Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Der Liktor sah den Prätorianer leicht brüskiert an.


    "Aber der Praetor ist ein Magistrat mit Imperium. Du kannst ihn nicht durchsuchen wie einen einfachen Bittsteller."


    Im Hintergrund wurde währenddessen die Sänfte des Magistraten abgestellt. Zuerst war nur die Toga Praetexta zu sehen, dann erschien auch Livianus lächelndes Gesicht. Er kam auf den Liktor und den Prätorianer zu und hob einhaltgebietend die Hand.


    "Schon gut. Der Soldat macht nur seine Arbeit."


    Bereitwillig öffnete der Praetor seine Arme und stellte sich vor den Prätorianer. Die ganze Szene wurde dabei von einigen Schaulustigen beobachtet, die gerade in unmittelbarer Umgebung unterwegs waren und so manch einer davon war bestimmt ebenso verwundert über die strengen Kontrollen der Palastwache, wie die Liktoren. Der Kaiser war immerhin nicht in Rom – zumindest hatte man dies so gehört. Livianus hingegen wollte das Prozedere ohne große Gegenwehr über sich ergehen lassen.

    Es dauerte nicht lange, da traten auch Livianus und sein Bruder Mattiacus aus dem Hauptportal der Baislica. Der Senator ließ seinen Blick kurz über den Platz streifen und entdeckte Sedulus auch schon wenige Augenblicke später bei einem schattigen Plätzchen. Er bedeutete seinen Bruder, dass er ihm folgen sollte und schritt dann auf den Senatskollegen zu, den er erneut mit einem diplomatischen Kopfnicken bedachte.


    "Nun Sedulus. Es freut mich, dass wir uns so schnell einigen konnten."

    Natürlich hätte es Livianus lieber gesehen, währen die Mitglieder seiner Familie auch seine Klienten geworden, doch konnte er ihnen aufgrund seiner langen Abwesenheit und der geringen Hoffnung auf seine Heimkehr keinen Vorwurf machen, dass sie sich anderweitig umgesehen hatten. Er nickte daher zufrieden.


    "Purgitius Macer. Eine gute Wahl junger Decimus. Er ist ein ehrbarer Mann mit guten Kontakten und einer steilen Karriere beim Militär. Noch dazu ein enger Freund von Meridius. Ich bin mir sicher er wird dich ebenso bei deiner Kandidatur unterstützen wie der Patron deines Vaters, Aelius Quarto. Damit hast du bereits drei Senatoren auf deiner Seite, die ihren Einfluss für dich geltend machen können. Gut wäre es, wenn du nun auch einige Senatoren aus den Reihen des Adels für dich gewinnen könntest. Umso mehr Senatoren für dich unter ihren Anhängern werben, umso größer sind deine Aussichten auf Erfolg."

    Wieder dachte der Senator einen kurzen Moment nach, ehe er Crassus seine Antwort mitteilte.


    "Also, das Beste wäre, wenn du damit beginnst bei den einflussreichen Senatoren vorstellig zu werden. Es ist wichtig, dass du für die kommenden Wahlen Unterstützer an Land ziehst. Ich nehme doch richtig an, dass du bei den kommenden Wahlen bereits antreten möchtest? Zeit hast du jedenfalls genug bis dahin.


    Ich werde mich in der Zwischenzeit um die Erhebung kümmern. Demnächst habe ich einen Termin im Palast, da werde ich sehen, was ich für dich tun kann."

    Der erste Schock war vorbei und Livianus merkte zudem, dass es seinem Sohn wohl schwer viel, hier vor all den Leuten seine Geschichte zu erzählen. Er lächelte daher milde und legte ihm seine Hand auf die Schulter.


    "Schon gut. Lass uns später über alles in Ruhe reden……. Sohn."


    Natürlich währen dem Senator in diesem Moment hunderte Fragen eingefallen, angefangen mit der Tochter, die Serapio bereits zuvor angesprochen hatte. Doch im Moment war es wohl besser den jungen Mann nicht zu überfordern.

    Was sollte Crassus mit ihr vorhaben dachte Livianus zuerst leicht belustigt, verschluckte sich danach jedoch fast an seinem Lachen als ihm klar wurde, dass sein Freund vermutlich einen standesgemäßen Ehemann für seine junge Verwandte suchte. Um einen Hustenanfall zu entgehen räusperte sich Livianus.


    "Verzeihung."


    War das der Grund, warum er sie mitgebracht hatte? Er hatte doch nicht ernsthaft den um mindestens 20 Jahre älteren Decimer ins Auge gefasst? Nein. Livianus wischte die Gedanken rasch beiseite und widmete sich wieder seinen Gästen.


