch der Senator seine Gäste hierher gebeten hatte – um die angenehm warme und sonnige Wetter zu genießen. Bei näheren Hinsehen stellte sich der weitere Besucher als Crassus, der Sohn des Verus heraus, den Livianus erst vor kurzem kennen gelernt hatte. Da er keinen Grund sah, warum der junge Mann ihnen nicht Gesellschaft leisten sollte, winkte er ihn herbei. Vielleicht würde er sogar Calena eine Zeit lang unterhalten können, sodass Livianus einige ungestörte Worte mit Crassus wechseln konnte. Doch zuerst lag es an ihm die Anwesenden einander vorzustellen.


    "Der junge Mann hier ist der Sohn von Decimus Verus, dem Curator Kalendarii, Tiberius Decimus Crassus. Ich nehme an ihr kennt euch noch nicht."


    Dann sah er zu dem jungen Decimer, den es bestimmt nicht schadete einflussreiche Männer in Rom kenne zu lernen. Und Caecilius Crassus war aufgrund seines früheren Postens als Prätorianerpräfekt einer der einflussreichsten und vor allem best Informiertesten.


    "Wenn ich dir vorstellen darf. Der ehemalige Praefectus Praetorio Gaius Caecilius Crassus, ein alter und guter Freund von mir, und seine Großcousine Caecilia Calena."

    Crassus war anscheinend ein vernünftiger und vor allem wohlerzogener Junger Mann, der sich etwas sagen ließ. Livianus nickte erneut.


    "Gut. Ich denke, dass ich ihm ohnehin meine Aufwartung machen muss, um dich in den Ordo Senatorius erheben zu lassen. Immerhin hat er den Grossteil der Amtsgeschäfte unseres Kaisers übernommen."


    Livianus musste nach dem letzten Satz leise seufzen. Es war jedes Mal aufs Neue besorgniserregend, wenn er darüber nachdachte, was er bereits alles von diesem Mann gehört hatte. Bei Gelegenheit wollte er sich auch mit Serapio über diesen Mann unterhalten. Dann jedoch widmete er sich wieder gleich seinen zwei Besuchern.


    "Kann ich sonst noch etwas für euch tun?"

    "Das freut mich Sedulus. Dann sind wir uns einig."


    Aus den Augenwinkel bemerkte Livianus eine Gruppe Männer die aus der Basilica traten. Während der Anhörung hatte er sich nicht die Zeit genommen nachzusehen, wer außer den beiden Streitparteien noch anwesend war, um das Schauspiel zu beobachten. Er trat einen weiteren Schritt näher an den Germanicer heran, um nicht all zu laut sprechen zu müssen und fragte interessiert


    "Welcher der Zuschauer war deiner Meinung nach enttäuscht über das Ergebnis?"

    Zuerst nickte Livianus zufrieden, doch als Crassus den Praefectus Urbi ansprach, wurde das Gesicht des Senators deutlich ernster.


    "Es ist natürlich deine Entscheidung, ich würde dir jedoch vorerst eher davon abraten Vescularius Slainator um Unterstützung zu bitten."


    Er zögerte kurz und suchte nach einer neutralen Aussage, die keine all zu großen Fragen aufwarf oder mit der Livianus eine eindeutige Position zu Salinator bezog. Der junge Mann gehörte zwar zur Familie, jedoch nicht zum engsten Kreis des Senators.


    "Ich würde es zum jetzigen Zeitpunkt nur ungern sehen, wenn ein Decimer in seiner Schuld stehen würde. Ich bin mir sicher du findest andere Senatoren, die dich ebenso unterstützen können."

    Livianus hatte nicht darauf geachtet und wusste daher auch nicht, wen Sedulus konkret ansprach. Es war jedoch nichts ungewöhnliches, dass es immer wieder Renkeschmiede unter den Senatoren gab und es dem Einen oder Anderen äußerst gelegen kam, wenn der Ruf seines Gegners durch Dritte zu leiden hatte.


    "Ich habe mir noch nie viel aus den Meinungen anderer Gemacht. Sollen die anderen Glauben was sie wollen. Wichtig ist für mich nur, dass wir beide wieder ins Reine kommen."


    Genau zum richtigen Zeitpunkt trat auch wieder Livianus Bruder Mattiacus hinzu.


    "Ich denke es wäre ungünstig all zu lange mit diesem Opfer zu warten. Mein Vorschlag wäre daher, dass wir uns am PRIDIE ID AUG DCCCLIX A.U.C. (12.8.2009/106 n.Chr.) erneut treffen. Ich möchte auch, dass mein Neffe Serapio dem Opfer beiwohnt und dass es danach eine Aussprache zwischen euch gibt. Diese Angelegenheit muss endlich aus der Welt geschafft werden und du verstehst bestimmt das mir sehr daran gelegen ist, dass dies unter uns geschieht."

    Zitat

    Original von Potitus Vescularius Salinator
    Der Scriba begrüßte den Praetor mit gebührendem Respekt und eilte dann, ihn anzumelden. Nach kurzer Zeit kehrte er zurück. "Der Praefectus Urbi erwartet Dich."