    "Wie seit ihr beiden eigentlich miteinander verwandt?"

    Livianus ließ die Worte des jungen Mannes auf sich wirken und dachte einen kurzen Moment nach. Er freute sich darüber, dass Verus und sein Sohn ausgerechnet zu ihm gekommen waren, um ihr Anliegen vorzubringen und um seine Unterstützung zu bitten, wusste er schließlich, dass Verus ein Klient des Aelius Quarto war, den Livianus zu einen der einflussreichsten Männer Roms zählte.


    "Ein wichtiger aber auch gewagter Schritt im Leben eines jungen Mannes, aber auch ein sehr ehrenwertes Ziel das du anstrebst. Ich habe noch nie einem Mitglied unserer Familie meine Hilfe versagt und habe es auch bei dir nicht vor."


    Ein Lächeln trat ins Gesicht des Senators.


    "Du kannst dir meiner Unterstützung sicher sein. Ich werde sehen, was ich für deine Erhebung in den Ordo Senatorius tun kann,………."


    Da viel Livianus auf, dass er den Namen des jungen Mannes nicht kannte oder er ihm gerade entfallen war. Auffordernd, den Satz mit seinen Namen zu ergänzen, sah er den Verwandten an.

    Damit war eine Verhandlung vorerst vom Tisch. Livianus war sich zwar immer noch nicht ganz sicher, ob er richtig gehandelt hatte, oder ob es besser gewesen wäre dem Germanicer einen ordentlichen Dämpfer zu geben. Vermutlich hätte er die Sache nach einer Verurteilung sogar bis vor den Kaiser bringen und Sedulus mit einer Nota Censoria belegen lassen können, doch hatte er sich Lucillas Druck gebeugt und die Angelegenheit zu einem schnellen und vor allem unspektakulären Ende gebracht. Gemeinsam mit seinem Bruder dankte er dem Praetor und verließ dann ohne weiteres Aufsehen die Hallen der Basilica Ulpia.


    An den Senator
    L. Flavius Furianus
    Roma




    Geschätzter Senator!


    Ich muss dich darüber informieren, dass mich eine Anzeige gemäß Cod Iur § 24, eingereicht durch den Senator M. Germanicus Avarus erreicht hat. Darin wird dir § 83 Beleidigung sowie § 84 Üble Nachrede vorgeworfen, geschehen während einer Senatssitzung am ANTE DIEM XII KAL AUG DCCCLIX A.U.C.


    Ich setze daher eine erste Anhörung mit beiden Parteien zum ANTE DIEM IV ID AUG DCCCLIX A.U.C. (10.8.2009/106 n.Chr.) an. Die Anhörung findet öffentlich in der Basilica Ulpia statt. Du kannst dich selbst vertreten oder durch einen Advocatus vertreten lassen.



    Marcus Decimus Livianus
    Praetor Urbanus




    An den Senator
    M. Germanicus Avarus
    Roma




    Geschätzter Senator!


    Betreffend deiner Anzeige gemäß Cod Iur § 24 gegen


    Senator Lucius Flavius Furianus


    lautend auf § 83 Beleidigung sowie § 84 Üble Nachrede setze ich eine erste Anhörung mit beiden Parteien zum ANTE DIEM IV ID AUG DCCCLIX A.U.C. (10.8.2009/106 n.Chr.) an. Die Anhörung findet öffentlich in der Basilica Ulpia statt. Du kannst dich selbst vertreten oder durch einen Advocatus vertreten lassen.


    Die gesetzlich festgelegten Gebühren von 500 Sz. sind spätestens bis vor Beginn der Anhörung zu entrichten.



    Marcus Decimus Livianus
    Praetor Urbanus




    Livianus war mit einer leichten Tunika gekleidet und saß hinter seinem Schreibtisch. Er wirkte etwas erschöpft, was an der Prozedur lag, die er eben hinter sich hatte. Die beiden Verwandten konnten nicht wissen, dass sie gerade bei der Behandlung von Livianus Narben gestört hatten und deshalb länger vor der Zimmertüre warten mussten. Der Senator wollte die beiden jedoch keinesfalls wegschicken und nahm daher diese kurze Pause in kauf. Freundlich lächelte er, als er die Worte Verus hörte. Dann wandte er sich an den jungen Mann.


    "Es freut mich dich kennen zu lernen. Was kann ich für dich tun?"

    Livianus ließ sich die Verwunderung über die letzten Worte seines Bruders nicht anmerken, sondern nickte zufrieden. Also hatte Mattiacus auch Lucillas Brief gelesen und war daher bemüht möglichst schnell Frieden zwischen den beiden Senatoren zu stiften. Umso länger er darüber nachdachte umso mehr gefiel ihm jedoch letztendlich die Idee eines gemeinsamen Opfers. Vielleicht wäre zusätzlich auch eine Aussprache zwischen Sedulus und Serapio von Vorteil. Doch zuerst musste man abwarten wie Sedulus überhaupt auf dieses Angebot reagierte. Eine Gerichtsverhandlung würde wohl für beide Seiten unangenehm werden.

    Während die Liktoren, wie mit dem Wachhabenden am Tor vereinbart, samt sänfte im Innenhof der Castra warteten, machte sich der Prätor selbst auf den Weg zum Officium des Stadtpräfekten machte. Den Weg musste ihm keiner zeigen – daran konnte er sich noch gut genug erinnern. Es waren schöne Zeiten hier gewesen und Livianus konnte es nicht von der Hand weisen, dass er sich auch heute noch vorstellen könnte das Amt des Praefectus Urbi erneut zu übernehmen. Doch für den Moment hatte er andere Aufgaben gefunden und war zufrieden mit dem was er hatte. Bei den Amtsräumen seines Nachfolgers angekommen ließ er sich melden und wartete geduldig auf Einlass.

    Livianus nickte zufrieden und breitete seine Arme aus.


    "So sei es!"


    Nachdem er den letzten Satz einen Moment auf alle Anwesenden wirken ließ, griff er zum Dokument, dass er bereits zuvor unterzeichnet hatte und übergab es dem frischgebackenen römischen Bürger.


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    VERLEIHE ICH
    Appius Tiberianus Marhabal
    MIT WIRKUNG VOM
    NON AUG DCCCLIX A.U.C. (5.8.2009/106 n.Chr.)


    DAS
    Römische Bürgerrecht



    ER NENNE SICH FORTAN
    Appius Quintillius Promotus
    ALLE RECHTE EINES CIVIS SEIEN IHM GEWÄHRT UND ALLE PFLICHTEN AUFERLEGT



    Livianus nickte und wandte sich dem Quintilier zu.


    "Und du, Quintilius Valerian, ist es dein Wunsch, den hier anwesenden Appius Tiberianus Marhabal an Kindes Statt anzunehmen und ihn von nun an unter dem Namen Appius Quintillius Promotus als Mitglied deiner Familie anzuerkennen?"

    Da der Adoptierende selbst geantwortet hatte, erübrigte sich die Frage nach seiner Zustimmung. Livianus nickte daher und nahm das Schreiben entgegen, dass mittlerweile von seinem Liktor gebracht wurde. Er setzte die Namen ein und unterzeichnete es. Dann legte er das Dokument vorerst beiseite und sah wieder zu den beiden Männern auf.


    Natürlich war ihm nicht entgangen, dass der Altersunterschied der beiden nicht sonderlich groß war, jedoch war es nichts ungewöhnliches jemanden aus politischen oder anderen Gründen zu adoptieren. Das war jedoch nicht die Angelegenheit des Praetors, sondern der Beteiligten. Livianus erhob sich und ließ nun eine offizielle kurze Zeremonie folgen.


    "Ich frage dich, Appius Tiberianus Marhabal, ist es wirklich dein Wunsch, den hier anwesenden Lucius Quintilius Valerian als deinen Vater anzuerkennen? Willst du ihn ehren wie deinen leiblichen Vater, so wie es Sitte und Recht ist? Akzeptierst du ebenso die Rechte und Pflichten, die dir mit der Verleihung des römischen Bürgerrechts auferlegt werden?"

    Livianus blickte kurz zur Warteschlange, die sich ebenso wie bei ihm, vor dem kurulischen Stuhl seines Amtskollegen gebildet hatte. Den armen Soldaten nun wieder zuzumuten sich von vorne anzustellen und erneut zu warten, war nicht im Sinne des Decimers und so beschloss er kurzerhand sich selbst darum zu kümmern. Soldaten hatten eben einen großen Stellenwert in seinem Leben. Er lächelte die beiden Männer freundlich an.


    "Nun ja. Mein Amtskollege wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn ihm Arbeit abgenommen wird. Wie soll der Name des Adoptierten in Zukunft lauten?"


    Gleichzeitig schickte er einen Liktor los, um die passende Urkunde zu holen.