    Salinator legte gerade eine Wachstafel beiseite, als der Praetor eintrat. "Salve, Decimus." Er deutete auf eine Sitzgelegenheit und wies den Scriba an, für etwas zu trinken zu sorgen. "Was führt Dich zu mir?"


    "Ich Grüße dich Praefectus Urbi."


    Livianus nickte begrüßend, als er den Raum betrat und nahm auf der angebotenen Sitzgelegenheit Platz. Bereits auf dem Weg hier her hatte der Senator beschlossen, sich seine Bedenken über diesen Mann nicht anmerken zu lassen, sondern sich zunächst ein eigenes Bild zu machen. Daher war er auch darauf bedacht einen freundlichen Eindruck auf sein Gegenüber zu machen.


    "Außer den wenigen flüchtigen Begegnungen im Senat hatte ich bisher noch nicht das Vergnügung meinen Nachfolger auf diesem Posten kennen zu lernen. Es freut mich daher, dass wir endlich Gelegenheit dazu finden Vescularius. Doch kommen wir zunächst zum eigentlichen Grund meines Kommens. Mich hat dieses Schreiben aus Aegyptus erreicht und als Vertreter des Kaisers, wollte ich deine Meinung dazu hören. Vielleicht sind dir dazu nähere Einzelheiten bekannt."


    Livianus übergab den Stadtpräfekten das Schreiben.


    Officium des Praetor Urbanus
    Roma, Italia


    Praetor Urbanus,
    sei mir gegrüsst.
    Ich schreibe dir aus dem fernen Alexandria in einer
    Angelegenheit, die für mich von größter Wichtigkeit ist.
    Sicherlich ist es ungewöhnlich, dass ich mich in einer
    juristischen Angelegenheit an den römischen Praetor wende,
    da die Rechtsprechung in Alexandria in den Händen des
    Praefectus Aegypti liegt, jedoch riet dieser mir, mich mit
    meinem Anliegen besser an dich zu wenden.
    Daher möchte ich nun ohne weitere Umschweife zum
    Grund meines Schreibens kommen.


    Als freigeborene und freie Bürgerin Roms, erstatte ich,
    gemäß §24 des Codex Iuridicalis, Anzeige gegen den
    Civis Appius Terentius Cyprianus, sowie den Praefectus
    Legionis Appius Terentius Cyprianus.
    Die Vorwürfe, die ich gegen die beiden zuvor Genannten
    Vorbringe lauten:
    Gegen den Civis Appius Terentius Cyprianus:

      [*]Nötigung und Bedrohung gemäß §81 Cod Iur
      Der Civis Appius Terentius Cyprianus bedrohte die Mitglieder
      der Stadtwache, sowie die Mitglieder der Stadtverwaltung der
      Polis Alexandria, zu der zu diesem Zeitpunkt auch ich gehörte,
      mit empfindlichen Strafen, inklusive der Todesstrafe, sofern
      sie sich nicht seinen Anweisungen beugen würden.
      [*]Beleidigung gemäß §83 Cod Iur
      Der Civis Appius Terentius Cyprianus inkludierte mich in einer
      Gruppe von Personen, die seiner Meinung nach konspirativ
      gegen ihn persönlich und die Hegemonialstellung Roms
      agitierten und einen Abzug der kaiserlichen Truppen aus
      der Polis Alexandria und ihrer Umgebung forderten. Als freie
      und treue Bürgerin Roms sehe ich durch diese unbegründeten
      Anschuldigungen meine persönliche Ehre, sowie mein Ansehen
      unter der römischen Bevölkerung Alexandrias sowie im gesamten
      Imperium verletzt.
      [*]üble Nachrede gemäß §84 Cod Iur
      Der Civis Appius Terentius Cyprianus verbreitete seine Ansichten
      über meine Angebliche Teilhabe an gegen Rom gerichtete
      konspirative Gruppen und Aktionen in der Art, dass dadurch nicht
      nur meinem Ansehen als Privatperson, sondern auch als eine
      im politischen Leben der Polis Alexandria stehenden Person geschadet
      wurde. Da er diese Anschuldigungen gegen meine Person nur aussprach,
      da ich zu diesem Zeitpunkt Teil der Stadtverwaltung Alexandrias war,
      erfüllen seine Anschuldigungen meiner Ansicht nach sogar die in
      §84, 2 Cod Iur genannten Bedingungen. Da ich in meiner Arbeit als
      Teil der Stadtverwaltung Alexandrias auch eng mit der Verwaltung der
      Provincia Aegyptus zusammenarbeiten musste, waren die Vorwürfe
      bezüglich meiner angeblichen Illoyalität durchaus geeignet meine
      politischen Aufgaben zu erschweren.


    Gegen den Praefectus Legionis Appius Terentius Cyprianus:

      [*]Mißbrauch der Amtsgewalt gemäß §113 Cod Iur
      Der Praefectus Legionis Appius Terentius Cyprianus mißbrauchte
      Seine Amtsgewalt als durch den Kaiser eingesetzer Legionskommandant
      dahingehend, dass er seine Stellung als kaiserlicher Beamter nutzte
      um mir und den anderen Angehörigen der Stadtverwaltung Alexandrias
      innerhalb der Mauern der autonomen Polis Alexandria Anweisungen
      zu erteilen und bei Nichtbefolgung Disziplinarmaßnahmen androhte.
      [*]Amtsanmaßung gemäß §114 Cod Iur
      Der Praefectus Legionis Appius Terentius Cyprianus maßte sich an,
      innerhalb der Mauern der autonomen Polis Alexandria Recht zu sprechen,
      obwohl dies gemäß geltenden Verträgen zwischen der Polis Alexandria
      und dem Imperator Caesar Augustus nur dem Praefectus Aegypti zusteht.


    Die Anzeigen gegen beide zuvor Genannten erstatte ich
    auf Grundlage eines Schreibens des Appius Terentius Cyprianus
    an die Mitglieder der Stadtverwaltung der autonomen
    Polis Alexandria, der ich zum Zeitpunkt des Schreibens
    angehörte und noch immer angehöre. Ich möchte jedoch
    explizit darauf hinweisen, dass die von mir vorgebrachten
    Anzeigen lediglich durch mich als Individuum erstattet werden
    und nicht durch die Stadtverwaltung der Polis Alexandria.


    Diesem Schreiben füge ich eine Abschrift des Schreibens des
    Appius Terentius Cyprianus bei.



    Iunia Urgulania
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    DOMUS IUNIA, ALEXANDRIA
    PRIDIE ID IUL DCCCLIX A.U.C.



    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
    ABSCHRIFT


    An die Pyranten der Stadt Alexandria


    Mir ist zu Ohren gekommen, daß anscheinend einiger eurer Mitglieder nicht in der Lage sind mich persöhnlich anzusprechen, wenn es um Fragen über die Legion geht und man lieber zum Statthalter rennt wegen jedweder Kleinigkeit.
    Um also euch eure Angst vor mir ein wenig zu nehmen, schreibe ich euch persöhnlich:
    Die Soldaten die zu den Mauern gesandt wurden, sind dazu da diese zu verstärken und zu reparieren. Zum Schutz der Stadt und der Bürger denen ihr dient.
    Weiterhin ist dies Teil eines großen kommenden Manövers der 22. Legion, welches in den kommenden Wochen/Monaten anlaufen wird.
    Dieses wird im Bereich des Judenviertels stattfinden und einen Angriff auf die Stadt bzw. deren Verteidigung simulieren. Dies dient im übrigen eurem Schutz, falls einige von euch vergessen haben sollten wer Alexandrias Unabhängigkeit bewahrt.
    Desweiteren ist dieses Manöver vom Statthalter abgesegnet, ständige Aufmärsche zu ihm sind also absolut überflüssig.
    Auch möchte ich darum bitten, daß die Stadtwache jedwede Agitationen gegen Rom und seine Soldaten im Umfeld dieses Manövers mit voller Härte unterbindet, denn ich werde nicht zögern Ägypter, Griechen oder gar Römer die der Meinung sind Rom müsse aus der Stadt raus und dies mit Gewalt oder Sabotageakten zum Ausruck bringen festzunehmen und zu kreuzigen. Auch Provokationen der Bevölkerung oder anderer Gruppen werde ich mit voller Härte begegnen.
    Solange sich die Bürger Alexandrias ruhig verhalten, wird dieses Manöver über die Bühne gehen, wenn nicht wird Rom das tun was es tun muß um den Frieden in der Stadt zu bewahren.
    Bei Fragen bitte ich euch, bei mir vorstellig zu werden.


    Hochachtungsvoll
    Appius Terentius Cyprianus
    [GESIEGELT ALS PRAEFECTUS LEGIONIS DER LEGIO XXII]


    "Meiner Meinung nach wäre diese Klage ein Fall für das Iudicium Imperialis. Immerhin geht es um einen vom Kaiser eingesetzten Legionskommandanten und das sich selbst der Statthalter heraushalten möchte, wirft auch kein sonderlich gutes Licht auf die Angelegenheit."


    Gespannt wartete der Prätor auf die Meinung seines Nachfolgers, der als Praefectus Urbi auch selbst in vielen Fällen die Legitimation hatte, innerhalb der Grenzen Roms Recht zu sprechen.

    Livianus erster publikumswirksamer Auftritt als Praetor war die für den ANTE DIEM IV ID AUG DCCCLIX A.U.C. (10.8.2009/106 n.Chr.) angesetzte Anhörung im Fall Germanicus Avarus gegen Flavius Furianus. Die Anklagepunkte waren ähnlich wie seine letzte Klage gegen Germanicus Sedulus. Ob diese Anhörung jedoch einen ebenso positiven Ausgang fand war abzuwarten. Bereits gespannt auf die Vorträge beider Pareien bereitete sich der Praetor auf ihr Eintreffen vor.